Studer A807 - VU-Meter und Pegeleinstellung nachrüsten
#1
Hallo zusammen,

so hatte ich meine A807 (MK I) vor ein paar Jahren gekauft:
   

Ich hatte dann kurz nach dem Kauf einmal die untere Frontplatte abgenommen, um zu schauen, wie die Jumper gesetzt sind, und dabei gesehen, dass die Platine ja eigentlich komplett vorhanden ist, aber im mittleren Bereich einfach nicht bestückt ist. Den Gedanken, ob man da nicht "einfach" die fehlenden Bauteile einsetzen kann, hatte ich schnell abgehakt, weil es wohl allein schon an den speziellen Drucktasten scheitern würde.

Im Laufe der Zeit wurden immer mal wieder im großen und kleinen eBay die bestückten VU-Platinen angeboten, aber die Preise gingen schon ziemlich ab. Na gut, die VU-Version ist nach meinen Beobachtungen auch mindestens 2.000€ teurer als die Version ohne.

Vor kurzem gab es wieder so ein Angebot. Günstig war es auch nicht, aber deutlich unter allen Angeboten, die ich bis dahin gesehen hatte. Also gekauft.
Nach erhalt musste ich dann feststellen, dass es sich um eine MK II Platine handelt, an die der Verbindungsstecker aus meiner MK I nicht dran passt. Die Signale zur Platine sind auch etwas anders und die MK II nutzt Kontakte an ICs, die bei der MK I einfach ungenutzt sind. Eine Anpassung wäre wohl spätestens an der Firmware gescheitert.

Nun kam der Gedanke wieder auf, dass man die vorhandene Platine bestücken könnte. Die Schalter der MK II Platine sind identisch, die VU-Meter ebenfalls.
Ich wollte aber von der MK II Platine möglichst wenig Bauteile plündern, um diese später noch wieder verkaufen zu können. Es zeigte sich aber, dass alle Bauteile erhältlich sind. Auch die ICs sind absolut kein Problem.

   
Das war der erste Test, ob das ganze überhaupt funktioniert. Hier hatte ich nur die Halterungen und Widerstände für die LEDs eingelötet und eben das IC in der Mitte. Dies war auch das teuerste von allen ICs - hat 5€ gekostet. Wink 
Das Ergebnis war vielversprechend. Umschalten zwischen Vor- und Hinterband funktionierte jetzt. Auch konnte man die UNCAL-Schalter aktivieren, auch wenn diese noch keine Funktion hatten.

Also Erstmal die Steuerung der VU-Meter:
   
Das Befreien der Kontakte vom Lötzinn war mit Abstand der nervigste Teil der ganzen Sache. Ich hatte verschiedene Methoden ausprobiert. Lötstation mit Absaugung, Entlötlitze und Kombination mit und ohne zusätzlichem Flussmittel. Am erfolgreichsten war letztendlich die Entlötlitze. Jeweils die Lötspitze möglichst senkrecht auf das Lötauge drücken - mit Entlötlitze dazwischen. War hier recht erfolgreich. Hat zwar wohl mindestens 1,5 Stunden gedauert, aber nichts beschädigt.

   
So langsam füllt es sich. Viele Widerstände mit zig verschiedenen Werten.

   
Und komplett. Nur die Halterung für die VU-Beleuchtung fehlte mir hier noch. Die Trimmer hatten nicht exakt die richtige Größe, darum sitzen die teils etwas schief. Funktionieren natürlich trotzdem. Die Steckkontakte kommen von einer zerbrochenen A77 Netzteilplatine. Die VU-Elektronik ist quasi völlig unabhängig von den Audioplatinen. Von deren Ausgang geht einfach nur ein weiteres Kabel hier auf den Eingangs-Steckkontakt. Die Potis für die Pegel sind ebenfalls direkt an die Audioplatine angeschlossen. Darum hat die VU-Platine hier entsprechend die Löcher.

