14.10.2008, 16:45
Gunnaaamd,
die Anzahl der Lautsprecher hat mit der Anzahl unserer zwei Ohren nicht notwendigerweise zu tun, insofern kann auch die Quadrofonie nicht an den zwei 'überschüssigen Lautsprechern eingegangen sein. Etwas genauer: Die zweikanalige Stereofonie ist vom Standpunkt unseres Gehörs mindestens so abenteuerlich wie die Quadrofonie. Der Ausschließlichkeitsanspruch der Phantomschallquellentheorie (ein von der Koinzidenzstereofonie gehätscheltes Kind) zur Erklärung stereofoner Ereignisse ist seit nun fast 30 Jahren auch nicht mehr aufrecht zu erhalten, wie der Blick auf die zeigenössische psychoakustische Literatur lehrt.
Man kann sich in diesem Zusammenhang einmal auf www.hauptmikrofon.de umtun, nach der Dissertation von Günther Theile suchen (der dieser Tage nominell in den Ruhestand wechselte...) und dessen neuere Publikationen speziell zur Surroundtechnik studieren:
http://www.hauptmikrofon.de/theile.htm
Hier lohnt auch die Lektüre von:
Multichannel natural music recording based on psychoacoustic principles, Update October 2001
Übrigens ist auch der Ausschließlichkeitsanspruch binauraler Verfahren (z. B. Ralph Glasgal) ebenso problematisch wie die Negation der Notwendigkeit 'binauraler Information', die mein wirklich verdienter Kollege Eberhard Sengpiel ("Brauchen wir Ohrsignale?") vertritt.
Ich setze dagegen letztlich die Theile (Assoziationtheorie) und Sengpiel verbindende Position: Das Gehör benötigt Informationen, die es wiedererkennen und über seinen Erfahrungsschatz funktional (!!!) einordnen kann, um daraus 'auf sekundärem Bildungsweg' ein mehrdimensionales Bild zu rekonstruieren, das ihm glaubwürdig erscheint. Da kommen also nur Ohrsignale im weiteren (nicht engeren!) Sinne in Frage, denn sonst würde das Gehör das Angebot nur als Kauderwelsch apostrophieren und auf stur schalten: "Nicht anzuhören!"
Die Quadrofonie ging seinerzeit über die Klinge, weil kein adäquates Medium für den Transport zur Verfügung stand. Die Schallplatte war diesbezüglich eine Krücke, der Rundfunk noch nicht einmal flächendeckend zweikanalig. Über den Umgang mit den beiden 'zusätzlichen' Kanälen war man sich umso mehr nicht recht klar, als alle Transportmedien zusätzlich am für reine Raumsignale deutlich zu schlechten Geräuschspannungsabstand litten.
Kenntnisse zur Musikliteratur und zu Musiktheorie könnten in betroffenen Kreisen allgemein auch besser sein, was im Positivfalle gewisse Klippen hätte meistern helfen. Andererseits darf man auch die schon nicht gerade hausfrauenfreundlichen Lautsprecher außer Acht lassen, deren Anzahl sich wohnzimmerfüllend verdoppelt hätte. Damit gilt in der Tat: Wozu dat janze?
Am quadrofonen (oder surroundischen) Desinteresse einer ohnehin ziemlich nachhaltig ruinierten Branche sowohl auf Seiten der Musiker wie der Tonverantwortlichen hat sich trotz erheblicher Veränderung der technischen Umstände nicht allzu viel geändert: So versuchte ich über die letzten 15 Jahre bis zum heutigen Tage vergeblich eine Surround-Aufnahme eines recht bekannten, qualitativ zentralen Werkes der abendländischen Musikkultur und sei es als Versuch neben einer regulären zweikanaligen Aufnahme zu realisieren, um aus den Ergebnissen auf Intentionen des geringfügig vor unseren Tagen dahingeschiedenen Komponisten zu schließen: Fehlanzeige bei Musiker und Prduzentens gleichermaßen.
Die zentralen Pradigmen der Szene haben sich mittlerweile nachhaltig geändert, weshalb ich nicht mehr damit rechne, vor meinem Hinscheiden noch einmal mit den erhofften Einsichten zu besagtem Werk konfrontieert zu werden.
Vielleicht ist es mir dereinst in den ewigen Tonmeisterjagdgründen eher vergönnt, den Komponisten hochderoselbst zur Sache zu befragen, als dass zuvor hienieden das einschlägige Interesse an meinen surroundischen Fragestellungen ausbräche.
Folgerichtig entwickelt sich auch Surround primär in der Richtung des Spielzeuges. Alternativen sind letztlich nicht in Sicht, zumal die Wellenfeldsynthese nach Diemer de Vries als erheblich zu aufwendig gilt.
Nach einem ziemlich universell angelegten Tonmeisterleben zwischen wirklicher Musik und wirklicher Technik und meiner Identifikation mit beiden Genres frage ich mich ernsthaft, ob am medialen Transport wirklich soviel dran ist, dass man sich all der Kasteeiungen unterwirft, die offenbar zwangsweise damit verbunden sind.
