Turntables damals und heute
#1
Hallo,
nachdem ich mich in den letzten Monaten dem Thema Plattenspieler wieder mehr zugewendet habe und mir einen Überblick über die heute neu angebotenen Laufwerke verschafft habe, stellt sich mir die Frage, wie diese aktuellen Geräte im Vergleich mit den Plattenspielern insbesonders der 80er Jahre zu bewerten sind. Die heutigen Player sind hauptsächlich manuell zu bedienende riemengetriebene Laufwerke, bei denen sich die Elektronik fast nur auf den Motor und evtl. dessen Steuerung beschränkt. Dem gegenüber waren die damaligen Geräte (betrachten wir mal die großen Modelle von Denon, JVC, SONY usw.) vollgepackt mit Automatic-Funktionen, elektronischen Kompensationen, aufwendigen Tonarmen usw. - und das für einen Bruchteil der heutigen Preise.
Sicher spielen produzierte Stückzahlen bei der Preisbildung eine erhebliche Rolle. Aber, sind heutige sog. High-End-Laufwerke wirklich soviel besser.

Eine Diskussion dieses Themas (wenn's die schon mal gab - sorry!) aus allen Blickwinkeln würde mich sehr interessieren. Für Kaufentscheidungen können hieraus eventuell große Einsparungen resultieren !

Gruß aus Berlin, Frank K
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#2
Ein Plattenspieler hatte "damals" einen ganz anderen Stellenwert als heute. Damals war das die einzige Apparatur, mit der man eine große Auswahl an Tonträgern abspielen konnte. Ein Plattenspieler war eine Notwendigkeit für jeden der ernsthaft Musik hören wollte. Es wurde folglich auch die ganze Bandbreite der Nachfrage abgedeckt: Edles, Billiges, Praktisches, Komfortables, Kompliziertes, Simples, etc.

Heute fristet der Plattenspieler ein Nischendasein, wenn auch ein stabiles und sehr vitales. Viele Hörer sind komplett auf CD umgestiegen und nehmen es in Kauf, nicht mehr alles hören zu können sondern nur das, was als CD zur Verfügung steht. Der größte Teil der Nische wird daher von Liebhabern besetzt, deren optische und haptische Bedürfnisse es zu erfüllen gilt. Die Zermonie des Plattenwaschens und -auflegens, das analog anmutende Outfit ist für viele Plattenfans genauso wichtig oder gar wichtiger als die Musik selber. Diskussionen über Musik enden oft genug kurz nach Beginn beim Vergleich von Pressqualitäten und Plattengewichten verschiedener Ausgaben. Reagiert der Dreher empfindlich auf Manipulationen (Matten, Kabel, Zargen, etc. ) wird das begrüßt, denn dadurch ist es möglich, durch einfache Maßnahmen den Klang in eine individuell bevorzugte Richtung zu schieben und sich damit von den anderen abzugrenzen. Man findet ähnliches Verhalten bei Autofans im Tuningbereich, die mit allerlei Maßnahmen sog. "Verbesserungen" durchführen und dann argumentativ vertreten. Dieser Teil des Hobbies nimmt einen großen und breiten Raum ein. Schaut man sich die heutige Kundschaft von Plattendrehern an, so gewinnt man leicht den Eindruck, es in erster Linie mit Gerätefreaks und Plattensammlern zu tun zu haben den mit Musikfans.

Entsprechend ist auch das Angebot zugeschnitten. Quadratisch, praktisch, gut gibt es nicht mehr, zumindest nicht mehr in großer Auswahl. Bedient wird der Liebhaber und Fan, der gerne zwischen Acryl oder Alu wählt, wenn es um das Tellermaterial geht, der gerne bereit ist, für ausgefallene, edel anmutende Konstruktionen gutes Geld zu bezahlen und der bereit ist, durch allerlei Zubehör "am Klang zu schrauben".

Daß High-End Laufwerke absolut betrachtet und am Original gemessen besser sind, wage ich zu bezweifeln. Daß sie in den Ohren der User "schöner klingen" mag sein. Wer auf dieses subjektive Erlebnins, daß natürlich von Laufwerk zu Laufwerk, von Hörer zu Hörer ganz anders ausfällt, Wert legt, der muss in diesem Segment einsteigen und fühlt sich z. B. im Analog-Forum der AAA wohl, wo dies das Hauptgeschäftsfeld ist. www.analogforum.de

Wer einfach nur Platten hören will, der sollte sich überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, einen Oldtimer zu kaufen aus der Zeit, in der ein Plattendreher noch ein normales HiFi-Gerät ohne großen Kultstatus war. Das Geld, das die Wiederaufarbeitung kostet dürfte besser angelegt sein als bei einem Neukauf. Als Basis bieten sich hier z. B. Thorens an, auch Dual oder z. B. Technics. Man hat hier den Vorteil der großen Auswahl, man kann sich also den Dreher kaufen, den man gerne hätte: puristisch, futuristisch, praktisch, komfortabel, ganz so, wie man auch andere HiFi-Komponenten auswählt.

Die Kernfrage ist also:
Was willst Du mit dem Plattendreher machen? Was für Erwartungen hast Du? Soll das Gerät wesentlicher Bestandteil des Hobbies werden oder ist der Dreher Mittel zum Zweck?
Michael(F)
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#3
Zitat:Frank K postete
Die heutigen Player sind hauptsächlich manuell zu bedienende riemengetriebene Laufwerke, bei denen sich die Elektronik fast nur auf den Motor und evtl. dessen Steuerung beschränkt. Dem gegenüber waren die damaligen Geräte (betrachten wir mal die großen Modelle von Denon, JVC, SONY usw.) vollgepackt mit Automatic-Funktionen, elektronischen Kompensationen, aufwendigen Tonarmen usw.
Naja, das es hauptsächlich nur noch manuell Bedienbare Player gibt, hängt von der Betrachung ab. Wenn du in den sog. "High-End"-Bereich siehts mag das stimmen. Hier gibts so gut wie keine Automaten. Genauso wie in der DJ-Szene, da ist eine Automatik unbrauchbar und stört.

