Bill Wyman & the Rhythm Kings - Konzertbericht
#1
"Stone alone" hiess die Biographie des Rolling Stones Bassisten Bill Wyman, die dieser nach seinem Ausstieg aus der Band schrieb. Vielleicht wurde es ihm dann doch zu alone, denn kurze Zeit später hat er seine "Rhythm Kings" gegründet, eine vielköpfige Band, mit der er seit dem regelmäßigin wechselnden Besetzungen auf Tournee geht und Platten veröffentlicht. Am Dienstag, den 27.07.05 hatte ich Gelegenheit, die Band im Frankfurter Batschkapp zu sehen bzw. zu hören.

Das Batschkapp gehört zu den altehrwürdigen Locationns, die als soziokulturelles Zentrum in der Zeit entstanden sind, als unser Aussenminister noch mit Pflastersteinen warf. Optik und Atmosphäre haben sich zum Teil erhalten. Leider ist eine Verlegung der Location im Gespräch, was sie unwiederuflich zerstören würde. Ich hoffe, das sind nur wilde Spekulationen.

Aber zurück zur Musik. So wie sich der trommelnde Ex-Kollege von Bill Wyman, Charlie Watts, den Jazz als Steckenpferd abseits der Stones ausgesucht hat, beschäftigt sich Wyman mit Rock 'n Roll und Artverwandtem - Hauptsache betont rhythmisch und flott unterwegs. Im Grunde genommen eine logische Entscheidung für das älteste Mitglied der dienstältesten Rock 'n Roll Band, zu diesen Wurzeln der Vor-Stones -Ära zurückzukehren.

Der Vorteil solcher Rentnerbands ist: Sie wollen pünktlich Feierabend machen und fangen daher pünktlich an. Schlag 20.00 Uhr betrat die Band die Bühne. Bill Wyman umriss kurz das zu erwartende Programm - Blues, Rock 'n Roll, Soul, Jazz, Cajun, Rockabilly, dann wurde losgelegt. Erster Eindruck: Dufte Mucke, schlechter Sound. In der Tat kam da nur ein undifferenzierter Klangbrei aus der PA mit Schwerpunkt auf einem schwummerigen Bass, der die rhythmische Prägnanz der Stücke wesentlich verschwimmen liess. Die Band brauchte auch ein oder zwei Nummern, um sich einzuspielen und zueinander zu finden. In dieser Phase empfand man auch den wenig abwechslungsreichen "... jeder volle Kanne ..." Sound als etwas störend. Doch schon bald nutzte man die vielfältigen Spielmöglichkeiten einer großen Besetzung aus 3 Gitarren, Bass, Keyboards, Drums und 2 Saxophonen und einer Sängerin extra. Mal stand dieser, mal jener im Vordergrund und prägte auf jeweils seine Art das Stück mit Stimme und Instrument. Erster Höhepunkt waren 2 Songs in kleiner Rock-Combo Besetzung, ganz nach der Devise von Lou Reed "... you can't beat two guitars, drums and bass". Hier, wenn nicht jeder volle Kanne output lieferte, war auch der Sound auf einmal besser und transparenter. Der Mann am Regler besserte laufend nach, und der Qualtitätsgewinn war auch in den nachfolgenden Stücken zu hören. "Hit the road, Jack", ansonsten nicht unbedingt ein Lieblingsstück von mir, war ein zweiter Höhepunkt des Konzerts. Das Stück wurde breit angelegt, mit viel Raum für die Musiker, die diesen durchaus nutzten, aber nicht überbeanspruchten. Die Soli waren prägnant, durchaus ausführlich, endeteten aber immer im richtigen Moment, kurz bevor es langweilig zu werden drohte. Alle Facetten der Band wurden in dieses Stück gepackt - Klasse. Ein Mr. Eddy Floyd, veritabler Soul-Sänger, betrat als Special Guest die Bühne. Zusammen mit dem Rock 'n Roll war der Soul der dominiernde Stil des Abends. Ein Cajun-Stück misslang insofern, daß ihm alle Cajun-Elemente ausgetrieben wurde, bis nur noch Rock 'n Roll übrig blieb. Eine Skiffle-Nummer von Lonnie Donnegan durfte hingegen ihr Gesicht behalten und passte trotzdem nahtlos ins Repertoire.

Die Stones wurden nicht groß bemüht. In humoristischer Absicht spielte man kurz "Satisfaction" an, um es sogleich kunstvoll-dilletantisch absaufen zu lassen, und während eines längeren Saxophon-Solos wurde einige Takte lang "Paint it Black" zitiert.

Die Band entpuppte sich als All-Star-Truppe. Chris Stainton aus Eric Claptons Band drückte die Tasten, ebenfalls von Clapton ausgeborgt war Andy Fairweather-Low an Stimmbändern und Gitarre. Der Mann rechts neben Wyman sah zwar aus wie Rudi Völler, war aber Albert Lee. Beide Bläser, der Drummer und ein weiterer Gitarrist waren mir nicht bekannt, spielten aber auf gleichen Niveau wie die Stars der Band.

Und Wyman selber? Als Chef nahm er für kurze Zeit eine Position am vorderen Bühnenrand ein, um dann peu à peu in den seitlichen Hintergrund zu verschwinden. Dort stand er, wie immer halt, etwas deplaziert wirkend herum, ganz so, als gehöre er nicht dazu. Wenn man ihn spielen SAH, so begann man sofort, nach dem Bassisten zu suchen, denn zwischen dem beobachteten scheinbar selbstverlorenen Herumgezupfe und dem Gehörten wollte sich partout kein Zusammenhang erkennen lassen. Nun denn, so war es schon, als Wyman & Watts das definitive Rhythmusgespann der Rockmusik waren.

Nach einer ausgiebigen Zugabe endete das Konzert nach etwas mehr als 2 Stunden. Schwachpunkt solcher Bands ist, daß sie keine eigenen Stücke spielen, sondern alte, mehr oder weniger bekannte Klassiker adaptieren. So gut, wie das hier geschehen ist, vermisste man keine Neukompositionen sondern freute sich über den alten Wein in neuen Schläuchen, die so neu nun auch wieder nicht sind. Der Konzertbesuch lohnt, der Kauf der CD auch.
Michael(F)
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