Mikrofon-Aufnahmefunktion und -qualität
#1
Bei den Tonbandmaschinen blieb sie bis zuletzt integriert, bei den Kassettendecks ging sie in den 1980ern verloren: die Aufnahmefunktion über einen Mikrofoneingang, zumeist mit zwei getrennten 6,3 mm-Mono-Klinkensteckern.

Ich habe das heute an der Philips, der Teac, dem Sony EL-7 Elcasettendeck und den Sony TC-K75 und Eumig FL-1000 Kassettendecks ausprobiert, und es funktionierte bei allen gleich gut; das Sony Stereomikrofon ECM 990F aus der Entstehungszeit der Veteranen klang dabei immer etwas dünner als das Audio Technica AT822, das aber erst in den 1990ern als "DAT-Mikrofon" produziert wurde. Beim Sony TC-D5M liefert die Kombination mit dem Sony-Stereomikrofon ein Beispiel für das "Mobile Recording" um 1980, etwa auf einer Sony CD-Alpha-Kassette.

Leider war das offenbar ein eher exotisches Hobby, vielleicht auch wegen des hohen Preises solcher Recorder. An der Tonqualität wäre es nicht gescheitert.
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#2
Die Sony-Elektretmikros haben nach unten hin immer ein leichtes Defizit im Frequenzgang (der Frequenzbereich in den techn. Daten ist meist mit 100....soundsoviel Hz angegeben). Damit wollte Sony wohl zum einen die Wind- und Körperschallempfindlichkeit etwas verringern, die ja bei Druckgradientenempfängern immer recht hoch ist, zum anderen sollte wohl ein extremer Nahbesprechungseffekt vermieden werden.

Das AT822 ist auf jeden Fall das etwas besser klingende Mikro, außerdem rauscht es deutlich weniger als die Sonys. Ich besitze z.B. das Sony ECM-MS957. Das ist ein prinzipiell sehr gutes, solides Stereomikro mit Mitte/Seite-Charakteristik. Aber auch das hat einen gewissen Rauschteppich, der mir für digitale Aufnahmen etwas zu hoch liegt....

LG Holgi
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#3
Das ECM-990F hat sogar einen recht ausgeglichenen (und rundfunktauglichen!) Frequenzgang von 40 - 16000 Hz mir einer ganz leichten Baßabsenkung und Präsenzanhebung, aber solche Stereomikrofone mit zwei großen Klinkensteckern waren damals schon überholt - mit den Walkman-Recordern kann man sie ohne Adapter nicht verwenden.

Für Amateure war die Auswahl an erschwinglichen Modellen nicht sehr groß. Nach oben gab es preislich natürlich keine Grenze, aber da hätte man auch ein Mischpult oder einen Vorverstärker mit Phantomspeisung benötigt. Das machte freilich auch Sinn, wollte man Störgeräusche der Bandmaschine nicht auf der Aufnahme haben, indem man diese in einen Nebenraum stellte - dafür reichen die Kabellängen der Amateurmikrofone nur nicht aus.
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#4
Kabel kann man verlängern -- das sollte ja kein Problem darstellen. Auch bei mittelohmigen Mikros sind 20 m keine Sache; bei 200 Ohm können bis zu 200 m dranhängen.

Ich habe mir in den 90ern mal ein Sennheiser MKE 66 (Stereo-Elektret mit zwei Nierenkapseln in XY-Anordnung) gegönnt und mit dem einige schöne Aufnahmen von Dampfzügen im Harz gemacht, und zwar mit meinem damals neuen Sony DAT-Recorder TCD-D7. Sind klasse geworden. Durch die allgemeinen Umweltgeräusche (Wind, Bäume, entfernter Straßenverkehr) fällt das Eigenrauschen des Mikrofons nicht ins Gewicht. Das stört nur bei Aufnahmen in ruhigen Innenräumen.
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#5
Mit den SONY Stereomikes wird man über eine gewisse Qualitätsgrenze nicht hinausgelangen, was Rauscharmut, Frequenzgang
und Auflösung betrifft, aber für "High-End" Miking waren diese einfachen "Batterie-Kondensator-Mikrofone" auch gar nicht vorgesehen und vor 40 Jahren war das auch gar nicht möglich
zu solch günstigen Preisen.
Trotzdem finde ich sie prima und habe sie oft im Einsatz !

Wollte ich authentische Aufnahmen von Dampfrössern machen, würde ich genau wie Holgi "echte" Kondensatormikros
mit Phantomspeisung nehmen, im meinem Fall RODE oder SENNHEISER.

Irgendwie ist es aber sehr schade, dass sich heutige Bandmaschinenfreaks kaum mit (eigenen) Mikrofonaufnahmen
zu beschäftigen scheinen, für mich ist es das Salz in der Suppe beim BM-Hobby.