   
Ein erster Test mit VU. Das Kabel für das Signal ist erstmal nur außerhalb um das Gerät geführt. Auch hier war das ganze recht erfolgreich. Das rechte VU funktionierte auf Anhieb, links wollte erst nicht, da ich trotz mehrfacher Kontrolle eine ungewollte Lötbrücke übersehen hatte. Nach der Entfernung lief es auch links einwandfrei. Somit wurde mir der Pegel schon mal angezeigt, ließ sich aber noch nicht einstellen.

Leider haben es die Studers einem hier aber auch nicht zu leicht gemacht.
   
Hier eine der Audioplatinen. Wie man sieht sind auch hier einige Bauteile nicht bestückt.

   
Hier ist die Bestückung der VUK-Version (externe VU-Meter-Brücke). Alle gelb markierten Bauteile waren auf meinen Platinen nicht vorhanden. Der ebenfalls unbestückte Bereich ganz rechts ist für den Mikrofoneingang. Den wollte ich aber nicht nachrüsten.
Nun ja. Dass man nicht die VU-Meter Platine bestückt, kann ich noch nachvollziehen. Und das man z. B. der PBO-Version (nur Wiedergabe) keine komplette Platine spendiert, sehe ich auch ein. Aber hier? 10 Widerstände, 4 Elkos, 2 ICs und 2 Anschlüsse für die Potis. Lohnt es sich wirklich, dafür eine weitere Version der Platine herzustellen? Die ICs hätte man ja noch weglassen können und einfach die Sockel leer lassen...

   
Also auch hier die Lötaugen befreien. Das wollte bei der ersten Platine aber irgendwie so gar nicht klappen. Daher habe ich leider auch ein paar Kontakte beschädigt und musste Drahtbrücken auf der Unterseite anbringen. Nicht schön. Aber ich rede mich mal damit raus, dass ich Leiterbahnen beschädigt habe, die ohne mein Zutun nie benutzt worden wären. Wink
Bei der zweiten Platine klappte es dann wieder ähnlich problemlos wie bei beim VU-Board. Merkwürdig.

Und das Ergebnis:
   
Es hat dann tatsächlich auf Anhieb funktioniert. Leider fehlt mir ein Knopf. Falls jemand einen über hat, kann er sich sehr gerne bei mir melden. Mic-Lebel hat natürlich keine Funktion, da die Bauteile ja nicht bestückt sind. Ich habe einfach Potis eingebaut, die mit nichts verbunden sind, damit es original aussieht. 

Fazit:
Problematisch sind eigentlich "nur" die Schalterleisten, VU-Meter und die Front inkl. Bedienknöpfe. Der Rest lässt sich für relativ kleines Geld erwerben und mit etwas Geduld einbauen. Wenn man allerdings wem den Stundenlohn dafür bezahlten müsste, würde es sich wahrscheinlich nicht lohnen.

Gruß
Robert
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#2
Hallo Robert,
meinen absoluten Respekt für diese erfolgreiche Nachrüstung.
Da steckt schon tiefes Fachwissen, viel Herzblut und Forscherdrang dahinter.
Es gibt Hersteller die sockeln ihre gesamten Leiterplatten, schade daß Studer das eingespart hat.
Wenn der letzte Potiknopf noch angebracht werden kann bemerkt niemand mehr deine erfolgreiche Nachrüstung der VU-Meterplatine, leider auch nicht wie viel Arbeit da drin steckt...

Gruß Jan
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#3
Tolle Arbeit, feines Ergebnis. Und ein edles Maschinchen als Lohn. Was will man mehr?
Sich Stundenlohn für seine Arbeit zu berechnen funktioniert allerdings in keinem Hobby. Sonst wären wir alle Millionäre.
LG Frank
In Rust We Trust!
T e s l a  B 1 1 6 (A.D.),  R E V O X  B 7 7
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#4
Hallo Robert,

größten Respekt. Mit Geduld, Beharrlichkeit und Können hast du da echt ein tolles Ergebnis erzielt, Hut ab.

