GRUnDIG TK42 oder der Phönix aus der Tonbandasche!
#1
Liebe Altgerätesammler und Nutzer,

heute möchte ich Euch ein seit langer Zeit im Bestand befindliches Tonbandgerät, eines ehemals größten Tonbandgeräteherstellers präsentieren.

Die GRUnDIG TK 42!

Auf ihrer Schwungmasse prangt das historische Datum 3. Nov. 1961 und kennzeichnet die Maschine damit, aus jener Fertigungszeit zu stammen.

Typisch aus jener Grundig-Zeit, die außerordentlich robuste, solide und technisch aufwendige Bauart. Hier wurde von Anfang an auf effektive technische Leistungsoptimierung geachtet um vorhandenes Sparpotential zu nutzen und Technik mit maximalen Wirtschaft-Leistungs-Wirkungsgrad zu entwickeln.
Nicht ohne Grund fand dieses Laufwerk in zahlreichen weiteren Modellen bis in die TK/M/S 3xx Serie Einzug.
Es lassen sich also aus zahlreichen Nachfolge-Modellen für die TK42 reichlich Ersatzteile gewinnen. ;-)

Die technischen Leistungsmerkmale sind aus dieser Zeit schon beachtlich:

# Es sind drei Tonköpfe verbaut,
wobei der Löschkopf in meiner TK42 noch ein Single-Spalt Löschkopf ist.
Dieser wurde bei den Nachfolgemodellen durch einen Doppelspaltlöschkopf ersetzt.

# Hinterbandkontrolle (bei Mono-Aufzeichnung)

# Aufnahme von Monoquellen in 1/4Spur Mono

# Wiedergabe bespielter Stereobänder über externen Stereoverstärker in Stereo

# Drei Geschwindigkeiten:
(4,75 - 9,5 - 19) cm/sek

# Bei 19cm/s soll eine Frequenzbandbreite von 40Hz bis 18kHz nach DIN45511

# maximaler Spulendurchmesser: 18cm (Transportdeckel schließbar bis zur Spulengröße 15cm)

# Röhren: 2x EF 86, 2x EL 95, 2x ECC 81, 1x EM 87

# integrierte Mono-Endstufe (EL95) : 2,5 W

# integrierter ausschwenkbarer Bandreiniger

# zusätzlich Plattenspielereingang u.v.m.

# Gewicht: etwa 13 kg

Die hier abgebildete Maschine entstammt dem Beginn der Fertigungszeit TK42 welche wahrscheinlich bis etwa 1965 (In Werbebroschüre 1965 zusammen mit TK40,41 und 46,46 gelistet) gefertigt wurde. Die neueren TK42 Modelle hatten analog den Nachfolgegeräten TK46/47 einen beige Laufwerksfrontabdeckung. Dieses frühe Modell ist in leicht dunklen Grau ausgeführt und es fehlt der erst später eingeführte zusätzliche Bandführungsbolzen links außen.
Die Seriennummer läßt sich im Inneren erkennen und stellt sich an meiner TK42 wie folgt dar:

[Bild: TK42-Seriennummer_2229.jpg]
TK42-Seriennummer_2229

Als ich die TK42 aus dem großen Internet-Auktionshaus übernahm, war diese tatsächlich in einem deutlich anderen Zustand als von Anbieter angekündigt. Doch das ist inzwischen ein übliches Spiel.
Nach dem Öffnen des Gerätes bot sich ein trauriges Erscheinungsbild. Zum einen hatte sich schon jemand vor mir am Gerät versucht. Weiterhin leidet die TK 42 leider wie viele Grundigs aus jener Fertigungszeit, an vom Zinkfrass betroffenen Innereien. Es fehlte teilweise die Mechanik des Einschaltstellrades und außerdem war die Lagerung der Zwischenräder zinkfrasbedingt gebrochen.

Die Tonköpfe zeigen geringen Verschleiß, so dass meine TK42 bis heute nicht viele Betriebsstunden absolviert hatte.

Erstaunliches offenbart sich beim Blick ins Innere der Elektronik.
Typisch für Grundig aus dieser Zeit sind die guten und langzeitstabile Schaltkontakte, die selbst nach dieser langen Zeit noch geradezu wie am ersten Tag strahlen. Weiterhin braucht die Elektronik eines Grundig Röhrenkoffers kaum Erneuerung, trotz der inzwischen antiquierten Bauteile, wie den Roederstein (ERO) - Kondensatoren. Meist sollte alles einwandfrei funktionieren, lediglich die komplexe Mechanik benötigt hier und da etwas Aufmerksamkeit.

