PhonoRex
#1
Nachdem mir nun der Wolfgang freundlichst beim Aufräumen behilflich ist, wobei ich die Arbeit und er den Nutzen hat Big Grin , fiel mir auch endlich wieder meine PhonoRex in die Hände...die selbstverständlich immer noch funktioniert, soweit ich das beurteilen kann.

Hierzu ein paar Fragen (an Phonomax Wink ):

Was ist mit 'Diode' gemeint? Es gibt Regler und einen 3pol Anschluß. Da es aber auch einen Mikrofonanschluß und hinten Ein- und Ausgänge gibt, erscheint dieser Anschluß zunächst etwas überflüssig...vielleicht Kopfhörer?

Ganz links auf dem Gerät befindet sich eine Art Knopf. Man kann ihn nicht drehen und nicht drücken. Ist das ein Dummy, oder könnte er vielleicht eine Aufnahmeleuchte beinhalten?

Wo sitzt nochmal die Seriennummer, die ich ablesen sollte?...kann sie so schnell nicht wiederfinden Wink
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#2
Lieber Andreas,

nachdem ich einige Tage aufnahmebedingt aushäusig war (ja , das gibt es auch im Klassiksektor noch...), konnte ich nicht stante pede antworten. Das hole ich jetzt aber schleunig nach; also:

Dein 'Tonkönig' ist eine Schulversion ohne Einkreis-Rückkopplungsempfänger, der normalerweise (und vor allem qualitätsmindernd) im PhonoRex eingebaut war. Dein Gerät verfügt stattdessen über ein Mischpult, das die Mischung/Umblendung eines Mikrofonsignales und eines Line-Signales ("Diode") gestattet. Als Mastersteller fungiert das Poti "Aussteuerung" (links des magischen Fächers), daraufhin folgt nach links fortschreitend die in deinem Falle kleine Tuchelbuchse für den Mikroanschluss, daraufhin kommt -mutmaßlich- der Dioden- bzw. Line-Eingang als Kleintuchelsteckdose. Die Beschaltungstechnik der Eingänge wurde bei Ihles meistens unsymmetrisch festgelegt, ich besitze jedoch auch einen (unter zwischenzeitlich fünf) PhonoReges, der offenkundig ab Werk mit einem Miniatur-Symmetrieübertrager der Fa. Beyer recht altertümlicher Bauart ausgestattet ist. Es lohnt sich daher, unter die Frontplatte zu sehen.
Der Mikroeingang ist extrem hochohmig, neuzeitliche dynamische Mikros arbeiten also nur mit einem Übertrager 1:20 oder 1:30 zufrieden stellend. Die angenäherte Schaltung deines Gerätes müsstest du von mir als TIF- oder JPG-Folge besitzen. Nahezu jedes gerät Ihles weist individuelle Merkmale auf, weshalb eine gedruckte Schaltung für dein spezielles Gerät möglicherweise nie existierte. Vielleicht hast du mitbekommen, dass im Besitz der Fa. Austerlitz, die auch zu Ihle-Clan gehört, ein PhonoRex exitiert, der bedrohlich nach einem der Prototypen aussieht. Er sieht auch so aus... Weiterhin tauchte vor einiger Zeit ein PhonoRex etwa deiner Bauart mit 19 und 38 cm/s auf. Es gab offenbar nichts, was es nicht gab.

Dagegen gehörten Kopfhörer beim guten Maxen nicht ab initio zum guten Ton, es sei denn, man nützt heute den eingebauten kleinen Endverstärker dafür.

Der rechte der beiden Steller in der Mitte ist ein Überblendregler (linke Sellung: 100 % Diode, rechts: 100% Mikrofon). Die Aufgabe des Potis daneben weiß ich im Augenblick nicht; wenn du mir mitteilst, was drunter steht, wird auch in diesem Falle Dr. Alzheimer von mir weichen. Der Regler "Mithören" gestattet, den Gerätelautsprecher während der Aufnahme lautstärkemäßig den Gegebenheiten anzupassen.

Der 'Knopp' ganz links ist keiner und schon gar kein Dummy, sondern ein richtig schöner, mit einer individuell gefertigten Schriftmaske versehener Leuchtmelder. Wenn du die knallrote Aufnahmetaste drückst, muss dieser Leuchtmelder mit richtig schön lesbarer Schrift braunrot (aha, schon wieder) "Löscht" anzeigen. Das hat schon immer etwas hergemacht.

