Intermodulationsverzerrungen
#1
Hallo Forumsmitglieder,
habe seit einiger Zeit ein Alpine Al-85 und möchte es gerne wieder auf Vordermann bringen. Zum Teil ist mir das schon gelungen (Austausch eines Zwischenradgummis, eines defekten (Folien!)Kondensators,...), aber so wirklich zufrieden bin ich noch nicht. Das liegt vor allem an den Intermodulationsverzerrungen, die bei derAufnahme entstehen, dadurch sind vor allem Zischlaute stark verzerrt und der Klang ziemlich unsauber. Das Problem ist besonders bei der Verwendung von Dolby offensichtlich (nicht ganz überraschend, da hier die hohen Töne angehoben werden) und läßt sich durch Verwendung des MPX Filters etwas abmildern, es tritt übrigens auch bei Aufnahmen von der Platte auf. Ganz weg kriege ich die Verzerrungen nie. Meine Frage ist jetzt eine eher grundsätzliche: wodurch entstehen diese Verzerrungen, ist ein schlechtes Schaltungslayout dafür verantwortlich oder sind hier Bauteile defekt. In welche Richtung sollte man suchen?
Vielen Dank
Lukas
Viele Grüße
Lukas
Zitieren
#2
Mir scheint, das seien keine Intermodulationsverzerrungen, sondern schlichte Übersteuerungen in den Höhen, möglicherweise aufgrund eines falschen (zu hohen) Arbeitspunktes oder zu hoher Aussteuerung oder falscher Bandsortenwahl (oder einer Kombination aus allen drei Gründen plus einiger unbekannter).
Dolby hebt die hohen Frequenzen in der Tat bei Aufnahme an, aber nur bei relativ niedrigen Pegeln (dynamische pegelabhängige Entzerrungsoptimierung). Was das meines Wissens bei 19 kHz einsetzende MPX-Filter (Stereo-Pilotton-Ausfilterung) verbessert, ist mir nicht klar.

F.E.
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
Zitieren
#3
Im Bild des Spectrumanalysators (Arta sei Dank) sieht man die Mischprodukte, daher war ich mir sicher dass es sich um Intermodulationsverzerrungen handelt. Das Zurücknehmen des Aufsprechpegels hat kaum Einfluss auf die Verzerrungen. Absolut werden sie natürlich kleiner, aber eben das Nutzsignal auch.
Ich habe anhand des Servicemanuals versucht, die Kiste neu abzugleichen. Allerdings scheint meine Version geringfügig anders zu sein als die im SM beschriebene, mit einigen Einstellwerten komm ich nicht klar, so ist die Eingangsempfindlichkeit meines Geräts offensichtlich geringer als die im SM, auch sind ein paar Schaltungsdetails der Aussteuerungsanzeige geändert worden.
Mir scheint auch dass der Höhenaufsprechpegel relativ hoch ist, da Casetten die auf dieser Kiste aufgenommen wurden, auf Fremsgeräten durchaus brilliant klingen, während umgekehrt Aufnahmen anderer Geräte eher muffig klingen. Ich dachte immer, die Entzerrungseigenschaften sind streng normiert. Gibt es da was, das ich nicht weiß?
Viele Grüße
Lukas
Viele Grüße
Lukas
Zitieren
#4
Hallo, lukas,

mich würde als erstes interessieren, welches Eingangssignal Du verwendet hast, um die Intermodulationsverzerrungen aufzuspüren (Frequenzen, Pegel).

Die Sache mit der Entzerrung läuft, im groben Prinzip, so, dass nur der Bandflussverlauf (in Abhängigkeit von der Frequenz oder, genauer, der Wellenlänge) auf dem Magnetband genormt ist. Mit diesem, auf dem Bezugsband gespeichert, misst man den Wiedergabeverstärker ein. Der Aufnahmeverstärker wird dann, und zwar mit dem jeweiligen Referenzleerband (= typisches, standardisiertes Band für die jeweilige IEC-Klasse), auf Arbeitspunkt und geradlinigen Frequenzgang eingestellt - letzteres bei -20 dB gegenüber Bezugspegel, weil bei höheren Pegeln und höheren Frequenzen das Magnetband bereits übersteuert wird, und zwar umso stärker, je niedriger die Bandgeschwindigkeit (und damit umso kleiner die Wellenlängen entsprechend hohen Frequenzen) ist bzw. sind.

