Gut gebrüllt. Loewe
#1
Moin, moin,

nach langer Jagd hat mich Freitag ein Neuzugang erreicht, den ich Euch nicht vorenthalten will.

Im „HiFi-Stereo-Report“ von 1972 zeigte Telefunken mit dem V250 seinen letzten Vollverstärker. Bereits der Titel der nächsten Ausgabe des „Gesamtprogramm Telefunken-Report“ machte deutlich, dass HiFi nicht mehr so wichtig war; getrennte Verstärker und Tuner verschwanden zugunsten der kombinierten Receiver aus dem Angebot. Im „HiFi-Stereo-Programm“ von 1972 zeigte Grundig zuletzt mit den SV85 und SV200 auch Vollverstärker. 1973 waren auch die aus dem Angebot verschwunden. Immerhin bis 1973 hatte Nordmende seinen 7500/VS auf dem Markt. Und dann?

Wer getrennte Komponenten „Made in Germany“ kaufen wollte, der mußte sich mit „Kleinzeugs“ von Elowi, Körting, Saba oder Südfunk begnügen, der mußte zu Exoten von Blaupunkt, Görler, Klein+Hummel oder Radio RIM greifen, oder der entschied sich für die DDR-Produkte PGH HiFi50 und Ziphonia HSV920.
Wer hingegen leistungsstarke und moderne Vollverstärker in am besten noch skurrilem Design haben wollte, der musste in Japan oder in den USA suchen.

Doch in Kronach in Oberfranken leisteten ein paar Aufrechte Widerstand: Loewe-Opta stellte einen eigenen Vollverstärker vor, der ab Oktober 1973 lieferbar sein sollte.

[Bild: loeweQV310_02k.jpg]

Vier gleichspannungsgekoppelte Endstufen leisten jeweils 35 Watt Sinus an 4 Ohm. Ein Joystick ermöglicht die stufenlose Leistungsverteilung im Raum. Vier Drehspulinstrumente zeigen die von den einzelnen Endstufen abgegebene Leistung an. Eine Monitor-Schleife erfreut den Tonband-Amateur.
Und das skurrile Design hätte auch einem Marantz oder Revox Ehre gemacht!

Highend Made in Germany? Der bereits 1962 verstorbene Firmengründer Dr. Siegmund Loewe hätte nur den Kopf geschüttelt, Sinn-entleerte Superlative brauchte man noch nicht. „Loewes oberster Grundsatz ist, diese Mindestanforderung so weit als möglich zu übertreffen.“ Auch noch 1973 bedeutete HiFi nach DIN Anspruch genug.
So unterscheidet sich die Loewe-Werbung für den großen Vollverstärker grundsätzlich von der vieler Konkurrenten, damals wie heute: Eine A4-Seite mit dem Bild des beworbenen Gerätes, dazu eine schier endlose Liste von Ausstattungsmerkmalen und Technischen Daten. Kein Platz für posierende Frauen oder postmoderne Symbolik.

[Bild: loeweQV310_21k.jpg]

Wie viele zigtausend Käufer mag diese Strategie zum Kauf überzeugt haben? Wie viele QV-310 habt Ihr denn schon gesehen? Genau: So viele sind davon gebaut worden! Meiner ist die Nummer 00749.
Zum Verhängnis mag Loewe's Großem die Tatsache geworden sein, das er relativ allein dastand. Während andere Hersteller ihrem Vollverstärker zumindest noch einen Tuner als Sekundanten bei stellten, ihn mit einem bei Dual oder PE zugekauften Plattendreher posieren ließen, bestand das Loewe HiFi-Programm 1973 und 1974 neben einer Kompaktanlage, einer Reihe Receiver und Boxen aus zwei Quadro-Verstärkern, und bis 73 noch aus dem auch als Dual verkauften Quadro-Zusatzverstärker. Auf dreizehn Seiten „Loewe Präsentation“ weder ein Quadro-Plattenspieler noch ein Tuner. Dafür fünfundzwanzig Seiten Fernsehen und Video und achtzehn Seiten mobiles Fono und Heimradio. Für die Siebziger eine günstige Relation zugunsten HiFi! Und letztlich hat Loewe mit diesem Konzept bis heute überlebt.

