richtige Aussteuerung, VU, Dolby
#2
Vorab, lieber Nikola:

Wenn du ein Langspielband auf eine Profimaschine legst (also 38 cm/s, so definiere ich 'Profi' jetzt hier einmal), profimäßig und idealerweise noch mit Hilfe eines 10-ms-Aussteuerungsmesswerks entsprechenden Dynamikumfanges (>50 dB; du siehst, was von unten wie hochkommt) aussteuerst, solltest du dich nicht wundern, wenn die Vor- (und Nach-)echos mehrfach anrollen: Die Schichtdicke des Langspielbandes entspricht (sicher auch) beim Maxell dem des Standardbandes (11µ:15µ), der Träger ist deutlich dünner. Infolgedessen kopiert eine Lage auf die nächste und potenziell noch weiter durch, weil der Schichtabstand in Anbetracht der Magnetisierung zu gering wird: Dies gilt für hoehe Bandgeschwindigkeiten (38 ff), da dann die aufgezeichneten Wellenlängen bereits in den kritischen, ausreichend langwelligen Bereich kommen, um den Folienträger durchdringen zu können. Bei 19 cm werden die aufgezeichneten Wellenlängen bereits eine Oktav kürzer, weshalb das Problem stark reduziert besteht, bei 9,5 fehlt es bereits. Versuche mal bei 76 mit Lanfspielband zu arbeiten und gesund auszusteuern. Da ist etwas los. Vorher und nachher.

Niedrigere Magnetisierungen wurden aber nicht aufgrund des Kopiereffektes empfohlen, sondern aufgrund der im betrieb drohenden Sättigungen vergeben.

Langspielband oder dünnere Typen schreiben zusammen mit 38 cm/s also eigene Kapitel. Mit Telcom und DolbyA kommt da aber durchaus Grund in den Sachverhalt, weil derlei Störungen ja im Bereich minimaler Pegel auftreten, wo Telcom und DolbyA heftig zugreifen. Nichtsdestoweniger: Profihaftes Tun und Langspielband vertragen sich nicht immer.

Pegelrechnung, die Berücksichtigung der Eiugenschaften von VU-Metern und Spitzenspannungsmessgeräten (0,1, 1, 5, 10, 12 ms etc.), die ganze Lead-Diskussion verlangen vom Nutzer nicht unerheblichen Durchblick. Ich bin mit meinen Missonierungsversuchen (ausgehend vom hiesigen Nenn-VA-Pegel von 1,55 V; 1,21 V gehen genauso) regelmäßig gescheitert, weil die Leute weder rechnen wollten (konnten?), noch die Vorteile standardisierter Pegel einsahen. In der Digitaltechnik kriegt man die Sache durch die Hintertür, muss nicht mehr rechnen oder darüber nachdenken; und wenn doch, so beschränkt sich dies auf 'Dithering oder Noiseshaping', womit wir woanders wären.

Die Magnetisierungspegel, die du oben ansprichst, haben in der Regel nichts mit den Bandgeräten, wohl aber vieles mit den Bandgeschwindigkeiten und den Normen in den geografischen Bereichen zu tun, an die sich das entsprechend ausgestattete Bandgerät wendete. Weiterhin hat man sich in den jeweiligen Normgültigkeitsbereichen natürlich immer auch Gedanken über Daten- (also Bänder-) austausch, die Anlage von möglichst universellen Bezugsbandkonstruktionen und die jeweiligen Bezugspegel gemacht, die ja ihrerseits keineswegs konstant blieben. Halbwegs konstant erwiesen sich lediglich das Ergebnis jener legendären Ringmessung von sowas 1952/53 o. ä. in Deutschland (320 nWb/m) und die 370 nWb/m der Amerikaner, denen Ray Dolby mit seinen VU-mäßig (6 dB) zurechtgestutzten 185 nWb/m nochmal ein langes Überleben auch diesseits des Kanales sicherte.

