29.12.2020, 00:47
zuerst die Kurzform - es gibt keine rostfreien alten Autos, auch keine fast rostfreien, und wenn man so ein altes Auto langfristig erhalten will, muss man es zerlegen und restaurieren.
Zur Erklärung muss ich etwas weiter ausholen. Seit etwa 1960 gibt es fast nur noch selbsttragende Karosserien, wo tragende und nicht tragende Teile miteinander verschweisst sind, und durch Sicken und Hohlräume dafür gesorgt wird, dass dünnes Blech die nötige Stabilität bekommt. Die Hohlräume kommen zwangsläufig mit Feuchtigkeit, Salz und anderen Nettigkeiten in Kontakt, und nur ein Teil dieser korrosiven Mischung fließt wieder ab. Der Rest bleibt in den Hohlräumen und/oder den überlappenden Blechteilen an den punktgeschweißten Verbindungen hängen und nagt an dem Auto von innen herum. Gut erhaltene Exemplare haben etwas weniger abbekommen, schlechter erhaltene etwas mehr, aber wirklich rostfrei würde ein Auto nur bleiben, wenn es niemals mit schlechtem Wetter oder Dreck in Berührung gekommen ist, und solche Autos gibt es am Markt quasi überhaupt nicht.
Anfang der achtziger Jahre wurde die kathodische Tauchgrundierung erfunden, hierbei werden Karosserie und Grundierungsbad unterschiedloich aufgeladen, und die Grundierung fließt dadurch wirklich in jeden kleinsten Hohlraum. Diese Technologie hat das Leben von selbsttragenden Karosserien entscheidend verlängert, zusätzlich sind die Autos noch mit Unterbodenschutz und Hohlraumversiegelung geschützt. Diese ganzen Versiegelungen verhindern zwar schnelles Rosten, wenn ein Auto aber altersmäßig in Richtung Oldtimer unterwegs ist, werden sie irgendwann spröde, werden durch äußere Einflüsse wie Steinschlag beschädigt, oder lösen sich im Fall von Wachs- oder fetthaltigen Versiegelungen einfach auf.
Dann bleibt die Karosserie ja nicht alleine - an allen möglichen Stellen sind technische Komponenten befestigt. Schon beim Anschrauben im Werk werden kleine Beschädigungen der Versiegelung produziert, und Stellen wie z.B. die Verbindungsstellen zwischen Achse und Achsaufhängung sind nie wirklich dicht, hängen aber im Schmutzbereich - ich habe noch kein 20 Jahre altes Auto gesehen, das an den Achsaufhängungen nicht rostig war, um das zu beseitigen, muss aber die Achse raus.
Das Dumme ist, dass der typische Gebrauchtwagenkäufer immer nur nach Rost im sichtbaren Bereich guckt. Der ist aber im Grunde völlig wurst, weil wegen Kantenrost kein Auto unrettbar kaputtgammelt, und man Anbauteile meist leicht tauschen kann. Der wirklich entscheidende Rost sitzt im unsichtbaren Bereich, und sollte beseitigt werden, bevor er die tragende Struktur der Karosserie aufgefressen hat.
Klar kann man so ein gepflegtes unrestauriertes Exemplar noch einige Jahre fahren und sich der Illusion der Rostfreiheit hingeben. Irgendwann macht aber der TÜV einen Haken an das Auto wegen sicherheitsrelevanter Mängel, oder noch schlimmer, man verliert während der Fahrt einen Teil der Radaufhängung, und ärgert sich dann, dass man sich um das "rostfreie" Auto nicht früher gekümmert hat.
Man muss also überlegen, was man mit so einem Auto vor hat. Für zwei oder drei TÜV-Perioden sind die Kisten meistens noch gut, wenn man aber vor hat, den Wagen zum Oldtimer reifen zu lassen, sollte man besser heute als morgen anfangen, egal, wie gut das Auto noch dasteht. Wenn man früh anfängt, reichen etwas Rostschutzfarbe, etwas Versiegelung und ein Pinsel, wenn man wartet, bis der Rost nach außen durchkommt, oder die Statik nicht mehr stabil ist, ist ein Allerweltsauto meist wirtschaftlich nicht mehr zu retten.
Und noch ein Wort zu den ganzen Reimporten aus Kalifornien, Südfrankreich, Dubai usw. - die mögen rostfrei sein, wenn sie hier ankommen. Die Versiegelung ist aber genauso hinüber, bei Autos, die viel Hitze abbekommen haben, sogar noch stärker als bei uns. Und wenn so ein Auto in Kontakt mit unserem Klima kommt, ohne dass vorher was für den Korrosionsschutz getan wurde, dann kannst Du zugucken, wie das Auto schlechter wird.
Der 420iger, den ich oben gfezeigt habe, war definitiv kein schlechtes Auto, und von aussen rostfrei. Jetzt stecken ungefähr 3000 Euro und mehrere Wochen Arbeit in der Sanierung des "Untergeschosses", und wenn man vor dem Auto steht, sieht man nichts davon. Die Freude an der Instandsetzung fängt erst an, wenn man den Wagen startet und losfährt - es ist immer wieder faszinierend, die Fahrleistungen von alten Autos zu erleben, wenn sie nicht mehr verschlissen sind. Selbst ein oller W123 fährt nach einer Fahrwerksüberholung fast wie ein modernes Auto.
