Hiletron - Ein Italiener im Exil
#1
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Moin, moin,

hin und wieder will es der Zufall, daß meine Aufmerksamkeit auf etwas gelenkt wird, das zumindest ich noch nicht kenne - kein Wunder -, aber vielleicht Ihr!

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Vor knapp zwei Wochen habe ich einen Tuner der Firma Hiletron aus Baranzate, Milano, entdeckt. Ein Italiener also, zu dem der Verkäufer der Überzeugung war, dieser Typus würde "in italienischen Rundfunkanstalten als Referenzempfänger" dienen.
Als Indiz dafür das es sich bei Hiletron nicht eben um einen Großserienhersteller handelt, nehme ich die Aufschrift auf einem 5031, dem kleineren Brüder meines 5050,"Specially built for Switzerland". Auch wenn Schweizer zweifellos gute Kunden sind, wird sich so einen Service sicherlich nur jemand leisten können, der keine groß angelegte Fertigung betreibt.

Auch das Innere meines Stereo F.M. Tuner 5050 deutet an, daß man hier nicht eben am Fließband baute. Der Empfangsbaustein von Görler, Austria, und die Filter von Toko sind auf steckbaren Platinen montiert, ein Abschirmblech - besser Abschirmplatte - ist so verzwickt darüber montiert und doppelt mit dem Görler verschraubt, wie es kein Automat und auch keine flinken Finger am Fließband vermögen. Professioneller Aufbau sagt man wohl dazu.
Zu dem Qualitätsanspruch paßt auch die Verarbeitung der überaus soliden Frontplatte und des Anschluß-Feldes auf der Rückseite des Tuners, ebenso wie die satt rastenden Druckknöpfe; auch nach dreißig Jahren kein Vergleich mit Philips oder Telefunken!

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Das schwarze Design mit den Drucktasten und roten LED-Displays erinnert jedenfalls stark an einen Saba MD 292, kombiniert mit hiesigen Highend-Geräten der späten Siebziger und frühen Achtziger Jahre: Audiolabor, Thorens-Restek. Auch wenn die Armada von ICs im Innern und die Anzahl von immerhin zwanzig Festsender-Speichern auf das spätere Geburtsdatum hinweisen könnte, schließe ich aus einen Aufdruck 78.2 des Görler, den ich als Herstellungs-Datierung interpretiere, seine Entstehung Ende der Siebziger Jahre: Beachtlich!

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Laut Verkäufer ist der UKW-Tuner mit einem "5-fach Frontend" ausgestattet. Zehn Drucktasten und eine weitere Taste "+10" stellen insgesamt zwanzig Festsender-Speicher zur Verfügung. Von außen justierbare, riesen-große Drehspuhl-Instrumente zeigen die Feldstärke (bzw. Multipath) und die Ratiomitte an.

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Während eine zweistellige Siebensegment-Anzeige den angewählten Speicherplatz signalisiert, zeigt ein anderes Instrument die empfangene Frequenz. Zwei getrennte Drucktasten-Paare dienen der Abstimmung. Während das linke für die langsame Abstimmung zuständig ist, wird mit dem rechten Paar ein schneller Suchlauf in Betrieb gesetzt, der allerdings so langsam los läuft, daß man ihn auch für kurze Distanzen benutzen kann. Eine Mono-Umschaltung mit Signalisierung im Kanal-Display, schaltbares AFC und die Umschaltung der Anzeige von Feldstärke auf Multipath ergänzen die Tuner-Funktionen.

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Natürlich ist auch der Muting-Pegel stufenlos einstellbar. Ein eigener, regelbarer Kopfhörer-Ausgang ist ebenfalls vorhanden.

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Auf der Rückseite des Tuners lassen sich zum Beispiel die Helligkeit des Display einstellen. Ungewöhnlich ist die Möglichkeit, die Arbeitsgeschwindigkeit des Suchlaufes an die eigenen Vorstellungen anzupassen; sinnvoll, weil die Sendernetze in unterschiedlichen Regionen unterschiedlich dicht sind. Die Deemphasis läßt sich in drei Stufen vorwählen.
Wo andere Tuner kaum einen regelbaren Ausgang haben, bietet der Hiletron derer gleich zwei: Der eine wird mit dem Pegelregler auf der Frontseite justiert, der andere kann kanalgetrennt auf der Rückseite voreingestellt werden. Antennen-Eingänge für 300 und 75 Ohm sind Usus. Selten wiederum finden sich an einem europäischen Tuner Ausgänge für ein Oszilloskop, vertikal und horizontal getrennt, und für einen Detektor. Dazu kommen noch zwei Netz-Ausgänge, einer geschaltet, der andere ungeschaltet.

