18.10.2016, 11:04
ich glaube, die Qualitätsdebatte ist eigentlich überflüssig, weil alle momentan existierenden Übertragungsverfahren für Radio qualitativ ausreichend sind.
Was meiner Meinung nach viel wichtiger ist, ist die Veränderung der Nutzung, die sich durch die neuen technischen Möglichkeiten ergeben:
Der terrestrische Rundfunk, egal, ob analog oder digital, hat eine eng begrenzte Zahl von Kanälen, auf denen Programm in eine Richtung übertragen werden kann. Die Begrenztheit der Kanäle sorgt dafür, dass es eine im Vergleich zur Menge der Empfänger winzige Zahl von Sendern gibt, die Ein-Richtungs-Technik sorgt dafür, dass die Empfänger keinen Einfluss auf das haben, was die Sender tun. Hinzu kommt noch, dass der terrestrische Rundfunk so konzipiert ist, dass das gesendete Programm auch sofort konsumiert werden soll - sprich, der Empfänger ist von der Sendezeit abhängig. Diese Abhängigkeit wurde durch Aufzeichnungsgeräte zwar etwas abgemildert, es ist aber kompliziert. Und last but not least ist der Hörer örtlich abhängig, verlässt er das Sendegebiet, ist auch der Sender nicht mehr zu empfangen.
Beim netzwerkbasierten Rundfunk sind alle Teilnehmer technisch gleichberechtigt, und das Netz ist grundsätzlich weltweit verfügbar. Dadurch fallen die Grenzen zwischen Sender und Empfänger weg. Jeder, der will, kann selber ein Programm ins Netz stellen, und wenn er nicht will, kann er seinen "Sender" dazu benutzen, die Radiostationen zu steuern. Hierdurch entstehen viele neue Möglichkeiten wie z.B. Audio On Demand - man kann die Sendung dann hören, wenn man Lust und Zeit hat, und man kann sie weltweit hören, was ein großer Vorteil ist, wenn man geschäftlich viel unterwegs ist. Wenn z.B. eine mehrstündige interessante Kultursendung auf WDR5 läuft, kann ich sie mit terrestrischem Radio nur hören, wenn sie gerade ausgestrahlt wird, und solange ich mich im Auto befinde und durch das Sendegebiet fahre. Beim netzwerkbasierten Rundfunk rufe ich die Sendung aus der Mediathek ab, kann sie während der ganzen Fahrt hören, und wenn ich einen Termin habe, schalte ich auf Pause, um danach weiterhören zu können.
Ein entscheidender Faktor kommt beim netzwerkbasierten Rundfunk noch dazu - er nutzt eine Übertragungstechnologie, die gleichzeitig auch für alle anderen Kommunikationsbedürfnisse genutzt werden kann. Ein Kommunikationsbedürfnis, das durch die Autoindustrie in den letzten Jahren massiv vorangetrieben wird, ist die Kommunikation der Autos untereinander, die für das autonome Fahren gebraucht wird. Seit die Autoindustrie hier aktiv ist, geht der Ausbau des mobilen Internet massiv vorwärts, langsam kommen die ersten echten Mobil-Flatrates in Sicht, und der Rundfunk wird in einigen Jahren eine von vielen Internet Applikationen sein, die man so mitlaufen lassen kann. Der terrestrische Rundfunk wird nur noch so lange eine Rolle spielen, bis diese Entwicklung abgeschlossen ist. Wer glaubt, das würde alles nicht kommen, der sollte sich mal die Entwicklung der letzten 20 Jahre ansehen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich mit einem als Modem zweckentfrendeten Handy und einem PDA mit Infrarotschnittstelle in Dänemark gesessen habe, und wir uns wie die totalen Pioniere vorkamen, als wir nach etwa vier Minuten und 3 Mark Telefongebühren auf dem PDA meinen Kontostand bei der Sparkasse sehen konnten. Das ist noch keine 20 Jahre her.
DAB+ ist deshalb eine Totgeburt, weil es die Nachteile des terrestrischen Rundfunks 1:1 übernimmt. Hierzu gehört auch noch die technische Unflexibilität - wenn beim Netzwerkrundfunk ein neuer besserer Übertragungsstandard kommt, reicht es, eine neue App zu installieren. DAB+ ist dagegen wie DVB-T auf einen Standard festgenagelt, und wenn der Fortschritt neue Standards etabliert, muss neue Technik angeschafft werden. Das kann man momentan sehr gut bei DVB-T beobachten. Als DVB-T kam, war PAL-Fernsehen auf 4:3 Bildschirmen Standard. Heute ist Full-HD-Fernsehen auf 16:9 Bildschirmen Standard, und um das terrestrisch übertragen zu können, muss neue Technik her, Umbauten an den Sendern und neue Receiver bei den Empfängern. Und wenn DVB-T2 dann in vielen Jahren endlich durchgesetzt ist, guckt die Welt schon in UHD fern, oder dreidimensional im Holodeck, oder was weiß ich.
