30.07.2021, 10:08
(Dieser Beitrag wurde zuletzt bearbeitet: 30.07.2021, 10:18 von nick_riviera.)
(29.07.2021, 22:00)tk141 schrieb: Oder man denke an die Schwalbe. Ja, stimmt, alte Kameras aus Ostproduktion haben tatsächlich einen guten Support, auch die russischen Modelle. Auch Leute, die sich mit RFT und Co. auskennen, gibt es erstaunlich viele. Liegt vielleicht daran, daß die Leute aus dem Osten die raren Konsumgegenstände mehr wertgeschätzt haben. Und vieles war ja aufgrund der Mangelwirtschaft auch schon gleich reparaturfreundlich konstruiert.
Viele Grüße
Nils
es gibt noch einen anderen entscheidenden Faktor - im Sozialismus war nie vorgesehen, über den Bedarf hinaus zu produzieren, um Profitinteressen zu befriedigen. Die Sachen sind kaputtgegangen, weil sie verschlissen waren, und das ging aufgrund der oft mangelhaften Materialqualität manchmal schneller als bei Westgütern. Was es aber nie gegeben hat, waren irgendwelche Obsoleszenz-Spiele. Die Ostblock-Technik, die ich in meinem Leben in der Hand hatte, war zwar oft technisch rückständig, aber immer reparaturfreundlich und durchdacht konstruiert. Sowas wie Geräte, die man trotz vorhandenem 180-Bit-Spezial-Schraubendrehersatz nicht aufbekommt, in Gerät vergossene Thermosicherungen usw. gab es bei Ost-Technik nicht.
Mein erstes Auto war ein Lada 2102. Bei dem lag serienmäßig eine Rolltasche mit Werkzeug bei, bei der wirklich nur ein einziges Werkzeug fehlte - der 38mm Schlüssel für die Zentralschraube am Lüfterrad. Und die Bedienungsanleitung war fast 200 Seiten dick, nur in deutsch, weil sie die komplette Reparatur- und Wartungsanleitung enthielt. Süß fand ich auch, dass sogar eine Dose Farbe, ein Pinsel, Isolierband und Draht beilagen und alles in brauchbarer Qualität. Am Auto selber waren auch die Aggregate wie Lima oder Anlasser komplett zerlegbar. Man konnte die Kohlen an der Lima einzeln auslöten und neue wieder einlöten, wenn der Magnetschalter am Anlasser gehakt hat, konnte man ihn ausbauen, reinigen und wieder einbauen. Das war schon in den achtzigern unvorstellbar bei den West-Autos. Rost war ein Problem, ok, aber nicht schlimmer als bei allen anderen Billigautos, die zu der Zeit rumfuhren. Der Lada ist mir auch deshalb so angenehm in Erinnerung geblieben, weil ich an ihm eine wichtige Lektion gelernt habe - nicht auf alles zu hören, was die Leute labern. Ich kann mich an einen Test in der AMS erinnern, wo man Billigautos getestet hat. Angetreten, sind der Fiat 126, der Citroen 2CV und der Ur-Lada 2101, den man zu der Zeit mit U-Kat für unter 7000 DM neu kaufen konnte, und der damit der billigste war. Die haben es tatsächlich geschafft, den Lada auf den letzten Platz zu testen. Mir war ja klar, dass ich keinen High-Tech-Boliden fahre, aber der Lada schlechter als der Citroen 2CV ? Das war einfach nur noch absurd.
Mit fast 300tkm auf der Uhr habe ich den Lada auf eigener Achse zum Schrotti gefahren, weil der Motor keinen Öldruck mehr aufgebaut hat, und ich mich damals nicht an einen Motortausch rangetraut habe - heute würde ich so einen Spielzeugmotor selber überholen, zumal auch der komplett zerlegbar war, und man alle Einzelteile billig bekommen hat. Es gibt ja so Autos, denen man das ganze Leben gedanklich hinterherhängt, der Lada Kombi war für mich so ein Auto, auch wenn das niemand versteht.
Ich habe nicht mal ein Foto von dem Auto, wenn man sich die optischen "Verschönerungen" mal wegdenkt, sah er so aus wie der hier ( die Farbe hieß maisgelb ):
Amüsant war es immer, wenn ich mit dem Auto meine Verwandten hinter dem eisernen Vorhang besucht habe. "Sowas fährt bei uns nichtmal mehr die LPG" war der Kommentar meines Onkels, es gab immer verdatterte Gesichter, wenn die Leute die Dortmunder Kennzeichen gesehen haben, zweimal bin ich von der Volkspolizei gestoppt worden, weil die geglaubt habem, ich hätte Westkennzeichen geklaut, und einmal bin ich sogar in eine gefährliche Situation gekommen - zwei russische Soldaten haben mich abends an der Ampel überfallen, und mich anschließend zum Trinken "eingeladen". Ein netter Ortsansässiger hat mich durch den Hinterausgang aus der Kneipe rausgeschleust, die etwa 50m von der Kneipe bis zum Auto waren die längsten 50m meines Lebens,
Gruß Frank