Uher RdL - Modifikation 1 Entbrummung
#1
Hallo in die Runde!

Die Jagd nach dem Brumm in meiner RdL führte zu mehreren Erkenntnissen:
 
Obwohl der Trafo einen Philberth-Kern (besonderer Blechschnitt) hat, ist sein externes Streufeld in der magnetischen Achse noch recht bemerkenswert und leider genau aufs Netzteil gerichtet. Das erreicht deswegen –obwohl elektronisch stabilisiert- keine ideal brummfreie Ausgangsspannung. Zum Testen wurde ein stabilisiertes externes Labornetzgerät verwendet als Hilfsspeisung. Bei herausgenommenem Trafo waren so merklich  bessere Daten zu erreichen. Ferner streut der Trafo magnetisch auch noch auf die Köpfe, egal ob die nun mit oder ohne Brummklappe betrieben werden.

   
 
Erste Maßnahme:
Der Trafo wurde mit einer Abschirmbox aus Vierkant-Stahlrohr versehen. Da mir my-Metall zu teuer war, habe ich die schlechtere Abschirmwirkung des Stahls in Kauf genommen.
       
Als ergänzende Maßnahme wurde daher der Trafo - um die Wechselfelder weiter zu verringern- zusätzlich mit einem sog.  fluxband aus Kupfer versehen.
           
 
Nach Wiedereinbau zeigte sich ein durchaus akzeptables Verhalten. Dennoch zeichnete die RdL einen geringen Restbrumm immer noch auf. Zwar war es nur knapp über dem Bandrauschen zu hören, aber immerhin. Test dafür: aufnehmen auf 2,4 ; wiedergeben auf 19. Man hört dann selbst den kleinsten Brummrest deutlich heraus dank der transponierten Frequenzlage.
 
Testbetrieb:    

Links von der RdL übrigens der schöne CD-Player, den mir timo vermacht hat. Tolle Testsignalquelle- nochmals vielen Dank dafür!!!

 
Als weitere magnetische Brummquelle war noch der Motor zu identifizieren. Dessen werksseitige magnetische Schirmung ist recht primitiv und nicht sehr wirkungsvoll.
 
Zweite Maßnahme:
Der Papst-Außenläufer erhielt einen neuen, massiven Abschirmzylinder aus Stahlrohr mit 3mm Wandstärke sowie wellenseitig eine Rückschlussplatte aus 1,5mm Stahlblech, gefertigt aus einer alten Montageplatte für Ringkerntrafos.
 
   

Damit war für mich allerdings nervlich wie ökonomisch die vertretbare Aufwandsgrenze beim Brummthema  erreicht. Immerhin will ich da ja keine A80 draus bauen. Doch gelingen nun brummfreie Aufnahmen und besonders eine sehr brauchbare Wiedergabe alter Fremdbänder.
(Klammerbemerkung: deren Brummgehalt ist manchmal wertvoll zur Bestimmung der originalen Aufnahmegeschwindigkeit. Deshalb ist man froh, wenn die eigene Wiedergabemaschine möglichst wenig brummt).

   

 
Verbliebener Restbrumm:
Dieser wird nach meinen Messungen in der RdL durch die kapazitiven  Gleichtaktstörungen aus dem Netztrafo verursacht: Wegen fehlender Schirmwicklung / Schutzerde und dadurch verursachtem kapazitivem Übersprechen von der 220V-Primärwicklung auf die beiden sekundären Niedervolt-Wicklungen kann der Schaltungsnullpunkt auf der Niedervoltseite  bis zu 60V (!) Wechselspannung gegen Erde führen. Die Spannung ist nur statisch und bricht bei Berührung zusammen. Stören tut sie trotzdem!
Interessant ist in diesem Zusammenhang, dass Uher sowohl den Trafo, als auch den Motor galvanisch völlig getrennt vom Chassis montiert hat. Die Störung kommt definitiv über o.g. kapazitive Kopplung. Ohne Schutzerde oder Trenntrafo ist da wenig zu machen. Die Polung des Netzsteckers hat hier einen erheblichen Einfluss! Das findet man nach wie vor bei vielen neuzeitlichen Geräten anderer Hersteller.
Abhilfe ist da meines Erachtens nur mit einem hochwertigen Trenntrafo oder besser einem zweischenklig ausgeführten Störschutztrafo möglich.
 