Das Magnetband ist nämlich, im Gegensatz zu digitalen Medien, bei kürzeren Wellängen weniger hoch aussteuerbar als bei tiefen. Jetzt müsste hier ein ca. 5.000-Worte-"statement" zur Frage der Amplitudenstatistik und ihrem Einfluss auf Entzerrung, Bandgeschwindigkeit, Geräuschspannungsabstand usw. kommen, aber so kurz vor Weihnachten schenke ich mir das.

F.E.
ZEITSCHICHTEN, barrierefreier Zugriff im "GFGF-Buchladen", URL https://www.gfgf.org/de/b%C3%BCcher-und-schriften.html (ca. 240 MB)
Zitieren
#5
Hallo Lukas,

geht es doch nicht zu wissenschaftlich an, meistens sind die Ursachen einfacher Natur.
Der Praktiker würde auf einen zu geringen Vormagnetisierungspegel tippen, vielleicht hat ja der Generator über die Zeit etwas gelitten und an Amplitude verloren. Da Du schon Kondensatoren ausgewechselt hast, könnte auch hier eine Verstimmung mit der Folge eines HF- Pegelverlustes vorliegen.

Als erstes würde ich mal den -10...20dB Frequenzgang über Band aufnehmen.
Sollten der zu den Höhen hin ansteigen, würde ich die Vormagnetisierung versuchsweise erhöhen. Erfahrungsgemäß läßt sich Dein angegebner Fehler damit schon beheben.

Natürlich sollte ein kompletter Abgleich nach SM erfolgen, einschließlich der VM- Frequenzmessung.
Hat das Gerät getrennte Regler für links, rechts und Bandsorten?

Bernd
Zitieren
#6
Vielen Dank für eure Antworten. Die Vormagnetisierungspegel wurden nach den Angaben im SM eingestellt und scheinen auch gut im Rahmen zu liegen (sieht man ja schön am Oszi). Der Frequenzgang läßt sich bei -20 dB sehr schon gerade richten, zumindest bei Eigenaufnahmen (mit Bias und Equal. Stellern). Auf den unsauberen Klang hat die Reduktion des Biasstroms kaum Einfluss, eher ein Zurücknehmen der Hochfrequenzentzerrung (Equal.Steller nach links), dabei wird die Aufnahme aber natürlich etwas muffig.
Noch eine Anmerkung zur Wiedergabeentzerrung und dem Abgleich laut Alpine SMBig Grinie Wiedergabeentzerrung kann nicht einfach eingestellt werden, ist fix durch die Bauteilwerte vorgegeben. Die Linearität der Aufnahme wird ausschließlich über Einstellung der Aufsprechentzerrung erreicht. Daher wäre es natürlich möglich dass die Höhenaussteuerbarkeit erschöpft ist und der unsaubere Klang von Hochtonverzerrungen infolge Sättigung herrührt. Läßt sich das irgendwie verifizieren?

Jetzt noch zu den IM Verzerrungen: Wenn ich mich recht erinnere habe ich die Verzerrungen bei 1 kHz und zB 12 kHz als mannigfache Mischprodukte gesehn ohne eine genaue quantitative Messung vorgenommen zu haben. Ist schon ein paar Monate her, dass ich die Messung gemacht habe. Das Signal kam damals aus dem Computer, ob hier eine hochfrequente Einstreuung stattfand, kann ich heute leider nicht mehr beurteilen, da muß ich die Messung noch einmal durchführen, wär aber eine Erklärung, v.a. weil das den Benefit des MPX Filters erklären würde. Da ich aber gehörmäßig durch das MPX Filter auch einen Vorteil bei Plattenaufnahmen habe, neige ich eher nicht zu dieser Erklärung. Zumindest wenn man von der Annahme ausgeht, dass der unsaubere Klang Folge der Intermodulationen ist und nicht irgendein anderer Mist hier sein Unwesen treibt (siehe oben).
Viele Grüße
Lukas
Viele Grüße
Lukas
Zitieren
#7
Dieses Deck ist ein Superteil und besitzt Regler für alle wünschenswerten manuellen Einmessfunktionen auf der Front.
Damit sollte sich doch eine probeweise Manipulation durchführen lassen, um dem Fehler auf die Spur zu kommen?
Ist das Verhalten bei allen Bandsorten gleich?
Treten die Verzerrungen auch bei geringerer Aussteuerung auf?
Besteht der Fehler auf beiden Kanälen gleich?

