Tiefe Depression
#1
Moin, moin,

nach einer Woche Renovierungsarbeiten hat mich mein Weg heute zum Recyclinghof geführt.
Nach ein bischen Frühsport (Kühlschrank in den Container gestemmt) führte mich mein Weg zum Elektro-Schrott-Container. Ich trat ein und blickte als erstes einem gut erhaltenem Akai-Tapedeck ins jammervolle Anlitz. Ein Blick nach links: Plattenspieler von Aiwa und Sony in Stadien der Auflösung. Ein Blick nach rechts: Ein Grundig RPC Studio mit von einem Toaster zertrümmertem Acryl-Deckel. Etwas weiter hinten lugt ein Thorens-Schriftzug hervor. Dort eine Spule...

Tiefe Depression.

Sofort habe ich mir den ersten Müllwerker geschnappt und gefragt, ob ich stöbern dürfe.
Der hat mich nur mitleidig angechaut (hielt mich wohl für bekloppt) und erklärt, daß alles, was in den Containern läge, bereits einem Verwerter gehöre und daher nichts mehr entnommen werden dürfe.

Noch tiefere Depression.

Meine Frage, ob nicht die Kaffee-Kasse von Zeit zu Zeit einer Auffüllung bedürfe, ich ja auch gerne weiteren Schrott gegen den Vorhandenen zum Tausch anbieten könne, damit der Entsorger nicht geschädigt würde, führte einerseits zu einem noch verständnisloserem Blick und andererseits zum Hinweis darauf, daß garantiert nicht alle seine Kollegen mitmachen würden. Keinen Ärger blabla. Ist doch nur Müll faselfasel.

Tiefste Depression.

Ein einziger Blick in einen einzigen halbvollen Container ließ mich einen Wert von etwa einhundert Dingsda-Euro der Kategorie "Dachbodenfund" ansichtig werden. Darunter sicherlich einge Schätzchen von Wegschmeißern, die es einfach nicht besser gewußt haben, die ich gerne behalten hätte.
Dieser Recyclinghof hat sechs Tage die Woche auf. Allein in Hamburg gibt es fünfzehn Stück davon.
Gut. ich habe wieder eine Menge Platz gespart. Aber ist das wirklich der Sinn von Recycling?

Wie sieht's in anderen Regionen der Wegwerf-Republik aus? Ab morgen werden die Annahmestellen ja noch mehr als bisher zu zentralen Anlaufstellen der ausgemusterten Hifi-Geräte werden, als bisher. Dürft ihr auf Schatzsuche stöbern gehen?

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#2
Wo kriegt ihr nur alle eure Recyclinghöfe her? Hier gibts sowas nicht. Wir haben nur Elektrogroßgerätemüll einmal im Monat, regelmäßige viel zu kleine Flohmärkte, wo es nur Schrott gibt und die "Annonce", wo regelmäßig Grundig-Koffer für 150 Euro auftauchen.

Gruß, Niko
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#3
Zitat:Matthias M postete
Wie sieht's in anderen Regionen der Wegwerf-Republik aus?
In meiner Stadt gibt es zwei Recyclinghöfe, und vor den Eingangstören stehen ständig zwei bis vier Leute, die den Insassen herannahender Autos noch vor der Einfahrt ihren Kofferrauminhalt abschwatzen. Das ganze soll wohl so weit gehen, daß für interessante Exponate irgendwelche neuen Billigartikel wie Feuerzeuge, Plüschtiere, kleine Werkzeugsets oder ähnliches als Präsente verteilt werden.
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#4
Zitat:timo postete
...vor den Eingangstören stehen ständig zwei bis vier Leute, die den Insassen herannahender Autos noch vor der Einfahrt ihren Kofferrauminhalt abschwatzen.
Das gab's bei uns auch. Direkt-Export in den Osten bzw. zum nächsten Flohmarkt. Allerdings haben diese "Abschwätzer" so viel Müll auf den Straßen hinterlassen, daß sie inzwischen wohl verjagt wurden. Die letzten Male stand jedenfalls keiner mehr, als ich zum Hof taperte.

