Bares für Rares- und seine Experten...
#1
Liebe Forianer,

heute habe ich mich mal so richtig geärgert.
Irgendwie plätscherte hier nebenbei die ZDF- Sendung "Bares für Rares" nebenher. Ab und zu sehe ich das ganz gern, da ich manche Experten- Einschätzungen zu irgendwelchen Antiquitäten manchmal durchaus hilfreich finde.

Das erste Mal sprang mein Blutdruck heute aber in die Höhe, als ein wirklich gut erhaltener Gustav Becker Freischwinger (große Wanduhr) für gerade mal 150,-€ verkauft wurde.
Wirklich traurig... aber egal, thats Life.

Das nächste Objekt war ein Barometer in einem typischen Gründerzeit- Bronzerahmen. Da mein Interesse unter anderem antiken Barometern gilt, musste ich also etwas genauer hinhören, was der Experte dazu zu sagen hatte. Und das war leider nicht sehr viel...

Also- klar. Zunächst verlor er sich in den typischen, äußeren Merkmalen die jedermann sehen kann: Gründerzeit- Rahmen in Metallguss, typische Merkmale der Zeit, etc. bla, bla. Dann ging er auf die Beschädigungen des Rahmens ein. Ja, auch ok.

   

Als es dann aber an die Zuordnung zu einem Hersteller ging, wurde er unsicher: "Naja, normalerweise findet sich der Herstellername auf der Vorderseite der Instrumente... hier leider nicht."
Da horchte ich das erste Mal richtig auf, denn das stimmt einfach mal nicht. Das Barometer war deutsch beschriftet und deutsche Instrumente haben auf der Skala normalerweise immer nur Signaturen des Verkäufers. Meistens ein Optiker, seltener ein Uhrmacher. Der Hersteller aber eher nicht. Die Herstellerbezeichnung findet sich gern auf englischen oder französischen Instrumenten. Bei den deutschen Instrumenten war das (bis auf Lambrecht und Stecker & Olms aka SUNDO) aber eher selten.

Egal, es ging weiter. Der Experte drehte das Instrument dann um und fand auf der Rückseite die Punzierung "OB" in einem Oval. Sein Kommentar: "Ok, hier weiß ich nicht ob das für den Rahmen gilt oder für das Instrument. Kann ich also nicht zuordnen..."
Da bin ich dann fast geplatzt, denn ich als Nicht- Experte wußte innerhalb einer Sekunde- das war die typische Punze des Herstellers Otto Bohne aus Berlin...

Man kann mir jetzt Voreingenommenheit und Spezialwissen vorwerfen, da ich ja auch Barometersammler bin. Aber mal ehrlich- für einen ausgewiesenen Experten, der seine Einschätzung im öffentlich- rechtlichen Fernsehen abgibt, ist die Aussage "kann ich nicht zuordnen" nicht zu vertreten. 
Dabei hätte es nur eines Blickes in die Standard- Literatur der Aneroid- Barometer bedurft und schon wäre der Fall klar gewesen. Diese Literatur sollte einem Experten des jeweiligen Fachgebiets eigentlich geläufig sein:

                    

Erwarte ich hier zuviel, wenn ich der Meinung bin, das man sich zumindest auf dem Fachgebiet auskennen sollte, in welchem man als Experte geführt wird ? Kann ja sein.
Wie ist denn Eure Meinung dazu ?

Grüße, Rainer
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#2
das war aber nicht heute.
die experten bei BfR mögen gut sein, aber ich würde im falle eines falles denen von KuK vertrauen.
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#3
Doch, war heute. Allerding auf ZDF NEO...
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#4
Falls man was verkaufen will oder muss, empfiehlt sich immer die Einholung mehrerer Expertisen. Weder BfR noch KuK sind da das Maß der Dinge; ist beides nur show für Einschaltquoten und sicherlich nicht maßgebend im Hinblick auf eine seriöse Wertermillung. Ich kaufe meinen Schmuck ja auch nicht auf QVC aufgrund es dortigen Werbegesülzes.

Martin
"Früher war mehr Lametta!"
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#5
dann wars eine wiederholung.
du kannst gerne mal den experten von KuK googeln, dann weisst dus erheblich besser, ist ausserdem keine verkaufssendung.
die einschaltquoten werdem um die sendezeit von KuK nicht relevant und wichtig sein, sonst käme das im hauptabendprogramm, so w.z. BfR gestern 20.15.
hier nur ein beispiel. ich bin sicher, dass sich solche experten nicht für eine quotenshowsendung hergeben.
https://de.wikipedia.org/wiki/Frank_Matthias_Kammel
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#6
Danke für den Link, sehr interessant. 

Die Anmerkungen mit Verkaufssendung und Einschaltquoten waren übrigens nicht von mir, wenn Du genau schaust...  Wink

Grüße, Rainer
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#7
Kunst und Krempel und Bares für Rares sind zwei unterschiedliche Paar Schuhe. Bei KuK geht es schwerpunktmäßig um die Historie, der Schätzpreis ist nur eine unverbindliche Empfehlung, bei dem niemand weiß, ob das Teil im Zweifel den Preis auch bringen würde. Bares für Rares ist nicht nur eine Unterhaltungssendung, sondern stellt schwerpunktmäßig die Widrigkeiten des Antiquitätenmarktes dar. Hier kommt im Gegensatz zu KuK zum Ausdruck, dass die Gutachter schätzen können, was sie wollen, am Ende richtet sich der Preis danach, was der Händler zu bezahlen bereit ist, und der Verkäufer akzeptiert. Bei sehr speziellen Themen wird in der Sendung immer wieder die Empfehlung ausgesprochen, die ich auch geben würde - die Sachen lieber auf Fachauktionen oder -börsen anzubieten, wo auch die passenden Käufer vorhanden sind.

