Grundtonhörer oder Obertonhörer?
#1
In der aktuellen Audio wird ein riesen "Trara" um dieses Thema gemacht. Angeblich soll es zwei Gruppen von Menschen geben, die unterschiedlich hören - keine der Gruppen hört besser sondern sie hören nur unterschiedlich. Der Unterschied kann bis zu vier Oktaven betragen. Grundtonhörer finden angeblich kurze, aufeinanderfolgende Töne ansprechender, Obertonhörer langgezogene Melodien. Was ist da dran? Es ist auch noch eine CD beigelegt, wo man selbst prüfen kann zu welcher Gruppe man gehört.

Es werden einem 12 Tonpaare vorgespielt, auf einem Ankreuzbogen soll man dann für jedes Tonpaar ankreuzen, ob die Tonhöhe vom ersten zum zweiten Ton gestiegen oder gefallen ist. Das ganze kann man dann per Post oder Mail einschicken und man bekommt eine Antwort zu welcher Gruppe man gehört. Die Ergebnisse dieses "Tests" sollen von Person zu Person völlig unterschiedlich sein und man gehört seiner Gruppe seit Geburt an.

Ich fand das sehr interressant und hab' den Test mal gemacht. Probleme traten nicht auf, ich empfand alles eindeutig und konnte den Bogen somit leicht ausfüllen. Wenn man per Mail einschickt, bekommt man die Antwort gleich. Ich bin Grundtonhörer mit Index -1,0 , also absoluter Grundtonhörer. Die Skala geht von -1 bis 0 (Grundtonhörer) und von 0 bis +1 (Obertonhörer). Ich hab den Test auch meinen Vater machen lassen - Ergebnis: fast gleich, eine Differenz. Mein Opa hingegen hörte das ganz anders, ich weiß aber nicht, ob er den Test überhaupt geschnallt hat. Ich muß das mal noch bei anderen ausprobieren.

Was haltet ihr davon? Habt ihr sowas schon mal gehört? Angelblich forschen welche in der Universitätsklinik Heidelberg darüber.

Hier gibts noch was zu lesen darüber:
http://www.audio.de/hifi_home/ratgeber/r....71803.htm
Grüße,
Wayne

Weil immer wieder nachgefragt wird: Link zur Bändertauglichkeitsliste (Erfassung von Haltbarkeit und Altersstabilität von Tonbändern). Einträge dazu bitte im zugehörigen Thread posten.
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#2
Hallo Wayne,

Ich halte das für Unfug, vor allem weil die Begriffe Grundton und Oberton präzise definiert sind und das nichts mit kurzen Tönen oder langen Melodiebögen zu tun hat.

Was mir allerdings zu stimmen scheint, ist die in dem Artikel geäußerte Vermutung, dass sich die Hörwahrnehmung unterscheiden kann. Das scheint mir aber eher in unterschiedlichen Präferenzen begründet zu sein.

Gruß,
Markus
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#3
Ich stimme Dir zu.

Besonders suspekt sollte jedem sein, daß die Hifi-Schmierfinken sich plötzlich für Wissenschaft intressieren. Da muss doch was faul sein. Wahrscheinlich nur ein "billiger" Aufhänger für 3-5 Hefte.

Gruss
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#4
Zitat:Markus Berzborn postete
Hallo Wayne,

Ich halte das für Unfug, vor allem weil die Begriffe Grundton und Oberton präzise definiert sind und das nichts mit kurzen Tönen oder langen Melodiebögen zu tun hat.
Stimme ich dir auch zu, denn aufgrund meines Musikgeschmackes kann ich bezeugen, daß es nicht so ist.
Grüße,
Wayne

Weil immer wieder nachgefragt wird: Link zur Bändertauglichkeitsliste (Erfassung von Haltbarkeit und Altersstabilität von Tonbändern). Einträge dazu bitte im zugehörigen Thread posten.
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#5
Im Detail gibt es geringe Unterschiede beim Maskierungsverhalten des Ohres, und darum geht es hier wahrscheinlich. Erzählt wird im Internetaufsätzle aber nichts tragfähiges, insofern möchte ich auch nichts im Detail sagen, weil dies in der Mutmaßung versumpfte. Beim Online-Spiegel, dieser Geschwätzigkeits- und Mainstream-Postille, hatte man es -soweit ich mich erinnere- auch schon mal versucht, denn verschiedene Formulierungen habe ich schon anderweitig gelesen.

