RFT RK88 Sensit
#1
Vorwort: Im Internet stiess ich auf etliche DDR-Receiver, die mir rein optisch zusagten. Ich habe mich dann bei 'snzgl' (Gerald), unserem Ostgeräte-Spezialisten, informiert, was es überhaupt an Geräten gab. Mein Herz verlor ich spontan an den Sensit und das nicht zu unrecht!


RFT Sensit RK 88 IC (VEB Elektrofeinmechnik Mittweila BZ Gerätebau Limbach / Limbach-Oberfrohna)

Das Gerät wurde von 1982 bis 1984 gebaut und kostete 1675 M, was einem 50er s/w-Fernseher entsprach und eine Menge Geld war. Das Design ist für westdeutsche Sammler gar nicht so fremd, erinnert es doch an Braun oder Wega. Was mich spontan begeistert hat, ist diese frische Eigenständigkeit im Design: da hat man richtig drüber nachgedacht, aber auch etliche gekonnte Sparmaßnahmen durchgeführt. So gibt es z.B. keinen Loudness/Contour-Schalter, weil dies bereits permanent anliegt. Semih schreibt dazu "3 Anzapfungen am Volume Poti für die gehörrichtige Lautstärkeregelung (Contour)". Die Lautsprecher werden per Relais geschaltet.

Die Abstimmanzeige besteht aus einer LED-Kette, die von 3 Mittenration-LEDs unterstützt wird. Die Stereoschwelle wird bei Überschreiten der roten LED erreicht, womit eine gesonderte Stereo-Anzeige entfällt. Die Mutingschwelle lässt sich auf der Frontplatte stufenlos einstellen. Statt aufwendiger Skalen für die Festsenderspeicher wurden die MHz-Zahlen (analog zum Lautstärkeregler u.ä.) einfach auf die Frontplatte unter die Regler gedruckt. Es gibt eine AFC-Schaltung und sogar einen 75 Ohm Antenneneingang, jedoch in Weiblein-Ausführung.

Das Gehäuse besteht aus Metall, die Seitenteile aus Kunststoff, die Skalen aus 2 Glasplatten: die hintere hat die Skala aufgedruckt, die vordere dient dem Schutz der Zeiger und der Skala. Das Gerät bringt satte 12 kg auf die Waage und muss sich allein damit nicht vor der westlichen 'Konkurrenz' verstecken. Im Inneren gibt es eine klare Gliederung, die von dicken Metallwänden unterstützt wird: links der Verstärkerteil, in der Mitte der Empfangsbereich und rechts Netzteil und Schwungmassen.

[Bild: sensit88.jpg]

Der UKW-Teil zeichnet sich durch recht gute Empfindlichkeit aus, jedoch könnte die Trennschärfe besser sein. Außerdem spendierte man dem Gerät eine Kurzwellenlupe sowie MW und LW. Semih schreibt dazu "Der AM Empfangsteil ist sehr aufwendig, die ZF ist gehobene Klasse, nur hat der UKW Tuner keinen FET Eingang.".

Allerdings fehlen dem Gerät ein paar Schaltungen, die in Westgeräten größtenteils Standard waren: Rausch- und Rumpelfilter, Präsenz und Monitor. Neben einem Plattenspieler sind auch 2 Bandgeräte anschließbar, davon eines vorne.

Ohne dies abwertend zu meinen, aber die Tastengruppe mit dem 'aus'-Schalter erinnert stark an ein altes Röhrenradio. Das Gerät brummt merklich, was neben der schrecklichen Passungenauigkeit des Gehäuses die einzigen Minuspunkte sind, die ich finden konnte.

Den Sensit 88 gab es auch mit analogem Instrument (Vorgängermodell) und einigen Knopf-Farbvarianten. Mein Modell hat schaltbares AFC, andere hatten sogar regelbares AFC!

Klanglich ist der Verstärker recht gut, jedoch ist der Bass recht 'mulmig' (jetzt weiss ich endlich, was das bedeutet Wink ).

Weitergehende Infos:

http://www.rft-hifi.de/
http://www.rft-hifigeraete.de/
http://www.rft-seite.de/wbb2/index.php
http://forum.rft-radio.de/hmportal.php

Ich danke Gerald und Semih für die Unterstützung!
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#2
Ein Bild ohne Deckel waere auch sehr interessant.
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#3
Das RK88 war das dienstälteste Radio der DDR. Es verkörpert den Schlußpunkt der Modellpflege einer Reihe, die mit dem RK5 (welches optisch schlichter war) begann. RK5 und 7 hatten auch noch Sendersuchlauf.
Die Tunerbüchse könnte man evtl. gegen einen Valvotuner (FT11 ?) tauschen.

MfG

DB
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#4
Dann hat das RK88 sicher noch keinen Tuner "Typ 7" drin, den später m.W. der REMA Toccata und auch das RS5001 hatten. Ich ärgere mich noch heute, dass ich zu Anfang der 90er Jahre mein RS5001 verschenkt habe, als ich mir dann eine Technics-Anlage gekauft hatte.

Hat jetzt zwar nichts mit dem RK88 zu tun, aber das RS5001 wurde gern auch als "Leuchtdiodengrab" betitelt. Big Grin

Die bunten Knöpfe am RK88 sind allerdings etwas "gewöhnungsbedürftig"... Wink

Gruß Jens
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#5
Hallo zusammen, ich bin Heli-Fan und auf der Suche nach Heli-Dokumenten hier gelandet.

