Das Hohelied des Svema B-3715
#1
Big Grin 
Hallo zusammen,
im Zusammenhang mit der Bändertauglichkeitsliste wurde schon über das Svema-Band B-3715 diskutiert, aber insgesamt scheinen die Erfahrungswerte mit diesem Band nicht sehr weit gestreut zu sein. Da ich gerade dabei bin, meine Bänder - soweit wie möglich - in einheitliche Archivboxen zu verfrachten, fielen mir die Svema-Kartons in die Hände, die nun den Weg alles Irdischen gehen werden. Zeit, vorher noch eine kleine Fotostrecke aufzulegen. Los geht's mit sozialistisch-frechen Knall-Farben der Umverpackung:

   

Die Schatten-Grafik soll das Vorecho signalisieren Big Grin , die Meter-Zahl ist auch angegeben (nicht jedoch die Spulengröße von 18 cm). 

Öffnet man den Karton an seiner seitlichen Lasche, sieht man eine Kuvert-ähnliche Anordnung mit viel Text, auf den ich später zurückkommen werde:

   

Das Tonband, das in Folie eingeschweißt war, lässt sich nun herausziehen:

     

Die Spule sieht dann ohne Überzieherle so aus:

   

Ich hatte sie schwarz in Erinnerung, wie die üblichen Shamrock-Spulen. Tatsächlich ist das Material ganz leicht durchscheinend und eher rauchbraun. Die Seite ist angegeben (mit römischen Ziffern). Alle Spulen meines Konvoluts sind nicht perfekt, d.h. die Seitenwände sind nicht ganz parallel zu einander. Man könnte auch sagen, dass sie verformt sind. Das beeinflusst den Gleichlauf beim Spulen nicht so sehr, das Band schrappt aber beim Aufwickeln an der Spule... bei jeder Umdrehung. Ein von mir nicht so gerne gehörtes Geräusch  Confused .

Die Rückseite des Kartons verzeichnet das Herstellungsdatum, 1989 - Wendejahr, jedenfalls für uns:

   

Diese Jahreszahl findet man auch auf dem weißen Vorlaufband wieder:

   

Schaltband gibt es nicht - so ein neumodischer Firlefanz  Tongue ! Wenden wir uns lieber dem Text zu - versprochen ist schließlich versprochen:

   

Nun ist es so, dass ich des Russischen überhaupt nicht mächtig bin. Ich könnte unsere Nachbarn fragen - Kasachen. Oder lieber nicht. Es gibt ja da seit neuestem so eine Funktion im Handy, die Text direkt erkennt und übersetzt (dafür benötigt man nicht einmal mehr eine eigene App!). Mal schauen, was sie ausspuckt:


Zitat:Anweisung


Lagerung und Verwendung von Magnetband

1. Das Magnetband besteht aus 34 μm Dicke und ist für die Tonaufnahme ausgelegt.

2. Das Magnetband sollte in der Primärverpackung in einer vertikalen Position bei einer Temperatur von 15 bis 40°C und relativer Luftfeuchtigkeit (60+15)% gelagert werden.

Das Band muss vor längerer Hitzeeinwirkung (z. B. wenn der Tonbandrekorder erhitzt wird) sowie vor direkter Sonneneinstrahlung geschützt werden.

Die Lagerbedingungen des Bandes sollten plötzliche Temperatur- und Feuchtigkeitsänderungen ausschließen.

3. Es ist nicht erlaubt, das Band in der Nähe eines starken elektromagnetischen Feldes (Elektromagnetische, Elektromotoren, Transformatoren usw.) zu lagern.

4. Magnetband für eine lange Zeit gespeichert (mehr als die Garantiezeit)

Einzelverbraucher, einmal empfohlen in

Sechs Monate Rückspulen, um innere Belastungen in der Rolle zu lindern.

5. Das Klebeband sollte auf der Spule mit der Arbeitsseite innerhalb der Rolle gewickelt werden.

6. Wenn das Klebeband bricht, muss es mit Klebeband geklebt werden.

7. Um zu vermeiden, dass die Magnetköpfe des Tonbandrekorders mit einer Klebeschicht verschmiert werden, muss das Klebeband, das das äußere Ende des Magnetbandes befestigt, vor dem Betrieb entfernt werden.

8. Wenn Mängel festgestellt werden, erfolgt der Austausch von Magnetband in Übereinstimmung mit den republikanischen Regeln für den Austausch von Waren, die im Einzelhandelsnetz gekauft wurden und in Übereinstimmung mit den Standard-Austauschregeln ausgestellt wurden. Der Hersteller ist nicht verantwortlich für Mängel, die sich aus einer Verletzung der Lagerregeln, der fahrlässigen Handhabung des Bandes im Einzelhandelsnetz und des Verbrauchers ergeben.

