VS Plattenspieler - Tonabnehmer
#1
Hallo Freunde,

Oder anders gefragt lohnt sich die Anschaffung eines teuren Tonabnehmers bei einem mittelmäßigen Plattenspielers?
#Hier mal als Beispiel: Thorens TD 115 - Elac 796 H 30#

Gilt die alte Regel Preis Plattenspieler incl. Tonarm = ½ Preis Tonabnehmer noch immer, oder wie würdet Ihr das sehen.
#Der Regel zufolge würde sich das Elac 796 H 30 erst bei einem Thorens TD 126 MK III lohnen#

Die Nennung dieser Firmen ist ohne jede Wertigkeit meinerseits zu sehen.


Einmal ein paar Gedanken dazu von mir.

Viele sagen, bei einem Plattenspieler mit einem Anschaffungspreis (Neu) von 500€ lohnt ein System von mehr wie 200€ nicht, da das System seine Fähigkeiten gar nicht richtig entfalten kann.
Aber ist es nicht umgekehrt? Ist nicht der Schallwandler, in diesem Fall der Tonabnehmer, nicht wichtiger um die Informationen korekt aus der Rille zu lesen?



Ich weiß diese Zeilen lesen sich provokativ, sie sind aber gedacht um eine Diskusion unter den Plattenspieler-Usern in Gang zu bringen, woraus sich eine Richtung ablesen lässt so dass man einen Ratgeber daraus formen kann.

Ich würde mich über rege Beteiligung Aller freuen.


Gruß
Jürgen
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#2
Ich halte es hier gerne mit unserem Freund Ivor Tiefenbrun (Linn), der schon immer der Meinung war, dass hinten nicht rauskommen kann, was man vorne nicht reinsteckt.
Viele Laufwerke und Tonarme - auch z. B. der hier genannte TD 115 mit TP 30 - sind m. E. besser, als man denkt, und werden nur durch die Vorbehalte, ein teurer Abnehmer lohne sich bei einem günstigeren Plattenspieler nicht, niemals ausgereizt.
Wie gut schon ein uralter Dual 1019 mit heute archaisch wirkendem Tonarm sein kann, erfährt man erst, wenn man mal nicht das obligatorische Shure M-75 einbaut, sondern - wie ich es mal gemacht habe - ein richtig teures System (im Vergleich zum 1019, der bei eBay 25 Euro gekostet hat). Ich habe nämlich ein Grado Platinum Wood, NP 600 DM, eingebaut, und es lief hervorragend und brummte nicht (im Garrard 301 tat es das - Motor-Einstreuung - alte Grado-"Krankheit") und klang einfach nur spitzenmäßig.
Und auch wer besagten TD 115 schon mal mit dem TMC 70 gehört hat, weiß, was der 115er kann, wenn man ihn lässt.
Übrigens hat der TD 115 Mk. II senerzeit ohne System knappe 600 DM gekostet, und das Elac ein paar Jahre später etwa die Hälfte dieses Betrages - passt also sogar, wenn man die von Jürgen gepostete Rechnung aufmacht.
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#3
Viel wichtiger ist doch, daß alles zusammenpaßt! Da mußt der Kalkulation deines Ingenieurs schon vertrauen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, daß der Ingenieur sowohl von den Hi-Fi-Hörern als auch von den Musikern nie ernstgenommen wird. Es werden Ansprüche gestellt, und Geld wird unter Umständen auch gezahlt, aber Zweck der Übung ist immer das eigene Ego. So funktioniert Technik nicht!
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#4
Hi Grasso,

Ich gebe zu, dass mir das jetzt nicht ganz klar ist ... sorry.

Wie ist das in diesem Zusammenhang zu verstehen ?
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#5
Zitat:Grasso postete
Viel wichtiger ist doch, daß alles zusammenpaßt! Da mußt der Kalkulation deines Ingenieurs schon vertrauen.