Die Seriennummern stehen bei Ihle an zwei Stellen: Sieht man seitlich rechts vor dem offenen Gerät stehend von oben auf den oberen Rahmen, so ist dort eine Nummer aufgestempelt. Diese ist über deine Fotos mit gewisser, 'sukzessiver Approximation' als zwischen 26823 und 26980 liegend identifizierbar. Besser dürfte sie auf der Innenseite einer der Tonkopfabdeckschalen lesbar sein, wo dein Gerät (ein spätes der dritten Serie) mit derselben Nummer wie auf dem Rahmen aufwarten sollte. Dein Gerät dürfte um das Weihnachtsfest 1956 das Licht der Welt erblickt haben, der 50. Geburtstag steht also noch bevor.

Mich interessiert natürlich, was unter dem Drehknopf links der Mitte eingraviert steht. Ich vermute "Diode", weil damit die Pegelvorregelung des Dioden-Einganges vorgenommen werden soll.

Hans-Joachim
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#3
Ich werde mich heute abend um alles kümmern. Eine 5stellige Nummer, beginnend mit einer '2' habe ich auf dem Rahmen entdeckt - soviel aus dem Gedächnis. Auch die schöne Leuchtanzeige, die tatsächlich etwas hermacht, habe ich auch entdeckt Wink

Noch eine Frage an den PhonoRex-Experten:

liegen keine Spulen auf, hat das Gerät im 'Start'-Betrieb eine vertretbare Geräuschentwicklung. Sobald ein Band aufliegt und ein echter Betrieb erfolgt, wird es aus dem rechten Teller sehr laut. Ich muss dazu sagen, dass der Riemen dringend gewechselt werden muss - diesbezüglich habe ich gestern meine Angel ausgeworfen, vielleicht bekomme ich adäquaten Ersatz. Ist es nun der Riemen oder ein bekanntes PhonoRex-Problem? Der Teller wirkt auf mich fremdartig, ich wüßte auf Anhieb nicht, wo ich schmieren sollte, wenn denn ein solcher Eingriff Not tut...
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#4
Hier ein paar Bilder der angesprochenen 19/38 cm/s Variante:

www.magnetofon.de -> Downloads -> Geräte -> Phonorex
(aber jetzt nicht alle auf einmal ... ist nur ein alter 486er Smile )

Der "Löschindikator" ist genau das von Hans-Joachim angesprochene Teil ... Die Bilder sind der erste "Quick-Shot" nach dem Empfang und Auspacken. Der PhonoRex bedarf noch einer gründlichen Reinigung. Auch sind einige Kondensatoren geplatzt ... Also noch reichlich Arbeit.

Gruß
Michael
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#5
Lieber Andreas,

das von dir mutmaßlich monierte Gerappel rührt von der gewichtsabhängigen Rutschkupplung des PhonoRex her, mit der man (also die Ihle-Crew) die großen Bandmassen der 25-cm-Spulen zu beherrschen versuchte. Diese Kupplung arbeitet natürlich nicht, wenn kein Band aufliegt, weil dabei der Wickelteller die Umlaufgeschwindigkeit der Mitnehmerplatte annimmt, also schlupffrei transportiert wird.
Beim schnellen Vorlauf übrigens wird die Rutschkupplung elektromagnetisch überbrückt, was eine elegante Lösung darstellt.

Die Rutschkupplung selbst besteht aus der Mitnehmerplatte, die über Riemen von der durch Schlingfedern an die Motorachse gelegten Riemenscheiben bewegt werden. Die Schlingfederkupplungen erweisen sich wegen des nicht nur pol-, sondern auch drehrichtungsumschaltbaren Papst-Käfigläufers -der PhonoRex nimmt in zwei Richtungen auf- als notwendig. In der Mitnehmerplatte befinden sich sechs Filzpfopfen, die ursprünglich durch unter hohem Druck eingepresstes Graphit verdichtet waren. Dies Verfahren scheint sich aber nicht nur in meiner Familie nicht bewährt zu haben, sonden auch bei den Ihle-Mannen, denn die späteren Geräte erhielten Filzpfropfen mit einem Graphit-Auftrag (gehärtete Paste). Mein Herr Papa weiland benützte als Binder Wasserglas, was sich sehr bewährte, wohingegen die Pfropfen aus des Meisters (Ihle) Werkstatt offensichtlich Fettbestandteile enthielten, die die Gleichlaufwerte des PhonoRex in den Keller verschoben.

