Kopfspiegelresonanzen - ein paar Messungen
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Liebes Forum,

schon vor längerer Zeit stellte ich die Frage in den Raum, ob die sichtbaren Unregelmäßigkeiten bei großen Wellenlängen, die ich an meiner ASC 4502 gesehen hatte, durch Kopfspiegel-Effekte zu erklären wären:

Was sind eigentlich Kopfspiegelresonanzen?

Damals war das Fazit, dass diese Effekte eigentlich bei diesen Geschwindigkeiten und üblichen Köpfen nicht auftreten sollten. Ich stellte vor fast 8 Jahren dann noch ein paar weitere Messungen in Aussicht - und dabei blieb es dann für eine Weile...

Vor wenigen Wochen rückte bei mir die Frage wieder ins Bewusstsein, und ich habe mal wieder fachfremd einen Thread vorübergehend gekapert:

Vergleich Aufnahmequalität RDL vs A77?!

Effekt:

Als kompakte Zusammenfassung des Phänomens soll an dieser Stelle nun die Abb. 92 aus "dem Altrichter" dienen:

   

Die Gleichung beschreibt nach Westmijze die Welligkeit als Funktion von Kopfbreite durch Wellenlänge, und ist eine Näherung für Ringköpfe.

Messmethode:

Nun wollte ich doch nochmal in der Praxis sehen, ob das zu meinen damals beobachteten Welligkeiten passt. Deswegen bin folgendermaßen vorgegangen:
  • als Testsignal einen linearen Sweep generiert, 20 Sekunden lang, von 10 Hz bis 2kHz (für 19 cm/s), bis 1kHz (für 9.5 cm/s), bis 500 Hz (für 4.75 cm/s)
  • Entspricht einem Wellenlängenbereich von 1.9 mm (für 19) bis 95 µm (für alle drei Geschwindigkeiten)
  • vier verschiedene Kopfträger, die ich gerade greifbar hatte, nacheinander auf dieselbe Maschine (auch dieselbe wie damals) geschraubt und die gleiche Messung durchgeführt
  • die Datei mit den drei Testsignalen und Pegeltönen zur Orientierung (und einem log-Sweep 20 Hz bis 20 KHz, wenn ich schon dabei bin) auf dem Weg Audacity - Soundkarte - Aufnahme und gleichzeitige Wiedergabe hinter Band - Soundkarte - Audacity abgespielt und aufgenommen
  • das ganze mit meiner Onboard-Soundkarte bei 48 kHz (ja, ich hätte auch den Aufnahmerechner anmachen können, war aber leider zu träge dazu; es war spät am Mittwochabend...)
  • digital lag der 1KHz-Pegelton bei -10dB un der Sweep bei -30dB, bei der Aufnahme habe ich für jeden Kopfträger bei 19 kHz die Aussteuerungsanzeige beim Pegelton auf 0 dB gebracht; die Anzeige hatte ich vor Jahren mal abgeglichen, es müssten eigentlich noch etwa 250 nWb/m sein, aber ohne Garantie
  • zwischen den Sweeps habe ich ohne sonstige Veränderungen die Geschwindigkeit umgeschaltet
  • Auswertung durch ein kleines Python-Skript, das die aufgenommene wav-Datei wieder einliest; mehr dazu kann ich bei Bedarf ausführlicher beschreiben Smile


   

Probanden:

Zuerst der "eigene" Kopfträger der Maschine, mit Woelke-Wiedergabekopf. Ich nenne ihn hier überall "4502".

   

Dann ein Viertelspur-Kopfträger, den ich zusammen mit einer AS6000 erworben habe, mit Ferrotronic-Wiedergabekopf, genannt "6004":

   

Daraufhin den Halbspur-Kopfträger, der auf meiner anderen AS6000 weilte, mit Bogen-Wiedergabekopf (Bogen ist geraten, könnte auch falsch sein!) und Woelke-Aufnahmekopf, genannt "6002":

   

Und zuletzt, ähnlich dem ersten, einen Halbspur-Kopfträger einer zugelaufenen AS5002 mit LED-Zählwerk, die noch auf Wiedererweckung wartet, genannt "5002":

   

Alle nochmal in der Übersicht:

   

Ergebnisse:

Die Darstellung habe ich wie in der obigen Abbildung aus dem Altrichter gewählt: Pegel in dB auf y, Kehrwert der Wellenlänge auf x. (Damit entsprechen die X-Werte einem "b/lambda" für einen 1m breiten Kopf.) Zuerst zur Kontrolle die ganze Messung vor Band (aber mit Bandgerät dazwischen):

   

Und nun alle oben gezeigten Kopfträger in der Übersicht:

   

Ich finde, daran sieht man sehr deutlich, dass die Welligkeiten bei den Woelke-Köpfen auftreten und von der Wellenlänge abhängen, während sie bei den anderen Köpfen mit sichtbar größerer Kontaktfläche quasi nicht zu sehen sind!


Nochmal zwei davon im Vergleich:

       

Interpretation:

Nachdem im Lehrbuch ja auch eine Quantitative Beschreibung steht, habe ich mal einen Fit der Funktion an die Messwerte (jeweils bei 19 cm/s) versucht - und messe bei allen betroffenen Kandidaten eine Kopfbreite von etwa 1/700 m, also etwa 1.5 mm:

   

Der Fit passt nicht perfekt, und ist auch ein wenig suggestiv. Da es sich aber um eine idealisierte Näherungsrechnung für einen Ringkopf handelt, und die hier vorhandenen Köpfe eben mal wieder reell und nicht ideal sind, bin ich geneigt, dem Ergebnis trotzdem zu glauben.

Zuletzt:

Zur Dokumentation hänge ich noch ein Zipfile an, in dem alles (bis auf wav-Files, wegen deren Größe) zu finden ist:

* Python-Skript zur Erzeugung des Mess-Signals
* Python-Skript zur Auswertung (leider etwas messy, muss ich noch aufräumen...)
* gemessene Messdaten in Textfiles
* Gnuplot-Skripte zum Plotten
* Plots

Wer Kritik anbringen will oder sich selbst versuchen möchte, ist herzlich eingeladen. Bei Fragen einfach fragen Smile


.zip   spiegel.zip (Größe: 1.02 MB / Downloads: 5)

Zum Schluss möchte ich Euch allen mal wieder für Eure inspirierenden Beiträge danken - stellvertretend für alle seien hier nochmal Peter und Kai genannt, deren Diskussion mich zum Aufwärmen des Themas verleitet hat!

Viele Grüße
Andreas
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Nachrichten in diesem Thema
Kopfspiegelresonanzen - ein paar Messungen - von andreas42 - 03.09.2016, 11:30
[Kein Betreff] - von kaimex - 03.09.2016, 13:47
[Kein Betreff] - von andreas42 - 03.09.2016, 14:36
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[Kein Betreff] - von kaimex - 07.09.2016, 13:08

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