Doch wo Glanz ist gibt es auch Schatten. Anfällig für Korrosion sind hier zum einen die Halterungen der Netzteilsicherungen und zum anderen leider das durch Zinkfrass betroffene Einschalt-Zahnrad und Teile der Zwischenradmechanik. Doch es gibt zahlreiche Ersatzteilspender aus späterer Fertigung, so das man hier nicht verzweifeln muss.
Als Belohnung erhält man ein für auf Röhrentechnik basiertes Tonbandgerät mit sehr kompakten Ausmaßen, bei herausragender baulicher Qualität, robust und mit angenehmen Klangbild.

Hier nun meine TK42 fast zum anfassen in Bildern:

[Bild: TK42_Typenschild_Kofferdeckel_2247.jpg]
TK42_Typenschild_Kofferdeckel_2247

[Bild: TK42_2239.jpg]
TK42_2239


[Bild: TK42_Koffer_offen_2240.jpg]
TK42_Koffer_offen_2240


Das folgende Bild zeigt den Bereich des Einschaltstellrades im Innern.

[Bild: TK42-Einschaltstellrad_defekt_2214n.jpg]
TK42-Einschaltstellrad_defekt_2214n

Mann erkennt deutlich dass hier schon jemand tatkräftig hantiert hat und nicht viel übrig gelassen hat. Es fehlt das an Zinkfrass leidende Zahn-Kurvenrad (1) und die kleine Zylinderrolle (2) am elektrischen Schaltkontakt hinten völlig.
Eine Bedienung der TK42 ist so absolut unmöglich, lediglich die Schaltwelle mit ihrer Kurvenscheibe zur Einstellung der Entzerrung ist noch vorhanden.
Noch eine kleine Bemerkung zur Entzerrerkurvenscheibe (3), welche innovativ bereits aus Kunststoffgefertigt wurde. Mann kann im Grunde generell davon ausgehen, dass alle Grundig Tonbandgeräte die diese Technik verwenden an dieser Stelle defekt sind. Meist hat man Glück und es besteht nur eine kleiner Riss im Bereich der Pressung auf die Achse durch die Madenschraube und der vorhandene Sicherungslack bietet ausreichend Sicherheit um weiterhin in diesen noch betriebssicheren Zustand zu verharren. Also hier auf keinen Fall mehr schrauben, es wäre hoffnungslos!


Im Bereich der Zwischenräder bot sich folgender traurige Anblick:

[Bild: TK42_Zwischenrad_2205.jpg]
TK42_Zwischenrad_2205

Das fehlende Element an der sich darstellenden Bruchstelle sieht wie im folgenden Bild aus!

[Bild: TK42_Zwischenrad-Bolzen_2207.jpg]
TK42_Zwischenrad-Bolzen_2207

Das gesamte Material ist absolut bröselig, so das ein Kleben nicht weiterhelfen würde, es musste also handfester Ersatz her.
Fündig wird man z.B. in einer TK320!
Hier ist diese Element aus soliden Ganz-Metall gefertigt.
Und sieht dann so aus:

[Bild: TK42_Zwischenrad-Bolzen_2206.jpg]
TK42_Zwischenrad-Bolzen_2206

Eingebaut passt es wie angegossen, sehr hierzu die folgenden zwei Bilder:

[Bild: TK42-Zwischenraeder_repariert_2215.jpg]
TK42-Zwischenraeder_repariert_2215

Immer wieder beeindruckend, so wie ich meine, die enorm dicke Tonwelle, ähnlich einer ReVox A/B77HS

[Bild: TK42-Tonkopftraegerbereich_2228.jpg]
TK42-Tonkopftraegerbereich_2228

verbunden mit einer sehr großzügigen Schwungmasse, welche ein Indiz zum Fertigungszeitraum bietet.


[Bild: TK42-Tonwelle_2216.jpg]
TK42-Tonwelle_2216

Auch die Tonköpfe sind noch sehr gut erhalten und solide in einem Blechkleid gebettet.
Hier der Aufsprechtonkopf

[Bild: TK42-Aufsprechtonkopf_2226.jpg]
TK42-Aufsprechtonkopf_2226

gefolgt Wiedergabetonkopf.

