Vormagnetisierung nach Braun
#1
Ursprünglich wollten die Ingenieure bei AEG/Telefunken die Gegeninduktion von Kopf und Band ausnutzen, um die Verzerrungen zu verringern. Dabei fing das rückgekoppelte System zu schwingen an, und die Hochfrequenzvormagnetisierung war entdeckt.

Nun ist es wirklich so, daß man einen Sprechkopf mit einem Verstärker mit hoher Ausgangsimpedanz ansteuern sollte. Das verstärkt zwar die Kopfspiegelresonanzen aber verringert die Verzerrungen. Man kann das mit Stromrückkopplung machen.

Noch verrückter wäre es, die Vormagnetisierung wie damals in Brauns Versuchslabor zu erzeugen. Wenn auf dem Band ein Aussetzer (Dropout) ist, verringert sich kurzzeitig die Induktivität des Tonkopfes, weil der Kopfspalt nicht mehr vom Band überbrückt wird. Dadurch steigt die Vormagnetisierung in der Frequenz an und sinkt im Strom ab. Im Arbeitsbereich der üblichen Bandsorten bewirkt eine sinkende Vormagnetisierung eine Höhenanhebung, also würde der durch den Dropout bewirkte Höhenabfall in einem gewissen Grade kompensiert. Wenn die Güte des Schwingkreises 20 und die Frequenz 100 KHz beträgt, werden schon Dropouts von weniger als einer Millisekunde ausgeregelt. Wenn man bedenkt, daß eine Kristallgröße von 10 um bei 9,5 cm/s einer Frequenz von 9,5 KHz entspricht, könnte man jede Korngrenze auf der Magnetschicht des Bands als Dropout auffassen. Auch bei den zu Brauns Zeiten benutzten Bändern, deren Magnetpartikel wesentlich größer als 10um und nicht schon fabrikseitig in Laufrichtung orientiert waren, muß der Rückkopplungseffekt der Schaltung deutlich gewesen sein.

Es ist weniger das Ruhe- als vielmehr das Intermodulationsrauschen, das im Hochtonbereich nervt. Mal sehen, ob sich auch das reduzieren läßt.
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#2
Wer sich fragt, wie man bloß so genial sein kann, dem versichere ich, daß es Praxis und Lehre machen. Diese Akai GX-215D mit Ferritköpfen und hoher Vormagnetisierungsfrequenz klingt bei geringen Pegeln sehr sauber, aber wenn das Band an die Grenze kommt, fängt sie zu kratzen an. Aristoteles sagt, daß der Mensch das ist, was er häufig tut. Und ich sage, daß der Mensch das denkt, was er häufig sagt.
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#3
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Was man im Forum nicht so alles lernen kann. Ich habe bis jetzt geglaubt, der olle Herr Braun hätte sich nur mit der nach ihm benannten Röhre beschäftigt und der Herr Braunmühl mit dem Herrn Weber bei der AEG dem Magnetophon gewidmet.

Oder waren die Herrn Braun, Mühl und Weber? Oder hieß der v. Braunmühl? Ist schon so lange her.



Frank (darklab, Klugscheißer Wink )
der denkt, dass viele Menschen gar nicht denken, wenn sie etwas sagen.
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#4
Wenn ich Grasso richtig verstanden habe, so möchte er das Magnetband als Taktgeber für die Vormagnetisierungsfrequenz verwenden. Die unmagnetischen Korngrenzen zählen dabei als "Dropout", die Aufeinanderfolge dieser Korngrenzen erzeugt die Frequenz.

Nun sind die Körner ja wild über das Band verteilt, in einer bestimmten Momentaufnahme werden sich längs des Kopfspaltes sowohl magnetisch aktive Bandteile finden und solche die inaktiv sind. Läuft das Band weiter, so verschwinden aktive Partikel, unmagnetische rücken nach, und umgekehrt ist es genauso.

In der Praxis erwarte ich: Es wird immer ein bestimmter Prozentsatz an magnetischen Teilchen am Spalt anliegen und ein bestimmter Prozentsatz unmagnetischer Teilchen. Dieses Verhältnis bleibt konstant, lediglich die Orte längs des Spaltes ändern sich fortlaufend.

Ob sich da etwas Verwertbares ableiten lässt? Da müssten die Körner in Reih und Glied stehen wie beim Militär, die Lücken müssten quer durchlaufen. Ob das bei dem ominösen Maxell XL III vielleicht der Fall ist?


