Walkman für Kraftsportler - Grundig TK 6

[PSMS]

Walkman für Kraftsportler

Grundig TK 6

Nachdem ich mich neulich über den wundersam ähnlichen Antrieb des AKAI X-IV und des UHER Report Gerätes wunderte, drängte es mich nachzusehen, ob eventuell auch die portablen Geräte mit dem gekrönten Kleeblatt auf ähnliche Weise befeuert werden. Namentlich das TK 6, welches in etwa zur gleichen Zeit wie die beiden erstgenannten Apparate hergestellt wurde und preislich in einer ähnlichen Liga spielte. Ich ging also auf den Flohmarkt, kaufte mir eines und öffnete es. Nach dem ersten Schwall Schmutz (aha, da ist ja auch die abgefallene Plexischeibe für’s Zählwerk) war es deutlich zu sehen: Fehlanzeige! Die Grundig-Mannen hatten sich etwas eigenes ausgedacht. Der Motor dreht in der selben Ebene wie die Schwungscheibe, welche mit zwei je Geschwindigkeit einzeln zuschaltbaren Zwischenreibrollen angetrieben wird. Die Stufenscheibe befindet sich auf der Motorachse. Die Schwungscheibe selbst ist für ein tragbares Gerät ziemlich massig, überhaupt ist der ganze Kasten ziemlich schwer, trotz des vielen Kunststoffs am Gehäuse. Selten ein so verbautes Konstrukt gesehen, Winkelchen, Schieber, elektronische Bauteile, Platinen, Kontakte und vor allem ein Spinnengeflecht an fest verlöteten Kabeln geben sich ein Stelldichein. Das große auf dem Foto zu sehende Reibrad ist für den Rücklauf, hier ist die Schwungscheibe der Kraftgeber. Dennoch: Alle Gummiteile waren noch gut, nur einige Lager verharzt und das Lautstärkepoti kratzte. Nach etwas diesbezüglicher Wartung lief und spielte das Gerät einwandfrei. Im Gegensatz zum Uher klingt es wegen des viel voluminöseren eingebauten Lautsprechers als „Gerät allein auf dem Tisch“ ungleich kräftiger, es kommt „ordentlich was raus“. Nicht schlecht! Laut Datenblatt ist der Frequenzgang aber doch schlechter, Halbspur mono bei 4,75 oder 9,5 cm/s und nur 11er Spulen. Dem Freund leichter Unterhaltungsmusik oder dem Kinderstimmenaufnehmer wird es wohl gereicht haben. Netzteil ist eingebaut (bei Netzbetrieb höhere Ausgangsleistung), Batteriefach ist hinter dem Rückseitenklappdeckel, aus dem auch der Lautsprecher (nach hinten!) abstrahlt. Alle Anschlüsse sind hinter einem seitlichen Türchen verborgen, das Gerät spielt aufrecht stehend, Liegebetrieb geht zwar auch, aber die Klotz-Drucktasten sind nur mit einigem Kraftaufwand zu bedienen, alles würde wegrutschen. Die Bandspulen verschwinden hinter dem Vorderseitenklappdeckel mit kleinem Sichtfenster, so dass man bei geschlossenem Gerät genau hinschauen muss, wo vorne und wo hinten ist. Sieht man von der sonderbaren Konstruktion einmal ab, so ist es ein robustes, leise laufendes und recht gut klingendes Urviech. Hier hatte man nichts bei Uher abgeschaut und sein eigenes Süppchen gekocht. Ob Reporter diesen Trumm mitgeschleppt haben entzieht sich allerdings meiner Kenntnis. In der 1965er Grundig Tonbandfibel ist allerdings ein Bild vom Rummelplatz zu sehen, der feine Herr müht sich mit dem Mikrofon und die Dame trägt ihm das TK 6-Köfferlein, köstlich! Im richtigen Leben hätte sie ihm das Ding wohl um die Ohren gehauen. Mein abgebildetes Gerät ist absichtlich noch ungereinigt, wurde anscheinend in seinem Leben ordentlich benutzt und hat dennoch dem Zahn der Zeit erstaunlich gut getrotzt. Ein Walkman für Kraftsportler sozusagen.

Der Antrieb


Nochmal das Chassis von hinten. Das Riesenrad dient zum Rückspulen


Von vorn, rechts unten der etwas schwachbrüstige Motor


Die Antriebszwischenrollen Motor/Schwungscheibe


Küss mich, ich bin ein Prinz


Gahäuse von hinten mit doppeltem Lautsprecherschutz


Von vorn


Von oben, Bedienelemente


Größenvergleich mit Uher Report

[PeZett]

Hallo,

danke f.d. Vorstellung - "rasende Reporter" werden wohl eher das
gleichnamige Uher-Gerät bevorzugt haben. Nicht des Namens wegen,
sondern wg. des etwas robusteren Gehäuses.
Aber immerhin bot das kleine Grundig die Möglichkeit, auch mal
unterwegs die Lieblingsmelodien zu hören.

