Für Nachrichtentechnik-Nostalgiker und Eisenbahner
#1
Guten Abend!

Der folgende Thread hat mich dazu veranlaßt, diesen hier zu eröffnen:

http://forum2.magnetofon.de/f2/showtopic...eadid=8493

Es handelt sich dabei um den "Telekom-Kunde wider Willen"-Thread von Niels.

Genau genommen hat mich Jens' Post (# 007) veranlaßt dieses Thema zu posten.
Er beschreibt dort seine Arbeit bei der Bahn bzw. Arcor.
Mein Opa hat größtenteils die selbe Arbeit bei den gleichen Unternehmen ausgeübt, und zwar in der FM Regensburg (ich glaub' das hieß so). FM steht glaub' ich für Fernmeldemeisterei.

Kürzlich ist mir nämlich eine alte Hi8 Kassette in die Hände gefallen, auf der mein Opa Dinge seiner Arbeit aufgezeichnet hat. Das ist mir sofort eingefallen als ich Jens' Post las.

Daher hab' ich mich entschlossen, das Video hochzuladen, da es auch hier vielleicht jemanden interessieren könnte und es auch nur ca. 4 Minuten lang ist.

Interessant ist es auch deshalb, da ich davon ausgehe, daß es dort heute nicht mehr so aussieht.
Anhand der anderen Aufnahmen auf dem Band hab' ich die Aufnahme auf 1995 datiert, wahrscheinlich erstes Quartal.


Hier ist der Link zum Video:

http://de.sevenload.com/videos/qRD1iQTn-FM-Reg-HQ

Ich weiß nicht, ob es funktioniert, da ich es privat abgespeichert habe. Sollte es nicht funktionieren, einfach posten, dann werde ich es auf öffentlich setzen.


Viel Spaß damit!

EDIT: Video ging nicht, sollte aber jetzt gehen.
Grüße,
Wayne

Weil immer wieder nachgefragt wird: Link zur Bändertauglichkeitsliste (Erfassung von Haltbarkeit und Altersstabilität von Tonbändern). Einträge dazu bitte im zugehörigen Thread posten.
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#2
Ja wie geil ist das denn? Big Grin FM = Fernmeldemeisterei, das ist richtig!

Ich fühle mich in alte Zeiten zurückversetzt. Besonders der Part vom Wählerraum war sehr aufschlussreich, ich bin mir nicht zu 100% sicher, meine da aber zwischen den Motorwählern auch noch Hebdrehwähler herausgehört zu haben. Eigentlich ist das Geräusch unverwechselbar, aber wenn man es schon über 15 Jahre nicht mehr gehört hat? Das Hochziehen durch den Vertikalmagneten, eindrehen durch den Horizontalmagneten, aufprüfen durch's "P"-Relais, echt Klasse!

Ich könnte jetzt ja noch ein Roman über die analoge Vermittlungstechnik schreiben, da ich an dieser von 1979-1982 meine Lehre gemacht habe. Hunderte Wählerschnüre ausgewechselt, Wähler mechanisch eingestellt, Fehlersuche (oft abgefallene Drähte oder im Laufe der Zeit wackelig gewordene Lötstellen), unsere BASA (Bahnselbstanschlussanlage) wurde etwa um 1938 gebaut und war dementsprechend störanfällig). Grüne, gelbe, rote und blaue Lampen an den Wählerbänken (oben)... Blau war gar nicht gut - Hauptsicherung für etwa 10 Wähler geflogen. Rot ging noch, dann war's nur ein Wähler, grün, wenn der Wähler "hing", also mechanisch klemmte. Gelb war m.W. Erdschluss auf einer Teilnehmerleitung. Na ja - einiges weiss ich noch. Wink

Die Rückverfolgung eines Gesprächs würde ich mir in einem Analogwählersaal durchaus noch zutrauen. Was man jedoch immer wieder in älteren Filmen sieht "Halten sie ihn solange es geht am Telefon, wir brauchen noch mindestens 15 Sekunden, um den Anruf zurückzuverfolgen." ist technisch gar nicht machbar gewesen. In der Zeit schafft man es nicht, eine Wählergruppe von 10 bis 20 Wählern nach Hub- und Eindrehschritten zu durchsuchen. Erst dann kann es unter Einsichtnahme in die ausgehängte Wählerkarte an den davorliegenden Wähler gehen. Es sei denn, man hat den letzten Wähler schnell gefunden, zieht die Relaiskappe ab und drückt mechanisch das "P1"-Relais fest, so dass die Verbindung gehalten wird. Dies klappt jedoch nur in der eigenen Vermittlungsstelle.

