Mikrofonanordnung
#1
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Mikrofone

Bislang habe ich meine Aufnahmen mit Mikrofonen so gemacht, dass ich Instrumente / Stimmen bzw. Gruppen mit je einem Mikro abgenommen, über ein Pult abgemischt und direkt auf ein Stereoband genommen habe. Bei kleineren Ensembles klappt das recht gut.

Jetzt spiele ich mit dem Gedanken, zukünftig Stereoaufnahmen nach dem M/S- Verfahren zu machen.

Die klassische Anordnung besteht bekanntlich aus einem Mikro mit 8-er Charakteristik und einem Nierenmikro. Allerdings braucht man dazu einen Decoder / Encoder, der Mitten- und Seitensignal entsprechend verarbeitet.

Und jetzt fange ich an nachzudenken:
Das 8-er Mikrofon nimmt logischerweise nicht nur den von der Schallquelle kommenden Schall auf, sondern, zumal bei Frontalaustellung, auch eventuelle Publikumsgeräusche und Reflektionen. Diese Störgeräusche sind natürlich unerwünscht.

Theoretisch sollte es möglich sein, zwei Nierenmikrofone mit großem Öffnungswinkel (160 Grad) also wesentlich weiter gespreizt als bei einer X/Y- Aufstellung auf den rechten und linken Rand der Schallquelle zu richten. Das ergäbe die Seitensignale und soll den Störschall vermindern. Ein drittes Nierenmikrofon wird frontal auf die Schallquelle gerichtet, was das Mittensignal ergeben sollte.
Diese drei Mikrofone sind räumlich unmittelbar benachbart.

ein Mischpult mit drei Kanälen wird nun so beschaltet:
Rechtes Mikrofon auf Kanal 1, Panpot rechts.
Mittenmikrofon auf Kanal 2, Panpot mittig.
Linkes Mikrofon auf Kanal 3, Panpot links.

Diese drei Signale werden zusammengemischt auf den Masterregler gegeben und von dort aufgezeichnet. Das Wunschergebnis sollte nun ein monokompatibles Stereosignal sein und die Ausgaben für zwei gleichartige Mikrofone, die noch umschaltbare Richtcharakteristiken haben müssen und das Matrixgerät entfallen.

Soweit meine theoretischen Überlegungen. Hat jemand schon ähnliche Gedanken gehabt und in die Praxis umgesetzt? Oder ist die angedachte Anordnung grundsätzlich mit so großen Mängeln (Phasen / Laufzeitfehler?) behaftet, dass eine brauchbare oder gar gute Aufnahme ausgeschlossen ist?



Grübelnd,

Frank ( darklab )
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#2
Zitat:Frank postete
Bislang habe ich meine Aufnahmen mit Mikrofonen so gemacht, dass ich Instrumente / Stimmen bzw. Gruppen mit je einem Mikro abgenommen, über ein Pult abgemischt und direkt auf ein Stereoband genommen habe. Bei kleineren Ensembles klappt das recht gut.
Dann dürftest Du schon zu den erfahreneren Tonamateuren zählen. Auf diese Weise hergestellte Aufnahmen klingen oft unnatürlich, und es erfordert in der Tat schon einiges an Erfahrung, das richtig zusammenzumischen.

Zitat:Frank postete
Jetzt spiele ich mit dem Gedanken, zukünftig Stereoaufnahmen nach dem M/S- Verfahren zu machen.

Die klassische Anordnung besteht bekanntlich aus einem Mikro mit 8-er Charakteristik und einem Nierenmikro. Allerdings braucht man dazu einen Decoder / Encoder, der Mitten- und Seitensignal entsprechend verarbeitet.
Nein. Die MS- Mikrofonie entstand aus dem Wunsch heraus, die klanglichen Defizite von Nierenmikros bzw. Druckgradientenempfänger zu umgehen. Es wäre völlig zweckfrei, hier als Mittenmikrofon eine Niere einzusetzen.

Das Mittenmikrofon ist normalerweise ein Mikro mit Kugelcharakteristik, sprich ein Druckempfänger - einfach, weil bauartbedingt der Frequenzgang besser ist.

Zitat:Frank postete
Das 8-er Mikrofon nimmt logischerweise nicht nur den von der Schallquelle kommenden Schall auf, sondern, zumal bei Frontalaustellung, auch eventuelle Publikumsgeräusche und Reflektionen. Diese Störgeräusche sind natürlich unerwünscht.
Hmm? Publikumsgeräusche hin oder her, durch geschickte Aufstellung kann man sie durchaus reduzieren. Ausserdem gehören sie irgendwie zu "live" dazu. Und Reflektionen sind durchaus erwünscht. Falls nicht, dann solltest Du bei der Polymikrofonie bleiben - hier wären jede Denkansätze zu Stereomikrofonie fehl am Platz.

Verstehe ich das richtig? Du nimmst an, das Achtermikro nimmt zum einen den Schall von vorne und zum anderen den Schall von hinten auf? Nee, Irrtum! Das S-Mikrofon ist das Seitenmikrofon, d.h. der Schall wird von links und rechts aufgenommen... Vielleicht ist da in Deiner Überlegung der Knackpunkt?


Zitat:Frank posteteTheoretisch sollte es möglich sein, zwei Nierenmikrofone mit großem Öffnungswinkel (160 Grad) also wesentlich weiter gespreizt als bei einer X/Y- Aufstellung auf den rechten und linken Rand der Schallquelle zu richten. Das ergäbe die Seitensignale und soll den Störschall vermindern. Ein drittes Nierenmikrofon wird frontal auf die Schallquelle gerichtet, was das Mittensignal ergeben sollte.
Diese drei Mikrofone sind räumlich unmittelbar benachbart.

ein Mischpult mit drei Kanälen wird nun so beschaltet:
Rechtes Mikrofon auf Kanal 1, Panpot rechts.
Mittenmikrofon auf Kanal 2, Panpot mittig.
Linkes Mikrofon auf Kanal 3, Panpot links.
Hmm? Da sähe ich keinen Vorteil gegenüber einer reinen XY-Aufstellung.