Die noch erhältlichen, normalen HiFi-Dreher, sind m.E. oft Automaten, auch wenn es nur noch wenige gibt. Das geht von den billigen Plastikgeräten bis in die mittleren Klassen, wo z.B. noch die letzten Dual angeordnet sind. Das sind alles Automaten.

Ich persönlich finde, daß heute das Plattenspielerangebot eigentlich recht in Ordnung ist. Man hat zwar nicht mehr sehr viel Auswahl, aber es gibt eigentlich für jeden Geldbeutel noch was, daß war in den 80er m.E. auch nicht anders, bis auf die Angebotsmenge und vielleicht mehr Zwischenstufen. Hier gings auch von den Kaufhausbilligmodellen bis zu den Top-Geräten.
Grüße,
Wayne

Weil immer wieder nachgefragt wird: Link zur Bändertauglichkeitsliste (Erfassung von Haltbarkeit und Altersstabilität von Tonbändern). Einträge dazu bitte im zugehörigen Thread posten.
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#4
Zitat:Michael Franz postete
...............
Wer einfach nur Platten hören will, der sollte sich überlegen, ob es nicht sinnvoll wäre, einen Oldtimer zu kaufen aus der Zeit, in der ein Plattendreher noch ein normales HiFi-Gerät ohne großen Kultstatus war. Das Geld, das die Wiederaufarbeitung kostet dürfte besser angelegt sein als bei einem Neukauf. Als Basis bieten sich hier z. B. Thorens an, auch Dual oder z. B. Technics. Man hat hier den Vorteil der großen Auswahl, man kann sich also den Dreher kaufen, den man gerne hätte: puristisch, futuristisch, praktisch, komfortabel, ganz so, wie man auch andere HiFi-Komponenten auswählt.

Die Kernfrage ist also:
Was willst Du mit dem Plattendreher machen? Was für Erwartungen hast Du? Soll das Gerät wesentlicher Bestandteil des Hobbies werden oder ist der Dreher Mittel zum Zweck?
Hi Frank,

wie Dir schon Michael schrieb, sollte zunächst einmal überlegt werden, für was der Plattenspieler da sein soll und welche finazielle Mittel zur Verfügung stehen, bzw. stehen sollen.

Und bitte mache Dich einmal von dieser, der Deinen Meinung frei...
Zitat:Dem gegenüber waren die damaligen Geräte (betrachten wir mal die großen Modelle von Denon, JVC, SONY usw.) vollgepackt mit Automatic-Funktionen, elektronischen Kompensationen, aufwendigen Tonarmen usw. - und das für einen Bruchteil der heutigen Preise.
...... denn sie ist nicht richtig. Die großenen Denons (DP-60,75,80,100) waren ohne jede Automatik und die Großen Sonys (PPS-2250,3350,4450) waren ohne jede Automatik, die nächst kleineren (PS-X9,70,60,50) hatten "nur" eine Endabschaltung. Auch das Spitzenmodell von JVC,der QL-10 kam ohne alles daher. Die Du meinst (Sony PS-X 600,550 JVC QL-Y Baureihe entsprechende Denons) galten bei ihren Herstellern auch heute noch nicht als die wahren Flaggschiffe.
Übrigens ein nicht zu unterschätzender Plattenspieler ist auch der Kenwood KD-990 und dessen baugleiche Geschwister 7010/8010 (auch dieser hat nur eine Abschaltautomatik). Und wo sind die ganzen Technics der 2 und 3 stelligen Direkttriebler Baureihe genannt? Diese stellen die Spitzenmodelle dar, und hatten noch nicht einmal einen Tonarm, bzw. wurden nach Kundenwunsch ausgeliefert, auch mit Fremdarmen. Selbstredent ohne Automatik.

Übrigens geht man nur von den zu messenden und überprüfenden Messwerten aus, gibt es noch immer kein besseres Laufwerk wie der Technics SP-10 MK III und der Thorens Referenz mit garantierten Gleichlaufwerten unter 0,02% und einem Rumpelabstand größer als wie mit der Messplatte noch zu messen. Wert mit Thorensmesskoppler für beide über 80 dB.
Beide haben übrigens keinen Tonarm von Hause aus, wie üblicher Weise bei fast allen Herstellern dieser Preisklasse. Dies hat aber nichts damit zu tun um Geld zu scheffeln, sondern diente einzig und alleine dazu dem Kunden die Wahl zu lassen und sich nicht festlegen zu müssen. Somit haben sie auch keine Spielereien, die irgendwann auch einmal defekt werden können.

Meiner persönlichen Erfahrung nach lohnt ein Kauf eines Neugerätes nicht, dazu ist der Markt der Gebrauchtgeräte viel zu gut bestückt, auch zu äußerst fairen Preisen, einige Gedult vorausgesetzt. Dort kann ich bis in den höchsten "Plattenspielerolymp" aufsteigen.

Es sei denn ich lege Wert auf Design, diesem wird heute mehr Rechnung getragen.

Übrigens werde ich nächster Woche eine Reihe von Vorstellungen der alten Boliden im HiFi-Classics starten. Zumindestens von denen, die ich persönlich schon bei mir begrüßen durfte.

Gruß
Jürgen
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