Köpfe läppen, nochmal neu eingestellt...
#1
Ihr Lieben!

Vor "Jahrenden" hatte ich mal eine kleine Anregung zum Thema Läppen von Tonköpfen in irgend einem alten Forum veröffentlicht. Erstaunlicherweise wird von diesem "sagenumwobenen" Beitrag auch in jüngerer Vergangenheit immer mal wieder berichtet oder daraus zitiert. Damit auch neue User sich mal im Aufarbeiten von Tonköpfen versuchen können, habe ich diese Anleitung - etwas überarbeitet und mit einem Nachtrag versehen - hier nochmals eingestellt.
Ich möchte darauf hinweisen, dass es sich hier nicht um einen Fachbeitrag mit wissenschaftlich oder handwerklich fundiertem Hintergrund handelt, sondern um eine durch eigene Praxis und Erfahrung im Laufe der Jahre entwickelte Methode, die sicher hier und da noch Potential zur Verbesserung oder "Perfektionierung" bietet.
Ich habe hiernach (vor allem mit der neuen, vereinfachten Methode, siehe ganz unten!) schon etwa 20 Köpfe überholt, darunter sogar einen 8-Spurkopf, und bisher noch keinen einzigen damit geschrottet. Wenn ein Proband hinterher reif für die Tonne war, dann lag es daran, dass nicht mehr genug Fleisch zum Abschleifen vorhanden war und sich die Spalttiefe dadurch bis zur Unbrauchbarkeit verringert hatte. Also: so oder so kaputt!
Tatsache ist, dass es funktioniert, man braucht nur ein wenig Fingerspitzengefühl und sollte sich nicht dadurch verunsichern lassen, dass es in der Folge bestimmt einige Kritiker gibt, die an meiner seltsamen Methode kein gutes Haar lassen werden und uns sofort beweisen werden, dass man damit niemals eine optimale Kopfspiegel-Oberfläche erreichen kann. Ich habe damit schon viele Geräte gerettet, die nur noch dumpfes Blubbern von sich gaben!

Im Übrigen verweise ich auf einen Thread vom Februar 09, in dem dieses Thema schon mal angesprochen wurde.

Viel Erfolch!

Holgi
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Tonkopf abgenutzt — was nun?

Viele von euch, liebe Tonbandfreunde und –sammler, vor allem aber diejenigen, die ihre Maschinen regelmäßig nutzen, werden irgendwann feststellen, dass ihr Gerät nicht mehr so klingt wie ehedem. Es fehlt an Höhen, die Reinigung der Tonköpfe bringt keine Besserung mehr, beim genauen Untersuchen der Köpfe bzw. des Kombikopfes stellt man eine erhebliche Abnutzung in Form von Einschliff fest, der bis zu mehreren Zehntel Millimetern betragen kann. Besonders schlimm kann dieser Einschliff bei Geräten mit Andruckfilz(en) werden; hier ist oft eine regelrechte Kraterlandschaft auf dem einst so glatten Kopfspiegel entstanden. Die Folgen sind einleuchtend: Das Band liegt nicht mehr voll an, es kommt zu Dropouts, zu Höhenverlusten. Das kann so weit gehen, dass der Kopf praktisch schrottreif ist, die Maschine nimmt nur noch Frequenzen bis ~5 kHz auf, dazu auf beiden Spuren unterschiedlich laut. Soll man nun mangels Ersatzteilen oder aber angesichts horrender Preise für Tonköpfe, die Maschine ausmustern und entsorgen oder dem Radiomuseum zur Verfügung stellen?...
Halt, mein Freund, wer wird denn gleich die Flinte ins Korn werfen!? Da gibt es noch eine Möglichkeit, von der früher, d.h. in den fünfziger und sechziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, von ambitionierten Werkstätten häufig Gebrauch gemacht wurde: das Läppen oder Feinschleifen von Tonköpfen.

Um hier keine Missverständnisse aufkommen zu lassen: ein Kopf, der schon 0,5 mm eingeschliffen ist und außerdem Dellen durch verhärtete Staubablagerungen am Andruckfilz zeigt, ist wirklich reif für die Tonne! Ebenso gelten die folgenden Ausführungen nicht für Ferrit- oder Glasferritköpfe. Diese lassen sich nicht mit Hausmitteln läppen und werden dies meist auch nie nötig haben, denn ihre Lebensdauer beträgt 10000 Stunden und mehr! Ein normaler Tonkopf aus Permalloy oder Sendust, ganz zu schweigen von den unterschiedlichsten goldfarbigen und grau-silbrigen Legierungen, mit denen vor allem in den 60er Jahren experimentiert wurde, hat dagegen nur eine Lebensdauer von 500 bis 1000 Betriebsstunden. Bestimmte Köpfe (Telefunken bis Ende 60er; Tandberg) sind für ihre weiche Beschaffenheit berüchtigt und werden schon nach 500 – 600 Stunden reif für die Nachbehandlung oder den Austausch, andere wieder halten die doppelte Zeit durch. Abhängig ist das unter anderem vom Kopf-Umschlingungswinkel des Bandes, und vom Bandzug, bzw. dem Andruck des Bandes durch einen Filz o.ä. Ein hoher Bandzug im Verein mit geringer Umschlingung (von ca. 3 bis 5 Grad) führt zu einem höheren spezifischen Druck des Bandes auf den Kopfspiegel in der Berührungszone als ein Umschlingungswinkel von etwa 6 bis 15 Grad. Ebenso spielt hier das verwendete Bandmaterial eine Rolle. Bänder mit polierter und feinkalandrierter Oberfläche sind natürlich kopfschonender als solche mit matter Schicht, oder vereinfacht gesagt: Bänder aus der Produktion der letzten 20 oder 30 Jahre sind in dieser Hinsicht älteren Typen vorzuziehen!

