Die TETRAPHONIE des Gerhard Woywod aus Mülheim a.d.Ruhr
#1
Wer kennt die TETRAPHONIE noch, schon oder noch nicht?

Ist die WOYWOD-KUGEL, mit der die Aufnahmetechnikder Tetraphonie realisiert wird, verschwunden und gescheitert:

1) an der fehlenden Mono-Kompatibilität?
2) am Fehlen von zwei Kanälen in der Rundfunkübertragung?
3) am Desinteresse der Mikrofonhersteller?
4) an DOLBY-SURROUND 5.1?
5) am IRT?
6) an Gerhard Woywod?
7) an den Zeitumständen?
8) am VdT?
9) an anderen Umständen, die ich nicht kenne?
10) weil es ein untaugliches Aufnahmesystem war und ist?
11) weil die CD- oder SACD-Regularien keine Vierkanal-CD zulassen?
12 ) weil kein Musikliebhaber vier getrennte Kanäle bei der Wiedergabe braucht?

Wenn hierauf jemand eine oder mehrere Antworten weiss, dann möchte er sich melden. Wenn er nichts weiss, dann schweige er weiter.

Die Patentanmeldung und die Ergänzungen 3 und 4 als Information im Anhang.
Die Herren Plenge, Wilkens und Kürer hatten fast alle Unterstützung, die sie sich gewünscht und nicht gewünscht haben.

Hat Gerhard Woywod sich Unterstützung gewünscht und keine bekommen?

MFG
H A N N S -D.

https://tonbandforum.de/bildupload/WOYWOD_1.jpg
https://tonbandforum.de/bildupload/WOYWOD_2.jpg
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#2
Das Problem liegt wohl eher in der Anordnung der Lautsprecher. Sowas lässt sich fürs Wohnzimmer schlecht verkaufen.
Gruß,
Michael/SH

Eigentlich bin ich ganz anders, nur komme ich so selten dazu (Ö v. Horvath)
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#3
Antworten weiss ich zwar keine, aber schweigen mag ich auch nicht. Dazu sind der Fragen zu viele.

Was ist Tetraphonie? Ich kenne nur die Quadrophonie.
Ein paar Hintergrundinfos über Technik und Personen - auch mit deren Namen fange ich nichts an - wären nicht schlecht.
Michael(F)
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#4
´
Ich bin manchmal etwas Link....

Der Hersteller geizt hier mit Infos http://www.tetraphon.at/

http://www.mdr.de/DL/939974.doc

Viel habe ich nicht dazu gefunden.
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#5
Hallo Frank, Hallo Michael (F),

Lasst mich mein Posting noch ergänzen mit den fehlenden zwei Blättern der Patentshrift, die ich hier nachreiche:

https://tonbandforum.de/bildupload/WOYWOD_3.jpg

https://tonbandforum.de/bildupload/WOYWOD_4.jpg


Wie alles funktioniert fasse ich hier mal in vielen Worten zusammen. Es steht alles haarklein in der Patentschrift, die man lesen und auch verstehen muss.

Die Woywod-Kugel ist eine Aufnahme-Anordnung von vier Mikrofonen in einem runden ballförmigen Körper (kopfähnlich mit 20 Zentimeter Durchmesser), bei denen zwei Mikrofone vorn schräg nach unten gerichtet sind, ein weiteres nach oben und ein viertes halb schräg nach hinten. Wobei die unteren drei Mikrofone sich auf einer dreigeteilten Kreisebene befinden. Wenn man die Mikrofone oben und hinten weglässt, erhält man eine A-B-Mikrofonie-Aufnahme bei der linkes und rechtes Mikrofon jeweils auf einem dreigeteilten Kreis angeordnet sind, der hintere Standort bliebe dann leer. Das Bild auf der Patentschrift Datei-WOYWOD_4 zeigt rechts unten die Anordnung. Sinngemäss erforder die Wiedergabe vier Lautsprecher (-Systeme,-Boxen) die zweimal vor dem Zuhörer auf ihn hin gerichtet sind, ein Lautsprecher hinter ihm und einer weit über der Köpfhöhe. Man sitzt bei der Wiedergabe in einer um den Faktor 20 bis 50 masstäblich vergrösserten Kugel (bezogen auf das Aufnahmesystem/die Mikrofonanordnung).