[Bild: TK42_Wiedergabetonkopf_2227.jpg]
TK42_Wiedergabetonkopf_2227


Nach dem diese beiden schmerzlichen Defekte durch solide Spendermaschinen beseitigt wurden sieht die TK42 wieder ganz passabel im Bereich der Mechanik aus. Es galt dann noch hier und da etwas zu justieren, damit das Spulen und die wählbaren Bandgeschwindigkeiten sicher angewählt werden. Aber alles nur noch Kleinigkeiten welche in wenigen Minuten erledigt waren.

[Bild: TK42-Mechanik_gesamt_2224n.jpg]
TK42-Mechanik_gesamt_2224n

Ab hier war die mechanische Seite nahezu abgeschlossen, dazu später mehr. Also Deckel drauf und auf zum elektrischen Bestandteil der TK42.

Hier zeigt sich anders als bei den späteren einfachen volltransistorisierten Modellen Grundigs, ein üppiger Bestand an Elektronik im gesamten unteren Bereich der TK42.

[Bild: TK42_Elektronik-Gesamt_2208.jpg]
TK42_Elektronik-Gesamt_2208

Allein hier sind satte 7 Röhren verbaut worden.

[Bild: TK42_Roehrenbestueckung_2231.jpg]
TK42_Röhrenbestueckung_2231

Selbst nach all den Jahrzehnten kann es dennoch so sauber aussehen:

[Bild: TK42-ERO-Kondensator_2234.jpg]
TK42-ERO-Kondensator_2234

Auch die betagten Roederstein Kondensatoren, man will es kaum glauben, erfüllen ohne abzurauchen ihre Bestimmung einwandfrei und sicher.

Sogar die ungekapselten Trimmer, sind derart solide in ihrem Material, so dass kaum Oxydation erkennbar ist und deren Funktion voll gegeben ist.


[Bild: TK42-Trimmer_2210.jpg]
TK42-Trimmer_2210

Natürlich glänzt in gleicher Vitalität die große Schaltkontaktleiste der TK42 auf der Entzerrerplatine.


[Bild: TK42_Entzerrerschalter_2209.jpg]
TK42_Entzerrerschalter_2209

Hier braucht also nicht geputzt werden, alles Einwandfrei bzw. ohne Mangel.

Anders sieht es leider im Bereich der Energieversorgung aus, hier blüht der Grünspan fleißig.


[Bild: TK42-Netzsicherung_2211.jpg]
TK42-Netzsicherung_2211

Hier muss tatkräftig eingeschritten werden, damit die solide TK42 nach Jahren das erste mal wieder bestromt werden darf.

Auch bietet sich in Anbetracht der betagten Kondensatoren, diese bezüglich der Spannungsfestigkeit entgegen zu kommen und die Einstellung von 220VAC auf 240VAC zu ändern.

[Bild: TK42-Netzspannungseinstellung_2235.jpg]
TK42-Netzspannungseinstellung_2235

Wenn wieder alles glänzt, darf auch die nicht mehr VDE-Konforme Netzzuleitung wieder ihren Weg nach Schukodose antreten.

[Bild: TK42-Netzsicherungshalter_gereinigt_2232.jpg]
TK42-Netzsicherungshalter_gereinigt_2232


Jetzt ist alles zusammengeschraubt und wird mit diesem Anblick belohnt.

[Bild: TK42-Front_offen_2238.jpg]
TK42-Front_offen_2238

Nach dem ersten Betriebstest, zeigte sich an dünnen Bändern die Neigung, diese im Bereich der Andruckrolle/Tonwelle zu verwursten. Hintergrund ist leider die Alterung des Gummis aus welchen die Andruckrolle besteht. Die Andruckrolle ist nach all den Jahrzehnten derart verhärtet, so dass kaum noch Reibung zwischen Andruckrolle - Tonband- Tonwelle vorhanden ist. Hinzu kommt dann ein ungleichmäßiger Andruck welches das Band auf der Lauffläche abdriften und knittern lässt. Ersatz fand ich wieder in der TK320 welche noch über eine Andruckrolle in akzeptabler Qualität verfügte.