Insofern werden die Dinge, die eine moderne Forscherschaft hier (offenbar primär Mediziner) als bahnbrechende Neuigkeiten verkauft, in entsprechender Literatur und durch Kombination längst vorliegender Kenntnisse durchaus präziser als zwischen -1 und +1 zu beschreiben sein. Melodiebogen kontra Staccato, Karavan vs. Harnoncourt um 1977, bahnbrechend.
Und?
Das ist Musik??

Ich schätze kontrapunktisch angelegte Musik, analysiere beim Hören ständig daran herum. Andere mögen etwas anderes, nämlich vorne hineinfahren und hinten wieder hinaus. Bezüge herzustellen gilt als hinderlich. Ich suche förmlich nach ihnen.
Und?
Die Instrumentierungsbeschreibungen eines Satzes von Wagner fallen bei mir aber sehr ähnlich aus wie bei dieser anderen Gruppe. Hören wir also nun tatsächlich anders oder stellen wir lediglich anderes mit unseren letztlich physisch identischen Eindrücken/Erfahrungen an?

Die pathologischen Superlative stören mich in wissenschaftlichen Beschreibungen, denn sie tragen einen eigentümlichen Hautgoût in ein solches Unternehmen; nämlich den, dass man mit solcherart Maßnahmen auf die Einwerbung von Fremdmitteln bei unkundigen Dritten zielt, was unsere heutige Politikerschaft so gerne mit so verheerenden Folgen fordert.
Nun, deren Bildungskategorien sind ja bekannt. Und darum geht es hier: Wer liest denn schon Fachliteratur aus Physio- und Psychoakustik, geschweige denn musikalischer Akustik? Misst man also das, was mit Aplomb präsentiert (!) wird, an dem, was längst auf dem Tisch liegt? Natürlich nicht.
In den USA ist die "Einwerbung von Fremdmitteln" bereits seit Jahrzehnten und entsprechenden -übrigens nicht 'nur' positiven- Folgen gang und gäbe.

Man kann die Sache daher durchaus tiefer hängen, denn im Großen und Ganzen maskiert das menschliche Ohr über die Bevölkerung erstaunlich konstant, solange das Ohr/Gehör halbwegs gesund ist, was bereits seit den 1920er Jahren bekannt und sehr gut quantifiziert ist, denn damals baute man die gehörrichtigen Bewertungen zusammen. Gäbe es hier keine Einheitlichkeit im Bevölkerungsquerschnitt, kennten wir keine Hits. Heute mehr denn je.

Andererseits erweisen sich insbesondere gehörsgeschädigte Zeitgenossen als durchaus empfindlich für MP3-Daten-Reduktionen, weil bei ihnen jene Maskierungen nicht mehr so richtig funktionieren, auf denen MP3 so vielfältig gründet. Damit aber wären wir an der medizinisch-pathologischen Grenze.

Hans-Joachim
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#6
Hervorragend, Max,

sein "Theutsch" ist in höchstem Maße anständig.

Er spricht von "kennten" und "gehörsgeschädigt", "jenen Maskierungen" sowie "gang und gäbe", vom Gebrauch einiger Fremdwörter, deren Bedeutung unsere Kinder heute nicht einmal mehr nachzuschlagen wissen ganz zu schweigen.
Musik in meinen Ohren, nicht wie die Alltagssprache, die Redewendungen wie "Was geht" (mir wird ganz übel!), "wir fahrn nach Aldi", "wegen dem Mann" nutzt. Die Verwechslung von "als" und "wie", "nach" und "zu" sowie auch das Sterben des Genitivs sind m.E. sowieso die schlimmsten Fehler der heutigen Jüngeren.

Ich war höchst erfreut, wie auch amüsiert, seinen Beitrag lesen zu dürfen Wink

Gruß Norbert
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