Ich habe die Erfahrung gemacht, daß der Ingenieur sowohl von den Hi-Fi-Hörern als auch von den Musikern nie ernstgenommen wird. Es werden Ansprüche gestellt, und Geld wird unter Umständen auch gezahlt, aber Zweck der Übung ist immer das eigene Ego. So funktioniert Technik nicht!
Hallo Grasso,

also wie ich das sehe, hat doch der Ingenieur doch mit der Verkaufspreisgestaltung am wenigsten zu schaffen. Ich denke mal, wenn es nach diesem ginge, so wäre so manches Gerät mit einem besseren Tonabnehmer ausgestattet.
Ich gehe mal davon aus, das auch der Plattenspieler-Benutzer sich der Abhängigkeit Tonarmmasse-Nadelnachgiebigkeit bewusst ist und diese bei der Neuanschaffung berücktsichtigt.
Dazu empfehle ich aber auch folgendes einmal durchzulesen:
http://forum1.magnetofon.de/viewtopic.php?t=1033

Sind es nicht eher die Marketingleute, die nur um des niedrigeren VK-Preises willens, die Plattenspieler mit preiswerteren (ohne hier jetzt eine Wertung nennen zu wollen) Systemen ausstatten?

Gut, ich gebe gerne zu dass ich Thorens und Dual vorbelastet bin, und zumindestens war dies bei den kleineren Modellen dieser beiden Firmen so.
Wenn ich daran denke wie grausig schön mein erster TD 110 mit dem Standartsystem Stanton 500 A geklungen hat.....Erst nach den Wechsel auf das AKG P 8 ES zeigte er, was in ihm steckte.
Ich denke mir Thorens hat auch nicht umsonst selber nachher ein TMC/MCH 70 für diesen Plattenspieler angeboten.
Beim Dual 731 Q z.B. gab es auch zwei unterschiedlich hochwertige Systeme, das ULM 60E / MCC 110.

Gruß

Jürgen
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#6
Gute Tonabnehmer haben viel linearen Nadelhub, können sich also eine hohe Nachgiebigkeit leisten. Die hohe Nachgiebigkeit führt zu einer geringen Resonanzgüte. Wenn der Abnehmer aber zu massig wird, ist das auch nicht gut.

Jede Resonanz hat eine Frequenz und eine Güte. Die Frequenz ergibt sich folgendermaßen: Kreisfrequenz * (Steifigkeit : Masse)^0.5. Die Güte ist der Kehrwert der Dämpfung und errechnet sich, reelle Widerstände fürs erste ignoriert, so: (Masse * Steifigkeit)^0.5. Reelle Widerstände wären etwa magnetische Wirbelströme und Paddeln in Silikonöl.

Die Resonanzfrequenz sollte zwischen 8 und 16 Hz liegen und eine Güte von 0,5 bis 1,5 aufweisen, bei 8 Hz Resonanzfrequenz besser zwischen 0,7 und 1. Unterhalb 8 Hz gibt es vor allem die Plattenwelligkeit und die Rillenabstandsmodulation (im Presswerk angewandt, um die Spielzeit zu erhöhen). Bei höheren Frequenz kommen vor allem Laufwerksrumpeln, Trittschall und schließlich Rückkopplungen von den Lautsprechern als Störquellen in Frage. Die Nachgiebigkeit des Tonabnehmers ist seitlich und vertikal verschieden, sodaß man sie einmal mit Tiefenschrift und einmal mit Seitenschrift messen muß. Die durch den Plattenschlag erzeugten Dopplerverzerrungen verschwinden, wenn man auf mono schaltet. Die durch eine mangelhafte Zentrierung der Platte verursachten Dopplerverzerrungen verschwinden, wenn man die Kanäle subtrahiert.