@Frank und alle: im Netz ist hierzu NICHTS zu finden, weil, was nicht vom IRT abgesegnet ist, das exisitiert nicht. Lest euch die Patentschrift durch, und euch wird klar sein, dass G. Woywod (der Erfinder) am Ende der siebziger bis Anfang der achtziger Jahre ein riesiges finanzielles Problem hatte. Vierkanal-Aufnahmen für kleines Geld gab es nicht, denn eine TEAC 3340 oder 3440 kostete rund ein Drittel von einem VW-Golf. Die ersten aufkommenden HIFI-Videorecorder, mit denen man zwar gleichzeitig vier Kanäle (mit einem zusätzlichen PCM-Prozessor gleichzeitig) aufnehmen konnten, litten bei der Wiedergabe unter dem Zeitversatz zwischen dem analogen FM-Codierten-Audiosignal (in der Videospur aufgezeichnet, quasi analog und ohne Zeitverslust reproduzierbar) und dem PCM-Signal das rund 15 Millisekunden später kam (durch Verzögerung der Rechnerei bei der Wandlung) und deshalb für den Ausgleich wieder das anloge Signal eine entsprechenden Vorverzögerung durchlaufen musste damit alle vier Signale gleichzeitg über die vier Lautsprecher beim Zuhörer ankamen. Heute im Jahr 2006 ist das für wenige hundert Euro lösbar. Vor 25 Jahre waren das direkt viele tausend D-Mark und damit für einen kleinen und armen Erfinder der auch den Patentanwalt finanzieren musste weit über den Rahmen der Familienhaushaltskasse hinaus.

Wenn alle alles gelesen haben, dann geht es vielleicht weiter.

MFG
H A N N S -D.
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#6
Neben der oben leider nicht vollständig zitierten Patenschrift gibt es noch einige weitere Erwähnungen des Verfahrens, übrigens in den Tagungsberichten der Tonmeistertagungen. Dazu ist anzumerken, dass schon in den mittleren 1980er Jahren der Einfluss des IRT auf die gerätebeschaffungen massiv auf dem Rückzug war, und Günther Theile 1984 sein Kugelflächenmikrofon vorstellte, das mit Woywods Kugel nun immerhin die Form teilt, aber als nur zweikanaliges Verfahren bei deutlich besserer Übersprechdämpfung zwischen den Systemen auch eine günstigere Entzerrung wählen kann. Und wenn jemand dem IRT in vielerlei Hinsicht Farbe nach außen verliehen hat, dann war das Günther. Vergessen wollten wir auch nicht, dass Mitte der 1980er Jahre bereits vielkanalige, digitale Offenspulengeräte auf dem Markt waren, da ohne sie Tobias Pragers Untersuchung der (Stereo)Hauptmikrofonarten nicht recht möglich gewesen wäre, die ja durch Martin Wöhr und Bernhard Nellessen nicht unerheblich erweitert wurde. (Vgl. TMT-Tagungsbericht 1986.)

Daran lag es also nicht. Es sind die -unter den Aspekten der Lautsprechersterofonie- immer kritischen festen Mikrofonabstände, die die Versatilität eines in einem 'Array' bestehenden Systems einschränken, da der Aufnahmewinkel, unter dem das Mikrofon die (gegebenenfalls) recht ausgedehnte Schallquelle 'sieht', nicht durch Variation der Winkel der Mikrofone zueinander (Versatzwinkel) und/oder die Veränderung der Abstände 'eingestellt' werden kann.