Zitat:Frank postete
Diese drei Signale werden zusammengemischt auf den Masterregler gegeben und von dort aufgezeichnet. Das Wunschergebnis sollte nun ein monokompatibles Stereosignal sein und die Ausgaben für zwei gleichartige Mikrofone, die noch umschaltbare Richtcharakteristiken haben müssen und das Matrixgerät entfallen.
Nö. Ein XY-Signal ist im Allgemeinen schon monokompatibel, auch ohne Mittenmikrofon. Und Mikros mit "umschaltbarer" Charakteristik und Matrixgerät sind nicht unbedingt erforderlich für MS-Stereofonie.

Aber wie gesagt: Eine Aufstellung von drei Nierenmikros in unmittelbarer Nähe sind nicht sinnvoll - zwei in XY-Aufstellung machen den gleichen Effekt.

Vielleicht solltest Du Deinen Ansatz nochmal grundlegend überdenken!?

Gruss,

Hendrik
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#3
Lieber Frank,

Hendrik hat schon eine ganze Reihe von Untiefen in deiner Darlegung behandelt, weshalb ich mich eigentlich kurz fassen sollte. Man hat einen Ruf zu verteidigen, hust...

Zunächst Literatur:
Gehe doch bitte auf die Schoeps-Seite, und lade dir Jörg Wuttkes Aufsätze herunter, die unter anderem auch zumindest teilweise deine Gedanken auf wirklich lesbare Weise behandeln. Genau darin liegt ja neben dem erforderlichen Umfang das wohl zentrale Problem einer ergiebigen Behandlung der Mikrofonierungsfrage: Grundlegend einführende Literatur gibt es faktisch nicht, Schreiber zum Thema sind zumeist ausgekochte Fachleute, die binnen kurzem eine Informationsdichte erreichen, der der vital interessierte Laie nicht mehr folgen kann.

http://www.schoeps.de/D-2004/miscellaneous.html

Dann gibt es noch zwei weitere Dinge bei Schoeps:

http://www.schoeps.de/D-2004/mics-gen-characs.html
http://www.schoeps.de/PDFs/stereo-record...ques-d.pdf

Sieh' aber auch 'mal hier nach:

http://www.soundgalerie.de/stageaid.html#inhalt

Ich nehme an, dass du quasi klassisch aufnehmen willst, also mit einem Hauptmikrofon zu arbeiten beabsichtigst, deshalb noch ein paar weitere Hinweise:

Johannes Webers (den ich gestern besuchte) behandelt in seiner Bibel auch mancherlei von grundsätzlicher Bedeutung zur Frage der Mikrofonierung, weiterhin gibt es ein Heftchen von Michael Dickreiter (Mikrofon-Aufnahmetechnik, Stuttgart 1984 und später). Grundsätzlich zum Thema bezüglich des Mikrofonverhaltens in stereofonen Umgebungen äußert sich:

Michael Williams, The Stereophonic Zoom. New York s.d. (Erhältlich über die AES)

Seine Arbeit wird fortgesetzt von Helmut Wittek (IRT), dessen Seite im Internet (www.hauptmikrofon.de) neben vielen Aufsätzen im Image-Assistant 2.0 einen kleinen Rechner präsentiert, mit dem man -vom Mikroverhalten ausgehend- das (Lokalisations-)Abbildungsverhalten von Mikrofonanordnungen studieren kann. Leider hat Helmut (mancher Anhänger der musica sacra wird ihn als Sänger kennen..) diesen Rechner inzwischen sehr erweitert, was ihn zwar für viele der fachlichen Anwendungsbereiche nutzbarer macht, für den Einsteiger aber einen Wust von Informationen bereitstellt, in denen der untergeht. Der Image-Assistent Version 1.1 -im Menü unter 'recording' oder via http://www.hauptmikrofon.de/ima-folder-eng/image.html- ist leichter verständlich.

Tiefe Einsichten erlauben die für den Mehr-Oder-Minder-Laien allerdings sehr anspruchsvollen und teilweise auch nicht leicht zu überblickenden Seiten des Kollegen Eberhard Sengpiel (http://www.sengpielaudio.com/).

Ein paar Worte zur MS-Sereofonie Lauridsens.
Mikrofonierung wird bestimmt durch prinzipielle Eigenschaften des Wandlertyps, der Aufstellung des Mikros und vor allem durch das Verhalten des menschliche Gehöres, das in bestimmten Bereichen sehr anspruchsvoll, in sehr viel mehr Bereichen aber gnadenlos irre zu führen ist. Das setzt man natürlich ein.

Beispiel:
Unser Gehör leitet die Interpretation der räumlichen Tiefe aus seitlichen Reflektionen ab, deren Herkunftsort aber aufgrund der diesbezüglich mäßigen 'Diskriminationsschärfe' des Außenohres praktisch nicht ausgewertet wird. Es ist also ziemlich gleichgültig woher diese Information kommt. Stattdessen genügt dem Gehör die Wahrnehmung eines nicht korrelierten Signals entsprechenden Frequenzverhaltens, um der Persönlichkeit dahinter via Gehirn mitzuteilen: "Tiefer Raum".

Wir sollten also -sofern der Raum gut ist (= geeignet für die jeweilige Modulation)- darauf sehen, dass das akustische Eigenverhalten des Raumes (die Moden) in einer Aufzeichnung für das Ohr angemessen erhalten bleibt, den sonst bekommen wir diese Infos zur Tiefe nicht, es sei denn, man fügte sie künstlich zu.

MS-Stereo gehört nun zu den Koinzidenzstereofonien, die sich bewusst allein auf Pegeldifferenzen bei der Darstellung eines Ereignisses zwischen den Lautsprechern stützen. Die Mikrofone befinden sich de facto an einem Ort und sind deshalb nur in der Lage, eine von drei Raummodentypen zu wandeln. Die Darstellung der räumlichen Tiefe (in Gestalt der Nicht-Korrelation) fehlt, weil keine unkorrelierten Signale (Laufzeiten) übermittelt werden können. Man hilft sich dann mit beizumischenden 'Raummikrofonen' (zwei oder vier Mikros).