9. Die Garantiezeit des Bandes beträgt 12 Monate ab dem Datum des Verkaufs über ein Einzelhandelsnetzwerk. Die garantierte Haltbarkeit beträgt 2 Jahre ab Herstellungsdatum.

Das meiste klingt für mich plausibel und sinnvoll. Warum das Band in der Bändertauglichkeitsliste so eingestuft wurde, erklärt der letzte Paragraph: Das Band ist nur 2 Jahre nach Herstellungsdatum garantiert haltbar - nach 1991 wird also für nix mehr garantiert Rolleyes . Dieses ist offensichtlich kein Band, das für Archiv-Aufnahmen konzipiert wurde. Vielleicht ist es auch nur ein allgemeiner Hinweis, um sich rechtlich abzusichern (was irgendwie lustig ist, denn 1989 war die Ukraine noch nicht unabhängig - vielleicht ahnte man, dass man es 1991 sein würde?). 


So, das Band wird jetzt in einen Kunststoff-Sarkophag des Klassenfeindes gelegt in der Hoffnung, dass es noch lange gut abspielbar sein wird:

   

p.s. ich habe von einem 10er-Konvolut, alles Bänder mit der Jahresangabe 1989, noch fünf - die anderen habe ich weitergegeben. Diese fünf Bänder lassen sich problemfrei abspielen. Sie klingen gut (nicht sehr gut), schmieren und kleben nicht und die Wickel sehen gut aus. Schade eigentlich, dass man diese Bänder kaum noch zu nicht unverschämten Preisen bekommt. Falls man sie überhaupt noch bekommt...
Liebe Grüße
Thomas
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#2
Hallo Darwin,
die Vorstellung des sowjetischen Bandes finde ich Klasse!
Ob sich allerdings das sozialistische Band mit den Ausgasungen des kapitalistischen Plastecontainers lange verträgt bleibt abzuwarten....
Vielleicht solltest du die originalen Papp-Garagen noch nicht entsorgen.

Gruß Jan
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#3
(19.04.2024, 22:05)Darwin schrieb: Es gibt ja da seit neuestem so eine Funktion im Handy, die Text direkt erkennt und übersetzt (dafür benötigt man nicht einmal mehr eine eigene App!).

Es geht auch am PC mit einer Texterkennungssoftware wie Tesseract und einem Online-Übersetzungsdienst. So mache ich es jedenfalls immer.

Erst mal den Text in der Grafik erkennen und als Textdatei speichern:
   
   

Die Übersetzung nach Deutsch erledigen dann Deepl, der Google Translator o.Ä.:
   
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#4
Danke für die Beschreibung - als Sammler würde ich aber den Originalkarton unbedingt aufbewahren!
Meine Bandmaschinen: Ganz frisch: Studer  C37 Heart , Studer A807, Studer B62, Telefunken M15a. Und Swissonor Tube Amp AM6221
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#5
Außerdem kannst du die doch noch als Versandkartons nutzen Wink
Gruß
Helge

Uher 4400 Report Stereo – Uher 4400 Report Monitor – Uher 4200 Report Stereo IC
Akai X 201 D – Akai GX 630 D – Akai GXC-760D
Revox A77 Mk II
Marantz Model 5220


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#6
Anfänglich war ich von dem Band auch begeistert, es war fast 1:1 mit LPR35 bei 19cm/s.
Aufnahmen klangen prima, keine Dropouts. Leider war innerhalb eines Jahres nach Öffnen nichts davon übriggeblieben, nur noch klebriger Abrieb ala LP35LH... Schade.
Viele Grüße,

Matthias
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#7
Ich habe hier auch noch zwei Stück davon. Die laufen prima durch, haben aber hier und da Dropouts. Sind allerdings auch Viertelspur. Bin mal gespannt, wie sie sich bei dir halten, berichte mal!

Schöne Grüße
Alexander
Schnürsenkelband: Teac A3300SX-2T, Revox A77 MK3, Sony TC-366, Grundig TK 3200, Grundig TK 8, Simonetta TB 491
Kassette: Onkyo TA-2870, RFT SK 3000 Hifi
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Lieblings-Bandsorten / Empfehlungen in zufälliger Reihenfolge:
Standardband: Orwo 104, Orwo 106, Orwo 103, Orwo 100, BASF/Agfa PER-528
Langspielband: Orwo 113, BASF/Agfa PER-368, LPR-35, BASF PES-40, BASF LGS-35, Agfa PE-31/PE-36/PE-39
Doppelspielband: Orwo 120, BASF LGS-26, Agfa PE-41/PE-46/PE-49, Grundig GD15
Dreifachspielband: Orwo 130
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#8
Hallo Thomas,

danke für die ausführliche Vorstellung.
Aber was muß ich da lesen: stob hat völlig recht - Originalkartons entsorgt man nicht.  
Cry
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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