Grüße

Arndt
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#5
Klasse Aktion - an sowas muss man sich erst einmal rantrauen  Smile Ich bin froh, dass ich meine A807 gleich als VU-Version ergattern konnte…

Ich meine, Potiknöpfe bei ebay gesehen zu haben, ich schaue noch mal nach.

Edit: Genau: Hier gibt es sowas zum sportlichen Preis: https://www.ebay.de/itm/256449848942?itm...R6qV64vMYw

Falls du den Frako links auf der Schalterplatine noch nicht erneuert hast - sollte man prophylaktisch machen, wenn der kurzschliesst, legt er nämlich laut „tapeheads“ die ganze Maschine lahm.
Viele Grüße aus Kiel,
Hans-Volker
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#6
Hallo Robert,

auch von mir höchten Respekt vor dieser Aktion.
Habe ebenfalls eine 807 ohne VU im Bestand und der Nachrüstgedanke kam gleich nach dem Kauf auf, hatte aber nie den Mut dazu es wirklich in Angriff zu nehmen.
Die A807 mit VU macht ja erst den kompletten, perfekten Eindruck einer Bandmaschine.

Bernd
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#7
(21.03.2024, 19:00)capstan schrieb: Die A807 mit VU macht ja erst den kompletten, perfekten Eindruck einer Bandmaschine.

Na, das ist ja mehr eine Frage der Perspektive.

Grüße, TSD
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#8
(21.03.2024, 19:50)Tondose schrieb:
(21.03.2024, 19:00)capstan schrieb: Die A807 mit VU macht ja erst den kompletten, perfekten Eindruck einer Bandmaschine.

Na, das ist ja mehr eine Frage der Perspektive.

Grüße, TSD

...richtig perfekt ist sie allerdings erst als MKII (grosse Spulen & Teller) und mit dem Oszillator-Einschub (zum schnellen Einmessen)... ist allerdings noch seltener anzutreffen wie die VU-Version.
Die VUK ist aber auch schön und sieht noch mehr nach Studio aus....ausserdem hat man auf deren VU-Kasten viel mehr Ablagefläche für NAB-Kelche und anderem "Gedöns"  ;-)

Beste Grüße,
Wilhelm
Wir lösen ständig nur Probleme die wir ohne uns nicht hätten
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#9
Ich habe das Gerät ja selbst ein paar Jahren betrieben mit externer Pegeleinstellung. Wenn man bedenkt, dass die A807 dann preislich auf einem Niveau ist, das teils schon für eine revidierte B77 mit ein paar neuen Gehäuseteilen verlangt (und bezahlt) wird, würde ich sie auch ohne VU immer vorziehen.

Die VUK-Version ist mir etwas zu groß und alles im Gerät finde ich schicker. Ablagefläche kann man ja drumherum genug platzieren.

Spulengröße war bisher auch kein Problem. 30er Spulen sind mir noch nie begegnet. Lange Bänder sind ja meist Offenwickel. Da habe ich zwei 28er Bandteller von tonbandspule.de
Die laufen so exakt, dass längere Bänder gar kein Problem sind. Steht dann halt ein bisschen über oberhalb vom anderen Bandteller, aber es schleift nichts oder so. Und man ist dann ja nach ein paar Minuten schon wieder über dem Bandteller. Beim Einfädeln muss man halt etwas aufpassen. Zumindest bis 1100m Studioband läuft das ohne Probleme. Mehr habe ich noch nicht ausprobiert.

Gruß
Robert
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#10
(21.03.2024, 21:53)Reel2Reel4ever schrieb:
(21.03.2024, 19:50)Tondose schrieb:
(21.03.2024, 19:00)capstan schrieb: Die A807 mit VU macht ja erst den kompletten, perfekten Eindruck einer Bandmaschine.

Na, das ist ja mehr eine Frage der Perspektive.