Der Vorteil von MS liegt zum einen in der nachträglichen Wandelbarkeit des Aufnahmewinkels der Mikrofonanordnung, wobei die Kugel und die Acht nach der Dematrizierung sich wie zwei gespreizte Nieren verhalten. Zudem liegt ein frei verwendbares Mono-Signal vor, was namentlich beim Film-O-Ton oft 'unbezahlbar' ist. Das so schöne Kugelverhalten geht aber -allem Reden in der Branche zum Trotz- infolge des Einflusses der Acht bei der Dematrizierung verloren. Ein weiterer Vorteil kann darin liegen, dass Mängel der Mikros einer Anordnung durch die Dematrizierung ein wenig kompensiert werden können. Dies gilt z.B. für das SM69 als Hauptmikro, das in MS meist besser klingt als in X/Y.

Die von dir beschriebene Links-Mitte-Rechts-Technik -das aber bitte als A-B mit Center-Mikro- wandte die RRG bei ihren Stereos an, dies jedoch mit Kugelmikrofonen, die klanglich immer vorzuziehen sind, weil sie als Wandler technisch erheblich besser beherrscht werden können und eben auch alle Moden des Raumes mitnehmen. Koinzidenztechniken mit Kugeln sind indes nicht möglich. Ähnlich arbeite(te)n auch Mercury-Living-Presence in den 1950ern oder der Decca-Tree, der im Augenblick eine interessante Renaissance erfährt. Das Verfahren funktioniert grundsätzlich ganz hervorragend, wobei Nieren klanglich immer zweite Wahl sind und nur dann eingesetzt werden sollten, wenn man sie braucht: Stützen verlangen meist Nieren, klanglich mäßige oder ungeeignete Räume ebenso etc.

Nichtsdestowniger ist auch bei einem Decca-Tree Vorsicht im Umgang angebracht; ein Kochrezept ist das nicht.

Hans-Joachim
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#4
Ich bin mal über eine Mikrofonaufstellung gestolpert, die mir wie folgt erklärt wurde:

An einem Quer-Galgen, ca 80 cm. lang, hängen an jedem Ende 2 Mikros, je eines mit Kugel und je eines mit Richtcharacteristik.
Die direkten und die indirekten Schallanteile wurden je Seite zusammengemischt. So erhielt man 2 Stereo-Kanäle. Gespielt hat man mit dem Abstand der Mikrofon-Paare sowie dem Verhältnis der SChallanteile aus Richt- / Kugel-Mikrofon.

Die Einfachheit der Anordnung hat mir gefallen. Bin aber zu sehr Laie, um das beurteilen zu können.
Michael(F)
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#5
Lieber Michael,

du beschreibst das Straus-Paket, das der im April 2002 verstorbene Prof. Volker Straus schon vor vielen Jahren angeregt, eingesetzt und so manchem Detmolder Tonmeisterstudenten (Straus war Professor dort) mit auf den Weg gegeben hat.
Ich vermeide allerdings, seinen technisch geradezu abenteuerlichen (= unzulässigen) Einstieg in dies Verfahren zu beschreiben. Es wäre geeignet, an seiner unbestrittenen tonmeisterlichen Qualifikation irre zu werden... (Mir ist schleierhaft, wie das funktionieren konnte...)

Straus wollte die Kombination aus (Super-)Niere und Kugel in erster Linie bei Stützen verwendet wissen, doch nahmen ihm seine Kollegen das gleich für Hauptmikrofonanwendungen aus der Hand. Außerdem kam einige Jahre später nach konsequenten Überlegungen Jörg Wuttke ("Wo ist Herr Schoeps, der vorgibt, Herr Wuttke zu sein...?") mit einem nicht uninteressanten Produkt auf den Markt, das die vielfältige Einstellung von Mikrophonrichtcharakteristiken am Platz des Tonmeisters ermöglicht, darunter auch solche, die man bei den üblichen Bauarten nicht so ohne weiteres realisieren kann:

http://www.schoeps.de/D-2004/polarflex.html
(Bedienungsanleitung downloaden, da steht zu Grundlagen und Funktion noch mehr drin!)

Bei diesem Konzept werden die an einem Ort gemeinsam angeordneten Mikrofone -ein Druckempfänger und ein Druckgradientenempfänger- gemischt, womit nicht nur -auch frequenzmäßig differenzierbare- Mischungen der Richtcharakteristiken entstehen, sondern auch die recht unterschiedlichen klanglichen Eigenschaften der beiden Bauprinzipien Druckempfänger (Kugel) bzw. Druckgradientenempfänger (Acht; diese Bauform bildet die Druckdifferenz des Schallfeldes vor und hinter der Kapsel) miteinander im Mix agieren. Jedes Mikrofon erhält einen eigenen Mischpultkanal, wird aber mit seinem Schwestersystem als Einheit betrachtet. Im Mix verändert man dann Pegel und Filterung der Einzelsysteme.

War schon das Verfahren von Straus durch die Massierung von ja hochwertigen Mikros recht teuer (es geht die Kunde, Straus habe Streichquartette in zweikanaliger Stereofonie mit 11, ja 12 Mikros aufgenommen....), so erreicht das durch den zusätzlichen Prozessor bei Schoeps bzw. das am Mischpult und bei der Aufzeichnung 'kanalfressende' Verfahren noch einmal eine eigene Dimension.

Man möge aber bitte nicht annehmen, dass man mit einer 'Polarflex-Anlage' hinsichtlich der Mikrofone ausgesorgt hätte. Es ist ein sehr interessantes Werkzeug mehr; verzichtet man auf Bedienungskomfort, so lässt sich der Prozessor auch in digitalen Pulten oder aufwändigeren Harddiskrecordingprogrammen (jeweils zweckmäßigerweise mit MS-Tauglichkeit) recht gut nachbilden.

Hans-Joachim
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#6
Schade eigentlich. Immer dann, wenn man etwas gefunden hat, das so einfach zu sein scheint, daß man es zu kapieren glaubt, entpuppt es sich als übersichtliche Spitze eines komplizierten Eisberges.

Was ich nie verstanden habe:
Wenn ich ein akustisches Ereignis aufzeichnen und so konservieren möchte, wie ich es gehört habe, wieso brauche ich dann mehr als 2 Mikrofone, wenn ich doch nur 2 Ohren habe? Wenn ich davon ausgehe, daß Mikrofone einen ähnlichen Frequenzgang haben wie das menschliche Gehör, wenn ich auf Monokompatibilität pfeife und wenn ich darauf verzichten will, bestimmte Instrumente, die etwas unauffällig spielen, hervorzuheben, wenn ich also so aufnehmen will wie ich höre, dann ist doch der Kunstkopf das Ende der Suche?