Der gezeigte rote Fahrscheinautomat müsste ein älterer Autelca aus der Schweiz sein. Diese wurden in den NBL nicht mehr verbaut, wir bekamen etwas neuere in orange. Der Banknotenprüfer ist aber eindeutig ein Toyocom. Smile

Alles in allem - herzlichen Dank für das tolle Video. Ich selbst war mit einem Kollegen 1992 für zwei Wochen in der FM Kassel, wo wir eine Einweisung in die TA1069 erhielten. Vorher natürlich noch zwei jeweils zweiwöchige Lehrgänge in der Bundesbahnschule München-Aubing. Die sollte aber jeder "Bahner", so auch Dein Opa, kennen. Wink

Gruß Jens
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#3
Wenn Euch das interessiert, dann möchte ich Euch aus meiner Sammlung den 16mm-Film "Selbstwählen im Fernsprechverkehr" ans Herz legen.

In diesem Film aus den 50er JAhren wird der damalige Stand der Telefontechnik sehr gut theoretisch und vor allem praktisch erklärt.

Kann bei Besuch gerne auf der großen 16mm Standmaschine Bauer Selecton II/O vorgführt werden, oder bei jemand anders auf dem tragbaren Bauer P7.

Liebe Grüße
MArtin
Leute, bleibt schön glatt gewickelt!
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#4
Das würde mich schon sehr interessieren, Martin. Aber wann komme ich schon mal so in Deine Richtung? Derzeit bin ich hier etwas unterhalb von Bremen recht fest "angebunden". Dies wegen meiner Katze, die ich nicht mal zur Betreuung an jemand anderen abgeben (alle aus meiner Familie haben Katzen, nur verträgt sich meine Katze grundsätzlich nicht mit anderen Katzen). Das soll keine Ausrede sein, es ist halt so. Sad

Schade, den Film gibt es sicher nicht in einem digitalen Format.

Die Vermittlungstechnik der 50er Jahre dürfte in der damaligen DDR bis etwa in die 70er Jahre fortgeführt worden sein - also die Selbstwähltechnik über Vorwähler, Gruppen- bzw. Fernleitungswähler, alternativ im eigenen Amt halt die Leitungswähler usw..

Gruß Jens
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#5
Hallo,

nun habe ich mal in alten Bildern meiner Arbeit damals gekramt. Zuerst mal ein Fahrscheinautomat, der mit einem Lkw von seinem Sockel gerissen wurde. Erst Wochen später fand ihn ein Jogger in einem Feld und informierte die Polizei (und diese uns):

[Bild: fa_1.jpg]

Natürlich war ein schneller Abtransport angesagt, um zu retten, was noch zu retten war:

[Bild: fa_2.jpg]

Aus Gründen der Persönlichkeitswahrung ist das Bild von mir bearbeitet worden. Tja, so sah es um 1995 herum rund um Berlin aus...

EDIT: Noch ein Zeichen blinder Zerstörungswut. Allerdings war dies damals an der Tagesordnung und durchaus nicht aussergewöhnlich:

[Bild: fe_1.jpg]

Das war mal ein Fahrscheinentwerter.

Gruß Jens
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#6
Zitat:esla postete
Vorher natürlich noch zwei jeweils zweiwöchige Lehrgänge in der Bundesbahnschule München-Aubing. Die sollte aber jeder "Bahner", so auch Dein Opa, kennen. Wink
Ja, selbstverständlich, da hat er ja auch gelernt 1950 - '54.