[Bild: loeweQV310_10k.jpg]

Zum Verhängnis wurde Loewe's Großem zweifellos die Tatsache, das die amerikanische Überzeugung im Dekadenwechsel, der HiFi-Markt sei gesättigt, in Quadro läge die Zukunft, nicht einmal in den USA eintrat, Quadro in Deutschland sogar über die theoretischen Erwägungen der Marketingexperten kaum hinaus kam. Warum also einen Quadro-Verstärker kaufen? Wie viele Leute mit vier Lautsprechern im Wohnzimmer kanntet Ihr in den Siebzigern?

Bereits 1975 war Schluß. Doch für Fans des Dicken aus Kronach stand an seiner statt bis 1978 immerhin ein Quadro-Receiver mit ähnlichen Anlagen im Katalog, der nun auch kein Radio mehr vermissen musste.
Und immerhin werkelte man wohl schon in Kassel an einer Tuner-Verstärker-Kombination, die bald als ASC das Neonlicht der Werkhallen erblicken sollte. Licht am Ende des deutschen HiFi-Tunnels. Doch das ist eine andere Geschichte.

[Bild: loeweQV310_05k.jpg]

Um 1000 Mark Neupreis; das war Mitte der Siebziger Jahre kein Sonderangebot für einen Vollverstärker. Der Revox A78 war nur unwesentlich teurer. Der Exklusivere war der Loewe allemal.

Was dem Loewen-Dompteur schon vor dem Auspacken auffällt ist sein Gewicht von stolzen 12kg. Bullig kommt er daher, mit seinem graphit-farbenem Holzgehäuse und der matt schimmernden, um die obere und untere Kanten herum gezogenen Alu-Front mit ihren waagerechten Zierelementen und den blau beleuchteten Aussteuerungsinstrumenten.

[Bild: loeweQV310_11k.jpg]

Nur zum Vergleich: Der Ferrograph F608, den ich hier einmal vorgestellt habe, hat ähnliche Dimensionen und Gewicht, macht aber ein weitaus läppischeren Eindruck. Die Verarbeitung des Loewe ist überaus solide.

[Bild: loeweQV310_08k.jpg]

Der Loewe kann Mono, Stereo, diskretes Quadro (4-4-4), Loewe-Quadrosound (2-2-4) und das für alle Matrix-Quadro-Verfahren kompatible SQ (4-2-4) verarbeiten. Ohne zusätzlichen Decoder. Kein Wunder also, das der QV310 im Innern etwas voller wirkt, als andere Verstärker seiner Zeit.

[Bild: loeweQV310_07k.jpg]

Neben der „normalen“ Klangregelung, die aus Lautstärke-, Höhen- und Tiefenreglern besteht, bietet der Loewe seinem Bediener auch eine stufenlos regelbare Präsenz-, also Mitten-Einstellung, an.
Zusätzlich zu dem Rumpelfilter mit einem Wirkungsbereich bis 100Hz stellt er sogar zwei Höhenfilter mit Einsatzpunkten von 5kHz und 7kHz bereit. Natürlich getrennt schaltbar. Die Lautstärkeregelung lässt sich zwischen linearer und gehörrichtiger Charakteristik umschalten.

[Bild: loeweQV310_09k.jpg]

Der Clou der Klangreglung ist jedoch der linksseitig angeordnete „Balance-Steuerknüppel“ genannte Joystick. Er ermöglicht es dem Loewenpfleger, die Kanalbalance mit nur einem Schalter stufenlos zwischen allen vier Boxen zu verteilen.

