Wir tun etwas für ein besseres Wording
#1
Die Leute haben Sorgen... da wurde doch glatt eine Aktion gestartet, die nach und nach deutsche Alternativen zu Mode-Anglizismen sucht:

http://de.wikinews.org/wiki/Aktion_%E2%8...angelaufen

Eigentlich ja keine schlechte Idee, aber ob das so per Abstimmung und Beschluss funktioniert? :\
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#2
Als wenn es sonst in Deutschland keine anderen Probleme gäbe, typisches Silly Season-Thema.
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#3
Mein Großvater ist letztes Jahr verstorben, biblisches Alter 92.

Er war in englischer Gefangenschaft, ein paar englische Brocken hat er aufgeschnappt. Nur "neudeutsche" Wortschöpfungen hat er nie verstanden. Dafür kaufte er sich ein spezielles Wörterbuch zur Übersetzung vieler eigentlich nicht existierender englisch klingender Wörter.
Ein Beispiel ist "Handy".
Gemeint ist bei uns ein Mobiltelefon. Im Mutterland versteht man es nicht, handy bedeutet sinngemäß handhabbar, hat aber nichts mit dem Telefonieren gemeinsam.
Deswegen finde ich die Idee bezüglich deutscher Wörter schon ganz gut, gerade wenn sie im Alltagsgebrauch benutzt werden sollen.
Allerdings bin ich etwas vorsichtig, alles einzudeutschen, gerade wenn es um Wörter geht, die eigentlich nur in Wissenschaft und Technik benutzt werden.

Andreas, DL2JAS
Was bedeutet DL2JAS? Amateurfunk, www.dl2jas.com
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#4
Der Witz ist doch, das die Worte nicht neu erfunden werden müssen, weil sie sich schon eingebürgert hatten. Es verwendet sie nur keiner mehr weil irgendwelche Strategen auf die neuen Worte gekommen sind. Viele suchen nach einem deutschen Wort für Handy und vergessen dabei das schon Adenauer ein Funktelefon hatte.
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#5
Dann möchte ich doch mal aus purer Oposition eine Lanze für Anglizismen im Allgemeine und für das "handy" im Besonderen brechen.

Ein Wort drückt akustisch aus, was der Sprecher meint. Es muss in erster Linie funktionieren. Exact ist es in den seltensten Fällen, kann es auch nicht sein, weil die Entwicklung weiter geht, die Bedeutung sich verändert. Es muss auch nicht exact passen, denn die Auffassung der Kommuniziernden ändert sich ebenfalls, mit der Zeit und mit der Situation.

Unter einem Mobiltelefon stellte man sich zu Adenauers Zeiten etwas anderes vor als heute. Wie praktisch, daß es das Wort "handy" gibt, da weiss jeder was gemeint ist: Ein Telefon, daß man locker in die Hand nimmt, in der Tasche trägt.

Wie sollte es besser heissen?
"Telefönchen" wie in Italien?
"Mobiltelelfon" wie in England, wo man vom "mobile phone" spricht?
Das eine ist lächerlich und falsch, das andere nur falsch. Schließlich kann man mit einem handy auch noch photographieren, Musik hören, Termine planen, Notizen schreiben- und aufzeichnen und bald sicher auch vieles andere mehr, navigieren zum Beispiel. Das alles mit einem zentralen, handlichen Gerät. Das ehemalige Mobiltelefon wächst also förmlich in seinen allgemein gehaltenen Nick hinein.

Auch wenn das nicht so sein sollte: Ich finde den Begriff praktisch, weil er funktioniert.

Auch anderen Anglizismen stehe ich nicht sooo negativ gegenüber. Durch ein englisches Wort erhält ein Begriff oft eine andere Nuance. Zwischen "meiner Arbeit" und "meinem Job" können feine Unterschiede bestehen, die ein Sprachgeübter nutzen kann. Anglizismen verhindern phonetische Wiederholungen. Statt "Ich gehe gerne zur Arbeit. Meine Arbeit ist es ..." schreibt man "Ich gehe gerne zur Arbeit. Mein Job ist...". Dabei betont man noch ganz nebenbei den Aufgabencharacter seines Tuns.

Last not least gibt es Füllwörter, Floskeln, die zur Zierde auf den Buchstabensalat gekleckert werden, und wenn man nicht immer "Letztendlich" schreiben will, kommt einem eine englische Wendung ganz zupass.

Ich finde es auch lächerlich, wenn Statements banalen Inhalts mit Anglizismen aufgebrezelt werden, aber das eine Sprache absorbiert, was passt - damit kann ich gut leben.
Michael(F)
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#6
Verwirrend an dem Wort "Handy" ist einfach der Umstand, daß es fälschlicherweise vorgibt, ein international verstandener Begriff zu sein. Einer meiner Kollegen ist mal bei einem USA-Projekt erfolglos auf der Suche nach einer "Handy"-Karte durch Geschäfte in New York geirrt, bis ihm einfiel, daß es vielleicht eine gute Idee sei, in bester Touristenmanier auf das dazugehörige Gerät zu deuten und "I need an account card for this!" zu sagen. Dann wurde er auch prompt fündig. :-)

Auch sehr schön: In den 90ern gab es ein ein Lied namens Scandy Randy von einer deutschen Gruppe namens Squeezer, dessen Refrain ging "Scandy Randy, I'm gonna call you from my handy". Die Schreiber hatten das Wort "Handy" ebenfalls unter obiger falscher Annahme verwendet - mit der Folge, daß die Plattenfirma sich Gerüchten zufolge weigerte, das (im deutschsprachigen Raum recht erfolgreiche) Lied in anderen Ländern zu veröffentlichen. :-)
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#7
In der Schweiz sagt man nicht handy, sondern Natel Smile

Gruß, Michael
"Der Abstand zwischen Brett und Kopf wird im Allgemeinen als "geistiger Horizont" bezeichnet!"
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#8
Neulich gab es im "Talk" (sic!) auf NDR-Info ein Gespräch mit dem Statistik-Professor und Verein-für-Deutsche-Sprache-Gründer Walter Krämer. Er weist meines Erachtens mit vollem Recht darauf hin, dass ohne Not gebräuchliche deutsche Begriffe durch Anglisierung aufgehübscht werden, woran jedoch oft die Verständlichkeit leidet. Als ein (extremes?) Beispiel brachte er die Rechnung der Telekom, die vor eingen Jahren von seiner Mutter nicht mehr verstanden wurde. Diese Rechnungen wurden von ihr dann auch nicht bezahlt, denn Rechnungen müssen in Deutsch gestellt sein.

Die feine Differenz, die unterschiedliche Worte liefern können, wird von den meisten an der Sprache Teilnehmenden oft nicht erkannt, beachtet oder verwendet.

niels
Wer bei Stereoaufnahmen kein Gegenspur-Übersprechen haben möchte, sollte Halbspur-Maschinen verwenden.
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