Hallo Michael,
zur GX77 kann ich nicht viel konkretes sagen, aber vielleicht trotzdem ein paar Hinweise geben.
Zitat:Wenn ich eine Aufnahme machen möchte und regelkonform Aussteuere dann ist hinterher die Aufnahme übersteuert. Erst wenn ich ca. 3 LED's weniger aussteuere ist die Aufnahme einwandfrei.
Ich nehme mal an, in
regelkonform spielt die Pegelanzeige des Gerätes eine prominente Rolle, und da könnte auch schon das Problem liegen. Die Aufnahme auf dem Band ist dann übersteuert, wenn der aufgezeichnete magnetische Fluss (gemessen in Nanoweber pro Meter) zu hoch ist. Bei einer ideal abgeglichenen Maschine entspricht ein bestimmter Pegel auf der Anzeige einem bekannten magnetischem Fluss auf dem Band. Üblicherweise fällt dann die 0dB-Markierung mit einem der bekannten
Bezugspegel (z.B. 185/250/320/514 nWb/m) zusammen, bei denen dann der Klirrfaktor (also das, was die Übersteuerung hörbar macht) einen wiederum bekannten und meistens erträglichen Wert annimmt.
So weit, so gut, aber in den seltensten Fällen ist eine Maschine ideal abgeglichen, sofern sie nicht vor kurzen revidiert wurde. Die übliche Aussteuerungsmethode ist dann eben die von Dir praktizierte: So weit aufdrehen, bis der Klirr hörbar wird. Da verträgt auch jede Bandsorte unterschiedlich viel Dampf - und im Heimbetrieb werden diese ja auch in munteren Mischungen verwendet.
Wenn also meine Annahme stimmt, dass eine nach Anzeige ausgesteuerte Aufnahme (auch auf der anderen Maschine?) übersteuert klingt, würde ich daraus noch nicht auf einen Defekt schließen, es sei denn die Maschine wurde vor weniger als vielleicht 5 Jahren auf die bei dem Test verwendete Bandsorte eingemessen - dann sollte sowas nicht auftreten. Wahrscheinlich ist auch ein Pegelsprung zu hören, wenn Du zwischen Vor- und Hinterband umschaltest?
Zitat:... ob man es relativ einfach beseitigen kann ...
Ein klares Jein: Wahrscheinlich müsste man nur einmal die Einmessung kontrollieren und eventuell nachstellen - und dazu muss man schließlich "nur" an ein paar Potis drehen...
Zitat:ich kann nicht messen und bin auch kein Elektroniker. Ein wenig löten und das war's.
Nicht verzagen, das ist schon mehr als nichts - alles andere kann man hier dazulernen. Hast Du eine Serviceanleitung zur GX77? Das wäre schonmal der erste Schritt.
Im Prinzip musst Du zur Lösung Deines Problems die elektrischen Pegel der Ein- und Ausgänge, die magnetischen Pegel auf dem Band bei Aufnahme und Wiedergabe sowie die von der Aussteuerungsanzeige gemeldeten Werte sinnvoll zueinander in Relation bringen. Da das nicht wesentlich von einer kompletten Einmessung abweicht, hier die Vorgehensweise in Kurzform:
1. Bandlauf, Bandzug und Tonköpfe mechanisch kontrollieren, penibel reinigen und entmagnetisieren.
2. Wiedergabezweig einstellen, so dass man sicher weiß, welcher magnetische Pegel einem bestimmten elektrischen Pegel am Ausgang und eventuell auch auf der Anzeige entspricht, so diese denn bei Wiedergabe anzeigt. Dazu braucht man möglichst ein Bezugsband als Referenz, sonst bekommt man auf der magnetischen Seite keinen festen Boden unter die Füße. Bei gehobenen Geräteauslegungen kann man hier auch die Wiedergabeentzerrung abgleichen, bei den meisten Heimgeräten bis hinauf zu B77 aber nicht.
3. Vormagnetisierung (Bias) auf die Bandsorte einstellen. Dazu gibt es mehrere Methoden mit und ohne Datenblatt zum Band, die alle mehr oder weniger schnell zum Ziel führen können.
4. Bei einigen Geräten (z.B. A77 & Co.) kann man die Aufnahmeentzerrung abgleichen, so dass sich mit der bereits eingestellten Wiedergabe ein möglichst glatter Frequenzgang ergibt, bei vielen aber nicht (z.B. ASC-Maschinen). Dann macht man entweder einen Kompromiss beim Bias zu Gunsten des Frequenzganges oder lebt mit der Abweichung.
5. Jetzt kommt der Aufnahmepegel: Die Verstärkung des Aufnahmeteils muss genau so groß sein, dass sich zwischen Vorband und Hinterband kein Unterschied mehr zeigt.
6. Zum Schluss kann man noch die Pegelanzeige einstellen, so dass Vollaussteuerung auf der Anzeige dem erwarteten Pegel auf dem Band entspricht. Je nach Gerätekonzept kann dies auch wesentlich früher in der Prozedur sinnvoll sein - das Servicemanual gibt da sicher Auskunft.
Diese Schritte führe ich bei mir mit folgender Minimalausstattung durch:
- Bezugspegel von einem Messband - das war mit knapp 20 Euro bei ebay die teuerste Anschaffung
- CD-Player als Tongenerator, geht aber auch mit der Soundkarte
- Spannungsmessung bei 333 Hz oder 1kHz mit einem Feld-Wald-Wiesen-Multimeter
- Frequenzgang- und Pegelmessungen mit der Soundkarte und einem einfachen (selbstgestrickten) Programm unter Linux - für Windows gibt es aber bestimmt irgend etwas passendes.
Der Vollständigkeit halber: Es könnte natürlich auch ein elektronischer Defekt an einem der beteiligten Aufnahme- oder Wiedergabeverstärker oder einer anderen Baugruppe im Audioteil der Maschine vorliegen. Das macht sich aber beim Einmessen bemerkbar, und bei der Behebung solcher Elektronikprobleme wurde schon manchem hier virtuell der Lötkolben geführt.
Wenn Du Dir im Prinzip die Zusammenhänge zwischen Eingangssignal, Anzeige, Band, Widergabe und Ausgangssignal klar machst, kannst Du auch mit der vorhandenen zweiten Maschine Tests erfinden, mit denen sich die Ursache einkreisen oder auch beheben lässt.
Bei Unklarheiten bitte nachfragen!
Viele Grüße
Andreas