[Bild: loeweQV310_06k.jpg]

Ausgangsseitig arbeitet der Loewe natürlich mit DIN-Buchsen. Zwei Paare lassen sich paarweise getrennt und unabhängig von der Schalterstellung der Betriebsart ein- oder aus schalten. Zudem bietet der Loewe zwei Kopfhörer-Anschlüsse an der Front, von denen jeweils einer einer der Lautsprechergruppen zugeordnet ist. Wer also eine Quadro-Aufnahme im Quadro-Betrieb über einen Stereo-Kopfhörer hört, der hört entweder den Front- oder den Rück-Kanal. Die jetzt bei Euch geweckte Hoffnung, es hätte auch Quadro-Kopfhörer gegeben, möchte ich hiermit zumindest theoretisch befriedigen: Ja. Mit zwei getrennten Steckern. Weiteres in der Link-Liste.

[Bild: loeweQV310_12k.jpg]

Eingangsseitig entspricht der Loewe dem Standard der Zeit. DIN natürlich. Eine doppelte Tonband- und eine ebenfalls doppelte Reserve/Monitor-Buchse, dazu jeweils eine Buchse für Tuner, TA-Magnet und -Kristall zieren das Heck des Verstärkers. Dazu kommt eine Mikrofonbuchse auf der Frontplatte. Die möglichen Schalterstellungen an der Front sagen: Mikrofon, Tonband, Radio, Reserve, Phono Magnet und Phono Kristall. Dazu kommt eine extra Taste für die 4-Kanal-Hinterbandkontrolle.
Wichtig für einen Quadro-Verstärker ist seine Fähigkeit, das 4-Kanal-Signal von Quellgeräten zu verarbeiten. Hier verwirrt der Loewe auf den ersten Blick, denn die Phono-Eingänge liegen lediglich im Stereo-Format vor. Für die Übertragung von Stereo- oder SQ-Quadro-Platten reichte dies aus, für den Anschluß von CD4-Tonabnehmern braucht der Loewe einen extra Demodulator, der an einen der Eingänge für diskretes Quadro angeschlossen werden kann.
Diskrete 4-Kanal-Fähigkeiten zeigt der Loewe bei den Band-Aufnahme- und -Wiedergabe-, Reserve- beziehungsweise Monitor-Anschlüssen! An wen habe ich noch gleich meine 4-Kanal Teac verkauft? XXX! (aus Jugendschutzgründen zensiert).

Katzen sind üblicherweise etwas eigen. Der Loewe nicht: Sein Anschluß ist einfach. DIN halt. Auch schützt er sich selbst sehr gut: Vier Schmelzsicherungen, eine für jeden Lautsprecheranschluß, sind von außen zugänglich. Eine elektronische Kurzschlußautomatik verhindert den Rest.
Seine Bedienung bedarf keiner Anleitung; alle Tasten und Regler sind eindeutig und in deutscher Sprache beschriftet.
Wer befürchtet, die breiten Tasten hätten etwas von der Güte der späteren Dual oder gar Audion-/Rosita-Komponenten von Südfunk, der sei beruhigt: Loewe-Opta war auch damals schon ein Hersteller, der auf Qualität achtete. Auch der Quellwahlschalter rastet satt.
Wer grundsätzlich Kritteln möchte, der wird kritisieren, das weder Hauptschalter noch Lautstärkeregler eindeutig genug vom Rest der Schalterschaft abgesetzt sind. Ich kann damit leben. Ansonsten gibt es erstaunlich wenig zu der vierkanaligen Katze zu sagen, außer: Gut gebrüllt, Loewe!