Da gibt's übringends eine Seite dazu, da ist er sogar zu sehen:

http://www.fw-lehrlinge.de/

Anscheinend funktioniert die aber zum Zeitpunkt nicht.
Grüße,
Wayne

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#7
Is dat ein Scheidt und Bachmann Automat und ein Klüsendorf Entwerter? ;-)
Gruß
MArtin
Leute, bleibt schön glatt gewickelt!
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#8
Ich war einmal so um 1988/9 in einem alten, aber noch großen "Wählersaal" der Deutschen Bundespost. Das ist nun ... lange her, war aber schon was größer und hinterließ bleibenden Eindruck. Daneben standen in Nachbarräumen schon die Digitalen Anlagen.

Interessant sind die Sammlungen der www.museumsstiftung.de die Exponate seit etwa 1875 haben. Die größeren Sammlungen in Frankfurt (Ex Bundespostmuseum) und dann in Berlin. In Hamburg war ich vor 5 Jahren drin, da stand ein Telexgestell, sowie Originalteile von Norddeichradio oder Nachbauten wie Funkkabinen auf Hochseeschiffen. Dazu eine Ausstellung über Seekabel und Kraftfahrzeuge. Um 1990 war ich im Siemensmuseum in München - auch eine funktionsfähige Telexmaschine aus den 1930er Jahren betriebsfähig. Ob es das noch gibt, weiß ich nicht, war recht interessant. Davor etwa um die gleiche Zeit gab es eine Sammlung bei der Post in Koblenz, da war zur Demo eine Richtfunkstrecke, optischer Telegraphen, auch funktionsfähige Wähler (man konnte sich gegenseitig anrufen und hinter Plexiglas alles nachverfolgen), Ein Bekannter wohnte dort und aus Zufall war ich da drin. Die Sammlungen sind wohl mit der Gründung der Telekom aufgelöst worden und ich vermute mal die gingen vielleicht in die Museumsstiftung.

Interesant finde ich daneben auch das Verkehrsmuseum in Nürnberg. Über die Deutsche Bundesbahn war ich beim Bahnausbesserungswerk Köln-Opladen und dann weiter zu einem "rotierenden" Umformer, der mit einer Asynchronmotor einen Einphasensynchrongenerator für das Bahnstromnetz antrieb. Immerhin kamen die Deutschen/Östereicher und die Schweizer früh auf Wechselstrom. Neben der Bahnstromtechnik ist auch die Signaltechnik und die Stellwerke interessant. Bei einem Besuch der Landesgartenschau in Bingen (bin ja Rhein/Mainer) gab es dort Wilhelmszeiten, etwa 1910, ein großes "Befehlsstellwerk" mit ehem. preußischen Grenzbahnhof mit 31 Gleisen. Die haben das dort als Modell und mit Luftbild ausgestellt. Wer noch Zeit hat, die Gartenschau ist noch bis Mitte Oktober auf, ist der Parkteil nahe zum Hauptbahnhof.

Bahn und Post waren über jahrzehnte verzahnt, teils sogar unter den gleichen Ministerien geführt. So z.B. durfte die Bahn eigene Telegraphenleitungen errichten und man musste irgendwann zur landesweiten und weltweiten Übermittlung von Telegrammen vom Eisenbahntelegraphen in das Netz der Reichspost "eintelegraphieren" - so eine Druckschift im Museum in Hamburg. Fast jedes größere Postamt stand an einem Hauptbahnhof. Als es noch separate Bahnpostämter und die rollenden Sortierwaagons der Bahnpost gegeben hat. Öfffnungszeiten Sonntags war bei uns normal. Fragt mal heute... . Die Briefe wurden noch direkt vom Bahnpostschalter an die Waggons gebracht, wenn es zeitlich knapp war und der Zug bald abfuhr. Dann ist mir ein Nachdruck des "Coursbuch" um ca. 1880 in die Hände gefallen, verlegt vom "Generalpostamte zu Berlin". Darin waren die Postkutschenverbindungen wie auch die frühen Eisenbahnverbindungen verzeichnet. Heute gibt es das Kursbuch nur noch von der Bahn - es gibt weder die Postkutsche noch die gelben Postbusse. Die gab es bei uns "Kraftpost", die später an die Bahnbusse ausgegliedert worden sind. Ich meine so Anfang der 80er Jahre verschwanden bei uns die Postbusse. In Österreich und in der Schweiz gibt es diese noch.