Gruß

Peter

[cisumgolana]

Hallo!

Auch von mir ein dickes Lob für die ausführliche Präsentation des TK 6.
So wird auch ein Mauerblümchen interessant. Denn zu mehr hat es bei
der Report-Dominanz nicht gereicht.

Mein erstes TB war 1962 ein UR-4000. Das mußte viel über sich ergehen
lassen (auf den Gepäckträger des Rades geklemmt oder in die Sattel-
tasche gestopft, im Auto einfach unter´s Armaturenbrett ohne Dämpfung
geschraubt, bis zum Sturz aus dem 1. Stock - es lief trotzdem noch!)
und lebt immer noch (bei UHER nach dem Fenstersturz instandgesetzt).

Ein lauffähiges TK 6 bekam ich letztes Jahr geschenkt. Bis auf den etwas
volleren Klang (wie Du angemerkt hast) konnte ich dem TK 6 nichts abge-
winnen. Zu klobig und trotzdem empfindlich. Zu kleine Spulen und die für
mich falschen Geschwindigkeiten (nehme nur 19cm/s oder 9,5cm/s). Und
es ist bei weitem nicht so gleichlauffest wenn es geschwenkt wird, wie
eine Report. Ich habe es einem Freund für sein E.Technik-Museum ge-
schenkt...

Ich gebe aber gern zu, daß ich "Reportlastig" bin, was bei 16 Reportmodellen
(und 4 Schlacht-Report) auch m. E. kein Wunder ist.

Grüße
Wolfgang

[TK 240]

Ich denke, Grundig hatte nie vor, gegen die Report "anzustinken", dafür war der TK 6 weder gedacht noch ausgelegt. Es ging wohl eher darum, dem Tonbandfreund ein Gerät zur Hand zu geben, damit er netzunabhängig im Freien seine Mitmenschen mit seinem ureigensten Musikgeschmack erfreuen konnte.

Ich besitze ebenfalls beide Geräte, das Report mehrfach und ein TK 6, die kleine Grundig macht wesentlich mehr "Dampf" und eignet sich prima als "Schwimmbadgerät".

Und aufgestellt wird der TK 6 natürlich mit dem LS zum Hörer, die Spulen werkeln dann im Hintergrund und sind nicht mehr sichtbar. Wozu auch ?
Gleiches findet man auch bei den Nachfolgern TK 2200 und TK 2400FM, die schon deutlich schlanker ausfielen, jedoch nicht mehr die Robustheit des TK 6 ausstrahlten.

Schöner Bericht, das Lesen desselben hat mir viel Spass gemacht, vielen Dank dafür !

Gruß
Thomas

[kreiserdiver]

Guten Morgen !

Die Grundig Antwort auf das Report was dann das TK 3200 - und das wirklich nicht schlecht. Schön 15er spulen, 3 Köpfe, 3 Geschwindigkeiten und nicht viel größer als das Report. Meine Beiden gebe ich auch nicht wieder her.

Gruß,

Ralf.

[TK 240]

Stimmt, TK 3200. Hatte ich auch mal. 15er-Spule und drei Geschwindigkeiten und weitere Features, die die Uher nie hatte....Super Kistchen !

Wie konnte ich das Teil nur wieder abgeben ?



Hinterher ist man immer schlauer......

Gruß
Thomas

[revoxidiert +]

Auch mir ist gestern ein Grundig TK 6 L zugelaufen.

Die Verkäuferin ( eines An-und Verkaufes ) dachte es wäre ein Radio ,
steckte es in die Steckdose , und nichts war zu hören.

Ach geben sie mir 20 Euro meinte Sie.

Zuhause angekommen reinigte ich es ausführlich , klebte auch hier das Plexiglas Sichtfenster
zu den Spulen wieder ein . Und drückte nach dem Einschalten auf START .

Und siehe da , es lief !

Anfänglich noch sehr hüftsteif , wurde es von Stunde zu Stunde
immer geschmeidiger. Ein schönes Teil mit gutem Lautsprecher.

Fazit : mit wenig Investition , ein gutes Teil !

Gruss
Wolfgang

[PSMS]

Hallo,

leider habe ich mein TK 6 nicht hier. Ein möglicher Hinweis ist hier auf dem alten Foto zu sehen,
genauere Bilder vom Batteriekasten hatte ich damals nicht gemacht.

