AKAI GX210D Problem mit Capstan
#1
Hallo Akai Spezialisten!

Bei meinem seit 30 Jahren gepflegten GX 210 macht der Capstan schlapp.
Nach längerem Betrieb (meist 1-2 Stunden) wird der Motor immer langsamer - es fehlt am 'Durchzug' - und das Teil bleibt bei Wiedergabe stehen. Im Leerlauf dreht er wieder, aber wenig kraftvoll. Die Erwärmung des Capstan ist gewaltig, mehr als handwarm, also sicher 50 Grad außen am Motorgehäuse, und es riecht nach Wärme.

Meine erste Vermutung war der Phasenschieberkondensator, wie bereits in anderen Threads beschrieben. Das Teil ist ok, auch ein anderer MP Kondensator lieferte das gleiche Fehlerbild.
Nächste Vermutung: Windungsschluß im Motor. Dagegen spricht die Tatsache, daß der Fehler bei beiden Geschwindigkeiten auftritt. Laut Schaltbild sind hier separate Wicklungen in Funktion, es könnte also nur die Hauptwicklung sein.

Eine Beobachtung der Spannungen und ein Vergleich zwischen Gut- und Schlechtfall brachte keine Erkenntnisse. Mit dem Oszillograf konnte man auch nur sehen, daß der Netztrafo unterdimensioniert ist, denn die 90V bzw. 100V gehen leicht in die Sättigung. Umschaltung auf 245V bringt auch nix....

Frage 1: kennt jemand dieses Fehlerbild bzw. die Ursache dafür?
Frage 2: falls wirklich der Capstan i.A. ist - hat evtl jemand eine Schlachtmaschine aus der man den Motor entnehmen könnte?

Ich bin gespannt auf Eure Antworten!

Gruß Franz
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#2
Hallo,

Ist ein Service Manual vorhanden ?
Bei den Akai-Manuals gibt es meist eine Seite mit Widerstandswerten für verschiedene Bauteile der Maschinen, unter anderem der Motoren.
Ein Windungsschluss müsste sich damit eigentlich messen lassen.
Dafür müssen die Kabel des Motors abgelötet werden.

Falls die Maschine eine Servo-Steuerung für den Capstan besitzt und der Fehler immer nach 1 bis 2 Stunden auftritt, könnte auch ein Temperaturabhängiger Fehler an der Motorsteuerung vorliegen (Transistoren).
Hier könnte Kältespray weiterhelfen. Die verdächtigen nacheinander einsprühen und beobachten, ob sich das verhalten des Motors ändert.

Aber bitte Vorsicht bei Arbeiten an unter Strom stehenden Geräten, damit der Reparaturversuch nicht zum ableben des Besitzers führt. Eine elektrische Vorbelastung des Ausführenden wäre von Vorteil, was ich mal vermute, da ja ein Oszilloskop vorhanden ist.


Gruß
Michael
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#3
Hallo Michael,

danke für Deine Infos und die Überlegungen! Ja, ich habe zwar kein Servicemanual (das braucht man bei solch einfachen Geräten nur für mechanische Justagen), aber ich habe das Schaltbild.
Das Ablöten der Motorwicklungen habe ich schon hinter mir, da kann ich keine Unregelmäßigkeiten feststellen. Ich habe auch fremd eingespeist mit einem 110V Trafo.
Ablöten deshalb, um evtl. gegenseitige Beeinflussung der jeweiligen 9,5cm/s und 19cm/s Spulenteile auszuschließen. Weiterhin sind auf dem Board jede Menge ominöser R-C Kombinationen zur Entstörung verbaut. Die könnte man ohnehin nur ohne angelötete Motorwicklungen messen, daher auch die Fremdeinspeisung um diese Teile auszuschließen.

Es gibt übrigens keine Motorsteuerung mit Elektronik etc. die hier ein Temperaturproblem haben könnte . Aber es gibt verschiedene Bremswiderstände, die die beiden FWD und REV Motoren im PLAY Betrieb mit reduzierter Spannung versorgen und so den Bandzug sicherstellen. Der Teil des Geräts funktioniert aber und hat , außer Bandzug, keinen weiteren Einfluß auf den Capstan.

So einfach war das früher....