Wenn man hierzulande mit den lange Zeit ohnehin hohen 514 nWb/m (wie die entstanden, habe ich ja mehrfach dargelegt) 320 nWb/m auf 0 VU legte, so geht das -für die Produktion!- natürlich noch einmal saftig weiter hinauf, denn man steuert dann ja regulär bis zirka-mnja 640 bis 700 nWb aus. Der Rundfunk ist von solch einem Band nicht erbaut. Ich betrachtete solche Justagen immer im oben skizzierten Rahmen des Nicht-Rechnen-Könnens bzw. -Wollens, denn der Lichtzeiger, RTW- oder NTP-Bargraph reichte von IRTs Gnaden bis + 5 dB, später gar bis +10 dB; man konnte also schön 0 VU mit 514 nWbproMeter/2 = 257 nWb/m gleichsetzen und war dann voll auf Kurs. Ein schärferes Ausfahren war dann ja noch zusätzlich noch möglich. Diese 'Sondernummern' oftmals studioeigener 'Dolbylevel' waren für den Fremdnutzer dieser Bänder, die er im kommerziellen Betrieb brauchte, eigentlich immer ein Ärgernis, weil man sie komplett durchgehen musste, um zu sehen, wie weit der Vorbesitzer 'gegangen' war, um dann nicht von einem mittleren Schepperer dann doch noch überrascht zu werden: Mehrarbeit. Für den Plattenfolienüberspieler galt das weniger, denn der berechnete halt die Arbeitsstunde für separate Durchhören einfach extra, wenn die Pegelangaben nicht korrekt waren.

Für 19 cm/s sind 514 nWb/m noch ganz gut tragbar, für 9,5 unter dem Aspekt eines zu minimierenden Klirrfaktors eigentlich bis zum Schluss (darf ich so sagen?) recht hoch. Dennoch störte mich eine Neujustage des Aussteuerungsmessers bzw. eine U. U. mögliche des Bandgeräteaufsprechpegels potenziell mehr als die bandgeschwindigkeitsabhängige Rücknahme meiner Aussteuerungsusancen. Dafür konnte man sich eine rote Folie oberhalb -10 dB auf den Lichtzeiger pappen, was ich übrigens in den 1960ern beim Bayerischen Rundfunk gesehen hatte, wo man damals sicher noch des öfteren 100 nWb/m-Bänder erstellte. Übrigens hatte das ZDF in seinen früheren technischen Anweisungen noch 1969 diese niedrigen Pegel festgelegt!

Ich habe als grundsätzlich empfehlenswerten Ausweg aus diesem heillosen Dilemma meine Bandgeräte immer auf 514 nWb/m mit 1,55 V justiert (und sei es mit 1,21 V; sollte auch bei den meisten hochpegeligen Japanesen ohne Probleme möglich sein) und dann die Aussteuerung ab Pult (Lichtzeiger, dann Bargraph) so gelegt, wie das vom ankommenden Signal toleriert wurde:
Bei 38 ging ordentlich was drauf, bei 19 war man vorsichtiger, 9,5 gab es bei mir nicht (im eingemessenen Zustand). 76 kamen erst auf dem zweiten Bildungsweg.
Das Restarauschen des Pultes lag deutlich unter dem Bandrauschen mit Rauschminderung nach Dolby A, weshalb ich da nichts befürchten musste.

Also: Die Engpässe kommen in der Regel nicht vom Bandgerät, sondern vom Band bzw. von ihm bei gegebener Bandgeschwindigkeit. Natürlich kannst du von einem Bandgerät mit Ua=-10 dBu oder gar -10 dBV für VA keine 1,21 oder 1,55 Volt am Ausgang verlangen, da muss ein Anpassversstärker her. Die internenen Dynamiken (= Verhältnis der maximalen zur minimalen übertragenen Nf-Nutzspannung) der Bandgeräte sind davon aber nicht berührt. Unter normalen Umständen ist molekularphysikalisch bedingt immer noch (und bis auf Weiteres) das Band der Engpass, bei niedrigen Bandgeschwindigkeiten allemal. auch wenn der Tonmeistertagungsvortrag Corinth/Engel zu BASF 900 von 1994 einen interessanten Grenzfall beschreibt.

Hast du den Pegelrechner von Quantegy? Das ist ein kleines java-verseuchtes HTML-Tool, das durchaus übersichtlich die Pegelbeziehungen der üblichen Magnetisierungen darlegt.

Hans-Joachim
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[Kein Betreff] - von Nikola - 23.02.2007, 09:10
[Kein Betreff] - von PhonoMax - 23.02.2007, 13:19
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