Gruß Frank
Zur Erklärung muss ich etwas weiter ausholen. Seit etwa 1960 gibt es fast nur noch selbsttragende Karosserien, wo tragende und nicht tragende Teile miteinander verschweisst sind, und durch Sicken und Hohlräume dafür gesorgt wird, dass dünnes Blech die nötige Stabilität bekommt. Die Hohlräume kommen zwangsläufig mit Feuchtigkeit, Salz und anderen Nettigkeiten in Kontakt, und nur ein Teil dieser korrosiven Mischung fließt wieder ab. Der Rest bleibt in den Hohlräumen und/oder den überlappenden Blechteilen an den punktgeschweißten Verbindungen hängen und nagt an dem Auto von innen herum. Gut erhaltene Exemplare haben etwas weniger abbekommen, schlechter erhaltene etwas mehr, aber wirklich rostfrei würde ein Auto nur bleiben, wenn es niemals mit schlechtem Wetter oder Dreck in Berührung gekommen ist, und solche Autos gibt es am Markt quasi überhaupt nicht.
Anfang der achtziger Jahre wurde die kathodische Tauchgrundierung erfunden, hierbei werden Karosserie und Grundierungsbad unterschiedloich aufgeladen, und die Grundierung fließt dadurch wirklich in jeden kleinsten Hohlraum. Diese Technologie hat das Leben von selbsttragenden Karosserien entscheidend verlängert, zusätzlich sind die Autos noch mit Unterbodenschutz und Hohlraumversiegelung geschützt. Diese ganzen Versiegelungen verhindern zwar schnelles Rosten, wenn ein Auto aber altersmäßig in Richtung Oldtimer unterwegs ist, werden sie irgendwann spröde, werden durch äußere Einflüsse wie Steinschlag beschädigt, oder lösen sich im Fall von Wachs- oder fetthaltigen Versiegelungen einfach auf.
Dann bleibt die Karosserie ja nicht alleine - an allen möglichen Stellen sind technische Komponenten befestigt. Schon beim Anschrauben im Werk werden kleine Beschädigungen der Versiegelung produziert, und Stellen wie z.B. die Verbindungsstellen zwischen Achse und Achsaufhängung sind nie wirklich dicht, hängen aber im Schmutzbereich - ich habe noch kein 20 Jahre altes Auto gesehen, das an den Achsaufhängungen nicht rostig war, um das zu beseitigen, muss aber die Achse raus.
Das Dumme ist, dass der typische Gebrauchtwagenkäufer immer nur nach Rost im sichtbaren Bereich guckt. Der ist aber im Grunde völlig wurst, weil wegen Kantenrost kein Auto unrettbar kaputtgammelt, und man Anbauteile meist leicht tauschen kann. Der wirklich entscheidende Rost sitzt im unsichtbaren Bereich, und sollte beseitigt werden, bevor er die tragende Struktur der Karosserie aufgefressen hat.
Klar kann man so ein gepflegtes unrestauriertes Exemplar noch einige Jahre fahren und sich der Illusion der Rostfreiheit hingeben. Irgendwann macht aber der TÜV einen Haken an das Auto wegen sicherheitsrelevanter Mängel, oder noch schlimmer, man verliert während der Fahrt einen Teil der Radaufhängung, und ärgert sich dann, dass man sich um das "rostfreie" Auto nicht früher gekümmert hat.
Man muss also überlegen, was man mit so einem Auto vor hat. Für zwei oder drei TÜV-Perioden sind die Kisten meistens noch gut, wenn man aber vor hat, den Wagen zum Oldtimer reifen zu lassen, sollte man besser heute als morgen anfangen, egal, wie gut das Auto noch dasteht. Wenn man früh anfängt, reichen etwas Rostschutzfarbe, etwas Versiegelung und ein Pinsel, wenn man wartet, bis der Rost nach außen durchkommt, oder die Statik nicht mehr stabil ist, ist ein Allerweltsauto meist wirtschaftlich nicht mehr zu retten.
Und noch ein Wort zu den ganzen Reimporten aus Kalifornien, Südfrankreich, Dubai usw. - die mögen rostfrei sein, wenn sie hier ankommen. Die Versiegelung ist aber genauso hinüber, bei Autos, die viel Hitze abbekommen haben, sogar noch stärker als bei uns. Und wenn so ein Auto in Kontakt mit unserem Klima kommt, ohne dass vorher was für den Korrosionsschutz getan wurde, dann kannst Du zugucken, wie das Auto schlechter wird.
Der 420iger, den ich oben gfezeigt habe, war definitiv kein schlechtes Auto, und von aussen rostfrei. Jetzt stecken ungefähr 3000 Euro und mehrere Wochen Arbeit in der Sanierung des "Untergeschosses", und wenn man vor dem Auto steht, sieht man nichts davon. Die Freude an der Instandsetzung fängt erst an, wenn man den Wagen startet und losfährt - es ist immer wieder faszinierend, die Fahrleistungen von alten Autos zu erleben, wenn sie nicht mehr verschlissen sind. Selbst ein oller W123 fährt nach einer Fahrwerksüberholung fast wie ein modernes Auto.
Gruß Frank