Es wäre auch eine Arbeitspunktverschiebung des Kopfes durch überdurchschnittliche Gleichfeldmagnetisierung denkbar?

Bernd
Zitieren
#8
Die Verzerrungen treten auch bei geringeren Aufnahmepegeln auf, zumindest soweit ich das probiert habe und bei allen Bandsorten sowie in beiden Kanälen gleich.
Wegen der manuellen Einmessbarkeit habe ich das Ding auch gekauft, natürlich ist es gut 20 Jahre alt und obwohl es äußerlich wunderbar in Schuss ist merkt man ihm eben das Alter doch an (das gleiche könnte ich von mir übrigens auch behaupten, wenngleich ich doch doppelt so alt und nur halb so schön bin). Jedenfalls läßt sich mit den Einstellern zwar eine ganz passable Aufnahme hinkriegen aber optimal sollte eigentlich anders klingen, eben etwas sauberere Höhen würde ich mir wünschen.

Das mit der Magnetisierung ist ein interessanter Punkt. Habe zwar nach dem letzten Eingriff die Köpfe entmagnetisiert und mir ist vorgekommen, dass das ein bißchen was gebracht hat, habe mir aber dann weiter in diese Richtung den Kopf nicht zerbrochen. Vielleicht auch, wiel ich kein großes Vertrauen in meine Entmagnetisierungsdrossel habe. Ich hab einmal versucht meine Pinzetten und Schraubenzieher damit zu entmagnetisieren, der Erfolg war bescheiden. Köpfe entmagnetisieren könnte ich noch einmal versuchen. Reicht einmal hinhalten und langsam wegziehen zur ausreichenden Entmagnetisierung?

Viele Grüße
Lukas
Viele Grüße
Lukas
Zitieren
#9
Hallo,
die Ursache für die Verzerrungen könnte auch im Laufwerk liegen. Der Einfluß des Wickelmotors auf die Klangqualität ist erheblich. Du schreibst ja oben, daß du ein Zwischenradgummi ausgetauscht hast. Hast du hier ein Originalersatzteil eingesetzt? Intermodulationsverzerrungen sind ein Übel aller Cassettendecks. Bei der Aufnahme/Wiedergabe kommt es zu Längsschwingungen des Magnetbands, welche für die rauhen Höhen verantwortlich sind. Um diese Schwingungen zu minimieren, wurde bei vielen hochwertigen Cassettendecks der Andruckfilz in der Cassette von einer Vorrichtung am Tonkopf angehoben. Auch der Wickelmotor/Zwischenrad muß äußerst präzise arbeiten. Ich würde mal folgendes versuchen:
Bei der Aufnahme (Wiedergabe über Hinterbandkontrolle) den Aufwickeldorn mal ganz kurz mit einem Schraubenzieher blockieren und dabei konzentriert auf die Hochtonwiedergabe kritischer Musikpassagen achten. Aufpassen, daß es dabei keinen Bandsalat gibt. Bei meinem Nakamichi CR4 habe ich auf diese Weise festgestellt, daß der Wickelmotor verschlissen war und ausgetauscht werden musste. Nach Austausch stimmten die Höhen wieder.

Gruß Johannes
Zitieren
#10
Hab das mit dem Laufwerk ausprobiert, mit mäßigem Erfolg, rein gehörmäßig kann ich keinen Unterschied feststellen. Es würde ja auch nicht die Sache mit dem Dolby und MPX Filter erklären.
Dass das Laufrad keinen unerheblichen Einfluss auf die Laufwerkseigenschaften besitzt mußte ich ohnehin schon feststellen. Originalersatzteile gibts ja schon lange keine mehr und passenden Ersatz habe ich auch im Internet nicht finden können, daher habe ich einen von den Durchmessern her passenden Gummi genommen und da er zu dick war, der Länge nach durchgeschnitten. Leider habe ich ihn ein wenig zu dick erwischt, sodass er nicht exakt auf das Rad passte und dadurch nicht rund lief. Die Folge waren die von dir beschriebenen Auswirkungen auf den Klang. Ich hab dann versucht den Gummi ein bißchen abzuschleifen, das geht mit alten spröden Gummis recht gut, ist aber eine ziemliche Mistarbeit bei schönen neuen weichen Gummis. Jetzt scheint er aber wirklich einigermaßen zu passen.
Der Tonkopf hat übrigens auch eine Vorrichtung zum Abheben des Andruckfilzes.
Viele Grüße
Lukas
Viele Grüße
Lukas
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste