Bauart nur Woodoo?
#1
In den 80ern kam irgendwer auf die Idee, das Laufwerk in die Mitte des Gerätes zu verlagern und dies entsprechend aufwendig zu vermarkten (erfunden hat das sicher schon jemand zuvor). Plötzlich gab es das sogar beim billigsten Gerät.

Im Akai GX 75/95 wurden sogar die einzelnen Baugruppen voneinander getrennt und abgeschirmt.

Hat das wirklich etwas gebracht, lohnte sich der Aufwand überhaupt? Oder wurde der Käufer mit windigen physikalischen Behauptungen hinters Licht geführt? Und was passierte wohl, wenn man einen sehr wuchtigen Verstärker unter, über oder neben so ein Deck stellte - war dann alle Mühe, die man in die neue Konstruktion gesteckt hatte, umsonst?
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#2
Hallo!

Das LW in die Mitte zu setzen hat eigentl. zwei Gründe (meine Meinung!):

1. Design (ist halt mal was anderes...)

2. der Konstrukteur brauchte etwas mehr Platz

Meiner Ansicht nach ist 1. der häufigere Grund gewesen.

Einzelne Baugruppen von einander zu trennen ist sicher eine
andere Nummer. Das kann aber auch Fertigungstechn. Gründe
haben. Und ob das Ganze lohnt - na, da fragst Du was.

Ich habe vor ein paar Tagen ein vielfach "hochgelobtes" Tapedeck
aus dem Hause Nakamichi (ehemals in der Preisklasse
jenseits der 1500,- DM) geöffnet - und die Hände über dem
Kopf zusammengeschlagen. Darin sieht es aus, wie im Rummel-
platz... ...regelrecht zusammengeschustert. Aber dem Klang
scheint das nichts auszumachen.


Schlussendlich - "mit windigen physikalischen Behauptungen hinters
Licht geführt" vielleicht nicht, aber es gibt sicher Kosntrukteure, die
"glauben" bestimmte Dinge tun zu müssen, die, wenn man sie
unterlässt, zu ebenfalls guten Ergebnissen führen würden. Dieses
"Tun" muss natürlich gerechtfertigt und "verkauft" werden. Und das
steht dann in wohlklingenden Lettern im Prospekt und soll
vom Kunden bezahlt werden.

Gruss
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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#3
Wenn eine Konstruktion schon ziemlich ausgereift ist, wird es immer schwerer den Marktforderungen nach ständigen Verbesserungen gerecht zu werden.

Ein Laufwerk in die Mitte eines Gehäuses zu verlagern stellt selbstverständlich eine weitere Verbesserung in punkto Störabstand dar, da im Zentrum eines Gehäuses die geringsten Vibrationen durch äußere Einflüsse hervorgerufen werden.
Wer schon öfter mit dem Bus über schlechte Straßen gefahren ist, der weiß wo sich der ruhigste Platz befindet auf dem sich auch am besten schlafen lässt.
Die letzte Bank im Bus hat nicht umsonst den Spitznamen "Abtreibebank" erhalten.
Hier wirkt ganz simpel das Hebelgesetz, vorn und hinten wird der Bus mit der größten Amplitude auf und ab bewegt, in der Mitte halbiert sich dieser Weg.


Die Aufsplittung von komplexen Schaltungen in einzelne funktionsgetrennte Baugruppen hat sich im professionellen Bereich schon seit ihren Anfängen mit der Modultechnik bestens bewährt.

Man trennt brummempfindliche Vorverstärkerstufen sorgfältig von Leistungsstufen und Netzteilen, sowie Analogteile von störungsverursachenden Digitalschaltungen.
Die Kleinsignalverarbeitung erhält eine sparate, stabilisierte Betriebsspannungsversorgung.

Die Baugruppentrennung ermöglicht eine weitere Verbesserung elektrischer Parameter, unter dem Tribut des höheren Preises.

Bernd
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#4
Zitat:capstan postete
...Ein Laufwerk in die Mitte eines Gehäuses zu verlagern stellt selbstverständlich eine weitere Verbesserung in punkto Störabstand dar, da im Zentrum eines Gehäuses die geringsten Vibrationen durch äußere Einflüsse hervorgerufen werden.
...
Dem würde ich zwar nicht widersprechen, aber wir dürfen doch
wohl annehmen, dass derartige Einflüsse unter normalen Betriebs-
bedingungen eher gering sind, die Unterdrückung der selben also
analytischen Charakter haben, sprich - allenfalls in der x-ten Stelle
hinter dem Komma nachweisbar sind, oder?