Hans-Joachim
die Anzahl der Lautsprecher hat mit der Anzahl unserer zwei Ohren nicht notwendigerweise zu tun, insofern kann auch die Quadrofonie nicht an den zwei 'überschüssigen Lautsprechern eingegangen sein. Etwas genauer: Die zweikanalige Stereofonie ist vom Standpunkt unseres Gehörs mindestens so abenteuerlich wie die Quadrofonie. Der Ausschließlichkeitsanspruch der Phantomschallquellentheorie (ein von der Koinzidenzstereofonie gehätscheltes Kind) zur Erklärung stereofoner Ereignisse ist seit nun fast 30 Jahren auch nicht mehr aufrecht zu erhalten, wie der Blick auf die zeigenössische psychoakustische Literatur lehrt.
Man kann sich in diesem Zusammenhang einmal auf www.hauptmikrofon.de umtun, nach der Dissertation von Günther Theile suchen (der dieser Tage nominell in den Ruhestand wechselte...) und dessen neuere Publikationen speziell zur Surroundtechnik studieren:
http://www.hauptmikrofon.de/theile.htm
Hier lohnt auch die Lektüre von:
Multichannel natural music recording based on psychoacoustic principles, Update October 2001
Übrigens ist auch der Ausschließlichkeitsanspruch binauraler Verfahren (z. B. Ralph Glasgal) ebenso problematisch wie die Negation der Notwendigkeit 'binauraler Information', die mein wirklich verdienter Kollege Eberhard Sengpiel ("Brauchen wir Ohrsignale?") vertritt.
Ich setze dagegen letztlich die Theile (Assoziationtheorie) und Sengpiel verbindende Position: Das Gehör benötigt Informationen, die es wiedererkennen und über seinen Erfahrungsschatz funktional (!!!) einordnen kann, um daraus 'auf sekundärem Bildungsweg' ein mehrdimensionales Bild zu rekonstruieren, das ihm glaubwürdig erscheint. Da kommen also nur Ohrsignale im weiteren (nicht engeren!) Sinne in Frage, denn sonst würde das Gehör das Angebot nur als Kauderwelsch apostrophieren und auf stur schalten: "Nicht anzuhören!"
Die Quadrofonie ging seinerzeit über die Klinge, weil kein adäquates Medium für den Transport zur Verfügung stand. Die Schallplatte war diesbezüglich eine Krücke, der Rundfunk noch nicht einmal flächendeckend zweikanalig. Über den Umgang mit den beiden 'zusätzlichen' Kanälen war man sich umso mehr nicht recht klar, als alle Transportmedien zusätzlich am für reine Raumsignale deutlich zu schlechten Geräuschspannungsabstand litten.
Kenntnisse zur Musikliteratur und zu Musiktheorie könnten in betroffenen Kreisen allgemein auch besser sein, was im Positivfalle gewisse Klippen hätte meistern helfen. Andererseits darf man auch die schon nicht gerade hausfrauenfreundlichen Lautsprecher außer Acht lassen, deren Anzahl sich wohnzimmerfüllend verdoppelt hätte. Damit gilt in der Tat: Wozu dat janze?
Am quadrofonen (oder surroundischen) Desinteresse einer ohnehin ziemlich nachhaltig ruinierten Branche sowohl auf Seiten der Musiker wie der Tonverantwortlichen hat sich trotz erheblicher Veränderung der technischen Umstände nicht allzu viel geändert: So versuchte ich über die letzten 15 Jahre bis zum heutigen Tage vergeblich eine Surround-Aufnahme eines recht bekannten, qualitativ zentralen Werkes der abendländischen Musikkultur und sei es als Versuch neben einer regulären zweikanaligen Aufnahme zu realisieren, um aus den Ergebnissen auf Intentionen des geringfügig vor unseren Tagen dahingeschiedenen Komponisten zu schließen: Fehlanzeige bei Musiker und Prduzentens gleichermaßen.
Die zentralen Pradigmen der Szene haben sich mittlerweile nachhaltig geändert, weshalb ich nicht mehr damit rechne, vor meinem Hinscheiden noch einmal mit den erhofften Einsichten zu besagtem Werk konfrontieert zu werden.
Vielleicht ist es mir dereinst in den ewigen Tonmeisterjagdgründen eher vergönnt, den Komponisten hochderoselbst zur Sache zu befragen, als dass zuvor hienieden das einschlägige Interesse an meinen surroundischen Fragestellungen ausbräche.
Folgerichtig entwickelt sich auch Surround primär in der Richtung des Spielzeuges. Alternativen sind letztlich nicht in Sicht, zumal die Wellenfeldsynthese nach Diemer de Vries als erheblich zu aufwendig gilt.
Nach einem ziemlich universell angelegten Tonmeisterleben zwischen wirklicher Musik und wirklicher Technik und meiner Identifikation mit beiden Genres frage ich mich ernsthaft, ob am medialen Transport wirklich soviel dran ist, dass man sich all der Kasteeiungen unterwirft, die offenbar zwangsweise damit verbunden sind.
Hans-Joachim