Michael (der Erbsenzähler)
Michael(F)
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#5
Ich denke auch nicht, während ich etwas sage,
sondern ich sage immer, was ich denke.
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#6
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=>gx285: Dann bist du aber ein großer Schweiger Wink
Frank


Wer aus dem Rahmen fällt, muß vorher nicht unbedingt im Bilde gewesen sein.
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#7
Michael, der Körner sind zwar derer viele auf dem Band, aber nicht so viele, daß sie sich hundertprozentig ausmitteln täten. Täten sie es, würde man kein Ruherauschen hören. Darum gibt es auch umso weniger Rauschen, je breiter die Spur ist. Das Rauschen ist NF, kann also nicht als HF-Taktgeber dienen, sondern soll den HF-Vormagnetisierungsstrom modulieren.
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#8
Obgleich mancherlei zu den obigen technischen und philosophischen Einlassungen zu sagen wäre, äußere ich mich nur zu den historischen.

Dr. Walter Weber -sein Todestag jährt sich am 18. Juli zum 60. Male- war im Frühjahr 1940 bei der Entdeckung der Hf-Vormagnetisierung keineswegs mit Experimenten zur Ausnützung der Gegeninduktion eines Tonkopfes befasst, sondern mit solchen zur Verringerung des noch immer leidigen Rauschens. Er hatte sich an der R23 mit Zweispurköpfen(!) Eduard Schüllers der Optimierung der Gleichstromvormagnetisierung angenommen und bereits die Aufteilung in zwei Frequenzbänder (hoch und tief mit jeweils optimierter VM) und ein Gegentaktverfahren über zwei Spuren als vergeblich abhaken müssen. Anfang April 1940 nahm er sich noch einmal das ebenfalls schon als erfolglos angesehene Gegenkopplungsverfahren (eine Spur mit Nutzmodulation, die zweite im Gegenkopplungszweig der Verstärkerstufe) vor, wovon er in seinem erhaltenen Aufsatz "Die magnetische Schallaufzeichnung mit besonderer Berücksichtigung der neuen Fortschritte", verfasst für das RRG-Kolloquium vom 23.10.40, berichtet:
"Bei den Gegenkopplungsversuchen neigte die Versuchsschaltung bei starken Kopplungsgraden zur Selbsterregung. Beim Eintreten der Selbsterregung wurde ein ganz beträchtliches Absinken des Störgeräusches beobachtet.... Der erste Versuch ... wurde so angestellt, daß Hochfrequenz und Niederfrequenz einfach gemischt auf den Sprechkopf gegeben wurden. Die Erwartung, daß eine Aufzeichnung der Niederfrequenz nicht stattfinden würde, trat nicht ein. Vielmehr wurde die Niederfrequenz sehr sauber und mit viel geringerem Störgeräusch aufgezeichnet. Durchgeführte Messungen ergaben eine Störgeräuschsenkung von 10 db bei einer Klirrfaktorverminderung von 10% auf 3%, bezogen auf gleiche Spannung am Hörkopf. Diese Erscheinung wurde weiter
verfolgt. Sie führt im Endergebnis zum ... neuartigen Aufsprechverfahren. ... Bei einer Ausweitung der Frequenzkurve bis 10 000 Hz wird eine Dynamik von 60 db erreicht bei 1,5% Klirrfaktor bei 1 000 Hz."
Zwischen dem 18. und dem 20. April vermerkt dann sein ebenfalls erhaltenes dienstliches Tagebuch, dass er über diese Tage zu den "Untersuchungen am Magnetophon" einen "großen Aktenvermerk" angelegt habe.
Die Gegeninduktion wurde meines Wissens in der Frühgeschichte der Bandgerätetechnik nur einmal ausgenützt, nämlich als Eduard Schüller -wir sind jetzt bei der AEG im Kabelwerk Oberspree- die 1938 erschienene K4 mit einem auswechselbaren Kopfträger (ohne die Wahnsinnsmechaniken des 'Kopfkarussells' der K2) ausstattete, aber die Folgen der bei Gleichstromvormagnetisierung grundsätzlich auftretenden remanenten Kopfmagnetisierung von Aufnahme- und Löschkopf zu umgehen versuchte:
Um Aufnahme- und Löschkopf zu entmagnetisieren, bildet ein zeitweise parallel geschalteter Kondensator zusammen mit den Spulen des Lösch- und des Aufnahmekopfes einen Schwingkreis, dessen abklingende Schwingungsströme den Kopfkern magnetisch neutralisieren; wir würden von einer Entmagnetisierung sprechen.

Edit: Ach ja: Vor der Braun AG gab es in der Geschichte des Tonbandgerätes eigentlich neben jener braunen Bagage, die ein beklemmendes Interesse an dieser neuen Technik entwickelte, nur Hans Joachim von Braunmühl. Selbst die Tonbänder waren schwarz.

Hans-Joachim
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