Übrigens habe ich mir einmal ausgerechnet, wie so eine Rille aussehen mag. 40 cm/s Plattenvorschub, 0,1 mm Rillenbreite, 4000 Hz. Die Schnelle könnte bei 4000 Hz fast 100 cm/s erreichen, bevor die Rillenbreite ausgenutzt ist. Ich nehme an, daß die Schnelle auf geringere Werte begrenzt wird, sodaß nur Frequenzen von 50 bis 500 Hz die Rillenbreite ausnutzen können. Zwischen 500 Hz und 2100 Hz ist der Schnellenfrequenzgang konstant, die Amplitude also fallend, was die Verzerrungen verringert, und oberhalb 2100 Hz wird die Schnelle steigend, um Störkomponenten zu unterdrücken und die Platte zu einem Verschleißartikel werden zu lassen, jedenfalls bei Popmusik mit lauten Konsonanten. Das Problem ist nicht die Schnelle an sich sondern das geringe Verhältnis von Plattenvorschub zu Schnelle. Das Vinyl deformiert sich unter Hitze, und Dreckpartikel werden eingeschweißt. Schnell laufende Maxisingles mit 3 dB mehr Pegel erhöhen die Reibung, die in viskosen Medien wie dem Vinyl nur linear mit der Geschwindigkeit steigt, zwar etwas aber verbessern die Wärmeableitung wesentlich.
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#7
Und das bedeutet in der Praxis was ?
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#8
Zum Beispiel ist es nicht einfach, ein starkes homogenes Magnetfeld zu erzeugen. Einen Neodym-Magneten bestellen kann jeder, einen guten Tonabnehmer bauen nicht. Es bedeutet außerdem, daß es neben dem Verkaufspreis noch andere wichtige Eigenschaften gibt, vor allem die der Schallplatte selbst. Und wie allgemein bekannt versteift sich die High-End-Branche meist auf das, was man von außen sehen kann, das, was etwas hermacht, und das, was alle machen, während technische Notwendigkeiten gerne ignoriert werden. Bei Lautsprechern ist das am schlimmsten.
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#9
Na,

damit es mal nicht eine Privatparty von AAA-Doppelmitgliedern und Grasso wird schalte ich mich hier mal ein, dann ist wenigstens noch ein nicht mehr AAA Forumsmitglied mit dabei.

Zitat:Grasso postete
Viel wichtiger ist doch, daß alles zusammenpaßt! Da mußt der Kalkulation deines Ingenieurs schon vertrauen. Ich habe die Erfahrung gemacht, daß der Ingenieur sowohl von den Hi-Fi-Hörern als auch von den Musikern nie ernstgenommen wird. Es werden Ansprüche gestellt, und Geld wird unter Umständen auch gezahlt, aber Zweck der Übung ist immer das eigene Ego. So funktioniert Technik nicht!
Aaaaah ... Kollege, das geht ´runter wie Öl. Und hier mal ein Bildchen, was "der Ingenieur" im Tonarm hat:

[Bild: Shure_M_75_vdH_in_Gibbert_TAK.JPG]

Wer es nicht erkannt hat: Das ein Shure M 75 (wie weiter oben vom Holger gescholten, ehemaliger Neupreis ca. 16,- Mark) mit einem van den Hul Nadeleinschub (Einzelanfertigung, ca. 600 bis 800 Mark) in einem Gibbert TAK-Tonarm (50 Euro VK. als Bausatz) auf Basis eines heftig verschraubten 80-er Jahre Thorens (schwer zu schätzen, Neupreis damals ca. 600,- DM). Wer es an eine 0/8/15 Phono klemmt, wird die vdH-Nadel nicht erkennen. Wer es jemals, bestmöglich angepaßt, in Verbindung mit einer Gibbert Phono 85 (AB vierstellig) gehört hat, hat einen völlig neuen Maßstab gewonnen. So mancher richtig teure MC wird auf das "Kaltbaß - Strilisatormaß" zurückgeschnitten, im Vergleich zu dieser Kombination.

An anderer Stelle hier im Forum hatte ich denn auch schonmal gepostet, daß ich einen alte Telefunken TW 50* mit Shure M 75 (vdH) nachgerüstet habe. Wer nicht weiß, was das für ein Plattenspieler ist, hier mal ein Werbe-Bildchen:

[Bild: Telefunken_Musikus.gif]

Wie der Umbau klingt ? Ihr würdet Euch wundern !!! Mal ein A-B-Vergleich zu einem Serien-Thorens gefällig ??? Wer noch einen völlig unverschraubten Serienzustand-Thorens hat und ihn mitbringt: Gerne.

