Umbau Phantomspeisung von 24V auf 48V ?
#1
Liebe Forumsteilnehmer,

Ein zum Gebrauchtpreis sehr nettes Mischpult hat den Weg zu mir gefunden, Fostex 820. Die eingebaute Phantomspeisung liefert leider einzig 24V, was nun etwas ungeschickt ist, solange 98% der am Markt erhältlichen Kondensator-Mikrophone 48V benötigen, ich solche an geeigneter Stelle aber einsetzen möchte.

Beziehbare externe Phantomspeisungen würden den Preis für das Pult recht schnell übersteigen, was das ganze für mich ad absurdum führen würde. Auch aus ästhetischen Gründen wäre es natuerlich toll, wenn man mit ein paar Kniffen das Problem - vielleicht nicht innerhalb der vorhandenen Schaltung, aber zumindest innerhalb des Mischpult-Gehäuses unterbringen könnte.

Beim durchforsten des "Übernetzes" bin ich bisher nur auf Bauanleitungen für "komplette" 48V Phantomspeisungen gestossen - aber müsste es nicht möglich sein die vorhandene Gleichspannung schlichtweg zu verdoppeln?

Leider kenne ich mich zuwenig aus um das selbst auf die Beine zu stellen, vermute aber dass ich nicht der erste mit diesem Anliegen bin und hoffe, dass jemand vielleicht einen Link o.ä. zu einer Schaltung weiss.

Herzlichen Dank und Gruß aus Freiburg, Rainer
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#2
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schau mal bei Thomann, der hat preiswerte Phantomadapter.
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#3
Lieber Rainer,

es gibt eine ganze Reihe von Möglichkeiten, eine vorhandene (übrigens normierte, aber nie durchgesetzte) Phantomspeisung 24 Volt "zu verdoppeln". Nur: Von nichts kommt nichts, ein 'Einfach-so' kollidiert mit diversen Anforderungen der Norm DIN 45596, die gestellt werden müssen, damit wirklich alle angeschlossenen phantomgespeisten Geräte normgemäß funktionieren. Das muss ja nicht nur ein Mikro sein. Die Phantomspeisung entstand übrigens Ende der 1960er bei Neumann in Berlin, als diese Firma einen Studiokomplex des Norwegischen Rundfunks einzurichten hatte.

Wie sieht das mit den "diversen Anforderungen" aus?
Es beginnt bei deinem Mischpult. Wenn dieses nämlich normgemäß -also für Phantomspannung 24 Volt- eingerichtet ist, müsstest du zunächst die Speiseweichen auf 2 x 6k8Ohm umbauen, da dort wahrscheinlich ein kleinerer Wert eingesetzt ist.
Dafür ist eine ausreichende Anzahl von Metallfilmwiderständen zu beschaffen und paarweise möglichst auf ± 0,1 % auszumessen. Der individuelle Wert eines Pärchens ist zweitrangig, die Gleicheit beider Paarwiderstände aber wichtig, weil sie die Gleichtaktunterdrückung des symmetrischen Eingangs beeinflusst und -bei zu schlechter Identität- Gleichströme durch den Eingang zur Folge haben kann, was bei den heute üblichen Miniübertragern sehr schnell nennenswerte DC-Magnetisierungen hervorrufen kann. Zusätzlich würde ich kontrollieren, welche Polarisationsspannung die Mischpulteingangskondensatoren derzeit aufweisen und anhand der Schaltung überlegen, ob ich diese Kondensatoren nicht gegen solche höherer Spannungsfestigkeit tausche. In praxi ist das zwar selten von größerer Bedeutung, dennoch muss man damit rechnen, dass vorhandene Trennkondensatoren den Sprung nach 48 Volt (bzw. das anliegende Gleichspannungspotenzial) nicht mitmachen wollen, durchschlagen und den Eingang des OpAmps (ich glaube bei deinem Pult nicht an trafogekoppelte Eingänge) irgendwo an die Spannungswand '+' oder '-' stellen: "Flupp." Danach kommt nichts mehr durch.