Gruß

Wolfgang



Gruß

Wolfgang
Willi Studers Bastelkisten Wink
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#9
Zitat:Zelluloid postete
Is dat ein Scheidt und Bachmann Automat und ein Klüsendorf Entwerter? ;-)
Du meinst auf den Bildern von mir? Das ist kein Scheid & Bachmann, sondern ein Autelca-Automat. Scheidt & Bachmann wurden in den NBL erst in der zweiten Phase der Automatenaufstellung verwendet. Der Entwerter ist (besser war) ein Klüssendorf, das stimmt. Smile

Gruß Jens
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#10
Zitat:analogi67 postete
... Heute gibt es das Kursbuch nur noch von der Bahn - es gibt weder die Postkutsche noch die gelben Postbusse....
Und selbst das Kursbuch gibt es in naher Zukunft, womöglich jetzt schon nicht mehr. Der Bahn ist es zu teuer, man setzt dort auf das Internet. Das habe ich jedenfalls vor einiger Zeit einem Rundfunkbeitrag entnommen.
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#11
Ja, stimmt hab' ich auch gehört. Die Kursbücher sollen ja dadurch in der eBucht ziemlich hoch gehandelt werden.
Grüße,
Wayne

Weil immer wieder nachgefragt wird: Link zur Bändertauglichkeitsliste (Erfassung von Haltbarkeit und Altersstabilität von Tonbändern). Einträge dazu bitte im zugehörigen Thread posten.
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#12
Oh! Sofort meinen Schwager anrufen (der ist Zugchef im ICE) und alle alten und neuen Kursbücher kapern lassen. Wink Ob er dann auch noch einen Laptop mit sich herumschleppen muss, um überhaupt noch Fahrplanauskünfte geben zu können?

Gruß Jens
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#13
Zitat:Frank postete

Und selbst das Kursbuch gibt es in naher Zukunft, womöglich jetzt schon nicht mehr. Der Bahn ist es zu teuer, man setzt dort auf das Internet. Das habe ich jedenfalls vor einiger Zeit einem Rundfunkbeitrag entnommen.
Ja, das habe ich auch schon gehört/gelesen (Heise ?).

In unserer recht gut sortierten Bahnhofsbuchhandlung gibt es einen eigenen Stand für Eisenbahnspezifische Literatur. Darunter z.B. Nachdrucke von Kursbüchern aus den Dreißiger Jahren oder auch sonstige "Faksimiles" von allerlei DR(G)/DB Eisenbahnhandbüchern aus allen Epochen.


Zitat:elsa postete
Ob er dann auch noch einen Laptop mit sich herumschleppen muss, um überhaupt noch Fahrplanauskünfte geben zu können?
Die haben doch jetzt schon die praktischen Handheld, wo offline eine Fahrkarte gezahlt wird.

Früher oder später könnte man das - wie z.B. in der Gastronomie - für Fahrplanabfragen online erweitern, der zu erreichende Server steht im Zug. Ich vermute das bereits heute in dem Abteil des Zugchefs oder an einer anderen Zentralen Stelle ein PC steht, der nur mit der aktuellen CD gefüttert werden muss.

Oder jeder Zug könnte über Zugfunk / GSM-R eine Abfrage online machen, wobei ich annehme, dass das zu unsicher ist, wegen Funkabriss/Handover/nicht versorgte Täler etc. Da helfen für den Zweck auch Repeater oder Relaisstellen nicht wirklich, auch muss die Antwortzeit stimmen und der gerufene Service verlässlich sein.


---

Nach dem Kursbuch gehen die bestimmt an die "Städthandbücher". Wer Bedienzuschläge einführen will, dem traue ich alles zu. Im Regionalverkehr geben die bei z.B. keine praktischen Taschenfahrpläne mehr aus (waren Scheckkartengroß, 2 Seiten für die spezifische Verbindung zwischen wichtigen (Umsteige-)Haltestellen). Ab und zu etwas größere in mehrfacher Scheckkartenaber. Da fürchte ich, legen die früher oder später auch die Säge an. Oder jetzt für Geld im Regionalverbund kaufen. Da ist dann zwar alles drin, aber das Format ist unförmiger und auch die Schrift ist kleiner gedruckt.