Daß er das nicht ist, befürchte ich zwar, aber ich weiss nicht warum.

Was ist dann von diesen "Knopf-im-Ohr"-Mikrofonkapseln (OKM) zu halten, die doch mit den eigenen Lauschern den perfekten Kunstkopf bilden müssten?

=> Hans-Joachim:
Wer seine Studienunterlagen ins Altpapier gibt, ist ein Wegwerfer. Der muss zur Strafe alles nochmals in ein Forum schreiben Wink
Michael(F)
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#7
Um an Michaels Frage nach einer einfachen Aufnahmetechnik anzuknüpfen, was ist von der Jenklinscheibe zu halten?

Man kann das Ding billig selber bauen und braucht nur zwei Mikrophone.
Also im prinzip genau das Richtige für den Anfänger. Aber wo ist der Haken?

Zum OKM kann ich sagen das man sehr realistische Aufnahmen damit machen kann.
Viele Nutzer sind von dem Ding begeistert. Es gibt von Bluthard eine Demo CD mit Amateuraufnahmen. Die müsste ich auch haben.
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#8
Lieber Michael, lieber Matthias,

ja, die nächsten Eisberge drohen durchaus.
Meine Studienunterlagen habe ich über 20 Jahre aufgehoben, dann aber schlicht keinen Platz mehr gehabt. An den Herrn Sohn war/ist all das, was mich bewegte, nicht weiterzugeben (der kriegt dereinst schon eine Bibliothek mit 8000 Bänden, die ihm nichts bedeutet, mich aber eine Eigentumswohnung kostete), ansonsten verfügte ich ja über das, was in meinen Unterlagen geschrieben stand -damals- durchaus noch flüssig. Heute, auf- und abgeklärt, geht einem das mehr auf den Geist, man hat unendlich viel vergessen, weil der ständige Umgang damit Vergangenheit wurde. Vor allem aber quält bei der Lektüre die unglaublich lebendige Erinnerung an die in der Rückschau denkbar naiven Hoffnungen damals, die man mit seinen Studien verband und von denen nichts Realität wurde. Das Lesen darin wurde für mich leicht zum Ausgangspunkt tiefer Resignation. ---

Für Kopfhörerwiedergaben bewähren sich kopfbezogene Stereofonien durchaus, solange die Außenohrübertragungsfunktion (mit den symptomatischen Verfärbungen) nicht zwei Male einbezogen wird, denn sie bestimmt über vorne-hinten-oben-unten. Das erfordert angemessene Kopfhörer-Konstruktionen, die wir heute eher selten in hochwertiger Form haben, weil das hochwertige Kopfhörerhören in der skizzierten Disziplin nicht zu den bevorzugten Massenvergnügungen zählt.

Wir hören also aus Lautsprechern, die an den jeweils zugehörigen Empfänger 'linkes' und 'rechtes' Ohr sehr flau angekoppelt sind, weshalb für alle über Lautsprecher transportierten Informationen durch den Tonmeister deutlich 'stärker' aufzutragen ist, als das bei einer Kopfhörerwiedergabe nötig wäre. Eine Aufnahme für Lautsprecherwiedergabe unterscheidet sich daher von einer für Kopfhörerwiedergabe ganz erheblich -und umgekehrt: Eine für Kopfhörer optimierte Aufnahme klingt in Lautsprechern oftmals indiskutabel.

Ein Mikrofon unterscheidet sich von menschlichen Gehör dramatisch, denn dem Mikro fehlt der nachgeschaltete Hochgeschwindigkeitsrechner (und Erfahrungsspeicher), über den unser Ohr in Gestalt des Gehirnes verfügt: Wir konzentrieren uns im Angesicht eines Orchesters auf ein Instrument und wir hören dasselbe, obgleich es akustisch gar nicht möglich wäre.

Ein Mikro aber und wir als Medienkonsumenten hinter dem Lautsprecher können derlei nicht mehr, weil die psychoakustische Erfahrungsmobilisierung mangels fremder Eindrücke nicht mehr ordentlich möglich ist. Daher dies ständige Jonglieren des Tonmeisters zwischen direktem (Stütze) und diffusem Schallfeld (Hauptmikro).

Die Jecklin-Scheibe gehört zu den Separatorentechniken, die im Grunde auch zu den kopfbezogenen bzw. vielleicht richtiger kopfbeziehbaren Stereofonien zu rechnen sind. Der Vorteil der Scheibe liegt in der Verwendbarkeit von Kugelmikrofonen bei relativ geringen Laufzeiten zwischen links und rechts. Die schwarze Schallplatte hat Probleme, größere Laufzeiten (schlechteren Korrelationsgrad) zu tolerieren, der Rundfunk dachte lange an die Monohörer und forderte mit wechselnder Schärfe die 'Monokompatibilität', die bei Laufzeitstereofonien nicht einzuhalten ist.

Jecklin kam als Rundfunktonmeister auf sein Separatorverfahren, das jedoch mit der Akustikhärte seiner Scheibenoberfläche ungünstig umgeht. Es bilden sich hier zwischen Mikro und Scheibenoberfläche hörbare Kammfiltereffekte aus (der Schaumstoff hilft nur bei höchsten Frequenzen), die diese Anordnung etwas aus dem Fokus gerückt haben. Sieht man sich allerdings die Frequenzgänge einer A-B-Stereogruppe an, so sieht der eminent 'verzipfelt' keineswegs besser aus, ja im bezug auf indirekt strahlende Lautsprecher (Wandreflexe) fragt man sich sogar, ob unser Gehör nicht eine Verschärfung dieser Kammfiltersituation sogar schätzt (solange man es nicht als unnatürlich wahrnimmt).