DAB+ ist eine Geburt von Leuten, die die neue Zeit nicht verstehen, und die glauben, dass es reichen würde, den alten Rundfunk einfach nur zu digitalisieren. Die eindirektionale Technik des Rundfunks scheint auch eine eindimensionale Haltung der Entscheider zu bewirken. Die Macher von DAB+ sehen die mögliche Kostenersparnis, und denen gar nicht daran, dass man sich heute stärker als früher mit dem kleinen Mann am anderen Ende und dessen Bdürfnissen auseinandersetzen muss. Sie merken seit Jahren nicht, dass ihnen die jüngere Generation mittlerweile komplett die lange Nase zeigt, und sich anarchischen Lösungen wie YouTube zuwendet, die das Vakuum schamlos ausnutzen. Sobald das mobile Internet so ausgebaut ist, dass es wirklich überall und kostengünstig genutzt werden kann, wird der terrestrische Rundfunk im freien Fall in der Versenkung verschwinden, da bin ich mir sicher. Man kann es heute schon beobachten - seit es die Gebührenpauschale bei der ehemaligen GEZ gibt, stehen in den Büros keine Radios mehr rum, sondern in der oberen Ecke im Computerbildschirm befindet sich eine App wie Winamp, die Radio über die PC-Lautsprecher streamt. Ob uns das gefällt oder nicht, aber so sieht die nähere Zukunft aus, und ich finde es absolut übel, wenn eine Hand voll Entscheider eine teure digitale Totgeburt nach der anderen produzieren, nur weil sie sich einfach nicht von den alten Zöpfen trennen wollen, und auf der anderen Seite fehlt genau das Geld, um in ländlichen Regionen das mobile Internet weiter auszubauen.
Man muss immer überlegen - wenn die Leute früher so eine starrsinnige Verweigerungshaltung gegenüber dem Fortschritt gehabt hätten wie ein großer Teil der Leute von heute, dann hätten wir in den zwanzigern kein Radio bekommen, und in den fünfzigern kein UKW. Wahrscheinlich hätte es auch keine Schallplatte und kein Tonband gegeben.
Gruß Frank
Was meiner Meinung nach viel wichtiger ist, ist die Veränderung der Nutzung, die sich durch die neuen technischen Möglichkeiten ergeben:
Der terrestrische Rundfunk, egal, ob analog oder digital, hat eine eng begrenzte Zahl von Kanälen, auf denen Programm in eine Richtung übertragen werden kann. Die Begrenztheit der Kanäle sorgt dafür, dass es eine im Vergleich zur Menge der Empfänger winzige Zahl von Sendern gibt, die Ein-Richtungs-Technik sorgt dafür, dass die Empfänger keinen Einfluss auf das haben, was die Sender tun. Hinzu kommt noch, dass der terrestrische Rundfunk so konzipiert ist, dass das gesendete Programm auch sofort konsumiert werden soll - sprich, der Empfänger ist von der Sendezeit abhängig. Diese Abhängigkeit wurde durch Aufzeichnungsgeräte zwar etwas abgemildert, es ist aber kompliziert. Und last but not least ist der Hörer örtlich abhängig, verlässt er das Sendegebiet, ist auch der Sender nicht mehr zu empfangen.
Beim netzwerkbasierten Rundfunk sind alle Teilnehmer technisch gleichberechtigt, und das Netz ist grundsätzlich weltweit verfügbar. Dadurch fallen die Grenzen zwischen Sender und Empfänger weg. Jeder, der will, kann selber ein Programm ins Netz stellen, und wenn er nicht will, kann er seinen "Sender" dazu benutzen, die Radiostationen zu steuern. Hierdurch entstehen viele neue Möglichkeiten wie z.B. Audio On Demand - man kann die Sendung dann hören, wenn man Lust und Zeit hat, und man kann sie weltweit hören, was ein großer Vorteil ist, wenn man geschäftlich viel unterwegs ist. Wenn z.B. eine mehrstündige interessante Kultursendung auf WDR5 läuft, kann ich sie mit terrestrischem Radio nur hören, wenn sie gerade ausgestrahlt wird, und solange ich mich im Auto befinde und durch das Sendegebiet fahre. Beim netzwerkbasierten Rundfunk rufe ich die Sendung aus der Mediathek ab, kann sie während der ganzen Fahrt hören, und wenn ich einen Termin habe, schalte ich auf Pause, um danach weiterhören zu können.