"Schnauze halten - Aufnahme läuft !" Wink

Frankie
Hau wech, den Schiet - aber sech mir, wohin


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#6
(21.03.2024, 10:27)moxx schrieb: Irgendwie ist es aber sehr schade, dass sich heutige Bandmaschinenfreaks kaum mit (eigenen) Mikrofonaufnahmen
zu beschäftigen scheinen, für mich ist es das Salz in der Suppe beim BM-Hobby.


"Schnauze halten - Aufnahme läuft !" Wink

Frankie

Da gebe ich dir recht. Ich mache auch ziemlich oft Mikrofonaufnahmen. In jedem Urlaub gehört z.B. das akustische Tagebuch, mit Schilderungen des Tagesablaufs und O-Tönen, dazu. Ich muss allerdings gestehen, dass ich zu diesem Zweck heutzutage einen Olympus- oder Zoom-Digitalrecorder einsetze, nicht mehr wie früher ein Grundig TK 2400 FM, das gleichzeitig zum Radiohören am Frühstückstisch dienen konnte. 

Ich hatte auch mal angeregt, eine eigene Rubrik „Mikrofone und Zubehör“ hier aufzumachen, aber da bestand wohl kein wirkliches Interesse. Undecided

Zuhause kommen bei mir sowohl Tauchspulmikros (Sennheiser MD 21, 421, 441; AKG D19C, D202 etc.) als auch Kondensator-Klein- und Großmembranen (AKG, Rode, Behringer, t. bone, Lewitt und Eigenbau...) zum Einsatz. Seit ich die Nagra IV-S habe, bin ich da auch ohne Speiseteil oder Mischpult sehr flexibel.

Ich habe auch drei Sennheiser Hf-Kondensatormikros (MKH 105, 405, 135) mit Tonaderspeisung, die man an die Nagra anschließen kann. Und sogar ein paar Mikroports nebst Empfänger habe ich bei Ebay mal abgegriffen! Die sind aber mehr Sammlerstücke und außer zum Testen noch nie eingesetzt worden. 

Vor ein paar Jahren, als ich noch Weihnachtsgeld bezogen habe, habe ich mir den Traum von einem Neumann erfüllt. Allerdings hat es nur für ein TLM 102 gereicht  Blush. Ein „richtiges“ U87 oder TLM49, TLM107 o.ä. ist ja leider unerschwinglich. Ganz zu schweigen von U47/48.

Vor Jahren hatte ich auch mal einen Kunstkopf, der aus einem leicht modifizierten Bausatz stammte. Beim Umzug entsorgt... Funktionierte aber gut! Nachteil: Bei Außenaufnahmen musste man dem immer eine dicke Pudelmütze aufsetzen, die dann nicht nur die Windgeräusche, sondern auch die hohen Frequenzen gedämpft hat. 

LG
Holgi
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#7
Hallo Holgi,

wenn deine Mikroports von Sennheiser sind und mit dem HiDyn Kompandersystem arbeiten, würde ich sie nicht für hochwertige Aufnahmen einsetzen. Das HiDyn verursacht leider ein hörbares Kompanderatmen, das jeder gute Tonmann sofort reklamiert. Ansonsten hast du da eine schöne Mikrofonsammlung.

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
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#8
(21.03.2024, 11:49)bitbrain2101 schrieb: Hallo Holgi,

wenn deine Mikroports von Sennheiser sind und mit dem HiDyn Kompandersystem arbeiten, würde ich sie nicht für hochwertige Aufnahmen einsetzen. Das HiDyn verursacht leider ein hörbares Kompanderatmen, das jeder gute Tonmann sofort reklamiert. Ansonsten hast du da eine schöne Mikrofonsammlung.

MfG, Tobias
Wer lesen kann....  Wink
Die arbeiten in der Tat mit dem HiDyn-System, aber wie ich schrub, sind die nicht in Benutzung. 

Die Sammlung umfasst etwa 40 Mikros; wenn ich im Laufe des Jahres endlich mein eigenes Bastel-/Tonband-/Musikzimmer beziehe (unsere Tochter möchte ausziehen), werde ich sie endlich zusammen in einem Schrank unterbringen und dann auch mal zählen und katalogisieren. Manchmal weiß ich selbst nicht mehr, was da alles in Schubladen und Kartonagen ruht...  Undecided
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#9
(21.03.2024, 10:27)moxx schrieb: Irgendwie ist es aber sehr schade, dass sich heutige Bandmaschinenfreaks kaum mit (eigenen) Mikrofonaufnahmen
zu beschäftigen scheinen, für mich ist es das Salz in der Suppe beim BM-Hobby.

Offen gestanden mache ich Mikrofon-Aufnahmen seit bestimmt mindestens 20* Jahren oder länger nur noch digital. Auch die Nachbearbeitung ist digital so viel schneller erledigt. Mehrspuraufnahmen sind für Hobby-isten eigentlich erst seit der Einführung von DAWs richtig erschwinglich geworden - 16 Spuren auf Tonband sind schon allein vom Bandmaterial schier unerschwinglich. 

