Von Welle zu Welle: Doppelcapstan
#1
Wie sind eure Erfahrungen mit geschlossenen Bandschleifen?
Ich selbst besitze die X-2000R sowie zwei Cassettendecks mit Doppeltonwellenantrieb. Dieser ist Gold wert, wenn das Band nicht mehr ganz glatt ist (ok. ist nicht ganz so gut für die Köpfe). Bei starkem Abrieb machen aber zumindest die Cassettendecks Ärger.
Die "linke" Tonwelle läuft ja minimal langsamer als die "rechte": Kann dies für Bänder bedrohlich werden? Welche mechanischen Belastungen treten auf?

niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
#2
Ich kenne es nur von Cassettendecks.
Ich würde sagen es kommt darauf an wie es gemacht ist.
Ein billiger Doppelcapstan führt zu Bandsalat wenn die Gummiteile nicht mehr ganz frisch sind.
Beim B215 ist das Zeug Direktgetrieben und Prozessorgesteuert. Das wird besser sein.
#3
Ich denke, der Doppelcapstan war eine japanische Augenwischerei. Für uns heute ist das ziemlich lästig, denn die Doppelcapstaner sind vermutlich immer Riemenläufer und somit muß man diesen ab und zu mal tauschen und manchmal auch 2 anstelle von einer Andruckrolle. Die sinnvollste Anordnung der Andruckrolle bei Reverse-Geräten ist die Mitte zwischen den beiden Tonkopf'paaren'.
#4
Hallo,

es kann sein,daß jemand früher dran war,aber die ersten Geräte mit Doppel-Capstan,die ich gesehen habe,waren Sony-Geräte.Dieser doppelte Capstan wurde von Sony fast zeitgleich in Cassetten-Recordern und Tonbandgeräten angeboten.

Das erklärte Ziel war damals,also am Anfang der 70-iger Jahre,einen besseren Kontakt des Bandes mit den Köpfen zu bekommen,und Gleichlaufschwankungen zu minimieren.
Der Gleichlauf war bei Cassettenrecorden damals lausig.Wenn einer einmal 0.2% erreichte,bekamm er ein dickes Lob der Tester.Wenn´s interessiert kann das in den alten Testjahrbücher der HIFI Stereophonie 1973 bis 1975 nachlesen.
Die ersten Sony Doppelcapstans sind meines Wissen dann auch erst einmal wegen des Gleichlaufs glatt durchgefallen.Erst nach einiger Zeit war das System soweit entwickelt,daß die Gleichlaufschwankungen akzeptiert werden konnten.

Daß Autoreverese eigentlich nicht der Grund für den Doppelcapstan war,sieht man schon daran,daß Sony den in seine Spitzengeräte,die TC 850 und TC 854 eingebaut hat,die gar kein Autoreverse brauchten,weil sie 2-Spur-2 Kanal bzw. 4-Spur 4-Kanal Maschinen waren.Erst später kamen TC 755,teilweise mit Autoreverse.

Eigentlich sehe ich im Doppelcapstan eine Kopie des Konzepts der Telefunken M10:

Bei der M10 wird bei stillstehenden Band eine Filterrolle links von den Köpfen angetrieben.Wenn dann auf Start geschaltet wird und die Gummirollen das Band gegen Filterrolle bzw.Capstan drücken,wird diese Filterrolle enkoppelt.Dadurch muß diese Filterrolle bei "Start" nicht erst durch das Band beschleunigt werden,was eine längere Hochlaufzeit bedeutet hätte.Durch dieses System versuchte auch Telefunken einen möglichst guten Kopfkontakt und einen möglichst guten Gleichlauf zu erreichen.

Beim Doppelcapstan hat man sich diese Entkopplung gespart.

Bei der M15 hat man dieses Prinzip nicht weiterverfolgt:offizielles Argument war,daß es bessere Motoren mit besserem Gleichlauf gaäbe,so daß dieses System verlassen werden konnte.

ASC hat übrigens bei seinen ersten Cassettendecks einen Doppelcapstan-Antrieb gehabt,ist dann aber irgendwann zu einer einfachen Anordnung(ohne Verschlechterung des Gleichlaufs)zurückgekehrt.

Viele Grüße
Frank
#5
Zitat:niels postete
Wie sind eure Erfahrungen mit geschlossenen Bandschleifen?
Die "linke" Tonwelle läuft ja minimal langsamer als die "rechte": Kann dies für Bänder bedrohlich werden? Welche mechanischen Belastungen treten auf?
Geschlossene Bandschleifen-Antriebe sind theoretisch grundsätzlich "gleichlauffreundlicher" als Einfach-Abtriebe, da sie das "aktive" Stückchen Band von der Aussenwelt (also den Wickeln und deren Antrieben) isolieren (sollen).