Gruss
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#5
Das Trennen und Schirmen von Baugruppen macht schon Sinn.

Jede Stufe koppelt kapazitiv und induktiv auf eine andere Stufe. Verhindern kann man den Effekt nicht, nur halt mit Abtrennung und Schirmung minimieren. Ein gutes Beispiel, was jeder kennt, ist der Phonoeingang am Verstärker. Hat man eine laufende Bandmaschine angeschlossen und schaltet auf Phono, hört man meist leise die Bandmaschine, obwohl der Plattenspieler nicht in Betrieb ist, entsprechende Stellung des Lautstärkepotis vorausgesetzt.
Beim Kassettenrekorder ist die erste Verstärkerstufe hinter dem Kopf ähnlich empfindlich wie Phono beim Audioverstärker. Da macht eine Schirmung Sinn. Auch ist es sinnvoll, laute Störer zu schirmen. Das ist in erster Linie der Antriebsmotor DC. Der ist fast immer recht gut geschirmt, bei hochwertigen Laufwerken meist zweifach, Doppelgehäuse. Werkelt in einem Kassettendeck langsame Digitalelektronik, die man hören könnte, sollte auch die geschirmt sein. Ein anderes Stichwort ist das sogenannte Übersprechen. Ich meine jetzt das von der Elektronik. Normalerweise kann man das aber bei Bandgeräten vernachlässigen, weil da schon einiges über den Kopf selbst kommt. Aus diesem Grund wurden die Schmetterlingsköpfe entwickelt.
Ich könnte noch viel dazu erzählen, würde aber bald in der HF-Technik und bei etwa 120 dB landen...

Andreas, DL2JAS
Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
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#6
Zitat:PeZett postete
Dem würde ich zwar nicht widersprechen, aber wir dürfen doch
wohl annehmen, dass derartige Einflüsse unter normalen Betriebs-
bedingungen eher gering sind, die Unterdrückung der selben also
analytischen Charakter haben, sprich - allenfalls in der x-ten Stelle
hinter dem Komma nachweisbar sind, oder?

Gruss
Ja klar, je näher man sich einer physikalischen Grenze nähert, um so schwerer wird es technologisch, weitere Verbesserungen zu erreichen.
Aber es ist eine Verbesserung, nicht gravierend, aber tendenziell.

Ansonsten hätte man das Cassette- Deck erfunden und dann über Jahrzehnte so gelassen.
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#7
Zitat:dl2jas postete
Das Trennen und Schirmen von Baugruppen macht schon Sinn.
Keine Frage - wobei der grösste "Dreck" von Aussen kommt
und über das Netzteil bzw. das Gehäuse weitestgehend "gefiltert"
wird.

Zitat:dl2jas postete
... Ein gutes Beispiel, was jeder kennt, ist der Phonoeingang am Verstärker. Hat man eine laufende Bandmaschine angeschlossen und schaltet auf Phono, hört man meist leise die Bandmaschine, obwohl der Plattenspieler nicht in Betrieb ist, entsprechende Stellung des Lautstärkepotis vorausgesetzt.
...
Genau dieser Effekt tritt aber nach meiner Hör-Erfahrung eher
auf rein elektr. Wege auf, eine Schirmung brächte in einem
solchen Falle dann wohl nichts. Bei Verstärkern mit elektro-mechanischer
Quellenwahl (sprich: Dreh-Schalter oder Relais-Umschaltung) habe
ich so etwas noch nicht so deutlich vernommen. (Zufall?)

Gruss
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#8
Zitat:PeZett postete
Genau dieser Effekt tritt aber nach meiner Hör-Erfahrung eher
auf rein elektr. Wege auf, eine Schirmung brächte in einem
solchen Falle dann wohl nichts. Bei Verstärkern mit elektro-mechanischer
Quellenwahl (sprich: Dreh-Schalter oder Relais-Umschaltung) habe
ich so etwas noch nicht so deutlich vernommen. (Zufall?)
Erkläre das bitte genauer!