[Bild: loeweQV310_20k.jpg]

Technische Daten:
Quadrofonie-Verfahren: 4-Kanal diskret, SQ Matrix-Quadro und „Quadrosound“ Pseudo-Quadro
Sinusleistung: 4x 35 Watt oder 2x 50 Watt an 4 Ohm
Musikleistung: 4x 50 Watt oder 2x 70 Watt an 4 Ohm
Klirrgrad (bei 1kHz, Nennleistung und Ausstuerung beider Kanäle): < 0,2% (typisch 0,05%)
Intermodulation (250/8000 Hz, 4:1 bei Nennleistung): < 0,2%
Frequenzgang über alles: 20 – 20.000 Hz -1dB bzw. <10 - 50.000 Hz -3dB
Fremdspannungsabstand (bezogen auf Vollaussteuerung und voll aufgedrehtem Lautstärkeregler):
-68 dB an den niederpegeligen Eingängen
-86 dB an den hochpegeligen Eingängen
Fremdspannungsabstand (bezogen auf 2x 50mW):
-61 dB an den niederpegeligen Eingängen
-63 dB an den hochpegeligen Eingängen
Ausgänge:
-4x Lautsprecher 4-16 Ohm, nach DIN 41529
-2x Kopfhörer nach DIN 45327
-Tonband-Aufnahme: 4x 2mV / kOhm nach DIN 41524
Eingänge (nach DIN 41524):
-Phono MM: 2x 2,5mV / 47 kOhm mit dreistufigem Verstärker
-Phono Kristall: 2x 300mV / 1,2 MOhm
-Mikrofon: 2x 1,8mV / 47kOhm mit dreistufigem Verstärker
-Radio: 2x 300mV / 1,2 MOhm
-Reserve/Aux: 4x 300mV / 1,2 MOhm
-Band-Wiedergabe: 4x 300mV / 1,2 MOhm
-Monitor: 4x 300mV / 1,2 Mohm
Phono-Entzerrung: RIAA
Balance: 4-Kanal, +1dB bis -12dB Regelumfang
Klangregler: Bässe (30 Hz): +15 bis -17 dB, Präsenz (3,5kHz): +/- 9dB, Höhen (15kHz) +15 bis -16 dB
Filter: Rumpelfilter (100Hz) -6 dB/Oktave, Höhenfilter (5kHz und 7kHz): jeweils -12 dB/Oktave
gehörrichtige Lautstärkeregelung: abschaltbar
Abmessungen (BHT): 448 x 130 x 350mm
Gewicht: ca. 12 kg
(Quelle: Loewe-Prospekt 73/74, HiFi-Jahrbuch Nr.7)

[Bild: loeweQV310_I02k.jpg]

Zieht man das Chassis nach dem Lösen von vier Schrauben am Boden des Gehäuses nach vorn aus den Fanghaken und der Holz-Zarge heraus, zeigt sich ein Rahmen aus Profil-Blechen, der quer durch eine Trennwand stabilisiert wird und von der zum Heck des Chassis wiederum zwei stabilisierende Streben abzweigen. In den entstehenden Fächern finden die einzelnen Funktionselemente Platz: Hinten links das Netzteil, in der Mitte die vier Endstufen-Platinen, hinten rechts das Eingangsmodul mit dem Phono-Vorverstärker, das nach oben und zur Seite nochmal extra durch dicke Pappen geschützt ist. In dem vorderen, breiten Fach befinden sich übereinander die beiden Platinen für die Klangregelung und Steuerung der verschiedenen Betriebsarten. Sogar die an ihrer oberen Seite fest geschraubten Kühlelemente sind unten zusätzlich mit einer Metall-Strebe verbunden.
Wo in japanischen Geräten miteinander verlötete Platinen oft allein durch ihre gemeinsame Befestigung und eben die Verbindungslitzen gehalten werden, stützt Loewe die gestapelten Eingangs-Platinen mit einem soliden Kunststoff-Block gegeneinander ab. Und sogar die über zwanzig Zentimeter lange Achse des Quellwahlschalters erhielt auf halber Länge ein zusätzlich stützendes Lager. Ein Forenmitglied nennt diese Bauweise „Stabilbaukasten“. Produktionsökonomisch der Beginn einer Konzern-Pleite, aber überaus solide.
Übrigens. Wer beim Herausziehen aus dem Gehäuse das seitlich verschraubte Erdungskabel zwischen Gehäuseschirmung und Chassis abgerissen hat, der besorge sich am besten schon jetzt eine längere Litze und Steckverbinder; macht das zukünftige Zusammenbauen und Zerlegen einfacher.
Auch ein weiteres Filetieren des Loewe ist für den Normalbürger relativ problemlos. Den sonst üblichen Kreuzschlitz-Schraubenzieher braucht man normalerweise nicht. Loewe setzte auf Schlitz- und Sechskant-Köpfe fast überall identischer Größe.
Aber Zerlegen ist nicht Selbstzweck. Dem Service-Techniker macht es der Loewe nicht ganz leicht. Die Zugänglichkeit der Bauteile ist durch die Bauweise stark eingeschränkt; bei zusammengebautem Gerät kommt man an kaum ein einzelnes Bauteil mit dem Messgerät heran.