Nachdem ich von der elektrischen Seite schon alle Fehlermöglichkeiten abgeklappert habe, hätte ich eine Antwort von einem Akai Besitzer erwartet in der Form: 'der Motor ist sehr anfällig und geht meist kaputt' oder 'der Motor geht nie kaputt' ...
Vielleicht meldet sich jemand der dieses Fehlerbild auch schon hatte, ansonsten werde ich wohl in der Bucht auf ein Schlachtgerät mitsteigern müssen.


Gruß Franz

[Bild: GX210_1007r.png]

Akai GX-210 Motorsteuerung
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#4
Lieber Franz,

nachdem dein Motor ein schlichter polumschaltbarer Asynchronmotor ist, der nach deinen Informationen mit zunehmender Betriebsdauer (die Wärme ist ein Sekundärphänomen) immer weiter außerhalb seiner, prinzipbedingt knapp unterhalb der Synchrondrehzahl liegenden Drehzahl läuft, denke ich nach eigenen, einschlägigen Erfahrungen mit einer F36 an einen Schmiermittelmangel. Da der Motor sicher Gleitlager besitzt, wäre beim Auftreten des Falles der Fälle eine Kontrolle auf eine etwaige Drehhemmung hin angebracht, da auch Asynchronmaschinen weiter außerhalb der Synchrondrehzahl kaum mehr Drehmoment entfalten.

Die "ominösen" Entstörglieder sind bei Schaltung induktiver (und kapazitiver) Lasten mehr als nur sinnvoll, will man deren ständiges Gelärme bei einer Betriebszustandsänderung vermeiden und die Kontakte der schaltenden Relais nicht auf Schützgröße liften müssen. Und die Einwirkungsfreiheit der Schalterei auf die Audioelektronik war damals gottlob längst Standard bei Amateurgeräten.
Die RC-Kominationen können aufgrund der relativ hohen Widerstände (wohl je nach Lage zwischen 10 und 150 Ohm) und der kleinen Kapazität (um 0,1 µ) dem Motor kaum Kraft rauben bzw. müsssten bei internem Kurzschluss schlicht hochgehen. Das merkt man dann ja.
Der Hilfsphasenkondensator sei auch o.k., meldest du absolut glaubwürdig, womit außer dem Schmiermittel- bzw. Lagerproblem fast nichts mehr bleibt, wenn nicht im Umschaltrelais vorwärts/rückwärts etwas faul ist, denn der Schaden bleibt ja bei beiden Geschwindigkeiten erhalten.

Wechseln da die Relaisschleifer der Drehrichtungsumschaltung einwandfrei die Kontakte, gibt es gegebenenfalls elektrische' Kraftunterschiede beim Lauf vorwärts vs. rückwärts?

Welcher Bauart ist der Tonmotor, sitzen beide Lagerschalen fest. fluchten sie?

Möglicherweise sind von irgendwelchen Vorbesitzern obere und untere Lagerschale minimal gegeneinander versetzt, also nicht korrekt fluchtend festgelegt worden, was sich dann mit zunehmender Erwärmung in Gestalt erhöhter Lagerreibung auswirkt. Hier Abhilfe zu schaffen, ist manchmal etwas popelig (ich kenne das von Plattenspielermotoren in meiner unmittelbaren Umgebung) aber auch ohne das spezielle Hilfswerkzeug der ja durchwegs nicht mehr bestehenden Hersteller hinzubiegen.

Alternative: Schmiermittelmangel, siehe oben.

Bei meiner geschenkten F36 (mit nicht wenig verwegener Vorgeschichte, die ehedem reichlich flaue EMM 801 düst nach Tausch wieder tadellos) wollte auch der Motor selbst nach Anwerfen nicht mehr dauerhaft drehen, was sich aber mit einer Zerlegung nebst PDP65-Kur (Klüber & Frank sei Dank) bleibend lösen ließ: Der hier und im Gegensatz zur Nachfolgerin G36 als reine Asynchronmaschine angelegte Tonmotor dreht nun wieder nach einwandfreiem Anlauf auf Solldrehzahl. In der richtigen Drehzahl. Ich mache übrigens noch einen Unterschied zwischen G-und As-Dur und weiß den auch adäquat zu beschreiben...

Hans-Joachim
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#5
Zitat:PhonoMax postete

Wechseln da die Relaisschleifer der Drehrichtungsumschaltung einwandfrei die Kontakte, gibt es gegebenenfalls elektrische' Kraftunterschiede beim Lauf vorwärts vs. rückwärts?
Das sind ganz normale robuste mechanische Drehschalter, die keinen Einfluss haben.