Die -allerdings wenig universell einsetzbare- Kugelfläche umgeht alle diese Probleme auf reizvolle Weise, ließ (es ist diesbezüglich inzwischen sehr ruhig geworden in den einschlägigen Szenen) bei Vergleichstests aber immer sprachlose Hörer zurück; der Hörer weiß offenbar nicht recht, wie er den Klang beschreiben soll, der vermutlich dem Original sehr nahe kommt, was aber vom Hörer angesichts einer medialen Wiedegabe als nicht 'real' möglich empfunden wird. Unser Gehör braucht bei medialer Wiedergabe also wohl 'etwas', woran es sich anhängen kann.
Der Frequenzgang der Kugelfläche ist im diffusen wie im freien Schallfeld gleichermaßen sehr gut! Das ist die einzige Hauptmikrofontechnik, für die das gilt.
Jedoch: Der Aufnahmewinkel (der Winkel, den eine Stereo-Mikrofonanordnung bestreicht und auf die 2x30 Grad der Normabhöre überträgt) ist nicht einstellbar, sondern liegt fix bei etwa 90 Grad, das Ding ist relativ auffällig und vor allem sehr, sehr teuer. Für quasi dokumentarische Aufnahmen hat sie oft große klangliche Vorteile, mit Tricks kann man auch an ihrem Aufnahmewinkel manipulieren (übrigens auf dem oben angesprochenen Wege des Straus-Paketes). Dennoch: Ein Kochrezept ist diese Anordnung genausowenig.

Ich lasse es hiermit einmal bewenden. Man kann stundenlang über dies Thema verhandeln, was aber besser in Rückkopplung mit dem Gesprächspartner erfolgt. Vielleicht reden wir bei einem persönlichen Treffen einmal mehr darüber.

Hans-Joachim
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#9
Was die Polymikrophonie angeht: Das hat nicht auf Anhieb geklappt, erst mit der Zeit und vielen verhunzten Aufnahmen stellte sich etwas Erfahrung ein. Anfänglich hatte ich auch viel mit Phasendrehern in Leitungen zu kämpfen, aber irgendwann war der Punkt erreicht, wo eine für Amateurmaßstäbe schöne Aufzeichnung recht sicher wurde. Mit Glück konnte ich einen Soundcheck machen, oft aber nur meine Mikros aufbauen und während der ersten Stücke abmischen, natürlich nicht im Kontrollraum, sondern neben der Bühne über Kopfhörer. Daher rührt meine Bewunderung für die Leute vom Rundfunk, die an wechselnden Orten mit den unterschiedlichsten Bedingungen fertigwerden müssen und stets erstklassige Ergebnisse liefern. Aber Tonmeister wird man nicht durch ein Wochenendseminar.

>>von RealHendrik:Verstehe ich das richtig? Du nimmst an, das Achtermikro nimmt zum einen den Schall von vorne und zum anderen den Schall von hinten auf? Nee, Irrtum! Das S-Mikrofon ist das Seitenmikrofon, d.h. der Schall wird von links und rechts aufgenommen... Vielleicht ist da in Deiner Überlegung der Knackpunkt?<<

Nach meinem Verständnis ist ein 8er doch "nur" zwei Rücken an Rücken stehende Mikrofone. Klar nimmt es von den Seiten auf, aber wenn ich die Längsachse verlängere, wird doch der Schall VOR dem Mikro in Längsrichtung rings um diese Längsachse aufgenommen. Aber um die Querachse herum ebenfalls, also auch Geräusche von hinten, wenn ich mit "vorn" die dem Orchester zugewandte Seite (Querachse, 90 Grad zu Längsachse) definiere. Diesen Störschall wollte ich mit der Nierencharakteristik verringern.

Was die geringere Klangqualität angeht, werden denn nicht die Richtwirkungen durch ein geschickt dimensioniertes Labyrinth auf der Rückseite der Kapsel, welches definierte Anteile des Schalls quasi umleitet, erzeugt? Einige, i. d. R. hochwertige Kondensatormikrofon haben umschaltbare Charakteristika, und auch bei 8er Mikros sind die Polardiagramme keineswegs gleichmäßig. Vermutlich eine Folge von Auslöschungen, Resonanzen oder Phasenversatz im o. a. Labyrinth.


Vermutlich ist es nicht notwendig, umschaltbare Mikros zu nehmen. Ich denke aber, dass es sinnvoll wäre, zwei gleiche Mikes zu verwenden, eines als 8er für die Seiteninformation und eines als Kugel ( Niere) für das Mittensignal. Oder kann man da mischen, meinetwegen Sennheiser Mitte, AKG Seite?
Ist denn ein MS- Signal so ohne weiteres auf Band zu nehmen? Dann habe ich doch auf einer Spur die Seiteninformation, auf der anderen das Mittensignal, und so kommt es aus den Lautsprechern. Wo bleiben denn da Summen- und Differenzsignal?


=> Phonomax: Zuerst einmal vielen Dank für die Fundstellen im Internet; die Seite von Schoeps habe ich zwar besucht, aber den Aufsatz wohl übersehen. Ich werde diese Schrift wohl ausdrucken und mit Muße studieren.

Hier wurde geschrieben, dass für das M/S- Verfahren in der Mitte ein Kugelmikrofon benutzt werden solle, Schoeps empfiehlt ein Nierenmikro, gibt aber eine betonte Mittenortung an.

Grundsätzlich scheint aber das M/S- Verfahren nicht so einfach beherrschbar zu sein, wie ich es mir vorgestellt habe. Der Grund für meine Frage ist, dass ich aus einer Auflösung gebrauchte, im Verhältnis zum Neupreis, recht preiswerte AKG- Mikrofone bekommen könnte. Die würden natürlich meine Ausrüstung erheblich aufwerten, arbeite ich doch bislang ausschließlich mit dynamischen Mikrofonen.

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Die Kunstkopfstereofonie war in den 70er eine kurze Zeit sehr populär, ist aber bald wieder in der Versenkung verschwunden. Einer der Gründe war wohl, wie PhonoMax angeführt hat der Klang, der über Kopfhörer ( ich habe gerne die offenen Sennheiser- Hörer benutzt) sehr schön war, aber über Laustsprecher mitunter Mängel hatte. Meiner Meinung nach kam die Musik irgendwie von hinten - oben, von da wo mitunter ein häßlicher Brumm seinen Ursprung hat.

Wenn ich mich recht erinnere hatte AKG einen recht kantigen Kunstkopf namens "Harry" im Angebot. Auch der unvermeidliche Jean Pütz machte, so meine Erinnerung, natürlich Bauvorschläge für Dummies zum ökologisch korrekten selbst stricken. All das liegt heute neben Rubik´s Würfel verstaubt in Hinterzimmern.