Spannungsmäßig kommt von nichts leider auch nichts, weshalb zweifelsfrei ein weiterer Trafo her muss, da der im Pult verbaute Typ ("think thrifty!") bestenfalls seine ±12 bzw. 15 Volt abgibt, 48 Volt aber nicht herzuholen sind. Außerdem lassen die verwendeten Gleichrichterschaltungen solcher symmetrischen Netzteile oft keine "Kunstschaltungen" zu, bei denen ein zweites 24-Volt-Netzteil auf schon vorhandenen 24 Volt 'kaskadiert' werden könnte.
Sollte der Trafo des Pultes eine eigene 24-Volt-Wicklung für die aktuelle Phantomspeisung aufweisen, kann dies Verfahren angewendet werden. Man könnte dann auch drei 9 Volt-Batterien mit den vorhandenen 24 Volt kaskadieren (48 ± 4 Volt sind genormt, so dass die sich dann ergebenden 51 Volt noch drin wären) oder einen Gleichspannungswandler (CMOS/Dioden-Kaskade oder so etwas) aufbauen. Nur: Die Diodenkaskade reicht dann notfalls für zwei Mikrofone, aber keinesfalls für 10 x 10 mA bei einem zehnkanaligen Pult, die von DIN 45596 (sowie EN-Derivat 61938 bzw. IEC 268-15) schlicht vorausgesetzt werden. Die müssen erbracht werden, damit wirklich alle Mikrofone laufen, die sich "phantomgespeist" nennen. Der Kurzschlussstrom von 14 mA = 48/3,4 [V/kOhm] sollte letztlich auch sicherheitshalber abgegeben werden können, um für alle Zufälle gewappnet zu sein. Das -7 W- ist mit Gleichspannugnswandlern nicht sinnvoll zu machen.

Damit wärest du bei einem 10- bis 16-kanaligen Mischpult (wie groß ist dein Fostex?) aber eigentlich erst mit einem Trafo 2 x 24 V (oder 48 Volt mit Mittenanzapfung)/10-15 Watt auf der sicheren Seite. Dem Trafo wird ein Gleichrichter mit positiven und negativen Kondensatorbänken nachgeschaltet, die ihre gut 35+35 Volt auf zwei 1-A-Simpelspannungsregler 7824 bzw. 7824/7924 geben. Allen Erfahrungen meinerseits nach reicht die AC-Unterdrückung dieser Spannungsregler (unbezahlbarer Vorteil: Es gibt sie überall!) für die Phantomspeisung tadellos aus. Die Ansprüche an die Störspannungsunterdrückung sind ja bei der Phantomspeisung vergleichsweise sehr gering, da sie Störsignale um den Faktor der Gleichtaktunterdrückung des Einganges reduziert.

Man muss nur darauf sehen, dass die Dreibeiner nicht schwingen. Einschließlich Primärsicherung passt so etwas ist ein größeres Steckernetzteil, zumal man nicht weiß, wie brummempfindlich der Innenaufbau deines Pultes ist. Es ist nicht auszuschließen, dass man den Störenfried 'Zusatznetzteil' im gedrängten Innenaufbau deines Pultes nirgendwo unhörbar machen kann, gleichgültig, wo man ihn in der Kiste unterbringt. Nachdem man bei 48 Volt (Mittenanzapfung oder 2 x 24 V, kleinen Volumens) auch bereits sehen muss, was man an Trafos bekommt, kann sich so etwas zum K.-O.-Kriterium auswachsen.

Mit einem Lochrasteraufbau eines Netzteils des vorgenannten Typs arbeiten bei mir nun im 11. Jahr die Kanalzüge 9-16 eines Yamaha-02R ohne irgendwelche Auffälligkeiten seitens Mischpult, Netzteil, Mikrofonen oder Aufnahmergebnissen.

Hans-Joachim

Nachtrag, da über dem endlosen Gequake vergessen:
Zur Phantomspeisung gibt es zwei sehr schön lesbare Aufsätze von Jörg Wuttke, die man sich von der Schoepsseite zum Durlacher Gotteslohn herunterladen kann.
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#4
Huihuihui, herzlichsten Dank lieber Hans-Joachim!

Ich werde die ausführlichsten Ausführungen demnächst mit dem Schaltplan vergleichen und dann versuchen zu Skizzieren, Scannen und online stellen, ob ich alles richtig verstanden habe.

viele Grüße, Rainer
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#5
[Bild: 820_UP.jpg]
Hallo Rainer und alle PHANTOM-SPANNUNG-SUCHENDEN,

(Stichwort: Phantomspannung)

hier noch (für Zukunft/die Ausführung) ein Link:

http://www.elektronik-kompendium.de/publ...cdc48v.htm

wenn die interne Spannungsversorgung in Deinem FOSTEX820-Pult 24 Volt nicht übersteigt, dann ist konstruktiver Selbstbau angesagt, denn ich vermute "grosse" Gleichspannungen werden in dem Pult nicht zu finden sein.

MFG
H A N N S -D.