Es stört mich schon die Abkürzung "elektr.", die elektronisch und elektrisch bedeuten kann. Das ungewollte Koppeln gibt es aber in beiden Fällen, mechanische Schalter und elektronische Schalter wie z.B. 4066 oder andere Lösungen. Beide Lösungen gehören in einen Käfig, wenn man einige dB mehr als üblich erzielen will beim Übersprechen.

Andreas, DL2JAS
Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
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#9
Zitat:dl2jas postete
... Erkläre das bitte genauer!

Es stört mich schon die Abkürzung "elektr.", die elektronisch und elektrisch bedeuten kann. ...
Hallo,

damit meinte ich den rein elektronischen Weg über die Schaltung (im
Gegensatz zu einem Schaltkontakt, z.B. eines Relais oder Schalters).

Gruss
Time flies like an arrow. Fruit flies like a banana. (...soll Groucho Marx gesagt haben, aber so ganz sicher ist das nicht...)
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#10
Verbesserungen sind nur tatsächlich welche, wenn sie in einer sinnvollen Reihenfolge stattfinden!

Es nützt wenig, wenn man in ein Auto einen immer stärkeren Motor einbaut und den Rest so lässt wie er ist.

Bernd
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#11
Zitat:highlander postete
In den 80ern kam irgendwer auf die Idee, das Laufwerk in die Mitte des Gerätes zu verlagern und dies entsprechend aufwendig zu vermarkten (erfunden hat das sicher schon jemand zuvor). Plötzlich gab es das sogar beim billigsten Gerät.

Im Akai GX 75/95 wurden sogar die einzelnen Baugruppen voneinander getrennt und abgeschirmt.

Hat das wirklich etwas gebracht, lohnte sich der Aufwand überhaupt? Oder wurde der Käufer mit windigen physikalischen Behauptungen hinters Licht geführt? Und was passierte wohl, wenn man einen sehr wuchtigen Verstärker unter, über oder neben so ein Deck stellte - war dann alle Mühe, die man in die neue Konstruktion gesteckt hatte, umsonst?
Das halte ich allesamt für Marketinggags. Das war der Anfang vom Hifi-Ende. Wenn sich technisch nichts mehr verbessern lässt, müssen eben pseudophysikalische Argumente her. Klar, ist eine räumliche Trennung unterschiedlicher Baugruppen von Vorteil. Ein Netztrafo z.B. neben einem Phonoverstärker ist nicht gerade von Vorteil. Aber dass man das bei CD-Playern und Kassetten-Decks durch den zentralen Aufbau wirklich verbessern kann, bezweifle ich. Platz für eine Trennung und Abschirmung ist auch, wenn alles auf einer Seite zusammengefasst.

Sony hatte mal im Woodoo-Wahn CD-Player so konstruiert, dass der Laser fest stand und die rotierende CD nachgeführt wird. Die hatten behauptet, die Abtastung erfolgt dadurch sauberer, eben erschütterungsärmer. Dass sich eine rotierende Masse gegen Positionsänderungen wehrt (Kreiselprinzip), ist den Sony-Marketing-Leuten wohl unbekannt.
Gruß,
Michael/SH

Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu (Ö v. Horvath)
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#12
Zitat:mash postete

Sony hatte mal im Woodoo-Wahn CD-Player so konstruiert, dass der Laser fest stand und die rotierende CD nachgeführt wird. Die hatten behauptet, die Abtastung erfolgt dadurch sauberer, eben erschütterungsärmer. Dass sich eine rotierende Masse gegen Positionsänderungen wehrt (Kreiselprinzip), ist den Sony-Marketing-Leuten wohl unbekannt.
Ich bin mir sicher, die Japaner haben auch Physikunterricht.

Deshalb wissen sie mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit auch das sich ein Kreisel nur gegen Winkeländerungen seiner Achse wehrt, aber nicht gegen axiale und radiale Bewegungen.

Ansonsten wären die frühen Raketen mit Kreiselsteuerung alle am Boden geblieben.

Bernd
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#13
Zitat:capstan postete

Ansonsten wären die frühen Raketen mit Kreiselsteuerung alle am Boden geblieben.
Viele sind ja in der Anfangszeit in der Startrampe oder relativ bodennah zerfetzt. Big Grin

Tschuldigung, den konnte ich mir nicht verkneifen,
Andreas
Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
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#14
Hallo Andreas,

ja die haben damals bestimmt nicht an den Kreisel gedacht!

Bernd
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