[Bild: loeweQV310_I03k.jpg]

Um die Frontplatte abzunehmen, benötigt man einen kleinen Schlitzschraubenzieher für die Madenschrauben der Drehschalter und -regler; die haben natürlich Filz-Unterleger. Die Kunststoff-Polster auf den langen Kippschaltern sind nur aufgesteckt.
Zwei Schrauben seitlich, zwei Schrauben oben halten die Frontplatte.

Das Netzteil sitzt auf einem eigenen, U-förmigen Blech-Chassis. Vier Schauben von hinten und drei durch den Querträger halten das Bauelement, das allerdings mit diversen verlöteten, recht kurzen Kabeln mit dem Verstärker verdrahtet ist. Man fäßt das an, wenn es sein muß; wenn nicht, dann bleibt es drin.

[Bild: loeweQV310_I05k.jpg]

Mit vier Schrauben sind die beiden großen Kühlkörper an den Längsstreben befestigt. Sechs Kabelschuhe verbinden die Basisplatine des Endstufen-Bausteins mit dem Rest des Loewe. Die vier Endstufen-Platinen sind auf der Basisplatine gesteckt, die BD207-Leistungstransistoren jedoch mit den Kühlkörpern verschraubt.

[Bild: loeweQV310_I06k.jpg]

Das Element mit den Eingängen und dem Quellwahlschalter ist am einfachsten bei liegendem Gerät zugänglich, indem man die rechte Seitenwand des Rahmens abschraubt. Eine Schraube von hinten, eine von unten, sechs Stück seitlich. Die Achse des Quellwahlschalters lässt sich durch Lösen einer Madenschraube teilen. Die Seitenwand lässt sich danach abklappen und die Steckverbindungen der Verbindungskabel sind zugänglich. Natürlich ist es mit der Stabilität des übrigen Rahmens jetzt nicht mehr weit her: Liegen lassen. Oder besser die Platinen von der Seitenwand lösen und diese wieder anschrauben.

[Bild: loeweQV310_I04k.jpg]

Die vordere Seitenwand des Chassis ist mit jeweils einer Schraube an den seitlichen Seitenwänden befestigt. Ja, dieses Deutsch war Vorsatz! Löst man sie, kann man sie mitsamt der beiden großen Platinen, die lediglich in den Querträger gesteckt sind, abnehmen. Auch hier sind die Kabel gesteckt. Ihrerseits sind die Platinen mit der Vorderwand – was nicht unbedingt besser als „vordere Seitenwand“ klingt – durch die dort verschraubten Regler und Schalter verbunden. Fleißarbeit.

Moderne Ein-Platinen-Verstärker sind zweifellos einfacher zu zerlegen. Allerdings vor allem deshalb, weil hier schon alles in integrierten Schaltkreisen zusammengefasst ist, die weniger Platz brauchen, die man aber nur dann noch bekommt, wenn es sie denn noch gibt. Zwar trifft dies prinzipiell auf jedes Bauteil zu, ist jedoch bei einfachen Kondensatoren oder Transistoren wahrscheinlicher, als bei IC's oder Hybriden.
Übrigens lerne ich, „Apostroph-S“ sei in Deutschland eigentlich keine grammatikalisch akzeptable Form von Plural. Könnte man sich die „Integrierten Schaltkreise“ vielleicht durch „ICiden“ ersparen? Jedenfalls gibt es davon schon drei Stück in dem Loewe, jedoch nicht in den Endstufen.