Ein weiteres Problem liegt in den durch den 'Kopf' vorgegebenen (also festliegenden) Spektraldifferenzen (links und rechts), deren Sinn viele Tonmeister (namentlich der Sengpieltradition) heute nicht nur bestreiten, sondern engagiert als Qualitätsmangel bekämpfen (Verfärbung). Nicht ohne Ursache. Aus den oben genannten Gründen konnte sich auch das in meinen Augen interessante Kugelflächenmikrofon Theiles nach der branchenüblichen Anfangseuphorie nicht durchsetzen. Ich benütze es heute für geeignete Aufnahmegegenstände nicht ungerne, jedoch sind die, namentlich in Anbetracht des saftigen Preises (es ist weiltweit meines Wissens nurmehr das KFM6 von Schoeps verfügbar), nur in sehr begrenzter Anzahl vorhanden. Siehe oben.

In seiner Vorstellung des Kugelflächenmikrofones kommt Günther Teile 1986 (Vortrag auf der TMT in München) auf die Woywod-Kugel zu sprechen:

"“Woywod-Kugel”
Der Trennkörper (eine Kugel, Durchmesser 20-25 cm) wirkt hier gleichzeitig
auf die Richtcharakteristik von vier Druckempfängern, deren Schalleinsprachen
mit der Kugeloberfläche bündig abschließen und deren Verbindungslinien ein
Tetraeder bilden ("Tetraphonie”). Werden für Stereofonie nur das linke und
rechte vordere Mikrofon benutzt, so ist in diesem Fall die Wirkung des
Trennkörpers nicht ausreichend: beide Einsprachen befinden sich im vorderen
Kugelbereich (Öffnungswinkel der Mikrofonachsen 110°): Infolgedessen
entstehen zu den Laufzeitunterschieden kaum die geforderten äquivalenten
Intensitätsunterschiede*, was vermutlich zu einer verhältnismäßig engen und
flachen räumlichen Abbildung führt. - Die Positionierung der Einsprachen im
vorderen Kugelbereich wirkt sich auch in Bezug auf Klangfarbe ungünstig
aus, weil für frontale Schalleinfallsrichtungen beide Druckempfänger in der
Zone einer Schalldruckanhebung liegen, die oberhalb etwa 2 kHz 4-6 dB
beträgt."

*)Theile benützt hier den damaligen Jargon. Es geht nicht um Unterschiede der Intensität (Intensitäten sind Amplitudenquarate), sondern des Pegels (eine einfachen Amplitude).(HJR)

Dieser Text sagt also, dass die Signale der Woywodkugel nicht abwärtskompatibel sind. Nachdem man damals in der Tat gegenüber mehrkanaliger Wiedergabe Distanz demonstrierte (die vierkanalige CD-Option wurde meines Wissens nie von einem kommerziellen Produkt abgedeckt, das Quadrodebakel saß noch in den Rippen), war die Kugel zur falschen Zeit am falschen Ort, einmal abgesehen von den prinzipiellen Mängeln eines solchen in sich fixen Systems, das uns im Übrigen auch im Soundfield-Mikrofon gegenübertritt, das aber noch ganz im Koinzidenzgedanken wurzelt (Monokompatibilität).

Hier gibt es einen Aufsatz zur Woywod-Kugel:
Schüller, P.: Tetraphonie. Stereoplay 12, 1986, S. 68-69.

Bei Eberhard Sengpiel (übrigens ein prominenter Gegenspieler Theiles) kann man zu den Reserviertheiten gegenüber den Ohrsignalen bei Lautsprecherwiedergabe -sie ist heute mehr denn je der Regelfall- nachlesen. Dabei sollte einem generell klar sein, dass die prinzipbedingt miserable (also flaue) Ankopplung des Lautsprechers an die Impedanz der 'Transportluft' (zwischen LS und Ohr) Maßnahmen seitens des Tonverantwortlichen erfordert, die die Vorgaben der Binauralität (Stereofonie mit Ohrsignalen) bei weitem sprengen. Insofern sind die meisten Trennköpferstereofonien wenig 'versatile' Werkzeuge, was ihre Beliebtheit unter Tonmeistern nicht eben steigert, wo man zur Außenaufnahme Handwerkszeug 'rein zur Prophylaxe' denkbar ungern mitschleppt. Es muss ohnehin schon genug 'Salat' mit.

http://www.sengpielaudio.com/BrauchenUns...ignale.pdf
http://www.sengpielaudio.com/GehoerenOhr...recher.pdf

Hans-Joachim
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