Kurze Impression: Saniertes "Telefunken Magnetophon KL 85"
#1
Guten Tag liebe Freundinnen und Freunde der Tonbandgeräte!

Nach gut einem Jahr ist nun mein Telefunken Magnetophon KL 85 endlich vollständig betriebsbereit. Das Gerät hatte ich für 40 Euro erworben. Es muss sehr lange nicht sonderlich gut gelagert gewesen sein. Denn es roch nach Keller und es befand sich sehr viel verklebter Staub am und im Gerät. Technisch war es soweit hergerichtet, dass immerhin etwas zu hören war und das Gerät auch aufnehmen konnte. Aber alles sehr unzuverlässig in der Qualität.

   

Ich möchte kurz aufzählen, was zu tun war.

1) Gründliche Reinigung von innen und außen.

2) Die Mechanik: neue Riemen waren dringend notwendig, Bremsen einstellen, Bandführung justieren, Capstan-Lager reinigen und etwas Öl zugeben, Andruckrolle erneuern.

3) Gehäuse: Bespannung über den Lautsprechern ersetzen (Bespannung zugeschnitten aus einer Grundig-Bespannung), wie oft üblich war die Bespannung dort eingerissen und bröselig; Griff ersetzen (stammt von einem Philips-Tonbandkoffer, daher "Stilbruch"); 3-malige gründliche Lackierung mit einem dehnungsfähigen Lack für Kunststoffe. Habe mich austoben dürfen, denn die Abdeckungen und die Bespannungen waren heftig beschädigt. Nach einem geschmacklichen Fehlversuch wurde dann doch noch ein schöner Farbton getroffen. :-)

4) Elektronik: Die Elektronik wurde in Kiel (an meinem Heimatort) von einem fachkundigen und freundlichen Herrn, der Röhrenverstärker für Hi-Fi Fans entwirft und baut, instand gesetzt. Zahlreiche Kondensatoren wurden erneuert, Schalterkontakte wieder sauber funktionsfähig gemacht und deren Befestigungen teilweise erneuert, magisches Auge ersetzt (nicht so leicht in einem guten Zustand zu bekommen). Das Gerät wurde zudem gründlich auf brüchige oder unsaubere Lötstellen überprüft.  

   

Hier ein sehr kurzer Klangeindruck aufgenommen mit dem iPhone

https://www.youtube.com/watch?v=a1byUCfI-bc

Insgesamt hat die Sanierung sehr viel Zeit und Geduld aber überschaubaren finanziellen Einsatz gefordert. 

Ich meine, es hat sich für mich gelohnt. Ich nutze das Gerät nach den ersten Anlaufschwierigkeiten inzwischen in allen meinen musikalischen Unternehmungen; oft als "End- und Zwischenbearbeitungsgerät" einer digitalen Aufnahme, damit ein wenig analoger Touch in die Aufnahme gezaubert wird. Zudem freue ich mich über das alte Gerät, weil es Spaß macht es zu bedienen.

Ein wahrscheinlich noch sehr viel besseres aber teures saniertes Revox G36 lasse ich dann mal als Investition. :-) 

Viele Grüße

Christian
Drummer machen Fehler, die meistens laut sind. www.stompology.org
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#2
Saubere Arbeit.
Schön anzusehen und der Betrieb macht sicher nach der vielen Arbeit (die man ja gern verrichtet) richtig Spaß.

Gruß
Alfred

Meine Freude an der Tonbandtechnik verdanke ich Hermann Hoffmann, dem Erfinder der Radio-Comedy.

http://www.sender-zitrone.de/
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#3
Hallo Christian,

da hast Du dir ja ein sehr hübsches Gerät angefertigt.
Deine Farbkombination gefällt mir sehr gut.
Das Telefunken M 85 war seinerzeit in seiner Preisklasse vermutlich eines der besten Geräte.
Aufnahmen mit 19 cm/s waren ganz hervorragend.

Viel Spaß mit Deinem schönen Gerät.

Mit den besten Grüßen
Manfred
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#4
Hallo Alfred und Hallo Manfred!

Vielen Dank für Eure Kommentare. Den Tipp zum Kauf eines KL 85 habe ich hier im Forum schon vor längerer Zeit bekommen. Das war richtig.

Nach dem ich nun schon einige reparierte Geräte der späten 50er Jahre ausprobiert habe, bin ich jetzt, nach den letzten Handgriffen, zum ersten Mal wirklich restlos zufrieden mit der Leistung eines Röhren-Oldtimers. Nichts brummt und es rauscht auch nicht auffällig. Mit 19 cm/s ist der Klang tatsächlich jetzt gut bis sehr gut. Ich höre keinen qualitativen Unterschied mehr, wenn ich beispielsweise von einer Schallplatte etwas aufnehme. Das ist schon beeindruckend.

Erstaunlich nur, dass bei einem damals doch recht teuren Gerät viel Plastik zur Abdeckung verbaut wurde. Die Konstruktion insgesamt aber ist übersichtlich und damit auch relative servicefreundlich, finde ich.

Viele Grüße und bis bald,

Christian
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#5
Das Gerät ist ja wirklich sehr schön geworden!
Die jetzige Farbgestaltung erinnert eher an die des KL35.