[Bild: loeweQV310_03k.jpg]

Zufällig vorbeilesende Alltagsbenutzer werden sich – wenn sie denn überhaupt so weit gekommen sind – fragen: Warum tut der sich diese Kiste an?
Weil ich sie haben wollte, seit ich sie das erste mal gesehen habe. Die Kiste. Der Loewe ist zweifellos ein „alter Verstärker“, der nicht die Prominenz eines Revox besitzt. Billiger zu haben ist er allerdings kaum, wenn er denn mal zu haben ist. Von mir nicht!
Nach kürzester Eingewöhnungszeit zeigt sich mein Loewe als ausgesprochen alltagstauglicher Verstärker! Alle Bedienelemente genügen höchsten Ansprüchen. Lediglich die Beleuchtung und Ablesbarkeit der Drehspulinstrumente ist etwas dürftig.
Der Joystick ist nicht etwa nur ein Gag. Auch im Mehrzonen-Stereobetrieb zeigt er sich als sehr angenehm, ermöglicht er doch im „Testbetrieb“ das sanfte Überblenden von einer Lautsprechergruppe zur anderen, ohne das immer die einzelnen Gruppen gänzlich ein- oder ausgeschaltet werden müssten. Aber das Spielen mit alten Lautsprechern ist natürlich nicht Jedermanns Sache.

Und der Klang? In Ermangelung irgendetwas Quadrophonem einschließlich eines CD4-Demodulators kann ich den Loewe leider nur in Stereo hören.
Meine Schnell-mal-eben-anschließen-mit-DIN-Steckern-Testboxen Canton LE250 haben jedenfalls noch nie so gut geklungen, wie an dem Loewe (Zuspieler PE2036/Loewe Linie 2001 mit Shure M73, Meat Loaf's Bat out of hell). Also versuche ich etwas Zeit- und Standesgemäßes: Aber das ist auch eine andere Geschichte.

[Bild: loeweQV310_01k.jpg]

Quellen:
Prospekt: http://www.hifi-archiv.info/Loewe/1973/73-41.jpg
Prospekt: http://www.hifi-archiv.info/Loewe/1974/loewe74-43.jpg, http://www.hifi-archiv.info/Loewe/1974/loewe74-56.jpg, http://www.hifi-archiv.info/Loewe/1974/loewe74-57.jpg
Info: http://www.radiomuseum.org/r/loewe_opta_...53293.html
Info: HiFi-Jahrbuch Nr. 7-168, Fono Forum HiFi-Report Marktübersicht 1974 und 1975
Erwähnung: Fono Forum 7/74
Quadro: https://tonbandforum.de/showthread.php?tid=8151
Quadro-Kopfhörer: http://www.hifi-forum.de/viewthread-84-10246.html und http://members.cox.net/surround/quaddisc/quadhead.htm

Wer mehr zu dem Loewe sagen kann, der tue es bitte und schicke mir Unterlagen!!!!

Tschüß, Matthias


P.S.: Dieser Text samt Bilder ist ausschließlich für die interne Verwendung durch Besucher des "Bandmaschinenforum" gedacht. Die durch Klammern herausgehobenen oder kursiv gesetzten Zitate unterliegen gegebenenfalls Urheberrechten Dritter. Eine, auch auszugsweise, private oder gewerbliche Nachverwertung ohne schriftliche Genehmigung ist ausdrücklich untersagt.
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#2
Moin,

ooooh jaaaaaaa - das ist ein feines Leckerli! Und den willst Du unbedingt
behalten? Sollte ich da bei nä. Gelegenheit mal eine 4-kanalige Bandmaschine und ein paar Quadrobänder mitbringen?

