Probleme mit SME 3009 Tonarm
#6
Lieber Nikola,

nehmen wir einmal den Bestand auf, soweit er uns bekannt ist, und sehen uns dann die Wahrscheinlichkeit der genannten Erklärungen an:

1) Welche Platte wurde zum Anhören verwendet? Wann wurde diese aufgenommen? Wann erfolgte die Überspielung Band->Folie? Heute oder damals?

2) Handelt es sich um eine reguläre LP (30 cm?; Seitenlaufzeit der kritischen Aufzeichnung)?

3) Die Normvollaussteuerung einer 33er-LP, die zumeist ziemlich strikt eingehalten wird, liegt in Europa bei einer Schnelle von 11,28 cm/s; lassen wir uns 3 dB drüber gehen, dann haben wir sogar Maxi-Singles (45 UpM, 30 cm) mit drin.

4) Die Empfindlichkeit des Ortofon Master Blue ist bekannt und liegt bei 3 mV/5 cm bei 1 kHz, damit erreicht der Ausgangspegel, mit dem der Eingang/Ausgang des Entzerrervorverstärkers bei Norm-VA fertig werden muss, etwa 6,8 mV; 3 dB weiter (da wird es aber bitter ernst!) wären wir bei 9,6 mV.

5) Der Diamant deines Systems ist nicht sphärisch, sondern fine line geschliffen und müsste daher als der Schneidstichelgeometrie schon sehr verwandt ohne gröbere Verzerrungen bis ans Ende einer normal bespielten Plattenseite durchkommen.

6) Die Nadelnachgiebigkeit des Ortofon Master blue liegt auf mittlerem Niveau, was dem relativ schweren SME3009 angemessen ist, den ich nebenbei seit den 1970ern und seit den späteren 1980ern mit Ortofons MC200 verwende.


Wenn die Platte mit einer vergleichsweise hohen Aussteuerung bei einer heute allgemein üblichen A-B-Aufnahmetechnik ohne Hilfsmaßnahmen (Tiefenschriftbegrenzung) aggressiv in Richtung CD angefertigt wurde, wird die Verzerrungsarmut dem Innenraum der LP zu sehr kritisch. 2 bis 3 cm zuvor ist mir dabei aber deutlich zu früh.

Stimmt der Auflagedruck wirklich, wie wurde abgeglichen?

Den Nullwert allein durch eine ruhig horizontale Lage des Tonarms zu definieren, ist oft zu ungenau, gerade bei niedrigen Auflagedrücken. Also horizontal abgleichen, geplanten Auflagedruck am Gewicht einstellen und dann mit einer einigermaßen brauchbaren Waage kontrollierend messen. Niemals einen geringeren Auflagedruck als das herstellerempfohlene Maximum minus 20 % verwenden. Es ist besser, den maximalen Auflagedruck zu fahren als den minimalen. Ob die Platte noch technisch o.k. ist, wissen wir nicht, ggflls. also eine andere nehmen. Eine bereits 'nachgeschnittene' Platte holt kein System wieder her.

Das Ortofon Master blue gibt bei den heute gängigen Vollaussteuerungen zwischen 6,8 und 9,6 mV ab, was mit einem Spitzenspannungsmesser (also keinem VU!) erfasst werden könnte, indem man den Verstärkungsfaktor des EZV über Tongenerator und Millivoltmeter mit einem statischen Sinuston 1 kHz bestimmt und den Ausgangspegel bei 6,8 mV am Eingang als VA-Wert des am Ausgang des EZV (oder irgendeines Aufholverstärkers) angeschlossenen Spitzenspannungsmessers festlegt. Man sieht dann bei der Musikwiedergabe, wie weit die Platte entsprechend der 'Norm' ausgesteuert wurde. Das ließe sich wunderbar mit einem deiner NTPs machen, lieber Nikola. Bei dieser Versuchsarie stellt man dann auch (mit einem parallel zum Millivoltmeter angeschlossenen Oszilloskop) fest, wo die Aussteuerungsgrenzen deines EZV liegen: Vermutlich weit, weit darüber. Das Master blue gehört nicht zu den besonders hoch empfindlichen Systemen, fordert also diesbezüglich auch nichts ungewöhnliches.

Der Diamantenschliff entspricht dem Stand der Technik. Wenn der Diamant sphärisch, vielleicht auch noch wenn er klassisch elliptisch geschliffen wäre, würde ich sagen, "überfordere das System nicht", hier aber sollte mehr gehen als das, was du schilderst, zumal du sicher nicht zu jener Klientel zählst, deren Klangerwartungen schon in der klassischen LP-Zeit auf die AB-(Laufzeit-)Stereofonie mit ihren -prinzipbedingt intensiv räumlichen Darstellungen hinausliefen, was dann aber leider eben doch an den Möglichkeiten des Rheinschen-Füllschriftverfahrens vorbei zielte und zielt. Dieses ist letztlich an eine Monokompatiblilität und damit überschaubare Phasenunterschiede zwischen Rillenmodulation links und rechts gebunden.

Demnach Auflagedruck und Nadeljustage nochmals genau kontrollieren; wenn da wirklich nichts ist, gerät das System (richtiger, einwandfreier, also auch winkelmäßig tadellos geschliffener, präzise aufgeklebter Diamant?) ins Visier.

Die Schön-Schablone ist mir derzeit nicht geläufig, ob sie geeignet ist, musst du unseren Rheinbacher Jürgen fragen. Ich benützte weiland (und das bei heute nicht ohne Erfolg) jene Standardliniendinger bzw. irgendwelche, mit längst dahingeschiedenen Systemen gelieferte Spezialversionen zur korrekten Justage und schätzte die Armrohrparallelität zum Teller frei Auge ab. Das reichte hin, meine Überspielstudios das (relative) Fürchten zu lehren, und mich weitestgehend von den -auch mich- wahnsinnig machenden Verzerrungen im Innenraum (man hatte ja keine Alternativen) zu befreien.
Diese Justageverfahren reichten also trotz höchster Ansprüche hin: Erst mein drittes MC200, das/die ich seinerzeit direkt in der Münchener Geschäftsstelle von Ortofon erwarb, war in halbwegs in Ordnung (ich betreibe es bis heute mit etwa 20 % 'Überlast'), obgleich man dort wusste, wer da als Kunde mit formeller Höflichkeit auftauchte. Der Kontakt zwischen Anbieter und Kunde war nämlch auf der Tonmeistertagung -mit offenem Visier- geknüpft worden, und das MC200 zählte damals nicht gerade zu den Einsteigersystemen von Ortofon.

Hans-Joachim
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[Kein Betreff] - von Nikola - 09.01.2009, 14:21
[Kein Betreff] - von mash - 09.01.2009, 14:48
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[Kein Betreff] - von Jürgen Heiliger - 12.01.2009, 10:04

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