Telefunken M12B
#1
Ich möchte heute auch mal ein Gerät vorstellen:

Die TELEFUNKEN M12B.

Die Maschine ist als transportable Studiomaschine zum Einsatz im Ü-Wagen und im Feld gedacht.
Es gab mehrere Versionen mit internationaler (M12A) oder deutscher (M12B) Schichtlage und diese dann jeweils mit 9,5/19 cm/s oder 19/38 cm/s. Zusätlich wurden alle Varianten noch mit oder ohne eingebautem Mischpult und Aussteuerungsmöglichkeiten angeboten.

Bei meinem Gerät handelt es sich um die 9,5/19 cm/s 2-Spur Stereo Ausführung mit deutscher Schichtlage und ohne Mischpult. Die Maschine bringt im Flightcase immerhin ca. 30kg auf die Wage. Der Paketbote hat ganz schön geschnauft.
Als ich sie bekam war die Maschine nicht funktionsfähig und der optische Zustand war miserabel. Dafür konnte ich sie für einen zweistelligen Eurobetrag bekommen, da habe ich also zugegriffen.

[Bild: GESAMT.jpg]

Die Alufrontplatte unten war verätzt und die Hammerschlaglackierung ist auch nicht mehr taufrisch. Mit Schleifpaste konnte ich die Verätzungen fast komplett aus dem Alu entfernen. Die obere Abdeckung müsste neu lackiert werden.
Die Abdeckhauben der Tonköpfe und des Zähklwerkes sind leider in schlechtem Zustand. Das Plastik ist leider sehr spröde und brüchig, dafür muss ich mir noch was einfallen lassen.

Von innen ist die Maschine dafür in tadellosem Zustand (...bis auf die Tatsache, dass sie nicht läuft...).

[Bild: BILD04.jpg]

Von hinten hat sie erhebliche Ähnlichkeit mit der A77. Nur sieht es hier etwas aufgeräumter aus. Vorallem da praktisch keine Kabelbäume sichtbar sind.
Der Kabelbaum schlängelt sich größtenteils unsichtbar durch den Blechrahmen. Was es alleine schon gekostet haben muss diesen Kabelstrang knüpfen zu lassen...

[Bild: SCHWUNGMASSE1.jpg]

Die massive Schwungmasse...

[Bild: SCHWUNGMASSE2.jpg]

Die Elektronik auf Steckkarten im Europaformat. Hier sieht man die Aufnahmeentzerrer und die Wiedergabe Verstärker. Sehr schön massiv sind die ganzen Trimmer. Schade, dass es sowas heute nicht mehr gibt.

[Bild: ELEKTRO1.jpg]

Als Beispiel eine der Wiedergabe Karten:

[Bild: WIEDERGB.jpg]

Man erkennt auf der Karte mehrere Elkos. Die sind neu, die originalen Roederstein sind alle rausgeflogen.

Anfangs hat die Maschine aus jeder Funktion auf Rücklauf geschaltet, diese Problem konnte ich durch Zufall beheben. Ein kleiner Magnet auf einer Wippe die vom Aufwickelteller betätigt wird löst einen Reedkontakt aus. Damit erkennt die Laufwerkslogik die Laufrichtung des Bandes. Und eben diese Wippe war verklemmt.
Das zweite Problem war, dass die Maschine bei Play keinen Ton von sich gab.
Nach einiger rumprobiererei stellte sich dann heraus, dass die Verstärker komplett stromlos waren. Nur konnte ich nirgends im Gerät etwas netzteilartiges finden. Nur den Netztrafo, den Gleichrichter und einen dicken Ladeelko. Aber keine Regelung oder ähnliches. Am Ladeelko war auch Spannung vorhanden.

Bis ich dann auf der Oscillatorplatine den Aufruck auf einem IC las: UA723.

[Bild: OSC_NETZ.jpg]

Hä? Was macht ein Präzisions Spannungsregler, 1,2-37V auf der Oszillatorkarte?
Und, hoppla, da ist ja eine Sicherung...und durch ist sie auch noch!
Ausgetauscht und eingeschaltet...nix. Sicherung stirbt aber auch nicht. Oha, der Kühlkörper auf der OSZ Karte wird heiß. Ausschalten!

