Selbstbau eines Tonbandgerätes
Hallo liebe Tonbandfreunde,

erst mal vielen Dank für Eure Beiträge und besonders auch die ausführliche Tabelle mit den Bandwickeldaten, sie hat mir diverse Vergleichswerte geliefert, und sorry, dass es so lange gedauert hat, aber ich wollte einen neuen Beitrag auch mit ein paar Neuigkeiten verbinden.

Die Bandzugregelung läuft jetzt schon eine ganze Weile stabil, und zwar über die Tacho-Signale von denWickelmotoren. Ich fasse hier mal meine ganzen Wege und Irrwege  zusammen, ist vielleicht ganz amüsant:

1) Um 1980 herum: Regelung über Lichtschranke.

Die verwendeten Gabellichtschranken gingen durch die rote Plexiglas-Scheibe des Bandzughebels wie Butter hindurch, eine Abschattung per schwarzem Aufkleber in geeigneter Form sollte das jeweilig richtige Wickelmoment erzeugen, in rein analoger Form.

Selbstverständlich hatte ich ein paar Tests gemacht, bevor ich  das Ganze bis zum Versuchsstadium ausbaute, aber:

Das Ganze war leider äußerst fremdlicht-empfindlich, auch die Temperaturstabilität der Schaltung mit bipolaren Transistoren und vermutlich unzureichender Gegenkopplung ließ sehr zu wünschen übrig. Praktisch nicht brauchbar.

- Große Pause -

2) Wiederaufnahme des Projekts:

Neue Regelschaltung mit freundlicher Hilfe dieses Forums entwickelt / aufgebaut, Arduino-Steuerung über PWM ("AnalogWrite") konzipiert. Die Regelinformation jetzt per Tacho-Regelung über je einen Reflektor auf dem linken und rechten Wickelmotor.

Funktionierte prinzipiell und über weite Strecken recht gut, aber es gab bei bestimmten Wickeldurchmessern, besonders bei 9,5cm/sec, nicht akzeptable Regelschwingungen. Die Bandzughebel flatterten dann wie Flügelchen.

3) Doch wieder eine Regelung über Lichtschranken.

Die neuen Gabel-LS ausführlich auf Fremdlicht und sicheres Durchschalten getestet, selbst direktes Beleuchten mit starker Lampe oder Sonnenstrahlen bringt sie nicht aus der Ruhe, war also OK. Der Lichtrom geht auch nicht mehr durchs Plexiglas (das dämpft diese LS zu stark) sondern wird durch eine Extra-Blende unterbrochen.

Außerdem habe ich mir ein wirksames Mittel gegen die Regelschwingungen ausgedacht: Da das Drehmoment (im Aufwickel-Motor) immer nur steigen muss, braucht auch nur in eine Richtung nachgeregelt werden. Dazu wurden zwei weitere Umlenkrollen gedreht und eingebaut, womit der Fühlhebel im Prinzip als "Bandwaage" funktioniert. Somit kann immer dann, wenn eine bestimmte Position des Hebels  erreicht ist. die Motorleistung hochgeregelt werden. (bzw. verringert auf der Abwickelseite)

Eine genaue Einstellung über den ganzen Wickelbereich kann durch Ändern der Federspannung und leichtes Verschieben der Blende erreicht werden. Außerdem gibt es mit den neuen, zusätzlichen Umlenkrollen sehr viel besserer Bandwickel!

Das funktionierte sehr gut, wenn auch die Fühlhebel zu schwergängig für einen maximal "glatten" Regelverlauf sind. Das Ergebnis könnt ihr in den zwei Plots vom Beitrag am 18.01 sehen. Ich wiederhole mich hiermit zwar ein wenig, aber es ist ja auch schon 'ne Weile her.

Trotz der etwas "körnigen" Regelung hätte ich das so beibehalten, aber ein Problem bekam ich nicht in den Griff: Den Start. Beim Start muss genug Power gegeben werden, damit die Geschichte schlaufenfrei anläuft, infolgedessen sind bei kleinem Wickeldurchmesser die eigentlichen Regelpunkte weit überschritten. Wird deutlich weniger Saft gegeben, laufen die Wickelmotoren bei großem Durchmesser gar nicht erst an.

Was ich alles ausprobiert habe: Lichtschranke analog auslesen statt digital, um die Hysterese zu verkleinern. spezielle Anlaufroutinen, die den Regelpunkt erst "überfahren", dann "von hinten" anfahren und anschließend auf Normalbetrieb umstellen, also langsames Aufdrehen des "Saftes" bei Bedarf. War alles Murks, irgendwo klemmte es immer.

4) Deshalb: Zurück zur Tacho-Steuerung über die Wickelmotoren.

Da es jetzt drei Impulse / Umdrehung gibt, ist das Ganze deutlich feinfühliger. Außerdem habe ich eine Mittelwertbildung programmiert, die der Regelung jede Schwingungsneigung austreibt. Ich bilde einen sog. "gleitenden Durchschnitt" über jeweils 4 Impulse, das ist somit mehr als eine Umdrehung und bügelt die Ungenauigkeiten der Tachoimpulse komplett weg.

Das funktioniert so: Bei jedem Impuls wird von der Summenvariable der letzte Durchschnittswert abgezogen, der aktuelle Impuls hinzugewählt und ein neuer Durchschnitt gebildet. Beim Start wird die Summe mit einem Wert vorbesetzt, der auf jeden Fall einen sicheren Start ermöglicht, innerhalb etwas mehr als einer Umdrehung ist der Wickelmotor dann im Sollbereich. Eine extra Start-Routine ist nicht nötig.