P.S.
Ich habe ein Benutzung zwei Stück FOSTEX 450. Das macht theoretisch16 Inputs auf vier, beim Kaskadieren verschwinden natürlich meist zwei oder mehr Kanäle (wenn 14 auf zwei dann reichen muss)
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#6
Ganz blöde Frage von einem Halbgebildeten... Ähm, was passiert denn, wenn man ein für 48V gebautes Mikro einfach an einen der 24-V-Eingänge hängt? :?

Bei mir gab es nämlich praktisch mal die Situation, daß ich mit meinem Kontrabaß plus Verstärker einen Gig hatte und mal die Methode der Abnahme mit Piezo-TA plus Mikro ausprobieren wollte. Der Amp (findet sich unter der Seite der US-Firma "Acoustic Image", ein Verstärker des Typs "Coda II") gibt aber als Phantomspeisung nur eben jene 24 V ab. Ich hab eines meiner KM 184 trotzdem einfach mal angehängt :rot: - und es funktionierte. :laola:
(Ich hab es aus anderen Gründen mit dem Mikro nicht weiter verfolgt. Es brachte keinen wirklichen Unterschied gegenüber der reinen TA-Abnahme, dafür Rückkopplungen und alles.)

Ob das KM 184 nun natürlich in der Konstellation klanglich alles gezeigt hat, was es konnte, weiß ich nicht, dazu kenn ich den Verstärker zu wenig. Wink Aber dazu weiß bestimmt jemand anders hier im Forum mehr zu sagen...

Michael
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#7
Die Folgen, lieber Michael, hängen ein wenig vom jeweiligen Mikrofon ab. In der Frühzeit der phantomgespeisten Kondensatormikrofone wurden die 48 Volt zumeist direkt als Polarisationsspannung des Kapselkondensators verwendet, womit ihre Höhe direkt in die Wandlerempfindlichkeit einging und eingeht (vgl. KM83 bis 86), also halbe Polarisationsspannung auch 6 dB Empfindlichkeitsverlust bedeutete. Heute erhalten die Mikrofone zumeist mehr oder minder aufwendige Gleichspannungswandler, um die man bei Doppelmembranmikrofonen (zumeist ohnehin) nicht herumkommt. Sie sorgen dafür, dass je nach sonstigem Schaltungskonzept die Kapsel ihre 'gewohnte' Vorspannung erhält, also die vom Nutzer erwartete Empfindlichkeit (und bei elektrisch umschaltbaren Mikros auch die Richtcharakteristik) vorliegt.

Nachdem aber die 48 V nach einer wiederum diversen Schaltungskonzepten folgenden Arbeitspannungsreduktion auch die Versorgungsspannung des Ausgangsverstärkers liefern, in den die Nf-Ausgangsspannung des Mikros eingeschrieben wird, kann bei Veränderungen dieses Spannungshubes auch die Aussteuerbarkeit des Mikros (seine maximale Ausgangsspannung bei 0,5 oder 1 % Klirrfaktor) zurückgehen. Einmal abgesehen von anderen Folgen, weil trafogekoppelte Mikrofone heute ja aus verschiedenen Gründen selten geworden sind.

Es empfiehlt sich daher, sehr genau auf das zu achten, was das Mikrofon im nicht ganz normgemäßen Betriebsfall anstellt. Wenn man die Schaltung von Impedanzwandler und Peripherie nicht kennt, helfen mitunter die Aussagen der Hersteller weiter, die -manchmal- genauere Angaben zum zugelassenen Betriebsspannungsbereich machen. Ist man drin, befindet man sich auf der sicheren Seite und kann spezifikationsgemäßes Arbeiten erwarten. Liegt man außerhalb, muss man eben hinnehmen, was kommt. Insbesondere hohe Tiefenaplituden (z. B. kurzzeitige Störungen durch Luftschichtung oder Klimaanlagen) können da durchaus solchen Ärger machen, dass das Mikrofon signifikant länger braucht, sich von der Verstärkerverstopfung zu erholen, als man das normalerweise bei spezifikationsgemäßem Betrieb kennt.

Manche Mikros funktionieren mit zu niedriger Betriebsspannung überhaupt nicht, weil beispielsweise der Gleichspannungswandler nicht anspringt oder das Verstärkerkonzept für einen definierten Betriebszustand eben eine höhere Spannung braucht. Doch das merkt/hört man dann schon. Namentlich Doppelmembranen mit elektrischer Umschaltung der Richtcharakteristik oder erst recht solche Dinger wie ein (U)SM69[fet] würde ich schön brav ausschließlich an 48 V betreiben.

Vor- und Umsicht sind also immer angezeigt.

Hans-Joachim
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