Back to topic:
Erfrischend vor allem das klare u. eigenständige Design, das sich
vom 70er Jahre US/Japan Design abhebt. Ja, nicht nur Braun hatte eine
"eigene Meinung", die konsequent vertreten wurde. Lediglich
die "Zappelmeter" wirken etwas gedrungen. Wie gut liest sich das
vor dem blauen Hintergrund ab?

Ein wirklich aussergewöhnliches Gerät - wie immer gut von Dir präsentiert.

Gruß

Peter
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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#3
Hallo Peter,

die Zeppelmeter sind nicht einmal das "blaue vom Ei". Schwarz auf blau ist schwer ablesbar, die Beleuchtung kaum als solche zu bezeichnen.
Natürlich könnte man Letztere erhellen. Arnulf?! Muß aber nicht. Ich will Musik noch hören und nicht sehen. Robert Sheckley's Utopien sind ja noch nicht ganz eingetroffen.

Aber die Idee mit der 4-Kanal Bandmaschine ist gut...

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#4
Hi,

Recht hast Du mit den Zapplern - ist bei einem Verstärker
ohnehin nur eine nette Spielerei. Aber sehen möchte ich schon - natürl.
nicht die Musik (das geht nicht) aber den Kasten, aus dem sie rauskommt.
Altmodisch - ich weiß....

...und nun gut´s Nächtle...

P.
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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#5
Hallo Matthias,
ich beglückwünsche Dich zu Deiner Beute und bedanke mich für die tolle, liebevolle Vorstellung. Ein schöner Beitrag über ein schönes Gerät, das, so weit ich das beurteilen kann, auch noch in vorzüglichem Zustand bei Dir eingetroffen ist. Viel Spaß damit!
Gruß
Heinz
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#6
Schönes Teil. Mich verwundert nur, wenn es den Receiver mit der selben Endstufe gab, weshalb hat man dem Verstärker nicht noch einen Tuner beigestellt.
Der Tuner des Quadroreceivers ist recht gut, aber nur auf UKW; das grausige MW-Teil hätten sie sich sparen können.
Ach ja, der Receiver hat dann auch einen Quadrodecoder (MC1312) drin.

MfG
DB
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#7
Zitat:DB postete
Schönes Teil. Mich verwundert nur, wenn es den Receiver mit der selben Endstufe gab, weshalb hat man dem Verstärker nicht noch einen Tuner beigestellt....
Moin, moin,

wie ich eingangs schrieb, kam der Verstärker zu einer Zeit auf den Markt, als die anderen Deutschen Hersteller die Entscheidung getroffen hatten, Komponenten-Anlagen seien nicht en vogue. Man baute Receiver. Vor allem baute man Fernseh-Geräte. Vor allem Loewe! Ich denke, an diesem Trend scheiterte der Tuner als Einzelkomponente bei Einführung des Verstärkers.

Vor allem aber gerieten sämtliche deutschen UE-Hersteller zunehmend ins Trudeln, konnten mit der Japanischen Konkurrenz nicht mehr mithalten, die - so wurde vermutet - für die Halde produzierte, um die amerikanischen, aber auch die europäischen Bewerber in die Knie zu zwingen. Beispielsweise die Funkschau oder Die Zeit berichten von einer Million TV-Geräten in den Lägern. Das traf natürlich auch Loewe, die in solchen Zeiten sicherlich nicht auf Experimente aus war, sondern bereits in finanziellen Schwierigkeiten steckte. Nordmende, einer der Großen der Branche, besiegelte in dieser Zeit (1976) freiwillig den Zusammenschluß mit Thomson, weil der Markt immer schwieriger wurde.
Man darf nicht vergessen, das der HiFi-Markt bereits Anfang der Siebziger als "gesättigt" galt. Die Amerikaner führten nicht zuletzt deshalb "Quadro" ein. Dem gegenüber blieb man in Deutschland skeptisch und sah, Quadro setzte sich nicht wirklich durch. In der zweiten Hälfte der Siebziger Jahre konnte in Deutschland angeblich nur noch Grundig mit seiner neuen Super-HiFi-Reihe steigende Umsätze in der HiFi-Sparte verzeichnen. Hier zu investieren hätte für das in der HiFi-Sparte traditionell nicht so breit aufgestellte Unternehmen Loewe ein verantwortungsloses Risiko bedeutet.
Folgerichtig daher, das die QV wie QR medial kaum präsentiert wurden. Keine Testberichte, kaum Werbung. Mir scheint also, Loewe betrieb HiFi nicht mehr wirklich ernsthaft. 1978 endete die eigene "Radioproduktion" und Loewe kaufte über den Anteilseigner Philips zu.