Richtig schlimm fand ich seinerzeit die ganzen Sendungen, die im Privatfernsehen im Kielwasser des "Trödel Kings" entstanden sind ( z.B. Trödeltrupp, ich glaube auf RTL ). Da sind die Leute wirklich vor laufender Kamera über den Bock gezogen worden - bei Bares für Rares kann ich das nicht erkennen.

Bei Samsung Plus TV gibt es übrigens einen Kanal, der mit dezenten Werbeunterbrechungen 24/7 Bares für Rares am Stück bringt ;-) .

Gruß Frank
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#8
Hallo!

(09.10.2024, 22:23)GDR 22 schrieb: Erwarte ich hier zuviel, wenn ich der Meinung bin, das man sich zumindest auf dem Fachgebiet auskennen sollte, in welchem man als Experte geführt wird ? Kann ja sein.
Wie ist denn Eure Meinung dazu ?

Ich würde sagen: Ja. Wir haben hier im Forum ja schon öfters über Bares für Rares diskutiert, eben weil die Expertisen und auch die Bieterbereitschaft der Käufer abseits von üblichen Kunst- und Schmuckgegenständen oft stark zu wünschen übrig lässt.

Aber, Bares für Rares ist in erster Linie eine Unterhaltungsendung, mehr nicht. Es hat keinen Bildungsauftrag und um eine gewisse Kontinuität einzuhalten sind die Experten auch immer die gleichen. Und keiner kann sich mit allem auskennen, außerdem werden relativ viele Folgen der Sendung produziert, was die Recherchezeit begrenzt. Dann kommt noch dazu, dass die Experten auch in gewisser Weise "fotogen" sein, vor der Kamera auftreten können und damit eine gewisse Medienkompetenz mitbringen müssen. Das kann vielleicht nicht jeder leisten, es gibt vielleicht in einigen Bereichen deutlich kompetentere Sachkundige als die in Bares für Rares, nur bringen die vielleicht das alles nicht mit oder haben auch gar kein Interesse daran, in einer TV-Sendung aufzutreten.

Es ist auch ganz normal, dass sich ein Hobbyist, der sich seit Jahrzehnten mit einem bestimmten Fachbereich beschäftigt, eine viel höhere Fachkunde entwickelt hat, als ein Sachverständiger, der deutlich breiter Aufgestellt ist.

BfR wurde in den letzten Jahren auch geringfügig seriöser, in dem nun darauf verzichtet wird dem Zuschauer etwas vorzugaukeln. Auf die Statisten in der Expertenhalle wird nun glücklicherweise verzichtet, denn die Gäste werden ausnahmslos alle eingeladen, ein spontenes vorbeischauen, so wie bei dem ursprünlich dargestellten Flohmarktcharakter, war nie möglich.

Aus diesen ganzen Gründen finde ich persönlich, muss einem Teilnehmer (sprich Verkäufer) bei BfR auch klar sein, dass der größtmögliche Gewinn nicht die Motivation für die Teilnahme an der Sendung sein sollte. Sondern eher das Interesse mal in einer Fernsehsendung aufzutreten und das damit verbundene Erlebnis zu erfahren.

Bei Alltags-, Popkultur- oder sehr speziellen Gegenständen ist man bei einschlägigen Online-Portalen besser aufgehoben.
Grüße,
Wayne

Weil immer wieder nachgefragt wird: Link zur Bändertauglichkeitsliste (Erfassung von Haltbarkeit und Altersstabilität von Tonbändern). Einträge dazu bitte im zugehörigen Thread posten.
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#9
(10.10.2024, 06:49)The_Wayne schrieb: Es ist auch ganz normal, dass sich ein Hobbyist, der sich seit Jahrzehnten mit einem bestimmten Fachbereich beschäftigt, eine viel höhere Fachkunde entwickelt hat, als ein Sachverständiger, der deutlich breiter Aufgestellt ist.

Genau, that's the point.
Preise kann so ein Profi vermutlich besser einschätzen, da er eher weiß wie irgendwas verkauft wird - da hat er Erfahrung.
Bei Details zum Objekt kann der gar nicht so tief im Detail sein, weil er gar nicht die Zeit hat sich in der Tiefe mit der Materie zu beschäftigen, wie der Hobbyist, der womöglich in seiner Freizeit nichts anderes tut.

Wieso sind bspw oft die Aussagen aus Fachforen besser, als von Profis ?
Weil bspw im Forum einer schon hunderte von A77 zerlegt hat, die Profiwerkstatt aber vlt nur 10 im Laufe von Jahren - dafür aber auch noch anderes.
Das ist also "Breite" vs "Tiefe".
Gruß, Kuni
..............................

http://kuni.bplaced.net/
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#10
Alles klar. Naja, gut mal alle Seiten der Geschichte zu beleuchten.
Breite vs. Tiefe ist sicher eine gute Zusammenfassung...

Grüße, Rainer
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