Eine Beschreibung der Anfertigung dieser Pfropfen sollte sich als Teil des seinerzeit übermittelten Bestandes in deinem Besitz befinden und gleichzeitig den Erwerb der Befähigung ermöglichen, deutsche Kurrentschrift zu lesen....


Jenen Graphitauftrag schleift man mit einem dem Wickelteller ähnlichen Werkzeug plan (ich habe das meine vor vielleicht acht Jahren befördert....), ohne die Graphitauflage gänzlich abzutragen. Deine Propfen, so vermute ich, laufen nicht plan oder sind möglicherweise nicht richtig in ihre Haltbüchsen eingeschoben, weshalb der Lärm vielleicht (!) etwas zu groß ist.
Außerdem steckt hinter dem Bandtransport des PhonoRex durchaus Kraft, weil die etwa 700 Gramm Bandmaterial ja halbwegs zuverlässig bewegt werden wollen. Geräuschlos geht das nicht ab. Mit etwas Gerappel musst du dich abfinden, wir sind hier nicht bei Grundig, wo bei 18 cm Schluss war. (Warum wohl?)

Rutschkupplungen dürfen grundsätzlich nicht geschmiert werden, weder auf die Pfropfen noch auf die Mitnahmefläche des Wickeltellers gehört auch nur ein Tröpfchen Öl. Gelangt von der Führungsachse nur ein Spritzer auf die Rutschkupplung, kannst du den Gleichlauf des PhonoRex vergessen.


Übrigens besaß auch das Ferrophon eine Rutschkupplung, die allerdings durch eine hochpräzise kegelig geschliffene Sinter-Stahlkombination besorgt wurde. Früher oder später war man aber wohl auch bei Ihle diesen Mechanik-Zirkus leid, denn das dritte und letzte Gerät im Bunde ("Bayreuth") war ein Dreimotoren-Laufwerk, dies jedoch mit 18-cm-Spulen...., aber mit kompletter Relaissteuerung (1955!), steckbarem Mechanik- und Elektronik-Chassis und natürlich dem Ihle-Reverse-Betrieb.

Die Riemen zum Antrieb der Wickelteller sind wohl nicht schweißbar, bestehen aber aus einer überaus hochwertigen Mischung; da schmiert selbst nach 50 Jahren in pkw-abgas-gechwängerter Luft nichts.

Insofern verwundert nicht, dass alle Tonkönige meiner Sammlung bis auf einen sichtlich ihre originale Bestückung bewahrten. Leider sind diese Riemen heute -nach 50 Jahren- ausnahmslos überdehnt, weshalb sie beim schnellen Bandtransport rutschen.

Die Tonwellenriemen aber sind nach wie vor als Meterware im Gummihandel zu beziehen und können mit einem geeigneten Lötkolben (und etwas Übung) abgelängt und am Gerät geschweißt werden.

Wenn ich jetzt noch die definitive Seriennummer deines Gerätes erführe...


Hans-Joachim
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#6
Vielen Dank für die Hinweise! Die kleinen schwarzen Pfropfen im Tellerinneren habe ich schon gesehen, sie sehen recht ramponiert aus.

Die Seriennummer wird verblüffen, denn gemutmaßt wurde "26823 und 26980", meine Maschine zeigt als Nummer jedoch 26988 und liegt somit leicht über dem Höchstwert. Was hat das nun für Auswirkungen?

Die Regler auf meiner PhonoRex sind wie folgt von links nach rechts 'bestanzt':

Mithören, Tonblende, Umblender, Aussteuerung

Der Umblender hat links noch das Wort 'Diode' stehen und recht das Wort 'Mikro'.
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#7
Lieber Andreas,

bezüglich der Nummern sollten wir uns keine grauen Haare wachsen lassen; dein recht spätes Gerät bleibt eines der 3. Serie und sollte um den Jahreswechsel 1956/57 gebaut worden sein. Lediglich die 38er Version Michaels ist noch jünger. Sie (27062) wird wohl im März 1957 als eines der letzten Geräte überhaupt gebaut worden sein. Ab 30. Juni (und dem Umzug nach Kulmbach) wurde ja Ihles Bandgerätefertigung eingestellt, womit ein Teil der Belegschaft "die Maxen wechselte"; so zumindest beschrieb das Alfred Austerlitz, der diverse Ihle-Leute in Grundigs "größtem Bandgerätewerk der Welt" (Bayreuth) entdeckte.