Ich weise darauf hin, dass ich für die folgenden Ausführungen keinerlei Haftung übernehme; wenn jemand von euch, liebe Tonbandfreunde, einen Tonkopf wegen mangelnden Fingerspitzengefühls oder durch Verwendung von 40er statt 400er Schleifpapier ruiniert, dann möge er das bitte nicht dem Verfasser dieses Artikels anlasten. Ich kann aber auch gleichzeitig versichern, dass das Verfahren einfacher ist und schneller geht, als man das beim Lesen meinen könnte. Ich habe an einem Abend innerhalb einer Stunde fünf Köpfe von Bogen, Telefunken und Tandberg übergeläppt und alle funktionierten hinterher wieder am ersten Tag!

Also: man nehme ein bis zwei Bogen Schmirgelleinen oder wasserfestes Schleifpapier, Körnung 320-400, ebenso ein oder zwei Bogen mit Körnung 600 oder 800, weiterhin benötigen wir eine Glasplatte, die mindestens so groß ist, wie der Bogen Schleifpapier (etwa eine Scheibe aus einem preiswerten Bilderrahmen oder auch das Glaskeramikfeld unseres Elektroherdes in der Küche!). Eine Flasche Stahlfix (Reinigungsmittel für Edelstahlspülen und –töpfe) oder Sidol (gibt’s das eigentlich noch?) und ein sauberer Lappen vervollständigen die „Ausrüstung“.
Und nun geht’s los. Wir legen das Schleifleinen oder -papier auf die Glasscheibe und bewegen den Kopf (beinahe hätte ich geschrieben „unseren Kopf“), den wir natürlich vorher ausbauen, in lockerem Schwung darauf vor und zurück, wobei wir versuchen, den originalen Krümmungsradius des Kopfspiegels zu erhalten. Zwischendurch drehen wir den Kopf mal um 180 Grad (ihr wisst schon: nicht „unseren Kopf“!), um einen ungleichmäßigen Abtrag von Material zu vermeiden. Immer schön mit leicht kippender Bewegung schleifen, zwischendurch immer mal das Ergebnis kontrollieren. Schon nach wenigen Minuten werden wir das Verschwinden der meisten Unebenheiten feststellen, nach einiger Zeit sind auch die Stufen an den eingeschliffenen Kanten verschwunden. Wenn der ganze Kopfspiegel eine gleichmäßige, matt-geschliffene Oberfläche hat, wechseln wir kurz auf des feinkörnige Schleifmaterial und glätten damit die noch verhältnismäßig groben Schleifriefen. Hierbei reicht es aus, des Kopf etwa 20-30 mal über das 600er Papier zu führen, danach werden wir ihn nicht wiedererkennen (hoffentlich im positiven Sinne!).

In jedem Fall muss so lange gearbeitet werden, bis die Stufen, die das Band hineingearbeitet hat, wieder hinausgearbeitet sind. Im Idealfall müsste man den Kopf auf ein Haarlineal legen und dann keinen Lichtspalt mehr sehen können, aber das ist wohl mit dieser Handläpptechnik nur schwer zu erreichen.
Zu guter Letzt entfernen wir den Schleifstaub gründlich, etwa mit einem Pinsel oder auch mit „Kontakt WL“ oder Bremsenreiniger aus der Kfz-Werkstatt. Dann kommt das Stahlfix zum Einsatz. Mit einem weichen Leinenläppchen verreiben wir einen oder zwei Tropfen Stahlfix auf dem Kopfspiegel. Eine Minute lang polieren wir den Kopf damit und reiben dann mit einem trockenen Lappen nach. Fertig. Der Tonkopf müsste jetzt leicht glänzend, mit gleichmäßiger Oberfläche ohne größere Riefen oder gar noch Einschleifspuren, vor uns liegen. Vorsichtshalber nehmen wir eine starke Lupe (am besten geht ein 50 mm-Objektiv von der Spiegelreflexkamera!) und kucken uns die Vorderseite mal von Nahem an: bei einem Wiedergabe- oder Kombikopf (Spaltbreite 2-8 μm) darf der Spalt in der Mitte des Spiegels gerade eben als haarfeine Linie zu erkennen sein, bei einem Aufnahmekopf (5-10 μm) ist er schon als deutliche schwarze Linie zu sehen, die auch ohne Lupe auszumachen ist. Ist beim Hörkopf der Spalt bereits deutlich und womöglich mit unterschiedlicher Breite zu erkennen, könnte es sein, dass der Kopf nicht mehr zu retten ist, weil die Abnutzung schon zu weit fortgeschritten war.