Frank ( darklab )
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#10
Zitat:Frank postete
Was die Polymikrophonie angeht: Das hat nicht auf Anhieb geklappt, erst mit der Zeit und vielen verhunzten Aufnahmen stellte sich etwas Erfahrung ein. Anfänglich hatte ich auch viel mit Phasendrehern in Leitungen zu kämpfen, aber irgendwann war der Punkt erreicht, wo eine für Amateurmaßstäbe schöne Aufzeichnung recht sicher wurde. [...] Aber Tonmeister wird man nicht durch ein Wochenendseminar.
Genau das. Ich habe ja auch nicht behauptet, dass man nicht allmählich Erfahrungen in der Polymikrofonie bekommt...

Zitat:Frank postete
>>von RealHendrik:Verstehe ich das richtig? Du nimmst an, das Achtermikro nimmt zum einen den Schall von vorne und zum anderen den Schall von hinten auf? Nee, Irrtum! Das S-Mikrofon ist das Seitenmikrofon, d.h. der Schall wird von links und rechts aufgenommen... Vielleicht ist da in Deiner Überlegung der Knackpunkt?<<

Nach meinem Verständnis ist ein 8er doch "nur" zwei Rücken an Rücken stehende Mikrofone. Klar nimmt es von den Seiten auf, aber wenn ich die Längsachse verlängere, wird doch der Schall VOR dem Mikro in Längsrichtung rings um diese Längsachse aufgenommen.
Tja... zwei Rücken an Rücken stehende Mikrofone... im Prinzip schon. Aber die Richtcharakteristik bildet sich - je nach Bauweise - nicht in der Richtung der physischen Mikrofonachse aus, sondern quer dazu (bzw. ordnet man die Acht beim MS-Aufbau so an, dass die Empfindlichkeit jeweils links und rechts am grössten ist und nicht vorne und hinten). Vielleicht hast Du da Verständnisprobleme?

Zitat:Frank posteteWas die geringere Klangqualität angeht, [...]
Richtmikrofone sind nicht generell von niedrigerer Klangqualität. Im Gegensatz zu den reinen Druckempfängern (Kugeln) haben Druckgradientenempfängern einen entfernungsabhängigen Frequenzgang. Der Nahbesprechungseffekt (Bassanhebung bei geringen Besprechungsabständen) bei Nieren ist wohl der bekannteste Effekt. Daher rührt der "schlechte Ruf" der Nieren (sofern man von schlechtem Ruf sprechen kann)...

Zitat:Frank postete Vermutlich ist es nicht notwendig, umschaltbare Mikros zu nehmen. Ich denke aber, dass es sinnvoll wäre, zwei gleiche Mikes zu verwenden, eines als 8er für die Seiteninformation und eines als Kugel ( Niere) für das Mittensignal. Oder kann man da mischen, meinetwegen Sennheiser Mitte, AKG Seite?
Für den Frequenzgang wichtig ist auf jeden Fall die Mitte. Das sollte ein qualitativ bestmögliches Mikro sein, dass auch noch nach Möglichkeit ALLES aufnimmt. Also Kugel.

Das Seitenmirkofon ist jetzt "nur noch" dafür da, die Richtungsinformationen aufzunehmen. Natürlich wäre auch hier ein bestmögliches Mikro zu nehmen, aber die Links-Rechts-Information wird durch Addition und Subtraktion des S-Mikros zum und vom M-Mikro vorgenommen. Logischerweise beeinflusst die Zumischung der Summen- und Differenzsignale auch den Frequenzgang der Kugel, aber das ist weit weniger gravierend, als zum Beispiel von vorneherein zwei Nieren für XY-Stereofonie zu verwenden

Zitat:Frank postete Ist denn ein MS- Signal so ohne weiteres auf Band zu nehmen? Dann habe ich doch auf einer Spur die Seiteninformation, auf der anderen das Mittensignal, und so kommt es aus den Lautsprechern.
Nein, so einfach geht es natürlich nicht. Aber ein Matrix-Gerät ist nicht unbedingt erforderlich. Es genügt, das M-Mikrofon an einen Mischpultkanal anzuschliessen. Das S-Mirkofon musst Du allerdings an zwei Kanäle anschliessen: Einmal in Phase, das andere mal in der Phase um 180° gedreht. Ein kleiner Adapter sollte sich leicht basteln lassen. - Das Problem ist natürlich (ausser einer möglichen Phantomspeisung) eine Impedanzfehlanpassung, wenn Du ein Signal (vom S-Mikro) auf zwei Kanäle gibst. Wenn Du jedoch elektronisch bewandert bist, hast Du vielleicht die Möglichkeit, in Deinem Mischpult einen Eingriff zu machen und das Signal hinter einem IMpedanzwandler phasengedreht abzugreifen und auf einem weiteren Kanal einzuspeisen.

Jetzt hast Du drei Kanalzüge an Deinem Mischpult in Aktion. Der Kanal mit dem M-Signal stellst Du das Panpot stur auf Mitte, und hier erfolgt auch die Hauptklangbeeinflussung (Pegel, Klangsteller usw.). Bei den beiden anderen Kanälen drehst Du den einen Panpot stur nach links, den anderen stur nach rechts (welcher wohin, dass hängt von der Phasenlage ab. Ausprobieren!).

Mal angenommen, Du hast den M-Kanal richtig ausgesteuert, und der Pegel der S-Kanäle ist auf 0. Jetzt bekommst Du ein astreines Monosignal des akustischen Geschehens am Mischpultausgang. - Je mehr Du jetzt die beiden S-Kanäle aufdrehst, desto breiter wird das Stereobild. Wichtig ist nur, dass die beiden Kanäle möglichst pegelgleich gestellt werden. Du hast jetzt also die Möglichkeit, sozusagen die Basisbreite - oder den XY-Öffnungswinkel - elektronisch zu verstellen. Wie es am Besten klingt, ist wieder durch ein bisschen Erfahrung schnell zu lernen...

Übrigens lässt sich ein MS-Signal einwandfrei in ein XY-Signal "umrechnen":

X = (M+S), Y = (M-S).

