Rauschen von Mikrofonvorverstärkern, was ist normal?
#1
Hallo Ihr,
heute ist mein Mikrophonvorverstärker gekommen und ich habe natürlich gleich versucht den Rauschabstand festzustellen. Da ich ja keinen Bewertungsfilter habe kann ich immer nur schätzen was los ist.
Welche Rauschwerte sind denn eurer Meinung nach normal?
Bei meinem VV beträgt der Rauschabstand nach Spitzenspannungsmesser in der Software ca 76 dB bei 30dB Verstärkung und 57 bei 60 dB Verstärkung. Die Audacity Frequenzanalyse sieht die Sache freundlicher. Die Spitzen liegen bei niedriger Verstärkung im Bereich der ersten Netzfrequenzfielfachen und der Rest ist ruhig. Rein Gehörmässig bin ich zufrieden. Die Mikrofone rauschen mehr als der VV und dann kann es so schlimm nicht sein. Aber was sind heute praktisch gängige Werte. Schreiben können Hersteller ja viel.
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#2
Darf ich mal fragen, wie deine Messung in der Praxis aussah?

Was hast du als Vollaussteuerungspunkt für den VV genommen?
Ohne Kalibrierung des 0dB Punktes misst man ja keinen Rauch- “Abstand”.

Das mit der Bewertungskurve für den Fremdspannungsabstand nach DIN45405 sehe ich gar nicht als großes bzw. unlösbares Problem an.
Vor jeder AD Umsetzung wird ja der Frequenzgang begrenzt und was anderes macht das Bewertungsfilter auch nicht. Bei der Wahl der richtigen Samplingrate passt das so ungefähr.

[Bild: Bewertungskurven.png]

Gruß Ulrich
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#3
Die Messung sah so aus, das ich den VV mit dem A/D Wandler verbunden habe.
Dann habe den A/D Wandler so ausgesteuert dass das Instrument am VV und am A/D etwa -6dB anzeigten. Dann habe ich die Quelle abgezogen und beobachtet wie tief die Aussteurungsanzeige fällt.
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#4
Hallo,

wie hast Du denn den Eingang des Mikrofonverstärkers abgeschlossen?

MfG

DB
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#5
Bei der Messung später garnicht.
Würde der denn so deutlich weniger rauschen wenn er abgeschlossen ist?
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#6
Natürlich. Ich würde ihn mit 200 Ohm abschließen, das ist in etwa der Widerstand eines dynamischen Mikrofons.

Das damit mögliche minimale Rauschen liegt bei etwa -122dB und da kam man bis auf ein halbes dB ran, 1986 war die entsprechende Schaltung von Dr. Corinth vorgestellt worden.

MfG

DB
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#7

Wer will, kann sich den beim VDT veröffentlichten Corinth-Aufsatz hier ansehen. Inoffiziell zumindest...

mfg Pit


PS 13.08.2009: die Vorstellung 1986 (siehe Ersterwähnung von <DB> ) sei in Funkschau 22/1986 enthalten, link folgt asap... (irgendwo haben wir die alten FSen abgelegt)

PPS 13.08.2009: und noch ein Nachtrag zu post #005: nicht -122dB, sondern -118dBqp ist der theoretische Grenzwert, an den Corinth bis auf -117,7dBqp (CCIR 468/3) heran kam; siehe auch nachfolgende Diskussion mit Uli... Da geht's dann aber um dB unbewertet, also die Gegend um -131dB!

PPPS 12.09.2009: So, der Funkschau Artikel mit der Gesamtschaltung liegt mir vor. Vor'm Verlinken © klären...

PPPPS 04.02.2021: obsolete links korrigiert & unterstrichen

PPPPPS 24.11.2022: auch andere haben solche Informationen "geteilt"...

©DK1TCP
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#8
Zitat:P.Nieratschker postete
.... Corinth-Aufsatz hier .......
Rechenfehler auf Seite 4 des PDFs?

Gruß Ulrich
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#9

Zitat:uk64 postete
[...] Rechenfehler [...]

Gruß Ulrich

nämlich? Uli, kannst Du Deinen Zweifel etwas näher erläutern? Die Session, als ich mich intensiver mit der 'Grenz-Betriebskennlinie' auseinandergesetzt habe, liegt schon wieder viele Monate zurück. Und - ehrlich gesagt: 100% habe ich das alles auch nicht nachvollziehen können, aber doch fast zu 68% oder 98%...