=> Niko
So ein Kleinanzeigenmagazin haben wir auch (noch). Allerdings gilt auch da: Hinundwieder Schnäppchen. Im Winter z.B. ene Braun TG-1020 für fünfzig Euro. Läuft einwandfrei!
Vor allem sind Kleinanzeigen dieser Art - im Gegensatz zu Dingsda - ein idealer Einstieg in die Frage: Was haben Sie denn noch? Die Trefferquote ist da wesentlich höher, als bei Dingsda, weil man erstens vor Ort ist und zweitens die Verkäufer i.d.R. noch nicht von der "Höchstgebots-Schnell-Reich-Werden" Phantasie gebissen sind.

Die Hamburger-Recyclinghof-Praxis ist übrigens Resultat einer Entscheidung in den frühen Achtzigern, den Sperrmüll von der Straße zu verbannen. Die Fledderei hatte zu große Ausmaße angenommen, bis hin zu Prügeleien um Jagd-Reviere und Müllverteilung über Straßen und Gehwege zur besseren Sortier-Übersicht...
Trotzdem trauere ich dem Sperrmüll nach.

Tschüß, Matthias
Stapelbüttel von einem ganzen Haufen Quatsch
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#5
Zitat:Matthias M postete
Das gab's bei uns auch. Direkt-Export in den Osten bzw. zum nächsten Flohmarkt.
Ich weiß nicht genau, was bei uns mit den übernommenen Sachen passiert, aber interessanterweise sind unter den Sammlern bei uns auffallend oft Niederländer (oder aus den Niederlanden stammende Nordafrikaner). Als ich letzte Woche meine alten Computer abgeliefert habe, habe ich auch gesehen, wie gerade zwei Leute ein paar Erwerbschaften in einen Kleinlaster mit gelbem Nummernschild schleppten.

Ich wurde diesmal übrigens überhaupt keines Blickes gewürdigt. Der 19 Jahre alte und baustellenbewährte Opel-Kombi, den ich mir für den Transport ausgeliehen hatte, hat wohl nicht gerade den Eindruck erweckt, als gäbe es bei mir etwas zu holen. ;-)
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#6
Bei uns gibt's drei Recyclinghöfe (Kreisstadt mit 28000 Einwohnern!).
Offiziell ist das Mitnehmen von Geräten von dort nicht erlaubt, aber gegen fünf Euro für die Kaffekasse habe ich schon desöfteren mal was abgestaubt. Ein Telefunken Allegro Röhrenradio und eine Uher 4000 L waren bisher die besten Treffer. Die Sachen werden hier in einer kleinen Hütte gesammelt, die Kabel abgeschnitten (Kupfer ist viel Wert) und kommen dann Schubkarrenweise in den Container. Sobald die Geräte im Container sind, kommt man nicht mehr ran. Solange sie aber in der Sammelhütte sind kann man noch mit den Recycling-Rentnern reden. Zumindest mit manchen.
Sperrmüll gibt's hier seit über zehn Jahren leider nicht mehr. Das waren noch Zeiten. Damals habe ich noch per Fahrrad mit Freunden die ganze Stadt abgefahren auf der Suche nach schönen Fundstücken. Da haben wir an einem Sonntag oft über 100 km runtergerissen. Das waren noch Zeiten....

Das wöchentliche lokale Käseblatt mit Kleinanzeigen und "zu Verschenken" Rubrik gibt's hier auch. Tonbandgeräte sind mir seit langem nicht mehr aufgefallen.

Dafür sind wir mit Flohmärkten gesegnet. Praktisch jedes Wochenende einer in der näheren Umgebung. Leider sind die meisten recht klein. Eine sehr schöne Sache ist der Nachtflohmarkt der einmal im Jahr stattfindet. Die gesamte Innenstadt ein einziger Flohmarkt. Letztes Jahr habe ich mal wieder 120EUR für Schalllplatten dortgelassen. Noch drei Monate, dann isses wieder soweit...freu, freu.
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