Tonbänder schneller digitalisieren als Normalgeschwindigkeit
#1
Hallo in die Runde,
beim Lesen des Threads

http://forum2.magnetofon.de/f2/showtopic...eadid=9036

über das Zeitproblem beim Digitalisieren von Tonbänder, aufgenommen in langsamer Geschwindigkeit, kam mir diese Idee: Es muss doch möglich sein, ein langsames Band mit höherer Geschwindigkeit zu digitalisieren und dann den PC die Datei bezüglich der Geschwindigkeit neu "rechnen" zu lassen. Das müßte doch gehen. Hat jemand das schon mal gemacht, wie waren die Ergebnisse und mit welcher Software ?
VG
Michael

@Admin: Habe es nicht gleich geschnallt. Möglicherweise wäre der Thread im Bereich "Digitale Audiotechnik" besser untergebracht. Bitte ggf. verschieben. Sorry!
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#2
Hallo Michael,

dafür muß man ein Tonbandgerät leicht modifizieren, damit die Entzerrung trotz falsch eingestellter Laufgeschwindigkeit stimmt. Ansonsten gibt es Verluste bei den höheren Frequenzen.

Empfehlen würde ich diese Vorgehensweise höchstens bei Aufnahmen, wo es nicht auf die bestmögliche Tonqualität ankommt. Normalerweise versucht man jedoch beim Digitalisierungsvorgang stets, das Optimum zu erreichen. Gerade wenn die Bandaufnahmen in langsamer Geschwindigkeit vorliegen, sollte man Sorgfalt walten lassen.

Außerdem kann es vorkommen, daß auf einem Tonband verschiedene Aufnahmen in unterschiedlicher Geschwindigkeit vorliegen. Auch die Spurenlage mag nachzustellen sein.

Neeh, mein Standpunkt bleibt nach wie vor: Jedes einzelne Tonband muß für sich speziell betrachtet werden und nur dann läßt sich die bestmögliche Qualität erreichen. So schnell holter-di-polter mal drüberscannen ist nicht das Gelbe vom Ei. Wenn schon, dann gleich richtig 100-prozentig. Kostet natürlich Zeit, aber die Zeit muß man sich eben nehmen. Mache ich auch so und ich habe weiß Gott hunderte von Tonbandaufnahmen in den letzten Jahren digitalisiert. Big Grin

Gruß,
Manuel
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#3
Eine ähnliche Diskussion gab's schon mal über Vinylplatten: http://forum2.magnetofon.de/f2/showtopic...eadid=8270
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#4
An diesen Thread habe ich auch denken müssen.
Da sieht man zumindest, was man softwaremäßig dazu benötigt, also eigentlich eine ganz simple Angelegenheit.

Bei Schallplatten ist das alles viel leichter, da kann man das schon mal machen, ohne daß man hörbare Qualitätseinbußen hat.

Aber bei Tonbändern würde ich, wie gesagt, etwas penibler vorgehen, denn es sind keine industriebespielten Tonträger, sondern von ganz normalen Privatleuten wie du und ich erstellte Aufnahmen und da weiß man nie so genau, was drauf ist. Okay, wenn´s von einer Quelle ist, wo alle Bänder mit dem gleichen Gerät bespielt wurden, wird´s vielleicht etwas leichter, aber trotzdem...

Letztendlich muß das jeder selber für sich entscheiden, ob´s ihm taugt oder nicht. ;-)

Sagen wir mal so: Wenn die original Bänder nicht drohen, Selbstmord zu begehen und die Digitalisierung nur dem Zweck dienen soll, für´s Auto unterwegs die Musik mitnehmen zu können, ist die Qualität nicht gar so wichtig. Man kann ja jederzeit erneut Kopien anfertigen, die ggf. besser sind, das original Tonband bleibt einem ewig erhalten. Wer weiß, was in 10, 20 oder 30 Jahren für neue Möglichkeiten der Digitalisierung bestehen. Noch verlustfreiere Speicherformate als MP3, andere Möglichkeiten der Nachbearbeitung, Rauschentfernung, Frequenzganganpassung und dergleichen mehr.