 
Im nächsten Beitrag wird es um die Optimierung der Umlenkrollen und des Bandpfades gehen. Als Abfallprodukt bekam meine RdL dann auch endlich eine Lichtschranke spendiert…
 
Martin
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#2
(15.07.2024, 14:52)mincom schrieb: Da mir my-Metall zu teuer war, habe ich die schlechtere Abschirmwirkung des Stahls in Kauf genommen.

Hallo Martin,

du meinst mit my-Metall vermutlich mu-Metall (magnetisch undurchlässig). Das ist allerdings teuer, wenn man es neu kaufen muss. Von der Schirmwirkung gegen magnetische Einstreuungen ist es unschlagbar. Ich bezeichne mu-Metall inzwischen als meine Geheimwaffe. Ich habe da so einiges Material aus Schlacht-Trafos und -Motoren gewonnen und erfolgreich eingesetzt.

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
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#3
Ja Tobias, da stimme ich zu!

Vor Jahren mußte ich mal eine Röhrenverstärker-Vorstufe entstören. Es stand ein völlig abgebrannter 500W-Halogen-Ringkerntrafo zur Verfügung. Der landete nach einem Grillabend in der Restglut zum Ausbrennen. Die Wicklung ließ sich danach mühelos entfernen. Der gerollte Kern fiel ebenfalls auseinander. Aus den hochwertigen Elektroblechen wurden dann Abschirmzylinder für die Röhren. Nach der mechanischen Bearbeitung hatte ich die mit dem Dachdeckerbrenner nochmals geglüht, um die Kornorientierung zu normalisieren. Klappte alles recht gut, wenngleich es ein archaisches Verfahren war und es schön am Holzkohlegrill gestunken hatte...


Martin
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#4
Da hast du aber Glück gehabt, daß dich niemand auf's Korn genommen hat beim "Ausbrennen".

Deinen RdL Thread finde ich prima und bin gespannt auf die Fortsetzung(en).

Groetjes, Frankie
Hau wech, den Schiet - aber sech mir, wohin


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#5
Schöner Bericht, danke dafür!
Ich frage mich bei diesen Maßnahmen aber immer, ob das thermische Auswirkungen hat, wenn man Trafos und Motoren, die zweifelsohne nicht wenig Abwärme los werden wollen, zusätzlich so einpackt.
Das geht doch zumindest langfristig auf die Lebensdauer oder?
- - - Hier könnte Ihre Signatur stehen. - - -  thumbup
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#6
Frankie, vielen Dank!

Nun ja, das war damals noch in einer Nachbarschaft, die mich seit meiner Kindheit kannte und von da aus so manches als "Normalität" gewöhnt war. Dazu gehörten damals auch die alten aus dem 3. Stock abstürzenden Schwarzweiss-Fernseher, deren Zerschellen mit dem Tonband aufgenommen wurde (alle wußten, was es bedeutete, wenn vorher von oben aus dem Fenster ein Mikrofon "abgeseilt" wurde...) .

Könnte man (ich) heute am aktuellen Wohnort so nicht mehr machen. Vielleicht mal ein Grund um in die Eifel auf einen Einödhof umzusiedeln. Die Verlockung bleibt. Aber die neuzeitliche hardware läßt sich eh´ nicht mehr so schön smashen... .

Martin
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#7
(15.07.2024, 22:07)Steffen87 schrieb: Schöner Bericht, danke dafür!
Ich frage mich bei diesen Maßnahmen aber immer, ob das thermische Auswirkungen hat, wenn man Trafos und Motoren, die zweifelsohne nicht wenig Abwärme los werden wollen, zusätzlich so einpackt.
Das geht doch zumindest langfristig auf die Lebensdauer oder?

Das ist richtig! Ich hatte jedoch die Temperaturen mit der Thermokamera geprüft. Der Trafo zeigt keine signifikante Erwärmung, nach 5 Stunden Dauerbetrieb ist er gerade handwarm. Der Motor ist kein Spaltpol-Motor. Die werden wirklich heiß. Der Motor der RdL ist stattdessen ein hochwertigerer Kondensator- (Hysterese-Synchron-) Außenläufer. Er erreicht jetzt nach Kapselung knapp 10 Grad mehr als vorher (jetzt ca. 55-60 Grad), ebenfalls mit der Kamera gemessen. Das macht mir vorläufig keine Sorgen; übliche Wickeldrähte können noch weitaus mehr aushalten. Hinten ist die Abschirmung zwecks Ventilation ja offen geblieben (auf dem Foto nicht zu sehen). Im Hochsommer bei 50 Grad Außentemperatur und in praller Sonne sollte man nochmal nachmessen, die Maschine wird freilich unter solchen Bedingungen hier nicht laufen müssen.

