Mikrofoneingänge - "technischer" Unterschied
#1
Habe mit einer B77 4-Spur mittlerweile mehrer Aufnahmen von kleineren
Live-Konzerten gemacht. Die Ergebnisse waren ganz ordentlich.
Meine Einstellung war jeweils "Mic Lo" !
Wo genau liegt der Unterschied zur "Hi"-Einstellung?

Das Ergebnis mit einer ASC 6002 war dagegen (bei gleichen Gegebenheiten) ziemlich dürftig!
Das Gerät bietet allerdings ja auch keine Möglichkeit die Einstellung des
Mikrofoneingangs zu verändern.

Wer kennt sich mit dieser Problematik aus und kann mir ein paar Info`s geben?
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#2
Der ehemals beiligenden Bedienungsanleitung könnte man dieses hier entnehmen:


[Bild: B77_Mic_Eingaenge.jpg]

ASC kann man folgendes entnehmen:

Eingangsspannung: (0,5-150)mV, Ri=1,4kOhm
Mein Motto "Zitat" »Opa Deldok«: »Früher war alles schlechter. !!!!

Noa and Mira Awad
NOA Keren Or  

reVox B251 Revision und Modifikationsliste!

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#3
Problematik,
lieber Fremder aus dem Lande der ASCler,
würde ich das nicht nennen, eher aber die Frage nach dem Konzept hinter einer Verstärkerschaltung stellen.

Der Mikrofoneingang der B77 entspricht exakt dem der A77 und repräsentiert einerseits die Zeit der Entstehung, andererseits aber auch unverkennbar professionelle Allüren, denn diesen Verstärkertyp gibt es mit gewissen Modifikationen auch in vielen anderen Geräten (A78, ja noch B750, B710, der Studer-Mischpultreihe 169/269) der Regensdorf-Löffinger über eine Vergleichsweise lange Zeit. Nicht zu Unrecht, denn die Rauscharmut in einer übertragerlosen Schaltung und die Übersteurbarkeit (40 dB!) waren 1967 für ein Amateurgerät geradezu revolutionär.

Der Eingang ist ein Universaleingang, dessen Empfindlichkeit (und Eingangswiderstand) umgeschaltet wird, was hinsichtlich der Eingänge Mic. low und Mic high auch entstehungszeitbezogen zu deuten ist, weil damalige Röhrenschaltungen in Amateurgeräten meist und aus finanziellen Gründen hochohmig angelegt waren und dementsprechend niedrige Empfindlichkeiten aufwiesen. In der Röhrenzeit war es ja üblich, dem Amateur-Mikrofon einen Simpelübertrager (meist als Spartrafo) zu verpassen, um es an solcherart hochohmigen und unsymmetrischen Eingängen betreiben zu können. Dies war zwar im Hinblick auf die dann sehr beschränkten Kabellängen eigentlich unsinnig, nachdem aber das HiFi-Zeitalter noch nicht angebrochen war, produzierte der Amateur ja jenseits der Hochzeit von Tante Fanny oder der Musik für die Familienfête auch nicht eben Anspruchsvolles.

In die Übergangszeit auf auch bei Amateurs niedrige Eingangswiderstände hin gehört die A77. Um beide Mikrofonkonzepte (niederohmig 200 Ohm, hochohmig bis 100 kOhm) betreiben zu können, richtete man einen Mikrofoneingang mit hoher Empfindlichkeit (0,15 mV) bei niedrigem Eingangswiderstand (2k2), eine zweite Mikrofonverstärkerposition (Mic High) mit niedrigerer Empfindlichkeit (2,5 mV) und höherem Eingangswiderstand (220 k) ein, der so ungefähr dem der G36 (3 mV, 470 kOhm) entspricht, die von der A77 ja beerbt werden sollte. Nachdem bei Mic LO bei 15 mV der Klirrfaktor unzulässig anzusteigen beginnt, also höhere Pegel -hohe Schallstärken über 120 dB über dyn. 0,2-mV/µbar-Mikrofone oder die 6-12 dB höhere Signalspannung von Kondensatormikrofonen- (vgl. MBs Amateurkondensatormikrofone MBC 500 oder MBC 540) nicht mehr verdaut werden, konnte/kann man diese Position geringerer Empfindlichkeit auch über die ursprüngliche Intention der Hochohmigkeit hinaus verwenden. Trafogekoppelte (Kondensator-)Mikrofone, die auf einen korrekten Abschluss sehr erfreut reagieren und zudem kurz nach dem Erscheinen der A77 auch noch weitere Forderungen (Phantomspeisung) stellten, gehören ja aus finanziellen Gründen nicht gerade zu den von Amateuren präferierten Werkzeugen.
Der Revox-Eingang ist also 'für seine Zeit' in der Amateurumgebung sehr hochwertig.

ASCs Mikrofoneingang ist nicht eben schlechter, ggflls. aber empfindlichkeitsmäßig für dynamische Mikrofone nicht so glücklich angelegt wie der der A/B77, dafür aber mit neuzeitlicherem Halbleitermaterial ausgestattet (BC550 im Eingang, aaaber NPN; Revox sieht dagegen einen PNP vor, was etwas bringt). Die Ausgangsstufe dürfte nicht ganz so hoch aussteuerbar sein, was ich aber nachmessen müsste. Das steht aus, denn ich habe keine 600X. Hinsichtlich des Eingangswiderstands (überschlägig berechnet etwa 1k6 bei 0,2 mV Empfindlichkeit) dürfte sich das mit Revox (2k2 bei 0,15 mV nach Datenblatt) nichts nehmen, beide liegen damit im Bereich der bei Spannungsanpassung empfohlenen Abschlüsse von 200-Ohm-Mikrofonen. Die internen Pegelverhältnisse deuten aber darauf hin, dass man bei ASC durch die Einstellpots etwa 60 dB ausgleichen (0,2 mV bis 200 mV) kann, wogegen Revox mit seiner Konzeption nur 40 dB nahelegt. Man kann also in der ASC das Vorstufenrauschen um 20 dB mehr anheben, was in der Praxis sicher auch gemacht wird, weil -wenn ich das richtig sehe (ich habe leider nur eine unvollständige Beschreibung der ASC 6000)- der MIC- und der Master-Steller vom mit dem Schaltungshintergrund nicht vertrauten Nutzer (Regelfall) auch unselig eingesetzt werden kann. Revox hat auf den Master verzichtet, womit der skizzierte ungünstige Betriebsfall gar nicht erst 'erzeugt' werden kann.

Ich vermute/könnte mir vorstellen, dass du die Positionen von Mic und Rec-Master nicht ganz glücklich gewählt hattest, und dann mit etwas mehr Rauschen kämpfen musstest. Man kann dort optimieren, muss/müsste dafür aber die Aussteuerungsgrenzen der jeweils dazwischenliegenden Verstärker kennen.

Dass durch ein dynamisches Mikrofon gewandelte Schallereignisse neben den klanglichen Grenzen dieses Mikros aufgrund der niedrigen Wandlerempfindlichkeit auch schon sehr bald am Verstärkerrauschen anlaufen, wird dir ja vertraut sein. Ein solides Nf-Kondensatormikrofon einer -heute- zwischen 10 und 26 dB höheren Empfindlichkeit gestattet natürlich teilweise deutlich höhere Geräuschspannungsabstände, weil dem Verstärkereingang schon ein Signal nennenswerten Pegels angeboten wird. Da rührt sich qualitativ eigentlich am meisten, da das, was die Einheit aus Mikrofon und Eingangsstufe nicht kann, nie mehr wieder herzuholen ist.

Hans-Joachim
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