Die Einsetzungen in der Formel unten auf S.4 sind m.E. jedenfalls korrekt: wo setzt die Kritik an?

Gruß Pit

PS: der Nachbau des VV nach Corinth soll ja zu Zeiten, als diese Haufe/Pikatron-Übertrager noch erhältlich waren, mehrfach erfolgreich erfolgt sein! Leider habe ich noch kein Exemplar zwischen den Fingern gehabt - kommt aber noch... Auch Herr Zwicky hat 'uns' ein (siehe auch 'Evaluationboard') Unikat eines nie in Serie gegangenen Prototyps zugesagt (besser als die legendäre 961-er Eingangsschaltung!), das irgendwann zusammen mit Corinths Konstruktion bei einer ausgesuchten Aufnahme die physikalischen Grenzen demonstrieren darf. Ort und Datum unbekannt... (PS 2023: leider kam es nicht mehr dazu, Zwicky verstarb 2021, ohne daß ich ihn nochmals getroffen hätte)

PPS: zur Messung der Rauschzahl - nicht des Rauschabstandes wie oben mehrfach genannt - hat uns Z. übrigens auch ein bei Studer zelebriertes Messverfahren im Schnelldurchgang erklärt, eine Delta Messung bei 0°C und 100°C im Wasserbad... Vielleicht kramt Hans-Joachim die Stelle des Interviews hervor und bringt das Thema hier kurz dargestellt an die Oberfläche...

PPPS: noch ein Nachtrag zu dem, was 'normal' ist und worauf man bei schnöden dB-Angaben achten muss: Ein öff. zugänglicher Aufsatz von [2021 leider obsolet R. Gutberlet]. Daß dieser Beitrag der Zeit voraus ist, dafür spricht auch das Erstellungsdatum! Flüchtigkeit is everywhere! (nicht nur bei G.C. mfg Pit 13.08.2009)


©DK1TCP TIttwoWS Betriebskennlinie Grenzbetriebskennlinie Mikrophonvorverstärker Mikrofonvorverstärkern Evaluationboard
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#10
Zitat:P.Nieratschker postete
Uli, kannst Du Deinen Zweifel etwas näher erläutern? .......................

Die Einsetzungen in der Formel unten auf S.4 sind m.E. jedenfalls korrekt: wo setzt die Kritik an?
Hoffentlich begebe ich mich jetzt nicht aufs Glatteis, auch bei mir liegen schon Jahrzehnte dazwischen.

Die Formel auf Seite 4 ist doch eigentlich nur die umgestellte Nyquist Formel.
(Spätes Edit: Bei Raumtemperatur)

[Bild: Nyquistf.png]

Das Ergebnis beider Formeln muss daher identisch sein.

Durch die Umstellung müssen die Angaben unter der Wurzel immer in kOhm und
in kHz erfolgen, also dort 0,2kOhm und 15kHz (die 40 Hz lasse ich unter den Tisch fallen).
Um auf das Ergebnis im PDF zu kommen muss entweder der Widerstand oder die
Bandbreite falsch eingegeben worden sein.

Gruß Ulrich
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#11

Hallo Ulrich,

auch ich habe mich nochmal auf's Glatteis gewagt und eine mögliche Erklärung für die vermeintliche Differenz gefunden:

Zitat:WIKIPEDIA-Quote
k = 1,3806504(24) · 10−23 J/K = 8,617343(15) · 10−5 eV/K

Wenn man mit dem 'rechten Boltzmann' rechnet, kommt Corinths Mikrovoltergebnis heraus, probier's mal! Hat mich jetzt viele Zehnerpotenzen (vor allem negative) und etwa 3 S. DIN-A4 Gekritzel gekostet sowie einige Nachdenklichkeitsschritte und Recherchen und Taschenrechnereien...

Gruß Pit

PS: und es stimmt doch (noch) nicht... Beitrag noch in Bearbeitung... betätige z.Zt. den 'Sengpiel-Rechner'...

©DK1TCP
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#12
Na ja, nicht so ganz.
Die richtige Form der Boltzmann Konstante ist hier 1.38 * 10^-23 Ws/K.
Die Einheitengleichung stimmt sonst nicht.

Diese Boltzmann Konstante wurde ja auch bei der Umformung der
Nyquistgleichung auf Seite 4 des PDFs benutzt.