Aber ich habe tatsächlich vor kurzem mit meinen Schülern (und einer Horde Uher Reports, einer A77 und einer Uher SG560 Royal) und Mikrofonen Bandaufnahmen für die Weiterverarbeitung angefertigt und den Spaß, den die Oberstufenschüler:innen damit hatten, hättet ihr sehen sollen. Die Funktion, mit anderer Geschwindigkeit wiederzugeben als aufgenommen wurde, ist uns bekannt und hat bestimmt jedem schon einmal viel Freude bereitet. Die Digital Natives kennen das nicht mehr und hatten ihre wahre, kindliche Freude!

Die letzte Mikrofonaufnahme habe ich übrigens Samstag gemacht - mit einem Zoom H2 "Handy Recorder". Mit einem Batteriesatz (2x AA), der am Ende nicht einmal ansatzweise leer war, hat der Rekorder mit den eingebauten Kondensatormikrofonen in x-y-Anordnung über zwei Stunden am Stück in 16 Bit mit 44,1 kHz in Stereo aufgenommen. Direkt auf eine SD-Speicherkarte, die ich im Computer auslesen und direkt weiterverarbeiten konnte. Und das Aufnahmegerät ist kleiner als ein Braun-Rasierer. Daher verstehe ich sehr gut, weshalb Aufnahmen vielleicht nicht mehr mit BM gemacht werden - das ist höchstens zuhause unproblematisch.**

* ich habe Mitte der 90er einen DCC-Rekorder angeschafft und seitdem nur noch digital aufgenommen. Das sind schon 30 Jahre... wie die Zeit vergeht. Die MD-Rekorder ermöglichten den Schnitt auf dem kleinen Gerätchen selbst... war das ein Fortschritt!
** es gibt im BMF natürlich auch Leute, die sich davon nicht abhalten lassen. Von Wolfgang (Cisumgolana) habe ich mal Einblicke in eine Live-Aufnahme bekommen dürfen, die er von einem Jazz-Konzert mit einem Uher-Report gemacht hat. Mehr Schlepperei, mehr Aufwand - aber ein klangschönes Ergebnis! Ob der Aufwand das Ergebnis rechtfertigt, muss jeder für sich entscheiden - aber mir hat das Abhören auf jeden Fall mehr Spaß gemacht, weil ich wusste, unter welchen Voraussetzungen die Aufnahme entstanden ist.
Liebe Grüße
Thomas
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#10
Bei den Uhers schrecken mich die kleinen Spulen (13 cm) und die DIN-Anschlüsse ab - 18 cm sollten es schon sein, dann kann man mit einem Doppelspielband eine Stunde lang aufnehmen.

(Die Tascam 22-2 wartet auf eine solche Gelegenheit, mit ihren "nur" 14 kg.)

Die Philips durfte einmal in einen Jazz-Keller, mit einem Audio Technica AT 825 an einem batteriebetriebenen Vorverstärker, und dieser am Line-Eingang - aber nachdem die Große heuer 45 wird, tu ich ihr das nicht mehr an.

Für Außenaufnahmen habe ich ein Audio Technica AT 822 mit einem Windkorb und einem Windfell, etwa am Marantz CP 430, wenn es auf Band (halt im Kassettengehäuse) sein soll. Der Marantz hat ja einen getrennten Aufnahme- und Wiedergabekopf und einen regelbaren Bias, und läßt sich so mit allem füttern.
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#11
Vielleicht kann Wolfgang noch einmal sein „Monster“-Uher Report verlinken - er hat einen Zusatz, der es ihm erlaubt, mit 26 cm-Spulen zu arbeiten. Nicht mehr klein, sondern richtig imposant. Und wenn man in der Uher-Welt bleibt, gibt es auch interessante Mikrofone und davon hat Wolfgang ebenfalls etwas in petto.
Liebe Grüße
Thomas
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#12
Hallo Thomas!

Gern komme ich Deiner Bitte nach:

https://tonbandforum.de/showthread.php?t...r%C3%B6ker


Gruß
Wolfgang

@alle:

Für mobile Außenaufnahmen nicht nur wegen seiner Sperrigkeit ungeeignet,
benutze ich je nach Aufnahmebedingungen ein 4000 RM oder ein 4200 RM.
Aufnahmegeschwindigkeit 19cm/s, mit 1 oder 2 M538 Zweiwege-Mikrofon
(von AKG?).
Genügend neue Bänder und Leerspulen habe ich dabei, damit der Wechsel
schnell geht & ich möglichst nichts von der Lifedarbietung verpasse.

Gruß
Wolfgang
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#13
Hallo Wolfgang,

das Fragezeichen hinter AKG kannst du ruhig entfernen. Ich hatte mal ein M538 und habe noch zwei AKG D202 („Sound Rocket“) und habe beide schaltungsmäßig und vom Aufbau her verglichen. Kein Zweifel! Man hat beim Uher-Mikro nur zwei Dinge eingespart: Den Pegelsteller und die Brummkompensationsspule. Die Kapseln sind identisch.
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#14
Hallo Holger!

Vielen Dank für die Info.
Fragezeichen ist gestrichen.

Gruß
Wolfgang
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