Und was soll das Ganze nun ? Ich denke, Jürgen weiß es besser, und er will eigentlich auch gar keine Antwort, sondern er will sehen, daß es "fetzt" und die Leute diskutieren. Ob das gut für ein Forum ist, oder ob man seine Zeit besser für die Beantwortung von Problem-Anfragen widmen sollte - ein Diskussionspunkt.

So, und jetzt:

!!! --- !!! --- !!! --- !!!

GANZ WESENTLICH ist, daß der Tonabnehmer zum Geldbeutel paßt. Denn: Wenn die Stereoanlage zu teuer, dann bleibt kein Geld mehr für Tonträger, und dann macht das Hobby einfach keinen Spaß !!! Und lieber eine 20-Mark-Rundnadel, und die in einem guten, Schallplatten-schonenden Zustand, damit die heißgeliebte Plattensammlung überlebt. ALLES ANDERE muß hinten anstehen. "That´s Law" für jeden, der mit Vinyl anfangen will.

!!! --- !!! --- !!! --- !!!

Falls man "Die Million" nun hat, gilt die Grundregel: Vom Wiedergaberaum über den Lautsprecher über den Verstärker über die Phonostufe über den Tonabnehmer über die Abtastnadel über den Tonarm über den Plattenspieler ... und was habe ich vergessen ? Die Schallplatte und die Musik. Dennoch: Eine gute Anlage wird meines Erachtens von den Lautsprechern her nach Vorne durchgebildet.

Das Bindeglied Phonostufe zu Tonabnehmer ist kritisch. Da ist die Frage der Anpassungsfähigkeit der Phonostufen --- Gibbert Phonostufen haben das seit jeher. Die Schaffung der "Stand Alone" Phonostufe betraf ursprünglich die Absicht, das Kabel am Plattenspieler kurz zu halten, und doch keine großen Trafos vom Leistungsverstärker in die Nähe des Plattenspielers zu bringen. Multi-EQ und anderes was Heute so sehr auffällt - Schon die erste je von mir je verkaufte Phonostufe war mit "Mäuseklavier". Und dann ? Dann weiß keiner, was er einstellen soll ! Bei meinen Phonostufen ist das erste Einmessen gleich im Preis mit drin --- Der Einmeßprozeß ist durchgestaltet, es steht ein Konzept dahinter, es gibt hier ein Gerät namens "Gibbert Phonostage-Tester" mit dem man innerhalb weniger Minuten die meßtechnisch perfekte Einmessung hinkriegt ... Es ist halt schon eine Sache, dort zu kaufen, wo die Phonostufe als "Stand-Alone" quasi erfunden, und seit nunmehr rund 20 Jahren gepflegt wird. War dieses "Eigenlob" schon alles ? Genügt etwas Einmessen ? Nein !

Bei der Verbindung eines Tonabnehmers zur Phonostufe entstehen Nichtlinearitäten aufgrund der Belastung des Tonabnehmers. Diese Nichtlinearitäten haben ihre Ursache sowohl im Eingangskreis der Phonostufe (Beispiel: Nichtlinearität des Basisbahnwiderstandes bei Halbleitern) als auch im Tonabnehmer. Hier kommt das von Grasso angesprochene kräftige Magnetfeld zu Zuge, damit der Tonabnehmer mehr Leistung abgeben kann, oder zB. die Reduzierung der Ausgangsleistung durch Reduzierung der Ausgangsspannung, wie beim MC Tonabnehmer. Kommt weniger Spannung ´raus, wirken sich Nichtlinearitäten im Eingangskreis der Phonostufe weniger stark aus, weil der Tonabnehmer nicht so stark belastet wird. HIER IST DER GRUND ZU SUCHEN, WARUM GERADE MITTELMÄSSIGE PHONOSTUFEN DEN EINSATZ TEURER TONABNEHMER SO SEHR BEVORZUGEN. Eine Gibbert Phono 85 läuft auch schon mit einem billigen M 75 auf Hochform ! Ich führe es oft und gerne vor !