Irgendwie fühl ich mich in die Schulzeit zurückversetzt, machen wir es mal Schritt für Schritt.

In die Nyquistformel Werte eingesetzt, Einheiten sträflich weggelassen.

[Bild: Nyf1.png]

Die Konstanten Größen aus der Wurzel geholt.

[Bild: Nyf2.png]

Ein wenig Kommastellen geschoben

[Bild: Nyf3.png]

Gerundet und Schreibweise geändert, Ergebnis = Formel auf Seite 4 PDF

[Bild: Nyf4.png]

Werte eingesetzt, zur Verdeutlichung wieder in Ohm und Hz.

[Bild: Nyf5.png]

PS: Das Ganze habe ich natürlich vor deinem Edit geschrieben.
PPS: Du hast meine Mails bzgl. deines Studerblog Beitrages gelesen?

Gruß Ulrich
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#13

So, ich glaube, ich hab's: Bei meiner ersten Nachfrage habe ich offenbar denselben Fehler begangen, der auch im Corinth-script steckt. Den Widerstand in der Formel in kOhm angegeben und die Bandbreite in Hertz anstatt in Kilohertz. Und schon liefert der Taschenrechner jene angenäherten 7,110893052 µV, die im verlinkten Artikel angegeben sind. Aufgrund der hervorragenden Aufdröselung von Ulrich eins weiter oben ist leicht einsehbar, daß der korrekte Wert 0,22µV lauten muß.

Welche Konsequenzen das nun für die weiteren 'Abstandsrechnungen' im Artikel hat, oder ob es ein alleinstehender Flüchtigkeits- bzw. 'Schönheitsfehler' ist (s.a.: Schulzeit unlimited...), darüber machen wir uns morgen einen Kopf, einverstanden?

Pit

PS Ende 2010: eine nette HAMEG-Abhandlung zum Thema bei Reichelt (und auf meine Festplatte)...

PPS 2023: interessante externe Fundstelle zur Rauschbekämpfung

andere 'Rauschfreunde' im BMF, diesmal: BC109C und noch ein 'Rausch-thread'...

©DK1TCP BC109C
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#14
Hallo Pit,
es ist schon komisch was aus meiner kleinen Bemerkung “Rechenfehler” geworden ist.
Wenn ich vorher gewusst hätte wie viel Arbeit das nachzieht, ich hätte es bleiben lassen.

Meiner Meinung nach ist es nur ein kleiner Flüchtigkeitsfehler ohne weitere Bedeutung, allenfalls erstaunlich das bisher niemand drüber gestolpert ist.
Der darauf folgende Wert von 1µVss ist wieder korrekt (geschätzt, nicht nachgerechnet), wurde damit nicht aus den falschen 7,12µV abgeleitet.

Gruß Ulrich
(der auch heute noch mehr Flüchtigkeitsfehler macht als ihm lieb ist)
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#15
Zitat:Matze postete
Welche Rauschwerte sind denn eurer Meinung nach normal?
Ich bin leider kein Experte, aber vielleicht rundet es für Dich bzw. für andere im Forum ab, was ich im Datenblatt zum Siemens V276 (SiTraL-Gerät, Bj. 1967) finde...? Also:

"Geräuschspannungsabstand, gemessen m. J78 bezogen auf den Verstärkereingang:

v = 76 dB.
p ger kleiner oder gleich -120 dB.

v = 34 dB
p ger kleiner oder gleich -118,5 dB."

Wobei mich gerade die dunkle Ahnung beschleicht, daß meine Konfiguration mit dem V276 da nicht ganz ranreicht... irgendwo in der Gegend von -60/-65 dB gritzelt da was... Vermutlich ein Anlaß, mir bei nächster Gelegenheit mal genauer die Impedanzen anzugucken, mit denen ich ihn da konfrontiere... :?

Zur "Legende" V76 finden sich die Werte übrigens hier:
http://www.irt.de/IRT/publikationen/braunbuch/V76.PDF

Michael
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#16
Ich habe nicht nur hier, sondern auch anderswo- mehrfach und recht detailliert zum Thema geschrieben; dies unter anderem auch im Mailverkehr mit jetzt diskussionsbeteiligten Personen. Eine neuer Exkurs erübrigt sich daher.