Es kommt nicht von ungefähr, daß die Rundfunkanstalten ihre alten original Bänder nicht vernichten, sondern auch nach erfolgter Digitalisierung weiterhin aufbewahren. Die wissen schon, warum. Big Grin

Gruß,
Manuel
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#5
Hallo Michael

Hab ich schon mal spaßhalber vor Jahren getestet. Funktioniert nicht.

Es treten drei Probleme auf:

1. Nehmen wir z.B. ein Band, mit 9,5 cm bespielt. Die höchste dabei aufgezeichnete Frequenz beträgt dabei ca. 15.000 Hz. Mit 19,05 cm/sec abgespielt, müßte die Bandmaschine in der Lage sein, ca 30.000 Hz einigermassen linear wiederzugeben. Bei 38 cm/sec wären es schon 60.000 Hz. Das schafft keine. (Ausser vielleicht speziell dafür ausgelegte Maschinen in High Speed Duplikationsstraßen)

2. Wird am PC mit einer CD-konformen Samplingfrequenz von 44,1 kHz aufgenommen, beträgt die höchstmögliche aufzuzeichnende Frequenz nach dem Shannon Theorem maximal die Hälfte der Samplingfrequenz, also 22,05 kHz. Nach dem herunterrechenen auf normale Tonhöhe (50% bei einer Kopiergeschwindigkeit von 19,05 cm/sec) blieben also nur 11,025 kHz als höchste, maximal vorhandene Frequenz übrig. Das wäre gerade mal bessere Mittelwellenqualität)
(Dies gilt NICHT, wenn die Soundkarte in der Lage ist, mit 88,2 oder 96 oder 192 khZ Samplingfrequenz aufzuzeichnen zu können).

3. Und schließlich wird auch das bei 19,05 cm/sec als hochfrequentes Rauschen hörbare Bandrauschen, beim anschließenden herunterrechnen auf korrekte Tonhöhe, weit in den hörbaren Bereich verschoben, und außert sich dann als unangenehmes Rauschen im oberen Mitteltonbereich.

Letztlich ist das Ergebnis unter dem Strich dann nahezu unbrauchbar. Und wenn man die Zeit für das herunterrechnen auch noch mit in die Rechnung mit ein bezieht, ist auch kein Zeitvorteil gegenüber einer Überspielung mit korrekter Geschwindigkeit mehr übrig.
MfG

Wolfgang
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#6
Umgedreht ist es bestimmt genauso bescheiden, also eine 19,05 cm/s Aufnahme mit 9,525 cm/s zu überspielen und dann am PC auf Normalgeschwindigkeit hoch zu rechnen um die Überspielqualität zu erhöhen, oder?



Grüße
Thilo
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Grundig TK3200HIFI, Philips N4418, Akai GX-625 + GX-77
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#7
Hallo Thilo,

das Problem mit der Sampling-Frequenz und der maximalen Frequenz, die das Tonbandgerät wiedergeben kann, gibt es bei deinem Fall nicht mehr. Trotzdem bleibt das Problem der Entzerrung. Damit es nach dem Hochrechnen auch richtig klingt, müsste das Tonbandgerät bei 9,5 cm/s die gleiche Entzerrung benutzen wie bei 19,05 cm/s. Ansonsten wirds zu höhenlastig.

Liebe Grüße,
Mario
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#8
Moin,

Zitat:luemmel postete
Umgedreht ist es bestimmt genauso bescheiden, also eine 19,05 cm/s Aufnahme mit 9,525 cm/s zu überspielen und dann am PC auf Normalgeschwindigkeit hoch zu rechnen um die Überspielqualität zu erhöhen, oder?
Ja, denn sowohl Bandgerät, als auch Soundkarte haben auch eine untere Grenzfrequenz, d.h. bei dieser Methode gehen dann die Bässe flöten.

Zitat:Openreel postete
(Dies gilt NICHT, wenn die Soundkarte in der Lage ist, mit 88,2 oder 96 oder 192 khZ Samplingfrequenz aufzuzeichnen zu können).
Halt Stop. Auch Soundkarten, die mit höheren Samplingraten arbeiten können haben normalerweise eine obere Grenzfrequenz um 20kHz. Das geht also trotzdem nicht.
Karten, die mehr können mag es geben, aber sicher nicht im Konsumerbereich.