Gruß

Wolfgang
Willi Studers Bastelkisten Wink
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#14
Zitat:analogi67 postete
Die haben doch jetzt schon die praktischen Handheld, wo offline eine Fahrkarte gezahlt wird.
Schon richtig. So ein Ding habe ich schon oft in der Hand gehabt. Hoffentlich haben sie heute schon modernere Geräte bekommen (die Akkulaufzeit war vor Jahren noch nicht allzu hoch).

Zitat:Oder jeder Zug könnte über Zugfunk / GSM-R eine Abfrage online machen, wobei ich annehme, dass das zu unsicher ist, wegen Funkabriss/Handover/nicht versorgte Täler etc. Da helfen für den Zweck auch Repeater oder Relaisstellen nicht wirklich, auch muss die Antwortzeit stimmen und der gerufene Service verlässlich sein.
GSM-R könnte schon sein. Folgenden Satz habe ich bei Wikipedia gefunden: "Seit 2006 wird GSM-R dabei auch versuchsweise zur Übermittlung von EBuLa-Fahrplan-Daten verwendet." (Quellenangabe: http://de.wikipedia.org/wiki/GSM-R) Da müsste ich echt mal beim Schwager nachfragen, ob das sich schon im Realisierungsstatus befindet - oder sogar schon funktioniert?!

Gruß Jens
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#15
Allerdings wäre es angesichts solcher, weiterer Komplizierungen einer ohnehin derzeit kaum bewältigten Verwaltung der "Deutschen Bahn AG" wohl eher wünschenswert, dass man sich in den denkbar betriebsfernen Managementetagen zu Berlin darum kümmerte, den normalen Betrieb der Dürr-Ludewig-Rumpelstilzchen-Bahn halbwegs solide auf die 1435 mm zu bekommen, anstatt sich in weiterem Gefasel zum nicht vorhandenen Wert von "Geld" zu ergehen.
Da hapert es ja leider gewaltig. Als Sohn eines Eisenbahningenieurs seit 1929 (+) kann ich es bis heute nicht lassen, nach Kräften hinter die Kulissen des 'Familieninstitutes' zu blicken, wo es ja sozial und organisatorisch böse aussieht.

Ansonsten unterhielten die Deutsche Bundesbahn, die Deutsche Reichsbahn (1925-1945) ja nach Muster der KPEV und der Deutschen Post bzw. Deutschen Bundespost eigene Zentralämter, die als neuzeitlich klassische Kompetenzzentren den praktischen Betrieb mit den einschlägigen Konstruktionsabteilungen der Industrie verbanden. Man verstand sich, und die Industrie wusste von Ansprechpartnern bei der Bahn, deren Fachkompetenz nicht in Frage zu stellen war. Dies sorgte nicht nur für interessante Entwicklungen, sondern auch selbst in schlimmsten Zeiten für eine vergleichsweise sehr hohe Betriebszuverlässigkeit.

Nach Aussage meines Vaters, der allerdings im weiteren Sinne dem Betriebsdienst angehörte, was das Basa-Netz (schon in den 1930ern!) zumindest in den unmittelbar dienstlichen Kanälen das erste flächendeckende Selbstwahlfernsprechnetz in Deutschland, dessen Segnungen der normale Fernsprechkunde der Westpost erst nach dem 2. Weltkrieg erlebte. Ich telefonierte noch 1985 in den USA (New York, Columbia-University) nur per Operator nach Deutschland.
Von bahnbetrieblichen Fortschritten wie der Entwicklung hydraulischer Hochleistungsantriebe, der Drehstromseriengroßlokomotive, eine flächendeckenden Verbreitung ernsthafter Sicherheitseinrichtungen und nicht zuletzt einer seit 1952 konsequenten lärmakustischen Forschung bei der Bahn einmal ganz zu schweigen.

Angesichts der durch die genannten Zentralämter und den ihnen beigeordneten Versuchsanstalten und Abnahmeämtern gewährleisteten betrieblichen Vorteile war es kein Wunder, dass auch der Rundfunk zuletzt nach dem zweiten Weltkrieg dies Verfahren anwendete, um für eine betriebstaugliche Produktpalette der Industrie zu sorgen. Das IRT war ein Zentralamt, ohne dessen Einfluss jene heute amateurhaft überbewerteten, aber historisch nicht hoch genug einzuschätzenden Produkte kaum denkbar wären: Ohne den Einstieg der Reichsrundfunkgesellschaft in die Bandgeräteentwicklung wäre bei den AEGlern im Kabelwerk Oberspree vermutlich "alles beim alten" geblieben.