Es wird ja gerne an den einheimischen Herstellern herum gemosert, warum die nichts "Besseres" auf den Markt gebracht hätten. Tatsache ist, selbst das "Bessere", welches sie anboten, wurde nicht in den notwendigen Mengen gekauft. Dagegen stiegen die Löhne und sanken die Arbeitszeiten ständig. Und gekauft wurden vermeintlich billigere Import-Produkte.
Zudem waren insbesondere die Spezialisten unter den einheimischen UE-Herstellern chronisch unterkapitalisiert und litten unter der eigenen Verweigerung zu forschen, litten aber auch daran, das - ganz im Gegensatz zu Japan, wo das Außenwirtschafts-Ministerium den Feldzug gegen die ausländische Konkurrenz kapitalkräftig koordinierte - man sich hierzulande eher bekämpfte, als unterstützte. So ist die AEG-Telefunken nicht zuletzt daran endgültig kaputt gegangen, das ihre hauptsächlichen Eigentümer gleichzeitig bei Siemens engagiert waren, und es denen rentabler schien, die Investitionen zu konzentrieren. Die Saba-Geschichte ist ein anderes Beisüpiel. In Japan wäre das so nicht möglich gewesen.
Wenn man sich die deutschen Traditions-Hersteller anschaut, dann ist auch klar, das sie eigentlich nicht konkurrenzfähig waren: Braun, Saba und SEL (mit Schaub-Lorenz, Graetz, Saja etc.) gehörten Amerikanern, deren Haupt-Augenmerk nicht die HiFi-Sparte war. Dual, Metz, Elac, Wega, PE, Uher etc. waren hoch-spezialisiert, bauten nur wenig selbst, und waren letztlich Winzlings-Firmen. Siemens und Bosch hatten sich freiwillig weitestgehend aus der Phono-Sparte zurückgezogen. Körting war durch die Neckermann-Verträge gefesselt und hing am Tropf von OEM-Kunden, denen es zunehmend schlechter ging. Auch Loewe hatte OEM-Verträge verloren (Dual, Quelle etc.). Zudem dominierten "Familienbetriebe" (Grundig, Mende, Gebr. Steidinger, Schneider etc.) mit sehr deutlicher lokaler Verankerung, bei denen das Management kaum einmal über die erste Landesgrenze hinaus blickte. Dem gegenüber standen vergleichsweise gigantische Mischkonzerne, die auch noch koordiniert zusammenarbeiteten und hin und wieder aus den USA kostenfrei Technologie geliefert bekamen, für die sie ja als "Werkbank" werkelten. Eine Entwicklung wie die CD hätte kaum ein einheimischer Hersteller wuppen können. Der Versuch war für Telefunken ein Sargnagel.

Tatsache ist: "HiFi" wurde von Beginn an als "endliches", als "vorübergehendes" Geschäft gewertet. Diejenigen, die sich darauf spezialisiert hatten, sind entweder verschwunden oder Winzlinge geblieben. Andere haben "HiFi" nebenbei mit erledigt und sind - letztlich deshalb ohne Tuner - rechtzeitig ausgestiegen. So auch Loewe. Loewe gibt es noch.

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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