Es bleibt also nur die Echtzeitüberspielung, das sollten uns die Aufnahmen doch wert sein, oder?

Übrigens würde ich sowas auch bei Platten lassen, auch wenn es Tonabnehmer gibt, die das theorethisch können sollen.
Wenn man mal die Frequenzgänge von Tonabnehmern aufnimmt, sieht man, dass das mit der Höhenabtastung nicht so einfach ist. In den oberen Höhen (>15kHz) haben selbst baugleiche Nadeln am selben System unterschiedliche Frequenzgänge.

Grüße,
dieter
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#9
Hallo zusammen,

es kommt erstens auf die eigenen Qualitätsansprüche an und zweitens auf die Qualität der Bandaufnahmen.

Ich schließe nicht aus, daß so manche 4,75-cm/sek-Aufnahme, bei 9,53 cm/sek abgespielt und digitalisiert, beim Herunterrechnen auf "minus 50 Prozent" Geschwindigkeit noch brauchbar klingt, möglicherweise mit nur minimalem Höhenverlust.

Sollte es eine Mittelwellen-Aufnahme sein, wäre dies wahrscheinlich sogar völlig ohne Qualitätseinbußen vorstellbar.

Ein sehr wichtiger Punkt ist auch die Länge der Aufnahme, wie Wolfgang schon schrieb: Gerade bei 4,75 cm/sek kann die Länge über mehrere Stunden dauern. Der Zeitvorteil existiert praktisch nicht, wenn die Rechnergeschwindigkeit zu niedrig sein sollte. Hinzu kommen Nachbearbeitung, Störgeräusche entfernen, Klang verbessern, abspeichern muß man es auch noch, das kostet wieder etwas Zeit.

Insofern gibt es eigentlich weder einen wirtschaftlichen, noch einen anderen Grund, warum man das machen sollte. Wie Dieter schon schrieb: Es bleibt eigentlich genau genommen nur die Echtzeitüberspielung, da hilft alles nichts.

Gruß,
Manuel
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#10
Zitat:dieter postete
Es bleibt also nur die Echtzeitüberspielung, das sollten uns die Aufnahmen doch wert sein, oder?
dieter
Genau. Man kann sich während der Überspielung an der schönen Musik erfreuen,
und das ist ja auch was wert. Und nur so bekommt man mit Standardgeräten eine gute Tonqualität und einen geraden Frequenzgang hin.
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#11
Was wollt ihr da gross umrechnen und warum soll das lange dauern?
Das Ganze funktioniert nur wenn mit einer deutlich höheren Abtastrate gearbeitet wird.
Aufnahmen auf 4,75cm/s werden kaum über 10 kHz hinausgehen. Also Aufnahme mit 48kHz machen und dann lediglich den Header umarbeiten lassen damit das ganze bei 24kHz abspielen. Da rechnet kein Rechner lange.
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#12
Ja, wenn das nur immer so einfach ginge. Big Grin In der Praxis sieht es manchmal anders aus.

Hier mal ein lesenswertes Dossier über das Digitalisieren von Tonbändern:
http://www.staff.uni-marburg.de/~naeser/ton-digital.htm
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#13
Hallo zusammen,

Wolfgang hat die technisch absolut richtige Erklärung gegeben.

Ich digitalisiere selbst regelmäßig Tonträger und habe auch die SCHNELLE Kopie ausprobiert. Mein Standardprogramm ist von Magix, die Software kann stufenlos und auch in genau definierten Stufen das Tempo ändern.

So ist es also theoretisch möglich, eine 78er Schellackplatte mit 45 Umdrehungen abzuspielen, dieses der Software mitzuteilen - und schon wird automatisch umgerechnet.

Auch die Bandgeschwindigkeit ist so einfach zu verdoppeln oder zu halbieren, die Software gleicht Tempo und Tonhöhe automatisch an.

Allerdings ist das Ergebnis deutlich schlechter als die ORIGINAL Überspielung !!
Ohne weitere technische Erklärungen - es ist so - ich habe es selbst probiert.