Abtastnadel und Tonabnehmer sind weitgehend unabhängig zu betrachten. Zu Zeiten, da der ehemalige v.d.Hul Importeur mich als Wiederverkäufer anerkannt hat habe ich jedem, der es hören wollte, nacheinander Rundnadel, Elliptische Nadel, und vdH. in mein M 75 gesteckt sodaß ein objektiver Vergleich möglich war. Die Erfahrung jedoch besagt, daß "weich" aufgehängte Tonabnehmer den "scharfen" Schliff bevorzugen, "hart" aufgehängte Tonabnehmer wie zB. die meisten MC-Tonabnehmer hingegen beim Einsatz höherwertiger Nadeln ab einer gewissen Grenze plötzlich weniger audiophil klingen. Hier sind Deformierungen des Schallplattenmaterials, wie von Grasso bereits aufgelistet, die Ursache. Je weicher die Abtastnadel aufgehängt ist, desto schärfer darf man sie anschleifen, und desto besser kann die Abtastung funktionieren. Bei konsequenter Verfolgung dieses Ansatzes kommt man fast unweigerlich zum weich aufgehängten MM-Tonabnehmer, und zum leichten Tonarm. Der leichte Tonarm ist zudem weniger kritisch auf Unregelmäßigkeiten der Schallplattenoberfläche (Verwellungen, mangelhafte Zentrierung am Innenloch, Verwerfungen aufgrund des Füllschriftverfahrens, usw.). Der Gibbert-TAK wie im Antiskating-Thread abgebildet kommt auf eine effektive Masse deutlich kleiner 10 Gramm --- und die kann durch Verwendung eines Titanrohrens nochmals erheblich gesenkt werden.

Je leichter der Tonarm, desto mehr wird sich die Lagerreibung auswirken. Oder, anders gesagt, die Tonarm-Lagerreibung und die Einspannungshärte der Abtastnadel korrespondieren. Hier ist auch der Grund zu suchen, warum vergleichsweise hart eingespannte MC-Tonabnehmer so gut mit eher mittelklassigen Tonarmen harmonieren, und den Vorzug z.B. eines hochwertigen unipivotären Tonarm-Lagers nicht mehr wirklich zum Vorschein kommen lassen. Es ist ein ziemlicher Unsinn, so etwas wie ein DL-103 in einen nahezu völlig reibungsfreien Gibbert-TAK Fadenlager-Arm zu schrauben. Selbst wenn man dessen Masse künstlich erhöht, was ohne Weiteres möglich ist (einen schweren Arm bekommt man aber nicht mehr leicht, anm.), wird es nicht viel besser klingen als in einem einfachen Thorens-Standard-Tonarm. Weich aufgehängte Tonabnehmer hingegen kommen erst mit weitgehend reibungsfreien Tonarm-Lagern zum "Leben".

Je schärfer der Nadelschliff, desto geringer muß der Abtast-Fehlwinkel sein. Die Laufzeitunterschiede an den beiden Nadelflanken machen sich bei elliptischen Schliffen viel stärker (bzw. geradezu katastrophal) bemerkbar, wohingegen Rundschliffe noch spielen: Ein Vergleich: Ein Schliff mit rund 4 Mikrometern Spaltbreite reagiert auf "Schieflage" etwa viermal so empfindlich wie ein Schliff mit 15 Mikrometern - Die vom Tonband her bekannten Spaltbreitenformeln haben auch bei der Schallplattenabtastung ihre Berechtigung. Hier kommen präzise einstellbare, lange Tonarme zum Vorzug. Wer eine große Zarge hat, oder, z.B., sich seinen Plattenspieler selbst baut, kann zB. einen Gibbert-TAK ohne weiteres auf 20 Zoll Länge (und mehr) ausdehen --- mit DL-103-Rundschliff wird man hingegen selbst den Unterschied 9 Zoll zu 12 Zoll kaum noch hören.