Durch das Einläppen wird übrigens der Kopf dem theoretischen Ideal näher gebracht: angestrebt wird nämlich eine möglichst geringe Spalttiefe, um den Austritt des magnetischen Feldes im Bereich des Spaltes zu verstärken und somit ein gutes Durchmagnetisieren des Bandes zu ermöglichen. Da das Kernpaket im Spaltbereich eine bestimmte Abnutzung (und damit auch ein Nachschleifen) ermöglichen muss, kann der Hersteller die Spalttiefe nicht beliebig verringern, sonst würde sich der Luftspalt schon bei geringster Abnutzung verbreitern. Durch das Läppen kommt die Spalttiefe dem Grenzmaß näher, was wie gesagt den Feldlinien den Austritt in die Bandschicht erleichtert.

Etwas soll nicht unerwähnt bleiben: versucht bitte nicht, den Kopf in der einen Hand zu halten und ihn freihändig mit der anderen überzuschleifen! Das führt durch den „nachgiebigen“ Andruck der Hand dazu, dass die weicheren Teile des Kopfspiegels stärker abgeschliffen werden als die härteren, sprich: die Bereiche zwischen den Kernpaketen werden mehr zurückgeschliffen als die Spaltzone(n), was zu einem völlig unbefriedigenden Band-Kopf-Kontakt führt! Dasselbe gilt bei der Benutzung von Polier- oder Schleifwerkzeugen in der Kleinbohrmaschine (Dremel o.ä.). Ich spreche aus Erfahrung! Also bitte nur auf planer, harter Unterlage läppen. So, und nun wünsche ich euch allen ein fröhliches Schleifen, vielleicht der Übung halber zunächst an einem nicht ganz so wichtigen Exemplar, ich kann euch aber nochmals versichern, dass die Sache einfacher ist, als man denkt und der Erfolg ist fast sicher. Ich setze voraus, dass ihr in der Lage seid, einen Tonkopf nach dem Einbau sauber auf Höhe, Parallelität zum Band und Azimut zu justieren; wenn nicht, solltet ihr die Finger lieber davon lassen.
Übrigens: wer seine Dreikopfmaschine überwiegend zur Wiedergabe nutzt und den Sprechkopf schonen möchte, kann ihn bei Nichtbenutzung mit einem Stück mattem Tesafilm überkleben (uralter Trick!).

Band ab! — Band läuft!
Hannover, im Januar 2001
Holger Born (hborn[at]htp-tel.de)
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Nachtrag vom August 2009

Inzwischen habe ich die Läpptechnik stark vereinfacht, weil es sich in der Praxis herausgestellt hat, dass zum einen extreme Präzision nicht vonnöten ist und zum andern seit einigen Jahren neue Werkzeuge auf dem (Drogerie-) Markt sind, mit denen sich die Sache erheblich beschleunigen und vereinfachen lässt: Fingernagel-Polierfeilen. Das sind etwa 1,5 cm breite und 15 cm lange und 3-4 mm starke Kunststoffstreifen, die beidseitig abgestufte Schleif- und Polierflächen tragen. Auf der Vorderseite grob und mittel, auf der Rückseite fein (grau). Damit kann der Tonkopf locker übergeschliffen werden, schön nacheinander, erst grob, bis alle Dellen, Riefen und vom Band eingefräste Stufen weg sind. Das dauert im Idealfall mit diesen genialen Dingern nicht länger als eine Minute! So eine „Feile“ kann für etwa 3-4 Köpfe herhalten.

Dann kommt die mittlere Körnung, die bereits ein mattsilbernes Finish verleiht, und schließlich bis zum Hochglanz die Polierseite der Feile. Aber immer schön die Rundung herausarbeiten! Wenn man den Kopf vorsichtig in einen kleinen Schraubstock einspannt, kann man die Rundung so nacharbeiten, wie man das mit einer Feile tut, also mit einer der Krümmung entgegengesetzten Bewegung, wenn ihr versteht, was ich meine.
Der Theoretiker mag jetzt berechtigt einwenden, dass man auf diese Weise nie genau den ursprünglichen Radius des Kopfspiegels einhält und sicher eine gewisse Balligkeit einarbeitet... Stimmt sicher, interessiert aber salopp gesagt nicht. Ich habe dadurch noch keinerlei negativen Auswirkungen festgestellt. Weder beim Frequenzgang noch beim Band-Kopf-Kontakt ändert sich dabei wirklich etwas, wenn man einigermaßen sorgfältig arbeitet.

Alles in allem wird die Bearbeitung eines durchschnittlich beanspruchten Kopfes nicht länger als 5-10 Minuten in Anspruch nehmen. Wer ein Übriges tun will, nimmt zu guter Letzt noch Sidol oder Chrompolitur zur Hand. Die letzte Feinpolitur erledigt das Band nach einigen Stunden Laufzeit!
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