(Jetzt erkennst Du sicher auch, welchen Anteil die Seitensignale an der Stereobreite haben. Und mit etwas Fantasie merkst Du auch, dass für den Klang immer noch das M-Signal die Hauptverantwortung hat!)

Zitat:Frank postete
Hier wurde geschrieben, dass für das M/S- Verfahren in der Mitte ein Kugelmikrofon benutzt werden solle, Schoeps empfiehlt ein Nierenmikro, gibt aber eine betonte Mittenortung an.
Stimmt. Jetzt wird nämlich nicht mehr der gesamte Raum erfasst, sondern wieder "Frontalsignale" bevorzugt. Die betonte Mittenortung bedeutet ja nicht, dass die Stereobreite begrenzt wird, sondern nur der Raumeindruck ein wenig "mittiger" wird. (Kann es sein, das Schoeps keine Kugelkapseln mehr baut?)

Zitat:Frank posteteGrundsätzlich scheint aber das M/S- Verfahren nicht so einfach beherrschbar zu sein, wie ich es mir vorgestellt habe.
Es geht. Mit ein wenig Übung lässt sich MS-Mikrofonie etwa genauso beherrschen wie XY-Mikrofonie. Es ist halt ein klein wenig anders, verspricht aber deutlich bessere Ergebnisse...

Gruss,

Hendrik
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#11
N' paar Dinge doch noch:

Wenn es oben so scheint, dass man MS-Signale grundsätzlich im Mischpulteingang schon auf X/Y dematrizieren müsste, so ist dem nicht so. Man kann MS-Signale tadellos auf Magnetband aufzeichnen. Nur vor dem Hören, da sollte, da muss man natürlich dematrizieren, denn sonst klingt's doch etwas abstrus.
Man kann im Grunde jedes X/Y-Signal in MS umwandeln und danach die Basisbreite durch Beeinflussung des S-Signales verändern, was in der Tontechnik die Bezeichnung Shuffling erhalten hat.
Eine Matrix kann man sich mit Hilfe einiger Op-Amps sehr leicht bauen.

Übrigens habe ich die Aufsätze Wuttkes bewusst nicht spezifiziert, weil praktisch in jedem Informationen verborgen sind, die man sich einprägen sollte, was für den Laien ebenso wie den Tonmeister gilt. Lesen sollte man daher alles. Dezidiert hingewiesen habe ich lediglich auf die Bedienungsanleitung zum Polarflexsystem, weil in dieser mehr zum Prinzip steht als in der knappen Produktbeschreibung auf der Seite selbst.

Übrigens wird die (schwarze Stereo-)Schallplatte in Seiten- und Tiefenschrift geschnitten, wofür man ein M- und ein S-System einsetzt.

Und auch der Stereo-Multiplexrundfunk überträgt ein MS-Signal. Auf dem Hauptträger liegt das M-Signal, wogegen der Hilfsträger, der bei den Monofonikern im Orkus landet, mit dem Seitensignal moduliert ist.

Hans-Joachim
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#12
.
=> Hendrik: Puh, da habe ich ja wieder mal einiges von Deiner Zeit in Anspruch genommen, vielen Dank dafür.

Im Nachhinein betrachtet hätte ich das mit dem Phasendreher des S- Signals auch selber bemerken können. Jedenfalls ist es bei meinem Pult möglich, ein ankommendes Signal hinter dem Eingangsverstärker wieder auszuführen und über ein "gedrehtes" Kabel an anderer Stelle einzuspeisen. So gibt es keine Fehlanpassung und ein Abblocken der Phantomspannung entfällt ebenfalls.

Schoeps liefert sehr wohl noch Kugelkapseln, jedenfalls werden sie auf der HP angeboten.

Es ist nicht ganz einfach, die Problematik der Richtungsempfindlichkeit des 8er Mikrofons, bzw. meine Sichtweise in Worte zu fassen, grundsätzlich denke ich, dass wir das Gleiche meinen.

Beispiel: Das hypothetische Mikrofon steht nicht mit dem Korb oben und Schaft unten, sondern hat die Form eines waagerecht zwischen dem Hörer und der Schallquelle liegenden Zylinders. Um diesen gedachten liegenden Zylinder befindet sich ein
liegender Kreis, 0 Grad auf den Hörer zeigend
90 Grad auf 9 Uhr, linke Seite
180 Grad auf 12 Uhr, zum Orchester zeigend
270 Grad auf 15 Uhr, rechte Seite
360 Grad = 0 Grad auf den Hörer zeigend

Das Mikro nimmt links bei 45, 90 und 135 auf der rechten Seite bei 125, 270 und 310 Grad auf, bei 0 (360) und 180 Grad ist es aber mehr oder weniger taub.
Stellt man den Kreis nun senkrecht, gilt das oben Gesagte ebenso. Daraus folgere ich, dass rechts und links um das gedachte Zylindermikrofon eine kugel- halbkugel- oder breitnierenförmige Empfindlichkeitszone im Raum steht. Innerhalb dieser Zone wird dann dreidimensional erfasst. So war das gemeint. Diese Überlegung führte dazu, dass ich diesen gedachten Mikrofonzylinder V- förmig waagerecht zur Schallquelle hin gebogen habe und im Denkmodell durch Nierenmikrofone zwecks Ausblendung von rückwärtigem Störschall ersetzt habe. Mittlerweile, da ich die Arbeit etwas habe schleifen lassen und statt dessen gelesen habe, sind mir einige Sachen klarer als zuvor. Besonders klar ist mir leider, dass der Feierabend sich nach hinten verschiebt.Sad

Jetzt kommt mir der Gedanke, dass der Idealfall sein könnte, die Musiker in zwei Halbkreisen um eine M/S- Mikrofonanordnung herum platzieren sollte.
Ferner: wenn man auf die Idee kommen sollte bei M/S oder X/Y Anordnung Stützmikros einzusetzen, müßte das besonders bei großen Klangkörpern zu bösen Laufzeitfehlern führen?


Frank ( darklab )
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#13
Zitat:PhonoMax postete
Wenn es oben so scheint, dass man MS-Signale grundsätzlich im Mischpulteingang schon auf X/Y dematrizieren müsste, so ist dem nicht so. Man kann MS-Signale tadellos auf Magnetband aufzeichnen. Nur vor dem Hören, da sollte, da muss man natürlich dematrizieren, denn sonst klingt's doch etwas abstrus.
Klar kann man ein MS-Signal pur auf die Maschine bannen. Nur erhält man dann nichts Brauchbares, zumindest kein "Stereo"-Signal.