Eigentlich ist diese Softwarefunktion nur für geringe Tempo-Änderungen gedacht, wenn also ein Band z.B. mit schwachen Batterien aufgenommen wurde und jetzt etwas zu schnell läuft. Gerade bei der Digitalisierung von Diktiergeräte-Cassetten benutze ich diese Funktion häufig. Die Bandgeschwindigkeit der Oldies weicht oft bis zu 20 % vom richtigen Tempo ab.

Die EXTREM-Schaltung benutze ich gelegentlich, wenn ich 76er Studiobänder überspielen muss. Da ich nur einer 38er Maschine habe, muss hier die Software helfen.

Beste Grüße
Reiner
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#14
Noch eine Erfahrung zu diesem Thema, leicht außermittig (= OT): die kleinen, preiswerten Netbooks, d.h., die Klasse der 400-Euro-Dreipfünder, eignen sich zusammen mit einer kleinen externen USB-Soundcard hervorragend zum Digitalisieren. Dass kein Plattenlaufwerk vorhanden ist, lässt sich verschmerzen: USB-Stick oder eine externe Festplatte - letztere sowieso mein Mittel der Wahl zur Speicherung - sind eine zeit- und kostengünstige Lösung. Da bleibt der Hauptrechner frei, und die Frage nach dem Highspeed-Kopieren erledigt sich. - Ein weiterer Vorteil des 1:1-Kopierens (um die hier aufgestellte hervorragende Auflistung abzurunden): man kann schnell mal "reinhören"!

F.E.
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
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#15
´
Um die eingangs gestellte Frage nach geeigneter Software zu beantworten: Audacity kann das.

Im Menü unter Effekte "Geschwindigkeit ändern" wählen. Dann kann man sowohl prozentuale Änderungen z. B. für Bänder mit falscher Geschwindigkeit als auch Standardänderungen für Schallplatten wie von 45 auf 78 upm vornehmen lassen.

Ich habe einmal einige bereits mit 196 kHz digitalisierte Bandaufnahmen "hochgerechnet". Der freundliche Mensch , der mir die Aufnahmen überspielte, hat vermutlich irrtümlich ein Band 38,1 cm/s mit 19,05 cm/s digitalisiert. Die von Audacity errechneten Ergebnisse sind durchaus brauchbar.

http://www.darklab-magnetics.de/docs/Tes...oppelt.mp3

Die Datei ist verstümmelt, also vorne etwas weggeschnitten, in der Mitte und am Ende ebenfalls.

Platten habe ich noch nicht transformiert, daher kann ich dazu keine Aussage machen.

Grundsätzlich bin ich aber auch der Meinung, dass Kopien von analog zu digital in Echtzeit gemacht werden sollten. Die Software ist sehr brauchbar, wenn man geringe Abweichungen korrigieren muß, also das was beim Plattenspieler "Pitch" ist, aber als Zeitsparmaschine sind derartige Programme nicht gedacht.
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#16
Hallo zusammen
ich habe bisher nur Schallplatten (78er mit 33 U/min) mit dem Programm "WAVEPURITY" langsamer in den Rechner eingespielt und kann daher nur meine bisherigen Erfahrungen von dieser Variante weitergeben. Es funktioniert gut: die "zu langsamere Musik" (=33/78 vom Soll) wird auf Solltempo gebracht und die Entzerrung angepasst.
Sofern Tonband-Geräte die Tonträger in Echtzeit abspielen können, sollte man bei der normalen/echten Geschwindigkeit bleiben und nur für Notlösungen mit abweichenden (höheren/langsameren) Geschwindigkeiten arbeiten. Da die höchste wiederzugebende Frequenz durch die Technik der Bandmaschine begrenzt wird (um 20 kHz), kann eine Aufnahme mit 24 bit und 96 kHz-Takt (statt 44,10 kHz) etwas mehr bringen. Am besten man probiere das mal aus.
Falls Interesse an "Geschwindigkeitsanpassungen von Tonbandgeräten mit Software" besteht, kann ich mal anregen, dass diese Tonband-Variante auch beim nächsten update von "WAVEPURITY" untergebracht wird und ggf auch mit Korrekturkurven für unterschiedliche Tonband-Entzerrungen.
Gruss
Diego
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