Außerdem werden die Zeiten zwar weiterhin in µsec  abgefragt, aber sofort duch 256 geteilt, auch weitere Divisionen sind, wenn möglich, 2er-Potenzen. Damit bekomme ich kleine Variablen und kurze Rechenzeiten. Außerdem findet die Ermittlung der Impuslänge (von einem Reflektor zum nächsten) komplett innerhalb der jeweiligen ISR statt und kann somit während des Rechenvorgangs nicht unterbrochen werden. Das widerspricht zwar etlichen Regeln, die man bei ISR und der ganzen weiteren Rechnerei eigentlich beachten sollte, ist aber in diesem Falle sehr angebracht. Es macht überhaupt nichts, wenn ein Wert ausfällt, aber ein falscher Wert könnte das System durcheinander bringen. Bei der Division großer durch kleine Zahlen bekomme ich auch ohne den Rest hinreichend genaue Werte.

So, nun endlich Bildchen:

   
Hier haben wir den gesamten Durchlauf, Auf- und Abwickelspule, eines Bandes bei 9,5. (Ein bisschen ist das Band am Ende schon abgeknabbert) Die senkrechten Einschnitte bei etwa 3200 sec bedeuten, dass hier kurz gestoppt und wieder gestartet wurde.

   
Im Detail, der rechte Wickelmotor: Die gestrichelte dünne Linie wird von direkt von den Tacho-Impulsen vom Motor erzeugt, die entsprechende Formel (experimentell ermittelt) steht in der Legende, wobei "$5" von den "micros()" bzw. der Zeitdifferenz "t_diff" abgeleitet ist. Die grüne Linie stellt den resultierenden PWM-Wert für die Regelung dar. Wir sehen, dass die gestrichelten Tacho-Werte entsprechend der nicht haargenau platzierten Reflektoren im Zickzack läuft, das ist aber egal. Da die Zeit weiter läuft, ergibt sich eine Verbindung über die Stopp-Zeit hinweg. Die grüne Spitze repräsentiert den Zeitpunkt des Wiederanlaufs, die lila gestrichelte Spitze zeigt den 1. Impuls vom Wickelmotor. Man kann sehr schön erkennen, wie schnell sich der korrekte Wert einstellt.

Ich habe Plots mit Banddurchläufen mit -zig Start-Stop-Vorgängen bei verschiedenen Bandgeschw. und auch mit kleinen Spulen-Innendurchmessern, man kann sehr schön die jeweiligen Startbedingungen daraus erkennen. Das sparen wir uns aber. Alles funktioniert.

   
Aber einen Zoom in das ganz normale Hochregeln des Wickelmotors finde ich doch noch ganz interessant. Wir sehen wieder die lila gestrichelten Werte von den Tachoimpulsen. Gnuplot dividiert mit Real-Zahlen, die Berechnung im µP geschieht mit Integer. Infolgedessen entfallen die Divisionsreste, und die resultierende grüne Linie "klebt" am unteren Rand.

Auf den ersten Blick könnte man die Zacken in der grünen Ergebnis-Linie als einen Fehler ansehen. Aber das Gegenteil ist der Fall, da die Übergänge zwischen zwei aufeinander folgenden PWM-Werten durch den zeitlichen Verlauf optimal geglättet werden. Erst weisen nur einzelne Spitzen auf die nächste Stufe, dann werden diese breiter und schließlich geht es ein Stück auf der neuen Stufe weiter. Ich habe zur Veranschaulichung eine schwarze Glättungslinie darüber gelegt.
In der Hardware macht das ein RC-Glied in der Schaltung und die Motor- und Wickelmasse.

Nächstes Thema: Gehäuse.
   
Komische Formen aussägen. Lässt sich Lochblech schrauben? Ja, prima. Das Plastikzeug ebenso.

   
Noch ein Lochblech. Da hat der Pollin mal für ein paar Cent allerbeste Lautsprecher-Abdeckungen verramscht. Ich hätte mehr davon kaufen sollen. Allerdings ist das Zeug hart und zäh und das Zurechtsägen ein bisschen Trickie: Mit dem schnellen Proxxon-Maschinchen und 20mm-Trennscheiben ging es.

   
Mal von Innen beleuchtet. Da muss ja auch genug Luft zum Kühlen durch kommen.

   
Rundum zu. Die Seitenteile sind aber kein Riffelblech, sondern eine Art von Dekor-Karton aus dem Bastelladen, auf Indexplatten (aka Sperrholz) geklebt. An sich bin ich nicht für solches Täuscher-Design wie z.B. Plastik-Fronten, die gebürstetes Alu darstellen wollen, aber hier passt es, finde ich. Außerdem gab es nichts anderes. Und jetzt kann man das Teil zur weiteren Arbeit problemlos auf den Rücken legen.

Ausblick:

Wie zu erkennen ist, muss das Display noch montiert werden, und von der Nf-Elektronik habe ich auch erst einen W-Vertärker. Ich werde aber nun wohl erst mal meine Tonkpf-Sammlung sichten und gegebenenfalls testen und außerdem die ganze Kopfträger-Platte revidieren. Besonders chic wäre ja ein leicht austauschbares Modul für 1/4 und 1/2 Spur, mal sehen, was ich da hinbekomme.

MfG

Binse
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[Kein Betreff] - von kaimex - 19.09.2020, 14:58
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