Es ist keine Frage, dass jene Zentralämter mit ihrer ursprünglichen Aufgabenstellung nicht mehr existieren. Mit allen bekannten Folgen.

Hans-Joachim
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#16
Hallo Hans-Joachim,

ich selbst war in vierter Generation Eisenbahner. Allerdings nur, bis die "Ausdünnungsoperationen" bei der DB begannen. Ich habe nach knapp zwanzig Dienstjahren dann dort aufgehört. Du schriebst, Dein Vater hätte dem Betriebsdienst angehört, daher möchte ich mal allen, die sich dafür interessieren, ein Bild eines elektromechanischen Stellwerks zeigen (Quelle: Die Schwachstromtechnik - Arthur Stiller, Ausgabedatum etwa Anfang der 30er Jahre des vorigen Jahrhunderts):

[Bild: stellwerk_01.jpg]

Zur Bedienung dieser doch recht mechanisch wirkenden Technik (war sie ja auch, ging alles über Seilzüge, was im Winter passierte, wenn es fror, kann sich sicher jeder selbst vorstellen), war doch eine ganze Menge Kraft erforderlich. Mit Mühe habe ich mal so zwei - oder dreimal unter Aufsicht des Fdl so ein 'Hebelchen' umwerfen dürfen - also leicht war es nicht!

In diesem o.g. Buch finden sich für Fernmeldetechniker sehr viele und interessante Details. Ich nehme es immer wieder mal in die Hand und blättere in den über 800 Seiten.

Gruß Jens
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#17
Zitat:analogi67 postete
Die haben doch jetzt schon die praktischen Handheld, wo offline eine Fahrkarte gezahlt wird.

Früher oder später könnte man das - wie z.B. in der Gastronomie - für Fahrplanabfragen online erweitern, der zu erreichende Server steht im Zug. Ich vermute das bereits heute in dem Abteil des Zugchefs oder an einer anderen Zentralen Stelle ein PC steht, der nur mit der aktuellen CD gefüttert werden muss.
Jetzt habe ich mich mal erkundigt. Die Handhelds haben heute schon das komplette Kursbuch drin, aber halt noch "offline". Wenn man sich ein aktuelles Kursbuch in Papier ansieht muss da schon eine ganze Menge Speicherkapazität drin stecken! Und ich habe extra gefragt, ob der Zugchef (früher "Schaffner" genannt Wink ), auch auf der Strecke Bremen - Hannover eine Zugverbindung von Mannheim nach München heraussuchen kann. Die Antwort war ja. Da werde ich mal bei Gelegenheit nachforschen, was es über diese mobilen Geräte im Internet zu finden gibt.

Gruß Jens
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#18
Hallo Esla!

Ich muß Doch leider korrigieren:

Das Bild ist kein elektromechanisches Stellwerk, sondern ein rein mechanisches.

Elektromechanische Stellwerke war ne Generation später.

Beide Stellwerkbauformen können heut immer noch besichtigt werden. Hier sind die Fahrdienstleiter sehr entgegenkommend.

Man kann sich zum Beispiel vorbereiten, in dem man meine für die Uni angefertigte Abhandlung über die Stellwerkstechnik liest.

Auf Wunsch kann der Text hier einkopiert werden, webspace hap ich nicht.

Gruß
MArtin
Leute, bleibt schön glatt gewickelt!
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#19
Zitat:Zelluloid postete
Ich muß Doch leider korrigieren:

Das Bild ist kein elektromechanisches Stellwerk, sondern ein rein mechanisches.

Elektromechanische Stellwerke war ne Generation später.
Hallo Martin,

da hast Du völlig Recht. Habe ich wohl etwas verquer gedacht, da das Blockwerk über einen Induktor verfügt. (Also ein bischen Elektrik ist doch schon mit dabei Wink .) Die elektromechanischen waren ja die, wo Signale und Weichen über so herausziehbare und dann drehbare Metallknöpfe bedient wurden?