Das passende Laufwerk ... hier habe ich schonmal an einem 10-Seiten-Thread maßgeblich mitgetippt (Klangunterschiede Reibrad / Riemen, leider noch im AAA-Forum) aber man kann auch das nicht sooo getrennt betrachten. Die Härte der Nadelträgereinspannung und die daraus resultierenden Belastungsschwankungen für den Laufwerksantrieb korrespondieren selbstverständlich miteinander. Hier wird erkennbar, warum vergleichsweise hart eingespannte MC-Tonabnehmer das Massel-Aufwerk so sehr bevorzugen, wohingegen erstklassige, weich aufgehängte MM-Tonabnehmer das bei schweren Tellern meist stärker ausgeprägte Lagerrumpeln gerne zum Nachteil hin auflösen, und erkennen lassen, daß zuviel Tellermasse auch furchtbar lange nachschwingt, wenn sie erstmal "angeplingt" ist. Hier kommen intelligente Lösungen, wie zB. der Kombinationsantrieb, der von PE schon 1953 verbaut wurde, klar zum Vorzug.

Wer sich nach dem Lesen dieses Beitrags fragt, warum das MC derzeit so bevorzugt wird - nun, es ist einfacher und viel billiger herzustellen, und bringt dennoch den höheren Verkaufspreis. Umter dem Mikroskop noch auf die Schnelle ein paar Windungen Draht über den Nadelanker wickeln - in der Herstellung des Tonabnehmers fast eine Nebensache. Eine GUTE Spule für einen MM-Tonabnehmer zu wickeln - nicht ohne teure Spezialmaschinen, nicht ohne erhebliche Erfahrung.

Schlußendlich zeigt sich, für mich zumindest, daß der Marktpreis herzhaft wenig über die physikalischen Qualitäten des Produktes aussagt. Bestenfalls der schnelle Preisverfall, zB. auf dem nachfolgenden Gebrauchtmarkt, mancher der ehemals doch so arg teurer Produkte läßt erahnen, daß die Besitzer mit den Stücken nicht so zufrieden waren, wie der hohe Preis das einst erwarten lies.

Viel wesentlicher als das Anpassen nach Preisklasse erscheint mir nach wie vor das Anpassen nach physikalischen Gegebenheiten. Anders gesagt: Je minderklassiger und schwieriger das Umfeld, desto eher wird sich der "teure" Tonabnehmer bewähren.

... und nun: ich will mehr als die AAA-Doppelmitgliederparty sehen, wo einer dem anderen den Spielball zuspielt und nur die Selbstdarsgtellung die Absicht darstellt --- denn sowas lohnt den ganze Aufwand nicht, da sollten wir uns besser auf wirkliche Problemanfragen fokussieren und den fragenden Forenmitgliedern helfen.


- Stefan

Edit: Gibbert-Besitzer: Bitte keine Offenlegung präziser technischer Daten meiner Produkte im Internet - Danke.
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#10
Schade – ich hatte eigentlich die leise Hoffnung gehegt, dass es mal ohne kleine Gemeinheiten in Richtung AAA geht.
Aber da wir wissen, woher es kommt ... Schwamm drüber.

Zumindest aber haben wir jetzt eine Meinung mehr hier im Thread, und das ist ja Ziel der Übung hier.
Und diese Meinung bestätigt meine schon geäußerte Ansicht : das klangliche Resultat kann durchaus den Einsatz einer 600 bis 800 DM teuren Einzelanfertigung selbst in einem heute sehr preisgünstig zu erstehenden Plattenspieler rechtfertigen (in Verbindung mit einer passenden und den Anforderungen entsprechenden.Phonovorstufe natürlich).
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#11
Das von Jürgen angeschnittene Thema interessiert mich, war es doch während meiner aktiveren Phono-Zeit vor vielen Jahren, als die CD noch nicht Einzug gehalten hatte, ein Dauerbrenner. Etwas ungünstig finde ich den Preis als Entscheidungskriterium. Eine klare "Klassenaufteilung" mit typischer Preisverteilung gibt es nicht mehr, oft werden Komponenten verwendet, die zu verschiedenen Zeiten einen verschiedenen Stellenwert hatten. Ich finde, vom Preis als bestimmendes Unterscheidungsmerkmal müssen wir uns lösen.