Ich erinnere lediglich daran, dass das thermische Rauschen eines Widerstandes, je nach der an den menschlichen Gehörseigenschaften entlang entwickelten Messnorm, den für uns üblichen Bandbreiten und (Raum-)Temperaturen theoretisch idealisiert zwischen -129 (RMS) und -118 dBu (qp) beträgt. Geht man da mit 60 oder gar 80 dB Nachverstärkung drüber, kann man sich lebhaft ausrechnen, wohin man gerät, zumal der Quellwiderstand nicht der einzige rauschende Delinquent in der Kette ist.

Geräuschspannungsabstände über 80 dB (bei einem einzelnen Mikrofonkanal!) sind nur unter glücklichsten Umständen mit Kondensatormikrofonen hoher Wandlerempfindlichkeit und solider Sachkenntnis des Bedieners erreichbar, mit dynamischen Mikrofonen de facto auch für diesen nicht. Meist sabbelt man bei -60 dB herum. In klassischer Zeit war es normal, dass bei künstlerischem Wort das Mikrofonrauschen von Kondensatormikrofonen und Nachverstärkern oft genug ÜBER dem des uncodiert betriebenen Magnetofons lag, wogegen man zu recht eigenen Maßnahmen griff, die Michael Dickreiter in seinem kleinen Hirzelbändchen zu den Mikrofonaufnahmetechniken beschreibt.

Jeder Toningenieur, jeder Tonmeister hatte 'temporibus illis' eine Grafik vor dem inneren Auge allzeit bereitstehen, die die Problemzusammenhänge schlagend verdeutlichte. Sie zeigt, wie unvermeidlich glatt das Rauschparkett ist. Die alte Form dieser Grafik nach ARD-Richtlinie/Pflichtenheft 3/5 sollte nachfolgend in natura erscheinen, der Link darunter führt zu einem Aufsatzauszug, der sich genau mit unserem Thema befasst, weil man gegen Ende der analogen Zeit bezüglich des ARD-Pflichtenheftes 3/5 die Daumenschrauben noch einmal ein wenig anzog. In diesem Aufsatz (Gerber, Wolfram und Horst Jakubowski, Störpegelverhalten analoger Tonstudiomischpulte - Gedanken zu einem neuen ARD-Pflichtenheft 3/5, in: Dickreiter, Michael (Hg.), Bericht 15. Tonmeistertagung Mainz 1988. München-London 1989, S. 116-124) taucht diese etwas modernisierte Grafik im entsprechenden wissenschaftlichen Umfeld nochmals auf. Am Sachverhalt hat sich naturgegeben nichts geändert.

Hans-Joachim

[Bild: webers.jpg]


https://tonbandforum.de/bildupload/Ideal...Anlage.pdf
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#17
Das ist ja, für das Alter, wirklich genial. Da kommt mein Gerät natürlich nicht mit. Aber ist natürlich eine andere Preisklasse.
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#18
Ich habe nun nochmal mit abgeschlossennem Eingang gemessen und der Abschlusswiederstand von 100R bringt zumindest im Bereich mit hoher Verstärkung 6 dB Rauschabstand. Dann ist mein Verstärker für den Preis ja doch ganz brauchbar.
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#19
Mal etwas o.T:

Gibts eigentlich noch ernstzunehmende Bausätze für Vorverstärker in Art von Josty-Kit oder Radio-Rim ?
Letztere deckten damals auch den professionellen Studiobereich ab.

Irgendwie finde ich keine Selbstbauerszene mehr im Web.


Bert
Bert
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#20
Naja, was willst du auch noch selbst bauen? Heute ist fast alles SMD Gelumpe. Das kannst du ohne Spezialwerkzeug oft garnicht bearbeiten. Dann hast du bleifreies Lot, das auch wieder gute Löthardware erfordert um es überhaupt gut verarbeiten zu können, da man das Zeug ja heisser machen muss. Und ausserdem, die günstigen Geräte sind schon so gut geworden das Selbstbau nicht mehr lohnt. Den Mikrofon VV den ich gekauft habe ist dieser Icon Neo Preamp. Der kostet gut 60 EU, hat richtige Phantomspeisung und ist vom Rauschen her wie oben beschrieben. Letztendlich gibt es natürlich deutlich bessere Geräte, aber da muss auch das drumrum stimmen und da liegt ja oft der Hase im Pfeffer. Oft kann man teureres Drumrum als Amateur garnicht ausreizen.
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