[Bild: TK42_Koffer_geschlossen_2246.jpg]
TK42_Koffer_geschlossen_2246

[Bild: TK42_hinten_2248.jpg]
TK42_hinten_2248

[Bild: TK42_Anschlussfeld_hinten_2249.jpg]
TK42_Anschlussfeld_hinten_2249

[Bild: TK42_Koffer_offen_2240.jpg]
TK42_Koffer_offen_2240

[Bild: TK42-Schalter_Bandreinigung_links_2243.jpg]
TK42-Schalter_Bandreinigung_links_2243

[Bild: TK42-Schalter_links_2242.jpg]
TK42-Schalter_links_2242

[Bild: TK42_Schalter_rechts_2244.jpg]
TK42_Schalter_rechts_2244


Zum Abschluss meiner Vorstellung folgt noch eine kleine Darstellung des für diese Gattung an Tonbandgerät doch sehr erstaunlich guten Übertragungsbereiches.

[Bild: TK42_Frequenzgang_links_19cmps.jpg]
TK42_Frequenzgang_links_19cmps

Wenn ihr noch Fragen habt, so zögert nicht und postet ergänzend fleißig.

Gruß

Thomas
Mein Motto "Zitat" »Opa Deldok«: »Früher war alles schlechter. !!!!

Noa and Mira Awad
NOA Keren Or  

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#2
Ein sehr schöner Beitrag von Dir über ein Gerät, welches ich auch mal besessen, dann aber (des Zinkfraßes wegen) ganz schnöde mit dem Müll entsorgt habe.
Fällt aber noch unter "Jugendsünden".

Mir ist es übrigens schon gelungen, marode Kunststoffteile (wie Bedienknöpfe oder auch einfache Zahnräder) mit einem Spezialharz nachzugießen.
Macht aber eine Menge Arbeit, kostet, und ist nur zu empfehlen, wenn man nun gar nichts mehr an Ersatz bekommt.


Gruß Bert
Bert
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#3
Thomas,

eine schöne Vorstellung, schöne Bilder, gute beschreibung.
Bei den alten Grundig Geraeten "schockiert" mich immer wieder das Wirrwarr der vielen Kabel. Um so eine Verkabelung in Grossserie zu fertigen hat es sicher viel Organisationstalent gebraucht.
Wenn man auch noch bedenkt, dass Grundig ja eigentlich Geraete für das Volk, also billiges, gebaut hat und dann immer wieder sieht wie gut sich diese durch die Geschichte schlagen, muss man m. E. den Grundig Leuten von damals grosses Lob aussprechen.
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#4
Hallo Thomas,

es gab vom blauen TK 42 (und auch von der Vorgängerversion, Seriennummer unter 10.000) Geräte, wo statt den orangenen Erofol-Cs noch die dunkelbraunen, weiß beschrifteten WIMA-Malzbonbons verbaut wurden. Die muß man leider auswechseln. Aber meistens sind die Geräte so bestückt, wie bei Dir, alles mit langlebigen (ich sage immer "unkaputtbaren") Bauteilen.

Noch eine Frage zum Zinkfraß:
Waren die Taumelplatten der Tonköpfe nicht auch davon betroffen? Wenn nicht, hast Du sehr viel Glück gehabt. Denn die waren bei mir bislang ausnahmslos bei jedem blauen TK 42 brüchig, selbst bei Geräten, wo alles andere nicht zinkfraßig gewesen ist - die Taumelplatten waren es immer!

Die Schaumstoffpolster im Inneren des Deckels sind wohl auch von einem anderen Grundig-Gerät ausgeborgt? Big Grin Die Originale von 1961/62 dürften mittlerweile zu Bröseln zerfallen sein. Auch der Schaumstoff an der Öffnung des Netzkabelfaches dürfte sein Verfalldatum überschritten haben.

Ein sehr schönes und gut erhaltenes Gerät, der Aufwand mit der Restauration lohnt sich in solchen Fällen. Vielen Dank für die reich bebilderte Gerätevorstellung. :welldone:

Gruß,
Manuel
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#5
Guten Abend Thomas,

auch von mir vielen Dank und alle Hochachtung für die interessante Vorstellung mit den schönen Bildern und den zusätzlichen Erklärungen.

Ich wünsche Dir und allen anderen Forumsmitgliedern ein gutes Neues Jahr 2009 und noch viele angenehme Stunden mit unserem Hobby und in diesem Forum, daß sich meiner Meinung nach vor allem durch den Sachverstand von vielen Interessierten, den Umgangston und die Wortwahl auszeichnet.

Alles Gute!
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