Meine Erfahrungen bei Doppelcapstan-Cassettendecks japanischer Provenienz (ausschliesslich welche mit Sanken-Laufwerken) sind durchweg gut. Allerdings erfordern diese Geräte eine peinliche Sauberkeit: selbst geringste Verschmutzungen an Tonwellen sind deutlich hörbar.

Auch der Riemen, der sich zwischen den beiden Schwungmassen befindet, sollte alle paar Jahre (je nach Betriebsumständen genügen ein Wechselrhythmus von fünf Jahren) gewechselt werden, da der Riemen ein nicht unwesentlicher Faktor für guten Gleichlauf ist.

Dass die linke Welle minimal (oder besser: minimalst) langsamer läuft, hat seinen Grund in der definierten Bandspannung innerhalb der Bandschleife. Eine Spannrolle, die diese Aufgabe ähnlich erfüllen könnte, liesse sich bei Cassetten nunmal nicht einbringen. Der Schlupf ist so gering, dass Bänder nicht beschädigt werden, jegliche Besorgnis wäre grundlos. (Natürlich vorausgesetzt, das Laufwerk ist in Ordnung.)

Gruss,

Hendrik
#6
Zitat:RealHendrik postete
Der Schlupf ist so gering, dass Bänder nicht beschädigt werden, jegliche Besorgnis wäre grundlos. (Natürlich vorausgesetzt, das Laufwerk ist in Ordnung.)
Mindestens eine Kassette habe ich mir im Doppelcapstanlaufwerk ruiniert. Da war der Abrieb so stark, daß das Band an der linken Welle "hängengeblieben" ist.
niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
#7
Die Konstruktion eines Doppelcapstan Antriebs ist fast eine Magie , und für einen Aussenstehenden kaum verständlich. Man bedenke: Die X2000R ist Doppelcapstan und Autoreverse. Da erwartet man sich zumindest irgendeinen Hebel, der den Riemen auf den Schwungmassen so verschiebt, daß sich die je nach Richtung rechte oder linke Schwungmasse schneller dreht, oder?
Aber nichts solches! Also wie geht es denn überhaupt??
Da habe ich mich aufklären lassen, daß:
die Schwungmasse, die näher zum Motor ist (also die, über der Riemen nach der Motorwelle zuerst läuft) "stärker mitgenommen wird", während die andere
(das ist die, die näher zur Abwickelspulle sitzt) etwas weniger mitgenommen wird und auch noch stärker gebremst wird (durch den Bremsmoment des Abwickelmotors), im Gegensatz zu der ersteren, die halt eben wieder durch den Aufwickelzug etwas unterstützt wird.
Der Motor sitzt in der Mitte, so daß eine einfache Richtungsänderung für diesen Trick ausreicht, alles bleibt an seinem Platz.
Das so etwas funktioniert, grenzt schon an einen Wunder, meine ich!
Aber es funktioniert wirklich.
Allerdings kenne ich keine Studiogeräte mit Doppelkapstanantrieb???
#8
@ Nikola: Weißt du (oder sonstjemand), was dieses deutliche "Klack!" verursacht, das beim Richtungswechsel zu vernehmen ist, auch wenn der Capstanmotor nicht läuft?
niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
#9
Hallo niels, hallo Nikola,

bei der Teac X 2000 R, ebenso bei der X 1000 R, X-7R wird mit mit einem Relais/ bzw. einem elektromagnetisch angetriebenem Schalter der Aufnahme und Wiedergabeverstärker auf die Köpfe geschaltet. Es ist ja für jede Richtung ein kompletter Kopfsatz vorhanden. Weiter muß die Maschine ja auch für beide Richtungen getrennt einstellbar sein, so dass hier umgeschaltet werden muß. Das Klack wird von dem Magneten erzeugt. Der Motor verändert einfach die Laufrichtung.

Übrigens ist es eine Eigenschaft, bei einem Riemenantrieb, dass der Riemen immer an der dicksten Stelle der Antriebsrolle läuft. Die Schwungscheiben haben 2 Laufflächen, die sich im Durchmesser leicht unterscheiden. Zwischen diesen wechselt der Riemen je nach Laufrichtung wie von Geisterhand. Die unterschiedliche Geschwindigkeit der Capstan Achsen wird hierdurch vorgegeben. Die unterschiedliche Kraftverteilung beim Riemen sorgt für den Wechsel. Dies wird durch eine schräge Befestigung des Motors unterstützt. Achtung, bei der Befestigung wird nur an einer Seite eine Unterlegscheibe untergelgt. Vertauscht beim Zerlegen nicht die Schwungmassen, dann läuft die Maschine auch nicht mehr richtig, verständlicherweise.