Ein entscheidender Faktor kommt beim netzwerkbasierten Rundfunk noch dazu - er nutzt eine Übertragungstechnologie, die gleichzeitig auch für alle anderen Kommunikationsbedürfnisse genutzt werden kann. Ein Kommunikationsbedürfnis, das durch die Autoindustrie in den letzten Jahren massiv vorangetrieben wird, ist die Kommunikation der Autos untereinander, die für das autonome Fahren gebraucht wird. Seit die Autoindustrie hier aktiv ist, geht der Ausbau des mobilen Internet massiv vorwärts, langsam kommen die ersten echten Mobil-Flatrates in Sicht, und der Rundfunk wird in einigen Jahren eine von vielen Internet Applikationen sein, die man so mitlaufen lassen kann. Der terrestrische Rundfunk wird nur noch so lange eine Rolle spielen, bis diese Entwicklung abgeschlossen ist. Wer glaubt, das würde alles nicht kommen, der sollte sich mal die Entwicklung der letzten 20 Jahre ansehen. Ich kann mich noch gut daran erinnern, wie ich mit einem als Modem zweckentfrendeten Handy und einem PDA mit Infrarotschnittstelle in Dänemark gesessen habe, und wir uns wie die totalen Pioniere vorkamen, als wir nach etwa vier Minuten und 3 Mark Telefongebühren auf dem PDA meinen Kontostand bei der Sparkasse sehen konnten. Das ist noch keine 20 Jahre her.
DAB+ ist deshalb eine Totgeburt, weil es die Nachteile des terrestrischen Rundfunks 1:1 übernimmt. Hierzu gehört auch noch die technische Unflexibilität - wenn beim Netzwerkrundfunk ein neuer besserer Übertragungsstandard kommt, reicht es, eine neue App zu installieren. DAB+ ist dagegen wie DVB-T auf einen Standard festgenagelt, und wenn der Fortschritt neue Standards etabliert, muss neue Technik angeschafft werden. Das kann man momentan sehr gut bei DVB-T beobachten. Als DVB-T kam, war PAL-Fernsehen auf 4:3 Bildschirmen Standard. Heute ist Full-HD-Fernsehen auf 16:9 Bildschirmen Standard, und um das terrestrisch übertragen zu können, muss neue Technik her, Umbauten an den Sendern und neue Receiver bei den Empfängern. Und wenn DVB-T2 dann in vielen Jahren endlich durchgesetzt ist, guckt die Welt schon in UHD fern, oder dreidimensional im Holodeck, oder was weiß ich.
DAB+ ist eine Geburt von Leuten, die die neue Zeit nicht verstehen, und die glauben, dass es reichen würde, den alten Rundfunk einfach nur zu digitalisieren. Die eindirektionale Technik des Rundfunks scheint auch eine eindimensionale Haltung der Entscheider zu bewirken. Die Macher von DAB+ sehen die mögliche Kostenersparnis, und denen gar nicht daran, dass man sich heute stärker als früher mit dem kleinen Mann am anderen Ende und dessen Bdürfnissen auseinandersetzen muss. Sie merken seit Jahren nicht, dass ihnen die jüngere Generation mittlerweile komplett die lange Nase zeigt, und sich anarchischen Lösungen wie YouTube zuwendet, die das Vakuum schamlos ausnutzen. Sobald das mobile Internet so ausgebaut ist, dass es wirklich überall und kostengünstig genutzt werden kann, wird der terrestrische Rundfunk im freien Fall in der Versenkung verschwinden, da bin ich mir sicher. Man kann es heute schon beobachten - seit es die Gebührenpauschale bei der ehemaligen GEZ gibt, stehen in den Büros keine Radios mehr rum, sondern in der oberen Ecke im Computerbildschirm befindet sich eine App wie Winamp, die Radio über die PC-Lautsprecher streamt. Ob uns das gefällt oder nicht, aber so sieht die nähere Zukunft aus, und ich finde es absolut übel, wenn eine Hand voll Entscheider eine teure digitale Totgeburt nach der anderen produzieren, nur weil sie sich einfach nicht von den alten Zöpfen trennen wollen, und auf der anderen Seite fehlt genau das Geld, um in ländlichen Regionen das mobile Internet weiter auszubauen.
Man muss immer überlegen - wenn die Leute früher so eine starrsinnige Verweigerungshaltung gegenüber dem Fortschritt gehabt hätten wie ein großer Teil der Leute von heute, dann hätten wir in den zwanzigern kein Radio bekommen, und in den fünfzigern kein UKW. Wahrscheinlich hätte es auch keine Schallplatte und kein Tonband gegeben.
Gruß Frank