   

Gruß

Peter S.

[revoxidiert +]

Danke Peter ,

für Deine schnelle Hilfe .
Und für das nette Telefonat .

Gruss
Wolfgang

[PSMS]

Hallo,

achteinviertel Jahre ist es her, dass das oder der TK 6L gelaufen ist.
Jetzt war mir danach, es oder ihn wieder anzuwerfen. Jemand, der sehr plötzlich massive gesundheitliche
Probleme hatte, unwesentlich älter ist als ich und mit dem ich beruflich zu tun habe, wünschte sich Beatmusik.
Das ständige Wiederholen der immer selben Songs auf WDR4 geht mir selbst und einer stetig wachsenden Anzahl meiner Mitmenschen
gehörig auf den Zeiger. Leider läuft das Radio oft bei der Arbeit und das Klientel ist nunmal WDR4-Klientel....zumindestens das des WDR4, wie er mal war.
Beatmusik, dann aber stilecht, das Auge hört ja bekanntlich mit. Was haben wir im Fundus?
Klaro, UHER-Report, hatte ich aber schon mehrfach im Einsatz. Dann eben TK6, läuft auch mit Batterie und hat einen schön kräftigen Lautsprecher.

Das Ding exhumiert und gestartet: Läuft, aber leiert, Umspulen nur sehr lau und, schlimm, der Motor quiekt, trockengelaufen.

Wartung tut not, immerhin ist das Teil schon über 50,
Ein paar Bilder folgen.
(Übrigens mit einem Nokia Lumia 720 geknipst, das ich mir für läppisches Geld aus der Bucht gezogen habe.
Ab jetzt sind alle vorherigen Kameras von mir Rentner. Versteht sich von selbst, dass ich die anderen Lumia-Modelle auch haben will und jetzt sammele.
das 620, 720, 550, 640, 830, 950XL (der Chef!) und das famose 1020 mit der 41-Megapixel-Kamera hab ich schon).

Erst mal die Verkleidung ab:

   

Sieht doch noch gut aus. Unten rechts ist der Motor, im Gegensatz zum TK6 hat das TK6L hier einen bürstenlosen AEG-Motor, sehr fein!

   

Die Köpfe, noch prima. Mit der Kamera (obwohl sie eine im günstigen 720 ist) bin ich sehr zufrieden.

   

Grund des lahmen Vortriebs sind zu glatte Gummireifen und trockene Lager. Der gelbe Gummi ist aber immer noch geschmeidig genug, ein Wunder

   

   

Schööön vorsichtig anrauhen und mit Gummipflege benetzen

   

Das obere Motorlager kann man von hier aus ölen

   

An das untere Lager (vielmehr das vordere im Senkrechtbetrieb), kommt man nicht einfach heran, man muss das Blechschild lösen
und dann vorsichtig die kleinen Messingschrauben innerhalb der Platine etwas (!) lösen. Unter denen sitzen als Muttern zwei kleine Halbmönde, die sich in Schlitze im Gehäuse verschränken.
Sehr präzise gearbeitet, der Motor!

Jetzt kann man ölen:

   

Da, es läuft wieder, der Motor schnurrt kaum hörbar vor sich hin, Bandvortrieb ohne hörbares Leiern, Umspulen für Grundigeinmotorerverhältnisse
kräftig und flott.
Das Dingen klingt gar nicht schlecht!

   

   

Dann können ja sogar Außenaufnahmen gemacht werden.

http://grundig.pytalhost.com/grundig65/grundig05.jpg

Meine Frau würde allerdings die Krallen ausfahren, wenn ich sie den Klotz schleppen lassen würde, um mich nur mit dem Mikrofönchen zu befassen.

Gruß
Peter S.

[Moppedmanni]

Bei Ibähh Kleinanzeigen steht heute Morgen eine für 30 Euro drin .... leider im 7er Postleitzahlenbereich. Ist das eigentlich ein 2 oder 4Spur- Gerät ??

[PSMS]

Hallo,

wenn es noch komplett ist, sind 30 € ganz ok. Man sieht auf den Bildern ja, dass es solide gebaut ist und
Reparaturen keine Illusion sind. Übrigens habe ich erst jetzt gesehen, dass ich mein anderes TK 6 exhumiert habe,
die Fotos von 2009 zeigen nicht das Gerät, das ich wieder gängig gemacht habe.
Wichtig wäre wohl, dass es ein TK 6 L und kein TK 6 ist, des besseren Motors wegen.
Und, ja, es ist ein Halbspurgerät.

Gruß
Peter S.

[ReFuchs]

.... ein TK 6 L habe ich auch noch ....