Bandzug, wie wichtig ist er?
#1
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Das der Bandzug für viele Eigenschaften des Tonbandgerätes bedeutsam ist, wurde ja schon oft besprochen.

Neben der Notwendigkeit eines kräftigen Bandzugs für einen stabilen (freitragenden) Wickel ist die Stärke des Bandzugs auch für einen guten Kontakt des Bandes zu den Köpfen von Bedeutung.

Nur, wie wichtig ist der Bandzug für den Band / Kopf- Kontakt? Die Werte schwanken erheblich, je nach Gerät und Spulengröße zwischen 30 und 90p, mitunter noch darüber.

Über die Bedeutung des Bandzuges habe ich nachgedacht, weil bei der Nagra 4.2 der Zug mit 30p bei einem Kerndurchmesser von 130mm relativ schlapp ist. Die Wickel werden zwar gleichmäßig und glatt, sind aber auch bei rückseitenbeschichtetem Material instabil, wenn man die abgenommenen Spule schüttelt, rutscht das Band zwischen den Flanschen hin und her. Trotzdem habe ich noch nie bemerkt, dass es zu Tonaussetzern gekommen ist, was m.E. schlimmer wäre als ein instabiler Wickel.

Jedenfalls sind trotz des geringen Bandzuges die Aufnahmen und Wiedergaben einwandfrei, keine Aussetzer, keine ungleichmäßigen Pegel, kein "pumpen" bei den Höhen, eben einwandfreie Tonqualität und perfekter Klang, es kommt so hinaus, wie es hereingeht. Auf Grund der geringen Spulengröße von max. 18 cm verwende ich Langspielband, entweder LPR35 oder PER368 bei 19,05 cm/s. Hinzu kommt, dass die Nagra nur bei Außenaufnahmen eingesetzt wird, wo mit mehr Staub oder Rauch zu rechnen ist als im Heimbereich, also eher ungünstige Bedingungen.

Im Inneren ist der Transportmechanismus wie die Kupplungen unter den Bandtellern sehr einfach gebaut, trotzdem funktioniert das Gerät in allen Lagen, auch auf dem Deckel liegend perfekt.

Hat die Bandführung womöglich größeren Einfluß auf den Band / Kopfkontakt als der Bandzug? Bei der Nagra ist die Bandführung meiner Meinung nach recht einfach aufgebaut und zudem ist der Bandzug nicht geregelt.
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#2
Hallo Frank,

beim Bandzug muss man unterscheiden, ob man den Bandzug an der rechten Spule, oder an der linken Spule mißt.

Der Einfachheit halber betrachten wir mal nur Geräte ohne Reverse Betrieb.

Ob ein Gerät im Wiedergabebetrieb an der rechten Spule einen hohen oder einen niedrigen Bandzug hat, hat auf den Ton relativ wenig Auswirkungen.
Dieser Bandzug ist in erster Linie für die Wickeleigenschaften verantwortlich. Ein Gerät kann hier durchaus ohne Probleme funktionieren, wenn der Wickelteller es gerade so schafft, das Band überhaupt aufzuwickeln.

Bei den meisten Geräten läuft das Band von der linken Spule ab, an den Köpfen vorbei, dann durch den Capstan Antrieb und dann auf die rechte Spule.

Wenn der Capstan gut greift, hat das Verhalten der rechten Spule im Prinzip keinen Einfluss auf die Tonqualität der Maschine. Der rechte Wickelteller muß nur das vom Capstan transportiere Band wieder aufwickeln, egal wie fest.

Auf der linken Seite wird die Spule entweder mechanisch gebremst oder der Motor dreht in Gegenrichtung um das nötige Bremsmoment aufzubauen. Würde hier kaum Bandzug aufgebaut, würde das Band ganz locker über die Köpfe laufen und hätte keinen guten Kontakt. So haben wir das bei vielen Cassetten Recordern. Hier funktioniert das durch das in der Cassette vorhandene Andruckkissen trotzdem. Ebenso gibt es Tonbandgeräte mit Andruckfilz, wo der Bandzug an den Köpfen auch eine geringe Rolle spielt.

Bei den Konstruktionen ohne Andruckfilz allerdings sorgt nur der Bandzug für den nötigen Band - Kopf Kontakt. Das wird dann durch ein mechanisches Feder-Bremssystem geregelt, oder elektronisch. Ein unregelmäßiger Bandzug hat dann natürlich auch einen schlechten Ton zur Folge.

Die Kopfgeometrie und die Lage der Köpfe (wie weit umschlingt das Band den Kopf) dürfte dann ebenfalls eine Rolle spielen. Ein Band, welches nur am mitleren Teil des Kopfspiegels anliegt muss natürlich mit einem höheren Bandzug am Kopf vorbeilaufen um einen stabilen Kontakt zu haben, als wenn es quasi um die komplette Kopfbreite geschlungen wird.