Grüße, TSD

Die VUK ist aber auch schön und sieht noch mehr nach Studio aus

Tja, auch das hängt davon ab, in welchen Studios man sich zuvor aufgehalten hat. Schön ja, aber ich brauche das Gezappel an der Bandmaschine nicht, schon gar nicht in VU. Ein geeichtes externes PPM an der richtigen Stelle ist (zum Arbeiten) sinnvoller.

Das soll aber nicht geringschätzig gegenüber Deiner Arbeit sein, @q-tip!,


(21.03.2024, 21:53)Reel2Reel4ever schrieb: ausserdem hat man auf deren VU-Kasten viel mehr Ablagefläche für NAB-Kelche und anderem "Gedöns"  ;-)

Ein klarer Vorteil, wenn es aber lediglich um die Ablagefläche geht, dann ist eine entsprechend angelegte Konsole (ARD-Sprech: „Truhe“) günstiger und auch praktischer (da größere Tiefe der Ablagefläche).


Grüße, TSD
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#11
Ob man das braucht oder nicht....
Es hängt wie immer vom Einsatzzweck / Anwendungsfall ab.

Natürlich sind die VUs im Studio nicht nötig.
Die Wenigsten hier betreiben aber ein solches.

Und wenn so eine tolle Maschine schön im heimischen Wohnzimmer oder der Hörhöhle steht, sieht dieses Prachtstück m.b.M.n mit den VU Einheiten viel schöner aus. Es macht die Maschine eben "komplett".
Und es spricht ja nichts dagegen, trotzdem noch ein PPM mit anzuschliessen.

Als VUK-Version, also mit Brücke, mag ich sowas auch. Und ich hätte auch keine schmerzen damit, mir sowas ins Wohnzimmer zu stellen Smile

Wer einmal eine T-Audio mit der mächtigen Brücke gesehen hat..... Heart 
Yammi

Respekt vor deiner aufwändigen Aufrüstaktion Robert. Das Ergebnis überzeugt thumbup



Ob nun eine Studio-/Mastermaschine mit VUs oder nicht, hängt m.M.n. auch immer von der Machine selbst ab.
Wenn es im Gerät nicht vorgesehen war, fällt es optisch nicht so ins Gewicht. TLF M15 / 20, Otari BTR 5 / MTR 20 sehen so wie sie sind super aus.
MX-55, A 807 /810 oder ähnliche wirken mit den Abdeckplatten immer irgendwie nicht komplett....
Eine solide Planung ist die Grundvoraussetzung einer gelungenen Improvisation
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#12
BRAUCHEN tut man garnichts. Okay, vielleicht die Stroke Unit nach einem Schlaganfall.
Hier geht es um das HABEN WOLLEN, und das hat q-tip ganz großartig umgesetzt und für sich verwirklicht.
Wer würde das bei unserem Hobby nicht verstehen!?
Super Arbeit, Glückwunsch!

VG Stefan

Ach, noch eine Frage an q-tip:
Ist dein Stab jetzt auch aus Pappe, wie die EU das inzwischen für Q-Tips vorschreibt?
:-)
VG Stefan
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#13
(21.03.2024, 19:50)Tondose schrieb:
(21.03.2024, 19:00)capstan schrieb: Die A807 mit VU macht ja erst den kompletten, perfekten Eindruck einer Bandmaschine.

Na, das ist ja mehr eine Frage der Perspektive.

Grüße, TSD

Genau. Die A807 war keine Wohnzimmermaschine und ein schickes Mischpult macht sich auch nicht schlecht.

Aber wenn die Teile für einen Umbau daheim gelegen wären, hätte ich der Versuchung wohl auch nicht widerstanden....

Unabhängig davon aber meinen ehrlichen Respekt für die tolle Arbeit bei diesem "upgrade".

Frei nach dem Motto "Respekt, wer's selber macht"

Beste Grüße

Arno
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