Zitat:Welcher Bauart ist der Tonmotor, sitzen beide Lagerschalen fest. fluchten sie?

Möglicherweise sind von irgendwelchen Vorbesitzern obere und untere Lagerschale minimal gegeneinander versetzt....
..Der erste und einzige Besitzer seit 30 Jahren bin ich selbst, da kann ich leider keinen anderen Schuldigen finden...
Aber ich kenne das Problem auch von Plattenspielermotoren aus Zinkguß, der allmählich zerbröselt und nicht mehr formstabil ist.


Zitat:Alternative: Schmiermittelmangel, siehe oben.
Hallo Hans-Joachim,

danke für Deine Ausführungen! Es bliebe dann wirklich der Schmierstoffmangel.
Bzgl. der Asynchronmotoren gebe ich Dir Recht - es fehlt am Durchzug bei zu hoher Reibung.

Ich habe inzwischen den Motor ausgebaut und beide Lagerschutzdeckel entfernt. Da drin ist ein inzwischen trockener Filz und Reste von Schmiermittel zu sehen (siehe Bild)

[Bild: Lager_v.jpg]


Die Lager selbst sehen wie eingepresste Kugellager aus und ich will hier nicht weiter zerlegen - da macht man nur mehr kaputt.
Gleitlager kann ich dennoch nicht ganz ausschliessen.
Ich habe übrigens hier oder in einem anderen Forum gelesen, daß man in die Sinterlager mit 'Lebensdauerschmierung' so gut wie kein Öl reinbringt, weil es nicht dünnflüssig genug ist um sich in die Poren des Sintermaterials zu saugen.

Ich habe mal mit WL von Kontaktchemie versucht, die Schmiermittelreste etwas aufzuweichen. Die Motorwelle läßt sich zwar von Hand leicht drehen, aber ich weiß nicht ob das für den Asynchronmotor leicht genug ist.

Welcher Art ist denn dieses Schmiermittel das du erwähnst? Auf der HP von Kluber Lubricants (ich nehme an, das ist die Fa.) habe ich kein PDP65 gefunden. Ist es ein besonders dünnflüssiges Öl? Vielleicht kannst du mir dazu was sagen oder evtl eine Alternative empfehlen. Ansonsten würde ich mal 'Fahrrad-u.Nähmaschinen-Öl' versuchen.

Gruß Franz
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#6
Lieber Fanz,

PDP 65 ist ein noch heute für einen goldnahen Preis bei Klübers in München-Sendling, bzw. deren Deputierten erhältliches, synthetisches Öl, das der Studer-Willi für die Sinterlager seiner Bandgeräte zu verwenden empfahl, wenn denn Nachschmierungen erforderlich waren. Wenn denn...: Sinterlager neu mit Öl zu beschicken, ist tatsächlich ein Problem, ja; das wusste man nicht in Studers Tempeln...
Bei Klüber sieht man gemäß Datenblatt die Mischung mit anderen Ölen nicht so eng, was mir -unabhängig davon- auch aus dem diesbezüglich belastbaren (!) Kollegenkreise zugetragen wurde, und sei es deshalb, weil der deftige Preis als Kerberos davor steht.

Das Öl (PDP65) selbst weist einen für den Temperaturbereich von Bandmaschinen sehr günstigen Viskositätsverlauf auf, der nach einem Aufsatz von Fritz Enkel (WDR) aus der T8-Zeit (NWDR-Hausmitteilungen 5, 1951) das größte Problem bei der Tonmotorschmierung war: Dünnflüssig genug bei relativ niedrigen, dickflüssig genug bei relativ hohen Temperaturen, was zumindest in jener frühen Zeit mit ihren großen Motoren definitiv zu den Engpässen gehörte, da die Betriebstemperaturen der Motoren zwischen 15 und 80° C liegen konnten. Der (N)WDR ließ sich damalen ein eigenes, synthetisches Öl für seine T8 und die dann wohl kommenden T9en von den Leverkusenern basteln; die konnten das nämlich....