Band ab - Band läuft,

Rainer
#10
Hallo Nikola,

es gab,oder gibt sehr wohl auch Studiomaschinen mit Doppel-Capstan !

Die NAGRA T-Audio z.B.
#11
Den 'isolated loop' der Technics 15xx und 1700 bezeichnete man mal als Quasi-Doppelcapstan, weil diese Schleife in etwa die Funktion des Doppelcapstans übernimmt...
#12
Beim Doppelcapstan kommt es beileibe nicht auf die zwei Tonwellen an, sondern auf die Tatsache, das das Stückchen Band zwischen den beiden Tonwellen von äusseren mechanischen Einflüssen (Bandzug) nicht mehr beeinflusst werden kann, also eine "isolierte Bandschleife" darstellt.

Insofern ist es gar nicht sinnvoll, von einem "Doppelcapstan"-Antrieb zu sprechen, sondern von einem "Isolated-Loop"-Antrieb. Der ist übrigens in den Technics-Maschinen - mit einem Capstan - insofern gut gelöst, als dass zwischen Einlauf und Auslauf prinzipbedingt keine Geschwindigkeitsunterschiede vorliegen.

Gruss,

Hendrik
#13
Hallo Leute,

nochmal als Ergänzung:
Sony hat seinen "Doppel-Capstan"-Antrieb(in der TC 850) 1972 wie folgt beworben:"
Doppeltes Tonrollen- und Bandantriebssystem mit geschlossenem Regelkreis für niedrigste Gleichlaufschwankungen,vollständige Regelung der Bandspannung und vollkommenen Kontakt zwischen Band und Kopf ohne mechanischen Andruck"
Ich denke,dem ist nichts hinzuzufügen,was das Ziel dieser Konstruktion war(insbesonder ging es eben nicht um einen Reverse-Betrieb:die TC 850 war ein 2-Spur-Gerät,es sollte ja auch im semiprofessionellen Bereich verkauft werden.Ich galube,es gab einmal eine "Ekseption"-LP,da war eine TC 850 abgebildet(ähnlich A77 bei Pink Floyd))

Zu Technics:ich weiß nicht,ob´s da ein Patent gab,und ob das abgelaufen war,aber lange vor Technics hat 3M dieses System des "isolated loop" in seine professionellen Recorder eingebaut.Es gab auch einmal einen Krimi mit Jean-Claude Belmondo,in dem so eine 3M-Maschine eine Rolle(im wahrsten Sinn des Worts)spielt.

Bei der Sony TC 755 wird der Bandzug an der Abwickelspule übrigens gesteuert(nicht geregelt,die "Fühlhebel" sind Schlaufenfänger):bei langsam drehender Spule entwickelt der Motor ein höheres Drehmoment als bei schnell drehender Spule.Ähnlich war das auch bei der Studer B62.Studer hat dann dieses Prinzip verlassen und nur die Bandzugregelung weiterverfolgt,bei Sony war´s nach TC 880 und TC 765 Schluß mit Spulentonbandgeräten(im Amateurbereich.Für die Profis wurden weiter Bandmaschinen gebaut,später sogar DASH-Recorder)

Viele Grüße
Frank
#14
Doppel Capstan Antrieb unabhängig von Einflüssen außerhalb der Capstan Wellen?

Leider funktioniert das zumindest bei Teac in der Praxis nicht ganz so gut. Wenn da die Federn der Bandzughebel etwas schwach werden, dann ist es vorbei mit dem sauberen Antrieb, dann läuft das Band auch aus dem Capstan Antrieb raus. Geht die abwickelnde Spule sehr leicht, ist es vorbei, das Prinzip versagt. Im gewissen Rahmen ist er natürlich von der Bremswirkung der Spulen und dem Stand des Bandes (am Anfang, Mitte, am Ende) unbeeinflusst.

Das Doppel Capstan System scheint übrigens bei Teac Tape Decks viel besser zu funktionieren, wie bei den Bandmaschinen.

Wie schwierig dieses System sein kann zeigt auch Grundig mit dem Fine Arts CT 905 Tape Deck. Das ist ein absoluter Cassettenfresser, wenn er nicht ganz optimal eingestellt ist. Bei meinem Tape war das im Neuzustand, nach der Reparatur ? auch noch, jetzt natürlich nicht mehr. Selbst ist der Mann.

Band ab - Band läuft,

Rainer


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