Irgenwie merkt man, dass ich schon lange nicht mehr bei der Bahn arbeite. Heute ist ja das meiste ferngesteuert. Soweit mir bekannt ist, wurde 1999 z.B. die gesamte Strecke Berlin - Belzig von Berlin aus komplett ferngesteuert. War schon eigenartig, als ich Jahre später bei einem Potsdam-Besuch am ehemaligen (elektromechanischen) Stellwerk des Bhf. Rehbrücke vorbeigefahren bin - nur war es einfach nicht mehr da! Platt, dem Erdboden gleichgemacht. Confusedad: Und da habe ich früher stundenlang nach Fehlern in den Dispatcheranlage gesucht. Das war schon 'ne Technik, Schrittschaltwerk mit 36 Kontakten, ein paar Relais und ein Verstärker mit zwei Röhren. Leider habe ich aus meiner Arbeitszeit im Rba Berlin 2 keinerlei Fotos mehr von den Geräten (und im Netz finde ich auch nichts darüber).

Gruß Jens
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#20
Da habe ich eben noch Bilder ausgegraben, die ich am 21.06.2006 in Potsdam aufgenommen habe. Am 02.10.1960 erfolgte die Umbenennung des Bf Potsdam in Bf Potsdam Stadt und Bf Potsdam Süd in Bf Potsdam Hbf. Heute heisst er Potsdam Pirschheide, hier die heutige Ansicht von außen:

[Bild: Pirschheide_1.jpg]

Geht ja noch, so denkt man. Schlimmer wird es drinnen. Dazu muss man wissen, das dies ja mal der Hauptbahnhof Potsdams war, bis kurz nach der Wende, da wurde der vorher eher unwichtige Bf Potsdam Stadt wieder zu Potsdams Hauptbahnhof. Der Zugang zu den ehemals wichtigsten Strecken wurde innen zugemauert, es existiert lediglich noch der Bahnsteig C, zu den man durch die beiden dunklen Türen ganz hinten im Bild gelangen kann:

[Bild: Pirschheide_3.jpg]

Links daneben befindet sich die Eingangstür zu den beiden früher mal vorhandenen Platzreservierungsschaltern, daneben weiter links wurde durch die MITOPA Zeitungen, Getränke usw. verkauft. Mein Arbeitsplatz lag dabei in den beiden EPLA-Schaltern, bestückt mit zwei Rechnern K1520 (drei 5,25"-Diskettenlaufwerke á 720 kB, Prozessor U880 (man könnte ihn auch einfach Z80 nennen). Oder auf der anderen Seite (auch alles zugemauert):

[Bild: Pirschheide_2.jpg]

Ganz links war mal die Gepäckannahme / -rückgabe, in den beiden Feldern daneben werkelten die Fahrscheinautomaten der DR (sogar mit Sensorfeldern, man höre und staune!). Als Basis des zentral verarbeitenden "Rechnerhirns" werkelte ein U808 (4-Bit Prozessor), max. adressierbare Speichergröße 16 kB! Später kam mal ein Zusatz drauf, der das dann durch Switching verdoppelte. Alle Daten lagen fest in EPROMS, die bei einer Änderung der Stammdaten oder Reiserouten durch uns komplett ausgewechselt werden mussten. Leider waren nur minderwertige IC-Fassungen vorhanden, so dass die Plastikummantelungen entfernt und die EPROMS dann direkt auf die aus der Leiterplatte ragenden Fassungsbeinchen gelötet wurden. Das war schon eine Heidenarbeit... EDIT: Eben habe ich noch ein Bild von so einem AUtomaten gefunden und verlinke mal darauf:
[Bild: Automat.jpg]

Weiter nach rechts noch drei Fahrkartenschalter, auf demselben System basierend.

Na ja, schön sieht der Bahnhof heute wirklich nicht mehr aus, aus dem ehemaligen MITROPA-Restaurant ist eine Bowlinghalle geworden. Wink Ich hoffe, euch nicht mit der ausführlichen Beschreibung gelangweilt zu haben.