Mich interessiert die genaue Seriennummer deines Gerätes lediglich für eine von mir geführte Liste derjenigen PhonoReges, die noch mehr oder minder unter den Lebenden sind. Ich hoff(t)e auf diese Weise, Einblick in die Bauartentwicklung und vor allem die generell gebaute Geräteanzahl zu erhalten. Hier weiß ich inzwischen auch allerlei mehr. Die gebaute Anzahl dürfte 400 Exemplare pro Jahr nie überstiegen haben, so dass sich die Gesamtzahl auf höchstens etwa 2000 Einheiten beläuft. Zudem wurde wohl intentionell von Anfang an durchnummeriert, wobei die erste Serie nur vierstellige Seriennummern erhielt (unterdrückte einleitende '0'), die zweite Serie durch eine vorauslaufende '1' angedeutet (ab ca. Spätsommer 1953; Wolfgangs PhonoRex 15683 dürfte eines der frühen Exemplare der zweiten Serie sein -etwa vom Jahresechsel 1953/54-), die dritte (und letzte) durch eine einleitende '2' (ab ca. Werksferien 1955) bezeichnet wurde.

Technisch wurde neben gewissen 'elektronischen Reformen' mit der 3. Serie werksintern offenkundig auch zur internationalen Spurlage übergegangen. Ab Serie '2x.xxx' ist die obere die erste Spur, die untere die zweite; vorher lagen die Spuren genau andersherum. Ein Großteil der Altgeräte verblieb bei der alten Norm, weil der Besitzer die Tragweite dieser Normänderung nicht abschätzen konnte bzw. Archive vorhanden waren.

Mir begegnete aber auch bereits ein Gerät, das auf dem Rahmen mit Nummer 15707 versehen unzweifelhaft der zweiten Serie angehört, aber in den Tonkopfabdeckschalen eine abweichende Nummer der 3. Serie trägt (25911), weil anscheinend zu dieser Zeit der Umbau auf neue Spurlage dem Kundenwunsch entsprechend im Werk durchgeführt wurde. So zumindest deute ich den Umstand, wozu mir der Werksleiter Ihles auf Befragen aber nichts genaueres sagen konnte.
Diese Normung auf "internationale Spurlage" erfolgte mit DIN 45511 im Jahre 1955 (Winckel, Magnetspeicher I [1960], Aufsatz Schiesser zur Normung, S. 550). Ihle saß ja infolge seiner professionellen Magnetband- (und Hallplatten-) Eskapaden mit in den Normungskommissionen der Profis (wohl via Zentraltechnik des NWDR). ---

Dass in deinem Falle die Tonblende links der Gerätemitte eingebaut ist, gehört schon zu den beschriebenen Individualismen, denn wohl keines der mir bislang -außer deinem- bekannt gewordenen Geräte sonst hatte sie hier.
Diese Blende ist nichts anderes als ein wiedergabeseitiges Höhenfilter simpelster Art. Die Beschriftung ist übrigens graviert; individuell, wie man sieht....

Wenn dir an Fotos eines Schwestergerätes zu dem deinen gelegen ist (Nr. 25960), kann ich dir davon eine Kollektion zukommen lassen. Darunter befänden sich dann auch schöne Aufnahmen von der Mechanik, einschließlich der Pfropfen.

Hans-Joachim

P.s.: Dass Ihle nach WK II in Marktschorgast quasi zufällig ins Zentrum der Magnetbandtechnik geriet, verdankt er (mit Bruno Woelke) einem Schachzug der SS, die nämlich im Spätherbst/Frühwinter 1944 das RRG-Magnetbandlabor (Hans Joachim von Braunmühl; Walter Weber war ja seit Sommer 1944 bereits tot) aufgrund der besseren, weniger bleihaltigen Luft von Kosten, Bezirk Posen in das Prämonstratenserkloster im oberpfälzischen Speinshart verlegte.
Braunmühl wurde durch die Amerikaner von dort aber schon 1946 nach Bad Homburg zur Errichtung eines eines rundfunktechnischen Zentralamtes geholt.
Ob es aber ohne dies zufällige Theater zu einer Bandgerätefertigung des Rechenmaschinenfachmannes Ihle ('Borroughs' und 'Conti') gekommen wäre?
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