Somit sind die Bandzüge auch unterschiedlich.

Da sind wir dann ja auch bei der Erfindung des Doppel Capstan Antriebs, bei dem der Bandzug an der linken Spule ebenso unwichtig wird, wie der an der rechten Spule, vorausgesetzt das Band wird gerade und stabil genug an die Capstan Rolle geführt.

Die Vorteíle und Probleme gibt es ja gerade hier im Forum noch nachzulesen.

Noch komplizierter wird es dann beim Omega Antrieb. Hier müssen dann beide Bandzüge exakt stimmen und geregelt werden, damit das Band überhaupt gleichmäßig transportiert wird, der linke Bandzug muß aber auch noch stark genug sein, damit der Band Kopf Kontakt gut ist.

Hier ist dann auch noch die Unterschiedliche Rückseite der Bänder von Bedeutung, da die um den Capstan geführt wird und sich hier genügend anschmiegen muss um transportiert zu werden.

Band ab - Band läuft,

Rainer
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#3
Zitat:rolie384 postete

Ein Band, welches nur am mitleren Teil des Kopfspiegels anliegt muss natürlich mit einem höheren Bandzug am Kopf vorbeilaufen um einen stabilen Kontakt zu haben, als wenn es quasi um die komplette Kopfbreite geschlungen wird.

Rainer
Rainers Beitrag ist sehr gut und aufschlußreich, aber hier hat sich ein kleiner grundsätzlicher Denk-oder Schreibfehler eingeschlichen:

Dem alten physikalischem Gesetz (Druck ist gleich Kraft durch Fläche) folgend, sollte es genau umgekehrt sein.

Bei geringem Umschlingungswinkel (kleinere Berührungsfläche) kann der Bandzug bei gleicher Andruckkraft proportional geringer gehalten werden. Dieses Prinzip machen sich Gerätehersteller mit hyperbolisch geformtem Kopfspiegel zunutze.

Bei batteriebetriebenen Geräten liegt der Schwerpunkt auf einer relativ langen Laufzeit pro Akkuladung/Batteriesatz. Voraussetzung hierfür ist ein minimaler Energieverbrauch des portablen Gerätes bei begrenzter Batteriekapazität.
Da bei einem Bandgerät der mechanische Bandtransportmechanismus den Hauptanteil der Energieressourcen beansprucht, ist der Konstrukteuer gehalten, hier besonders Energiesparmaßnahmen wirksam werden zu lassen. Das funktioniert in erster Linie mit der Herabsetzung des energiezehrenden Bandzugs.

Für den Bandzug allgemein gibt es optimierte Werte, welche immer auch einen Kompromiss zwischen Abtastsicherheit und Kopfverschleiß darstellen.
Bei Heimgeräten liegt der gewählte Schwerpunkt mehr in Richtung Standzeit der Köpfe und Bandschonung (Langspiel-, Doppelspiel-, Tripelspielbänder).
Bei Studiogeräten hingegen mehr auf Abtastsicherheit und Langzeitstabilität aller spezifizierten Parameter. Der Zuverlässigkeit einer Studiomaschine wird mehr Wert beigemessen, als den resultierenden Wartungskosten.

Bernd
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#4
Zitat:capstan postete

Dem alten physikalischem Gesetz (Druck ist gleich Kraft durch Fläche) folgend, sollte es genau umgekehrt sein.

Bei geringem Umschlingungswinkel (kleinere Berührungsfläche) kann der Bandzug bei gleicher Andruckkraft proportional geringer gehalten werden. Dieses Prinzip machen sich Gerätehersteller mit hyperbolisch geformtem Kopfspiegel zunutze.
........

Bernd
Dies kann ich durch exemplarische Messungen an meinen Tonbandgeräten bestätigen. ASC und Braun verwenden hyperbolische Tonkopfformen.

Hier die Ergebnisse des Bandzuges, bewirkt durch den linken Wickelmotor:

ASC AS6004S/38: 0,4N
ASC AS5002: 0,4N

ReVox B77HS: 0,8N und 0,4N(Bandzug auf kleinen Wickelkerndurchmesser umgeschaltet)

BrAun TG1020: 0,4N

An der TG1020 habe ich auch lediglich am linken Wickelmotor gemessen, wobei bei dieser Maschine natürlich gleichfalls der Bandzug des rechten Wickelmotors von identischer Bedeutung ist, da die Andruckrolle und die Tonwelle zwischen Aufsprech.- und Wiedergabetonkopf plaziert ist!

Gruß

Thomas
Mein Motto "Zitat" »Opa Deldok«: »Früher war alles schlechter. !!!!

Noa and Mira Awad
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