Zitat:PhonoMax postete
Übrigens wird die (schwarze Stereo-)Schallplatte in Seiten- und Tiefenschrift geschnitten, wofür man ein M- und ein S-System einsetzt.
Stimmt so nicht ganz. Bei der Schallplatte ist es eher XY-Schnitt, und zwar genaugenommen eine Schrägschrift (45°-Schnitt). Die eine Rillenflanke ist der eine Kanal (X), die andere Rillenflanke der andere Kanal (Y). Es gibt dort weder Summen- noch Differenzsignale. (Ausgenommen besondere Vierkanalschnitte.)

Zitat:PhonoMax postete
Und auch der Stereo-Multiplexrundfunk überträgt ein MS-Signal. Auf dem Hauptträger liegt das M-Signal, wogegen der Hilfsträger, der bei den Monofonikern im Orkus landet, mit dem Seitensignal moduliert ist.
Nein. Da ist es noch einfacher: Es wird einmal das Summensignal (X+Y) und einmal (!) das Differenzsignal (X-Y) übertragen und schliesslich dematriziert. (Anm.: Uh, jetzt schreibe ich doch "halben Unsinn": Jetzt wo ich's schreibe, merke ich es natürlich: X+Y ist natürlich das M-Signal, und X-Y das S-Signal... Also hast Du doch recht mit M- und S-Signal...)

Gruss,

Hendrik

Hendrik
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#14
Zitat:Frank postete
=> Hendrik: Puh, da habe ich ja wieder mal einiges von Deiner Zeit in Anspruch genommen, vielen Dank dafür.
Keine Ursache. Macht mir ja Spaß.

Zitat:Frank postete
Im Nachhinein betrachtet hätte ich das mit dem Phasendreher des S- Signals auch selber bemerken können. Jedenfalls ist es bei meinem Pult möglich, ein ankommendes Signal hinter dem Eingangsverstärker wieder auszuführen und über ein "gedrehtes" Kabel an anderer Stelle einzuspeisen. So gibt es keine Fehlanpassung und ein Abblocken der Phantomspannung entfällt ebenfalls.
Na, perfekt!

Zitat:Frank postete
Jetzt kommt mir der Gedanke, dass der Idealfall sein könnte, die Musiker in zwei Halbkreisen um eine M/S- Mikrofonanordnung herum platzieren sollte.
Ferner: wenn man auf die Idee kommen sollte bei M/S oder X/Y Anordnung Stützmikros einzusetzen, müßte das besonders bei großen Klangkörpern zu bösen Laufzeitfehlern führen?
Nein! Wenn Du die Musiker als homogenen Klangkörper verstehen willst, dann stelle sie ganz "natürlich" auf. Du erhältst mit der MS-Technik - wie beschrieben - ein wirklich gutes Stereosignal (XY) mit guter räumlicher Abbildung, so dass Du sämtliche Gedanken an bestimmte Musikeraufstellungen schlicht vergessen kannst. Würdest Du sie in zwei Halbkreisen aufstellen, dürfte in der Mitte ein "Loch" in der räumlichen Abbildung entstehen. (Denke mal nicht immer an die reine Polymikrofonie. Hauptmikrofonie ist grundsätzlich anders!)

Und was den Einsatz von Stützmikrofonen angeht, hast Du mit den Laufzeitdifferenzen leider recht. Wenn das Ensemble klein ist und der Abstand zwischen Hauptmikro und Stützen klein ist (unter 10 Meter), zudem der Pegel der Stützen nicht sehr hoch ist, kannst Du das Problem mit den Laufzeitunterschieden vergessen.

Die Profis arbeiten tatsächlich mit Verzögerungslinien für die Stützen, sprich ein Digital Delay oder so ähnlich. Das wird natürlich ziemlich aufwendig, wenn man mit vielen Stützen arbeitet.

Wenn man - wie gesagt - ein homogenes Ensemble hat, ohne "Probleminstrumente", dann muss nicht bis kaum mit Stützen gearbeitet werden. Aber vielleicht verrätst Du mal, mit was für Ensembles es Du zu tun hast. Vielleicht kann ich Dir ein paar Tips geben, ob und wie was gestützt werden müsste...

Gruss,

Hendrik
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#15
Hallo Hendrik,

in der Regel sind es kleine Gruppen, vom Trio bis zum Sextett, selten darüber. Stilistisch meist Jazz, aber stets akustische Musik, also nix mit Drumbox oder Bläser aus dem Rechner. Kammermusik würde ich gerne mal versuchen, aber die sind selten, und die Symphoniker sind dac so elitär wie ein gutes Restaurant, da gibt´s nichts zum Mitnehmen Wink

Mit der Antwort ist es nicht so eilig, ich habe hier zur Zeit etwas Stress mit der Arbeit, aber besser so als nichts zu tun.


Grüße,

Frank
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#16
Hört sich ja schon mal gut an. Kannst Du noch die Instrumente spezifizieren? Schlagzeug dabei? Kontrabass? Gitarre?

Kammermusik ist vergleichsweise simpel. Streichquartette, auch Ensembles dieser Stärke mit Klavier, müssen praktisch nicht gestützt werden. Gebläse mitunter ja (Horn ist "schwierig").

Ich bin jetzt erstmal bis Oktober im Urlaub...

Gruss,

Hendrik
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#17
Hallo Frank,
kann man mal etwas von Deinen Aufnahmen hören. Mit ein paar Erläuterungen, wie sie gemacht wurden, liese sich das ganz gut für einen Audiobeitrag verwenden, den ich bei intertape vorstellen würde.

Grüsse von Hanspeter
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#18
Zitat:Frank postete
ich habe hier zur Zeit etwas Stress mit der Arbeit, aber besser so als nichts zu tun.
Hallo, Frank! Bin wieder aus dem Urlaub zurück und wir können unsere "Debatte" wieder aufnehmen... Allerdings wird bei mir auch in nächster Zeit etwas mehr Stress auf der Arbeit herrschen, dass möglicherweise meine Antworten sich etwas verzögern...

Gruss,

Hendrik
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