Also mal anfangen zu messen... Dabei hat sich dann herausgestellt, dass alleine in der Netzteilschaltung vier Roedersteine und zwei Tantalperlen einen Schluss hatten. Na klasse.
Bei Stichproben auf den anderen Karten habe ich noch drei weitere defekte C's gefunden und mich entschlossen alle Elkos auszutauschen.

Danach lief die Maschine dann auf Anhieb einwandfrei.

Beeindruckend ist die Umspulgeschwindigkeit, laut Datenblatt 180s für 1000m Band, und die Bremsen. Die Maschine steht wesentlich schneller still nach Vor- oder Rücklauf als z.B. die A/B77. Erreicht wird das durch eine kombinierte elektrische und mechanische Bremse. Zum Anhalten werden die Motoren kurz auf gegenzug geschaltet und erst zum schlaufenfreien Anhalten werden die mechanischen Bremsen verwendet. Dabei ist allerdings die Belastung für das Band enorm. Mit Standard und Langspielband ergeben sich keine Probleme, allerdings sollte man nichts dünneres auflegen. Während ich die Maschine auf der Werkbank hatte habe ich zum Ausprobieren ein DP26 verwendet. Das Band hat sich beim Bremsen ganz schön gedehnt...
Die Laufwerkslogik, übrigens komplett in Standard CMOS und Relais Klappertechnik ausgeführt, steuert die Motoren auch derart, dass die Maschine bevor sie den Befehl "schneller Vor/Rücklauf" ausführt, dass Band spannt um dann nach einigen Sekundenbruchteilen mit dem eigentlichen Umwickeln zu beginnen. So zu sagen: "Auf die Plätze, fertig, los!"

Der Bandzug wird mechanisch über die beiden Fühlhebel geregelt. Der linke Fühlhebel ist gleichzeitig mit der Endabschaltung verbunden. Der rechte hingegen hat eine massive, schwere Umlenkrolle spendiert bekommen. Soll vermutlich auch zur Bandberuhigung dienen.

[Bild: LINKE_UWELLE.jpg]

[Bild: LWSTRG.jpg]

Hier ist die Laufwerksteuerung zu sehen. Wie gesagt, alles Standard CMOS und Relais, keine spezial LSI's oder so. Als einzige Platine auch nicht gesteckt.
Sie lässt sich aber am Kabelbaum so weit aus der Maschine nehmen, dass man vernünftig daran arbeiten kann. Was ein paar cm Kabel ausmachen...

Zur Bedienung gibt's nicht viel zu sagen. Vorlauf-Rücklauf-Aufnahme-Start-Stop, den Cue-Hebel und den Netzschalter/Geschwindigkeitswähler mehr Bedienelemente gibt es nicht. Die Ein/Ausgänge sind logischer Weise trafosymmetrisch und zur Vollaussteuerung ist ein Pegel von +6dB nötig.

Die Verarbeitung ist insgesamt sehr gut. Das einzige, dass mir nicht gefällt sind die ins Alublech gepressten Muttern an Verschraubungen. Diese Muttern lassen sich relativ leicht aus dem Blech ausdrücken. Reinbekommen tut man sie allerdings nicht mehr, so dass man an dieser Verschraubung zukünftig von hinten gegenhalten muss.
Das Laufwerk ruht in einem mächtigen Alu-Gussrahmen, die Mechanik darunter ist in einem stabilen Alu Blechrahmen versteckt und die Steckkarten sitzen in einem Kunststoffgehäuse gut geschützt.
Die großen Tasten sind gut zu bedienen, allerdings fallen die Tastenkappen leicht ab.

Meine Maschine hat vermutlich Glasferritköpfe, es ist zumindest kein erkennbarer Einschliff zu sehen.
Klanglich ist die Maschine super. D.h., dass was hinten rauskommt klingt praktisch exakt so, wie dass was vorne rein ging. Nebenbei auch meine erste Zweispurmaschine. Und ich frage mich langsam ernsthaft warum ich mich Jahrelang mit Vierspur abgequält habe...

Ein kleines Manko hat sie aber dann doch noch. Die Maschine ist nicht zu NAB Spulen kompatibel. Zumindest nicht mit den Revox Adaptern.
Die Spulenteller sind nämlich etwas kleiner im Durchmesser als die NAB Öffnung. Dadurch fallen die NAB Spulen einfach nach unten auf die Frontplatte. Ein Betrieb ist so natürlich nicht möglich. Ich brauche also noch irgend eine Art von Unterlegscheibe, damit die Spulen nicht durchrutschen können.