Die Frage ist doch:

# Gegeben ist ein Laufwerk samt Arm. Ich wechsle einige Systemm/Nadel-Kombinationen durch. Was passiert?
# Umgekehrt: Ein bestimmtes System mit dazugehöriger Nadel wird auf verschiedenen Laufwerk-Tonarm-Kombinationen eingesetzt. Was hört man?

# In einer zweiten Überlegung könnte man den Arm in den Austausch mit einbeziehen, also herausfinden, was das Laufwerk alleine ausmacht.

Laut Aussagen der Phonofreunde spielen Laufwerk, Arm, und TA/Nadel jeweils eine sehr wichtige Rolle. Bewertet wird jedoch immer die Kombination aus allen Dreien. Herauszufinden, welche Komponente in welchem Umfang zum Gesamtergebnis beiträgt könnte ein lohnendes Ziel sein. Momentan wird über diese Problematik viel schwadroniert, es gibt wenig fundierte Aussagen, die einem Aussenstehenden erlauben würden, Sachverhalte vergleichend nachzuvollziehen.

Von meinem Verständnis her bringt ein Tausch des Systems den größten Fortschritt, Arm und Laufwerk folgen auf Platz 2 und 3. Eigene Erfahrungen, allerdings keine beonders großen, liegen jedoch nur in Bezug auf Systeme vor. Bewusster Vergleich von Armen und Laufwerken hat in meinem Phono-Leben noch nicht statt gefunden. Das war für mich allenfalls ein mechanisches Faszinosum, daß "hoffentlich so funktioniert wie es soll".

Das das Thema die Bearbeitung lohnt, habe ich vor vielen Jahren an einem TD 115 erfahren. Thorens war aus irgendwelchen Gründen mit Stanton verheiratet, und der Schritt von diesem eingebauten System zu einem V15IV war deutlich hörbar. Ein Experiment mit einem ELAC 796 brachte ein anderes Ergebnis, aber längst nicht so klar zu beurteilen wie beim Wechsel von Stanton auf Shure. Die Preise habe ich nicht mehr im Kopf, aber die beschriebenen Wechsel auf V15IV bzw. Elac 796 waren über den Thorens auf jeden Fall nachzuvollziehen, im Falle Stanton habe ich mir eine Bewertung im Sinne einer Rangfolge zugetraut, im Falle Shure / Elac nicht.
Michael(F)
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#12
Eine Aussage hier erachte ich durchaus als fundiert, Du hast sie gerade als Dritter bestätigt : ein teures System lohnt durchaus selbst bei einem Mittelklasse-Plattenspieler.

Wobei – generelle Preisgestaltung mal beiseite – ein System meist durch die bessere Nadel teurer wird. Als Beispiel hier die Goldring 1000er-Reihe :
1006 – ellipt. Nadel – NP 138,80 Euro – Ersatznadel 94,80 Euro
1012 – Gyger II – 178,80 – 132,80
1022 – Gyger I – 228,80 – 158,80
1042 – Gyger Super – 258,80 – 192,80

Spezielle Schliffe kosten eben spezielles Geld, deshalb bekommt man auch keine vdH-Nadel für kleines Geld.

Und von daher ist m. E. der Preis ein wichtiges Kriterium, denn für einen geringen Preis kriege ich nun mal keine hochwertige Nadel, und die schließlich ist zu einem sehr großen Prozentsatz an der Gesamtperformance eines Systems beteiligt.
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#13
Was ich mir bei leichten Konstruktionen à la Gibbert oder AKG schwierig vorstelle, ist das Skating. Wenn man sowas macht, muß man auch einen 20 Zoll Arm benutzen. Titan lehne ich aus Umweltschutz- und Energiespargründen ab, aber Pappmache weist eine hohe innere Dämpfung auf. Nur windgeschützt muß das sein.
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