Gruß Jens
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#21
Hallo in die Runde! Als technischer Nostalgiker bekommt man hier ja wieder Herzerwärmendes geboten. Auch wenn ich kein "Bahner" bin, mich hat die Telekommunikation wieder, wenn auch "nur" in einem Krankenhaus, aber die Nebenstellenanlage hat immerhin auch 3000 Ports... das Video war wirklich toll, weckte Erinnerungen an die alten Wählersäle in der "Lanz-Villa" in Mannheim, wo ich nach meiner Ausbildung noch die "Schöne Technik" erleben und bestaunen durfte, aber auch die Tränen der Kollegen fliessen sah, als die Wählersäle ausgeweidet wurden, und die Technik, die sie Wochen zuvor noch penibel justiert hatten, brutal in die Container geworfen wurde. Vielleicht ginge es mir ähnlich, wenn ich heute noch bei der Telekom wäre, wenn ich das Sterben der klassischen Vermittlungstechnik mitansehen müsste, und nun in Zukunft alles mittels irgendwelcher seelenloser IP-Netzknoten geschaltet wird. Vor allem beim EWSD mit dem SSP 103 wurde sehr anschaulich der Zusammenbruch des Systems im Fehlerfall signalisiert: im LED-Display des Zentralprozessors stand dann "DEAD"! Bei "unserer" VE:A in Mannheim soll laut Kollegenaussagen anfangs das zu heftige Zufallen der Stahltür des Vermittlungsraumes diesen Zustand hervorgerufen haben...

Gruß
Jochen
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#22
Hallo Jochen,

das mit "Tränen in den Augen" kann ich gut nachvollziehen, wenn es sich um die "eigene" VSt handelte, in der man langjährig tätig war. Ich war auch schon mal eine Woche als "Abrisskommando" nach Berlin-Friedrichstraße beordert worden, um mit einigen Kollegen dort eine komplette VSt abzubauen. Das müsste so zwischen 1982 und 1984 gewesen sein, irgendeine VSt, die im grenzüberschreitenden Gesprächsverkehr der DR nicht mehr notwendig war.

Da ich gerade auf Semihs Webseiten herumstöbere (http://www.makarateyp.com/Rep/PhFuse/PhilipsFuse1.htm) ist mir dabei eingefallen, die gesamten Sicherungen der Einzelwähler waren damals grundsätzlich Rücklötsicherungen, die sich an einem in jeder VSt vorhandenen Rücklötstation durch (elektrisch vorgenommene) Erwärmung wieder in den normalen Betriebszustand zurückdrücken ließen. Dem Woodschen Metall sei Dank. Ein paar Sekunden noch festhalten nach der Rücklötaktion, dann ins Prüfgerät daneben, wenn okay, wieder einsortieren. Das waren beliebte Aktionen, die den damaligen Lehrlingen so als erste Arbeiten aufgebrummt wurden.

Es fällt mir noch eine kleine Anekdote ein, das einzige Mal, bei der ich während meiner Dienstbereitschaft durch ein Taxi informiert wurde. In unserer BASA waren nacheinander beide RSM (Ruf- und Signalmaschine) ausgefallen. Die RSM erzeugt die Rufwechselspannung (25 Hz, etwa 80 V) sowie ich den Wählton (440 Hz). Nachdem die erste aufgrund Sicherungsausfall aufgegeben hatte, schaltete sich automatisch die Reserve-RSM hinzu. Aber auch die tat es nicht lange, auch Totalausfall, auch die Sicherung der zweiten Maschine war weg vom Fenster. Nun stand alles still! Ich aber, als Dienstbereitschaftshabender, war auch nicht zu erreichen, da ich über das Netz der Deutschen Post an das BASA-Netz angekoppelt war. Also konnte auch ich nicht mehr "angeklingelt" werden. Immerhin war unser Störungsdispatcher dann schlau genug, ein Taxi zu mir zu schicken und die Störungsmeldung an mich dann auf diese Weise absetzen zu können. Rauf auf's Moped und ab dafür. Zwei Sicherungen gewechselt, noch eine halbe Stunde gewartet, ob wieder etwas ausfällt (tat es aber nicht) und dann wieder schnell nach Hause. Smile

Gruß Jens
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