Wenn das oben abgebildete Lager ein Kugellager sein sollte, wäre es das erste in dieser Form, das ich sehe, doch bin ich Tonmeister und kein SKF-Hartz-IV-Empfänger. Auf den ersten Blick deutet mehr in Richtung Sinterlager. Doch wer weiß. Man sollte letztlich hören und fühlen, ob da Kugeln im Käfig umlaufen oder nicht, wenn man an der Achse dreht. Dann weiß man mehr. Der voluminöse Schmierfilz spricht jedoch auch eine eigene Sprache, die ihrerseits eher auf das Sinterlager verweist, als an ein auf Lebenszeit geschmiertes Kugellager zu gemahnen.

Die Drehrichtungsumkehr deines Tonmotors erfolgt gemäß obigem Schaltzeichnungsauszug, wenn ich noch Schaltzeichnungen lesen kann (mir kam schon vieles abhanden, das aber bisher noch nicht; kommt aber wohl auch noch...), durchaus mit einem Relais (RL I), das über TR2 betätigt oder verriegelt wird.

Hans-Joachim
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#7
Abschlussbericht

Danke Hans-Joachim für den heissen Tip mit der Schmierung!
Ich habe den Motor noch weiter zerlegt, den Rotor ausgebaut und die Lager neu geschmiert. Die im Bild sichtbaren Messingbuchsen sind übrigens die Lagerbuchsen - Wie Du vermutest gibt es keine Kugellager. Nachdem ich öfter in die Schillerstr. als nach Sendling komme, habe ich mich nun kurzentschlossen für das vorhandene 'Fahrrad- u. Nähmaschinenöl' entschieden. Die Filzringe wurden mit dem dünnflüssigen Öl getränkt (ich kenne das von meinen mechanischen Fernschreibern) und der Motor wieder zusammengebaut. Ich hoffe, dieses Öldepot reicht wieder für ein paar Jahre ....

Nach einem 4-stündigen Dauerbetrieb FWD/REV funktionierte die Wiedergabe noch immer problemlos. Die Erwärmung des Capstan bleibt unter 50 Grad, d.h. man kann ihn jetzt längere Zeit anfassen ohne heisse Finger zu bekommen.
Der Durchzug des Motors ist jetzt auch etwas kräftiger, er läßt sich mit der Hand (nach Gefühl) etwas schwerer am Lüfterrad bremsen.
Es ist erstaunlich, daß diese geringe Reibungserhöhung wegen des fehlenden Schmiermittels den Motor bereits an seine Grenzen bringt.

Zitat:PhonoMax postete

Die Drehrichtungsumkehr deines Tonmotors erfolgt ... mit einem Relais (RL I), das über TR2 betätigt oder verriegelt wird.
Da hast Du vollkommen Recht (siehe Stromlauf), denn die Reverse- bzw. AUTO-Reverse Umschaltung erfolgt genau über diesen Schaltverstärker mit TR2 / RL1. Lediglich die Umspulmotoren werden direkt über Schaltkontakte betätigt.

Nochmals herzlichen Dank für die
Unterstützung von allen Seiten und
Gruß Franz
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#8
Lieber Franz,

na gut, gern geschehen, wenn's denn das wirklich war.
Aber bei besagter F36 sah sich das (seitens des Motors) ganz ähnlich an. Manchmal lief der Motor von sich aus an, manchmal bedurfte er der Nachhilfe, manchmals stieg er auch aus dem Leerlaufbetrieb (!) aus (blieb sukzessive stehen). Mit der Hand den spannungsfreien Motor via Schwungmasse zu drehen, war aber kein Problem. Nach der Schmierarie lief er wieder so gut, dass ich die flaue EMM 801 noch teuer tauschte.

Sieht man sich allerdings die in elektrotechnischen Hilfsbüchern manchmal aufgetragenen Drehmomentcharakteristiken von Asynchron- und Synchronmaschinen an, verwundert jenes Verhalten nicht: Das Drehmoment fällt außerhalb des Synchronpunktes (Synchronmotor) stark ab. Beim Asynchronmotor ist das ja geringfügig anders, denn er muss knapp unterhalb der Synchrondrehzahl betrieben werden, um Leistung aus dem Netz aufnehmen zu können. Außerhalb dieses Punktes sieht es aber für das Drehmoment auch schon wieder böse aus.

Umgekehrt lässt man von einem mit Hallo (also synchron) laufenden Synchronmotor der Bandgerätegrößenordnung besser die Finger, wenn einem an diesen gelegen ist. Den Motor aber händisch am Anlaufen zu hindern, fällt selten schwer.

Dennoch solltest du den Motor im Auge behalten.

Hans-Joachim
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