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Insgesamt ist der Hiletron also mehr als reichhaltig ausgestattet. Hier wird man lange nach einem vergleichbaren Gerät suchen müssen.
Fast würde es sich lohnen, meine Dach-Antenne wieder in Betrieb zu setzen, damit der 5050 zeigen kann, wozu er in der Lage ist. Leider wird die Qualität des Radioprogramms dadurch nicht besser. (ich meinte das klanglich, nicht inhaltlich)

Selten dürfte der Italiener jedenfalls sein. Zumindest hierzulande. Ein erschreckendes Beispiel für die Ignoranz Mitteleuropäischer Ureinwohner gegenüber dem reichhaltigen HiFi-Angebot unserer italienischen Nachbarn. Hiletron scheint es nämlich schon länger gegeben zu haben: Einen offensichtlich älteren 2x 80Watt-Verstärker 3074 habe ich auch schon entdeckt.
Aber vielleicht irre ich mich ja auch und ihr könnt mich Ureinwohner jetzt mit Informationen zu Hiletron versorgen. Das ist eine Aufforderung!

Technische Daten
Gamme di frequenza (Frequenzbereiche): FM/FM stereo
Sensibilita (Empfindlichkeit) per S/N = 30 dB 1,6 µV (mono), 12 µV (stereo), per S/N = 50 dB 10 µV (mono), 90 µV (stereo)
Selettivita (Selektivität): 18 dB (200 kHz), 80 dB (400 kHz)
Separazione stereo (Stereo-Kanaltrennung): 40 dB
Rapporto S/N (S/N-Verhältnis): 69 dB (mono), 65 dB (stereo)
Distorsione (Klirrfaktor): 0,25%
Rapporto di cattura (Capture-Verhältnis): 2 dB
Controlli: indicatore digitale di frequenza (Digitale Frequenzanzeige), ricerca elettronica (elektronische Abstimmung), Possibilita di memorizzare elettronicamente tino a 20 stazioni emittenti (elektronsiche Speicherung von bis zu 20 Stationen), Strumento indicatore di segnale e strumento indicatore di sintonia (Instrumente für Signalstärke und Tuning), Amplificatore per cuffia stereo (Stereo-Kopfhörerverstärker), Muting regolabile (regelbares Muting), Indicazione del Multipath (Multipath-Anzeige), Dimensioni (Abmessungen): 44 x 11,5 x 30 cm (L-H-P), Peso (Gewicht): 6 kg
Prezzo coretto (empfohlener Preis): lire 520.000
Quelle: Annuario Suono 1979 ed. Autunno, S.365

Zum Vergleich: Ein Dual CT1641[/i9 war in der gleichen Ausgabe des Jahrbuch mit 635.000 Lire aufgelistet, ein [i]Braun TS 501 sollte 800.000 Lire kosten.

Weitere Hiletron in gleichen Jahrbuch: Tuner 5030, 5031, 5035, 5040, Verstärker 3050, 3060

Einen Testbericht / Vorstellung des Hiletron 5050 können Interessierte übrigens im italienischen HiFi-Magazin Suono, in der Ausgabe 78 von 1979 lesen.

Tschüß, Matthias


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Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#2
Moin, moin,

inzwischen durfte der Hiletron ein wenig spielen. Aufgrund des desolaten Zustandes meiner UKW-Dachantenne am Kabelanschluß.
Zunächst fällt auf, die 75Ohm-Buchse ist ein Stecker, soll heißen: entgegengesetzt zu dem hierzulande üblichen Tuner-Anschluß und auch geringfügig anders dimensioniert. Trotzdem konnte ich ihn mit umgedrehtem Kabel an den für das Fernsehgerät vorgesehenen Anschluß meiner Antennendose einstöpseln und somit sogar parallel zum T9000 laufen lassen.

Die Bedienung ist etwas gewöhnungsbedürftig. Da die Frequenzanzeige des Hiletron eine Ziffer weniger besitzt, als mein gewohnter Fine Arts, und statt dessen mit "+" und "-" arbeitet, muß man sich mit umspringender "Zehntel"-Anzeige, wenn die Hundertstel eine "5" (z.B. 94,65MHz) sein soll, anfreunden; mich macht das immer ganz wuschig, wenn die Anzeige hin-und-her springt. Im Hinterkopf habe ich dabei, da müsse etwas kaputt sein, beziehungsweise, es geht gerade etwas kaputt Smile
Vor allem gelingt es der Anzeige im Bereich der Feineinstellung kaum abzubilden, was tatsächlich passiert, wenn man einen der vier Abstimmknöpfe drückt. Da hilft dann nur ein Blick auf die großen Drehspuhlinstrumente, die allerdings schnell und deutlich reagieren.

Eine Signalisierung der Funktion, zumindest eine eindeutigere Beschriftung der Tasten für die Mono-Umschaltung und AFC wäre praktisch, aber letztendlich mit etwas Aufmerksamkeit auch so zu beherschen.

Lediglich der Kopfhörer-Ausgang scheint mir nicht der edelste und somit der einzig wirkliche Kritikpunkt am Tuner, den ich bislang anbringen kann. Der DT990pro klingt direkt am Hiletron deutlich flauer, als über den zum Test angeschlossenen Vorverstärker ASC AS3200.

Alles in allem - und in Anbetracht des Alters meines Italieners - ein schönes Gerät. Falls Ihr also mal eines findet: Laßt es stehen und sagt mir Bescheid Smile

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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