Vorstellen werd ich mich demnächst; hier nur kurz paar Details zum rk88:

Also zunächst zur "regelbaren AFC" - das stimmt so nicht, alle Geräte vor dem rk88 (rk5 .. rk8) hatten einen Drehschalter, der nur Ein/Aus kann. Der war aber recht störanfällig und wurde wohl darum durch einen Taster ersetzt.

Das Anzeigeinstrument gibt es seit dem rk7; es hilft, die aktuelle Frequenz zu bestimmen. Beim rk5 war der Sendersuchlauf sozusagen ein "Blindflug".

Die Farbe der Knöpfe wurde schon oft diskutiert - jedenfalls korrespondiert sie (bis zum rk8) mit der Farbe der Skalenzeiger (gelb=AM, grün=FM) - Ähnliches findet sich ja auch bei Braun. Dass sie so grell sind, ist sicher Geschmackssache.

Der Tuner ist eine Eigenentwicklung von HELI, etwas richtig Seltenes.
Er hat in der Vorstufe einen bipolaren HF-Transistor in neutralisierter Emitterschaltung (im Mischer übrigens auch).
Dieser Tuner wurde in den 1960er Jahren entwickelt und dann nur marginal modifiziert - wohl darum ist es so ein Exot.
Seit der Firmengründer Hempel die Firma verlies (von Honnecker enteignet) hat Heli keine riesigen Entwicklungsschritte mehr geschafft - und wenn, dann wurden sie blockert - sicher ist das auch ein Grund, warum man keinen moderneren Tuner eingesetzt hat. Immerhin ist er aber - trotz seines Alters - nicht dafür bekannt, dass es an Empfindlichkeit fehlen würde ...
Weitere Informationen zu HELI unter de.wikipedia.org - HELIRADIO

Gruss
HH

PS
Ich hab beim Nachlesen noch paar Punkte gefunden:
- "...Das Gerät brummt schrecklich ..." - dann ist was kaputt. Ich kenne mehrere Geräte, die Gehäuse passen nirgends 100%, aber Brummen war nie ein Thema
- Die Tastatur (das "Gebiss...") ist - ähnlich wie die Farbe der Abstimmknöpfe - ein beliebtes Streitthema. Ich persönlich finde, dass es unter dem Aspekt der Bedienbarkeit kaum eine bessere Lösung gibt. Finger drauf fallen lassen und fertig. Ergonomisch ist das 1A. Optisch - na ja, es gibt schnuckeligere Lösungen...
- Zu den Anzeige-LEDs ist anzumerken, dass die Feldstärke, bei der die rote LED leuchten würde, den Stereodecoder freischaltet. Ob die LED dann leuchtet, hängt vom Signal ab. Bei Mono-Sendern (früher: RIAS) bleibt die LED dunkel - eine Lücke im Band
HH
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#6
Zitat:"...Das Gerät brummt schrecklich ..." - dann ist was kaputt.
Ich hatte geschrieben, dass mein Gerät 'merklich brummt', was nur heißt, dass es ein Netzteil hat, welches sich bemerkbar macht, also nicht zu verwechseln mit Verstärkerbrummen!
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#7
Hallo allerseits,

(und Sorry, highlander, hab ich falsch gelesen...)
Also ich hab mal paar Fotos gemacht.
Sie stammen zwar vom rk7, der noch ohne ICs auskam - das Innenleben unterscheidet sich aber ansonsten kaum.
Gemischte Verdrahtung - Leiterplatten und konventionell - dazu ein Chassis das zu großen Teilen aus gelochten Winkelschinen zusammengesetzt ist; ergänzt durch viele konventionelle Konstruktionsprinzipien, die sich bereits bei Röhrengeräten seit Jahrzehnten bewährt haben.
Hier eine Innenansicht:
[Bild: rk7_Innen_sm.png]
Rechts sieht man Netzteil und Schwungmassen, links von der Mitte ist ein großes Seilrad, das in Verbindung mir einem normalen Poti (3/4 Drehung) einen ausreichend langen Zeigerweg sichert.
Hinten quer ist die FM-ZF, AM-Mischer und ZF sind rund um den Tastenschalter gruppiert.
Bei AM gibt es eine Vorstufe in Basisschaltung, abgestimmt wird dreifach mit Drehko.
Die dicken Elkos links sind Sieb- und Auskoppelelkos.

Hier hab ich mal den Tuner geöffnet:
[Bild: rk7_Tuner_sm.png]

So sieht das Gerät von unten aus:
[Bild: rk7_Verdrahtungsseite_sm.png]

Und das sind die "Hauptfeinde" des Besitzers und des Reparateurs - die sogenannten "Schneemänner":
[Bild: rk7_drei-Schneemaenner.png]
Die müssen in jedem Fall _alle_ raus.
Grund ist die extreme schlechte Qualität; besonders des Vergusses.
Meist sind die Teile total trocken und auf der Platine ist eine Verkrustung vom ausgelaufenen Elektrolyt zu finden.
Aber auch Abrisse von Elektroden sind nicht selten - im Bild beim linken Exemplar.

Die Geräte von Heliradio sind ideal zu Reparieren; beinahe noch Manufakturarbeit, es gibt kaum Bauelemente, die sich nicht reparieren lassen.
Problematisch sind einige wenige Spezialteile (Skalenknöpfe), die sich so gut wie garnicht auftreiben lassen.
Gruss
HH
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