Ausgesteuert wird über mein Mischpult. Das Konzept, dass an der Maschine selbst keinerlei Regler und Anzeigen sind gefällt mir sehr gut. Im Zusammenspiel mit einem geeigneten Pult und PPM lässt sich so hervorragend arbeiten.

[Bild: MISCHP.jpg]

Selbstbau Mischpult in Kassettentechnik. Projekt zieht sich seit zwei Jahren...

Insgesamt ein sehr schönes und schlichtes Gerät. Wenn man ihm eine hübsche Holztruhe als Gehäuse spendiert (werde ich demnächst noch tun, Birke Multiplex, dunkelgrün gebeizt und lackiert) ist es auch Wohnzimmertauglich.

Schönen Abend noch,
David
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#2
Hallo,

...schöne Vorstellung. In der Solidität der Konstruktion und
der verwendeten Teile (z.B. Trimmer) zeigt sich eben, dass die TFK ein
Profi-Gerät war. Entsprechend langlebig und ausdauernd ist so etwas
dann ja auch eingesetzt worden. Die heutige, aktuelle Studiotechnik
wird wohl kaum in 25 Jahren noch ihren Dienst tun - die Halbwertzeit
solcher Geräte ist heutzutage eben kürzer.

Gruss

Peter


edit: Schreibfehler...
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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#3
Hallo David,

eine sehr informative Vorstellung.
Mit meinen M15A und M10A habe ich ähnliche Erfahrungen gesammelt.
Bei einer M15A und der M10A waren jeweils eine eingepreßte Gegenmutter verloren und ich mußte auch von hinten gegen schrauben.
Deine Erfahrung mit 1/4 Spur und 1/2 Spur kann ich nur teilen, frage mich auch warum 1/4 Spur. Ich hatte in den 80er Jahren eine Philips N7150.

Bei den M15 und M10 Maschinen passen Philips NAB Adapter oder Adapter von Hilpert Tonstudiotechnik.
Die Philips Adapter habe ich bei mir festgeschraubt, weil die Alu Spulen sonst aufgrund der hohen Belastung durch die Wickelmotoren zu Vibrieren anfangen.

Ich nehme bisher die Aussteuerung mit meinem Nakamichi Highcom II vor, was natürlich auch dem Bandrauschen zu gute kommt.
Die Einmessdaten kann ich Dir bei Bedarf geben.

Viel Spaß mit Deiner Maschine.

Gruß

Christian
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#4
Ja, stimmt schon. Man sieht auf jeden Fall wofür diese Maschinen gebaut wurden.
Nach der Bestempelung diverser Bauteile zu urteilen, wurde mein Gerät nach 1981 gebaut. Ist jemandem bekannt wie lange die M12 gebaut wurden?

Ich musste eine der Gegenmuttern an der Abdeckung der Elektronik ersetzen, weil ich sie selbst aus dem Blech gepresst und dann verloren habe...
Da man an diese Stelle von keiner Seite mehr rankommt, musste ich sogar ein 5mm Loch ins Alublech bohren um mit einem Schraubendreher die M3 Mutter zu kontern. Die hätten lieber Gewinde ins Blech schneiden sollen.

Ach ja, passende Unterlegscheiben habe ich jetzt gefunden. Zumindest als Notbehelf tut's das so. Eigentlich möchte ich ja gerne mal noch Teller haben - wenn ich schon Rundfunkband verwende.
Gestern wollte ich anfangen mir aus einem Jewelcase zwei Unterlegscheiben zurecht zu schneiden. Zwei runde Kunststoffscheiben mit einem Loch in der Mitte müssten ja ausreichen. Dann sah ich plötzlich auf dem Schreibtisch vor mir haufenweise runde Kunststoffscheiben mit einem Loch in der Mitte rumliegen... Natürlich: CD's.

Warum eigentlich 1/4 Spur? Gute Frage... weil soweit ich mich erinnern kann alle Tonbandgeräte die ich hatte 4 Spurer waren. Die meisten waren Grundig oder Philips Koffergeräte. Oder Japaner a la Akai oder Sony.

Und Spaß macht mit die TFK, sehr sogar.

David

David
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#5
Hello to all,

I received an M12 with good running transport, but no sound comes from outputs.

Maybe can you help with a suggestion where to start from about checking for defective parts?

Thank you in advance;
Greetings,
Ed
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