Martin
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#8
Meine beiden RDLs brummen nicht mehr als andere Maschinen aus meinem Bestand.
Der größte Brummkandidat ist die TG1000, aber auch hier nicht hörbar bei normaler Musik.

Gruß, Jan
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#9
Ich wundere mich auch dass ein einstiges Oberklasse-Tonbandgerät derartige Maßnahmen nötig hat. Brummt das wirklich so arg? Ich habe keine Erfahrung mit dem RdL.

VG Stefan
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#10
Hallo Martin,

danke für den Beitrag..
Ich finde die Fehlerermittlung samt konstruktiver Lösungsumsetzung interessant und, bei Bedarf, nachahmenswert.
Mehr davon. Smile

Schöne Grüße
Frank
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#11
(16.07.2024, 09:47)Vollspurlöschkopf schrieb: Ich wundere mich auch dass ein einstiges Oberklasse-Tonbandgerät derartige Maßnahmen nötig hat. Brummt das wirklich so arg? Ich habe keine Erfahrung mit dem RdL.

VG Stefan

Stefan,
die Situation ist, dass Uher verschiedene Versionen des Netztrafos hatte. In meinem Gerät ist noch ein allseitig offener Trafo verbaut. Außerdem scheinen die Philberth-Bleche nicht fachgerecht geschichtet zu sein, was das externe Streufeld erklärt. Ansonsten ist der Trafo sauber dimensioniert. Man erkennt dies daran, dass er kaum warm wird und folglich wenig Verluste hat!

Diese frühe Geräteausführung dürfte auch in Diciols Test vorgelegen haben, weshalb er den schlechten Brummabstand ja auch bemängelte. Den Brumm kann auch ein ungeübter Hörer heraushören. Die späteren Versionen der RdL hatten einen geänderten Trafo mit Abshirmhauben. Von da aus war vermutlich das Brummproblem bei diesen späteren Geräten nicht mehr so deutlich wahrnehmbar -wenngleich abgeschwächt aber immer noch vorhanden. Die Problematik des Motorstreufeldes erkennt man jedoch erst, wenn man den Trafo aus dem Gerät entfernt bzw. komplett totlegt und dann den Versuch mit Aufnahme auf 2,4 und Wiedergabe auf 19 macht. Schaltet man den Motor in der laufenden Aufnahme ab, so läuft die Schwungmasse noch eine kurze Zeit weiter und auf dem auslaufenden Bandstück wird auch weiter aufgenommen- bis zum Bandstillstand. Ich konnte erkennen, dass in dem Moment, wo der Motor stromlos wurde, auch der Brumm in der Aufnahme verschwand. Das war der Beweis!.

Ohne angeschlossene Tonspannung und bei zugezogenen Eingangsreglern wird man den Brumm im Bandrauschen trotzdem dauernd hören. Dann erst bemerkt man den vom Motor verursachten Brummanteil. Die Streufelder der beiden Komponenten (Trafo und Motor) überlagern sich und man kann am Anfang der "Brummrecherche" nicht sagen, welches Bauteil dafür hauptsächlich verantwortlich ist. Im Verlauf meiner Versuche und Messungen stellte sich auch erst sukzessive heraus, dass eine monokausale Ursache des Brumms ausgeschlossen werden konnte. Der Brumm entstand in realiter durch das Zusammenwirken verschiedener Störquellen. Die Lösung der Aufgabe gelingt nur durch systematische Trennung und separate Untersuchung der als mögliche Ursache erkannten Einzelfaktoren!

Im Übrigen: auch eine A77 und A700 brummt merklich; die frühen Versionen mehr als die späteren. Mit einem frequenzselektiven Voltmeter (oder Spektrum-Analysator) kann man das gut verfolgen! Im Falle der frühen A700 wurde zudem mit einem 1µF-Folienkondensator zwischen Chassis und Schaltungsnull getrickst.

Martin
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