Gehäuseteile aus Kunststoff kamen gegen Ende der fünfziger Jahre in zunehmendem Maße zum Einsatz, weil sich damit auch aufwendige Formen kostengünstiger herstellen ließen als aus Metall oder Holz. Der Konkurrenzkampf zwischen den Herstellern wurde eben vor allem auch über den Preis ausgetragen. Man muß nur einmal in ein typisches Holzgehäuse der Fünfziger schauen - ein Klötzchen hier zurechtgesägt und eingeleimt, ein anderes dort - , um zu verstehen, daß in der Großserie solche Schreinerarbeit maschineller Fertigung von Kunststoffteilen weichen mußte.

Zwei Fragen hätte ich noch:
Woher hast Du die neuen Riemen und die Andruckrolle bezogen? Entsprach die Dicke der Flachriemen genau der der Originale?

Du hast da ein frühes Exemplar des M 85. Hast Du dazu Informationen über das Baujahr und die Seriennummer?
Ich versuche, solche Informationen für diverse Röhrenmodelle von Telefunken zusammenzutragen, um eine Vorstellung von den Produktionszahlen zu bekommen.
Zusammenhang Seriennummer - Produktionszahl (tonbandforum.de)

Gruß
TSF
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#6
Hallo TSF,

tatsächlich hatte ich mir zuvor Bilder des sehr schönen Magnetophon KL35 angeschaucht.

Hier noch Informationen zur Lackierung. Ich wurde auf YouTube freundlich nach der Haltbarkeit der Lackierung auf dem doch recht flexiblen Plastik gefragt:
Es handelt sich um einen Lack für Thermoplast. Der 1-Komponentenlack ist sehr dehnungsfähig. Die vordere Abdeckung wölbt sich bei Hitze der Röhren und war schon recht krumm. Zusätlich habe ich daher zwei Aluminium Profile an der Unterseite der Abdeckung mit Laminat aus dem Bootsbauzubehör eingearbeitet. So wölbt sich das Plastik nicht mehr auffallend und der Lack wird nicht strapaziert.

Zu Deinen Fragen:

Die Riemen des Originalgerätes sind tatsächlich alle stärker als die Ersatzriemen. Bezogen habe ich die Riemen über eBay von dem Nutzer phonohifishop.

Eine fabrikneue Andruckrolle konnte ich nicht auftreiben. Daher habe ich ein jüngeres Ersatzgerät zum ausschlachten und als Ersatzteillager erworben. Da das Gerät jedoch in einem so verdammt schönen technischen Zustand und scheinbar auch selten ist, habe ich die Schlachtung natürlich nicht über das Herz gebracht. :-) Siehe Foto!

   

Eine "neue" Rolle habe ich dann noch bei eBay einzeln kaufen können.

Die Seriennummer muss ich erst finden. Ich kann morgen nachschauen (das Gerät steht in meinem Büro in Kiel). Wo ist die Nummer angebracht? Im Gehäuse selbt habe ich bei Arbeit an dem Gerät einen blauen Stempel mit Unterschrift gesehen. Unterlagen habe ich leider keine zu diesem Gerät.

Viele Grüße

Christian
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#7
Hallo Christian,

danke für den Bericht .

Hinweise über Infos zum Bauzeitraum der M85 KL findest Du in TSF's o.a. Link.

Unterlagen zum Gerät gibt es im Downloadbereich (separate Anmeldung bei den Admins erforderlich) unter /Geraete/T...

Schöne Grüße
Frank
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#8
Danke für die Auskunft zu den Riemen.
Das bestätigt meine Erfahrungen mit Flachriemen für die kleineren Tfk-Modelle der 70er- und 100er-Reihe und das KL65: man bekommt keine Flachriemen mehr mit der originalen Stärke.

Die Seriennummer ist in der Nähe des rechten Bandtellers ins Blech zwischen den Lüftungslöchern über dem Trafo eingeschlagen. Einige Exemplare haben auch eine Nummer im Kabelfach bei den Buchsen aufgestempelt. Manche haben auch beides, wobei beide Nummern nicht immer übereinstimmen, weshalb auch immer. In diesem Fall bevorzuge ich die im Chassis eingeschlagene.

Einen Hinweis auf das Baujahr liefern vor allem die Elkos und auch einige der silbern glänzenden Folienkondensatoren.

Gruß
TSF
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#9
Moin!

@Frank: Hallo Frank! Vielen Dank für Deine Hinweise. Da hatte ich mich unklar ausgedrückt. Ich habe umfangreiche Unterlagen zu dem Gerätetyp Magnetophon KL85. Sogar als Originale. Mir fehelen Unterlagen zu meinem Exemplar.

@TSF: Hallo TSF, hier folgt endlich die Seriennunnmer. Siehe Bild.


     


Viele Grüße und bis bald

Christian
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#10
Danke für die Seriennummer.

Diese SN eines frühen Exemplars bestärkt mich in meiner Annahme, daß man bei Telefunken eine eigene Zählung für dieses Modell durchgeführt hat, möglicherweise beginnend mit 800.001.

Ich besitze ein spätes Exemplar aus dem Produktionsjahr 1967 mit einer SN knapp über 900.000, was bedeuten würde, daß vom M 85 in seiner langen Produktionszeit von 1958 bis 1967/68 über 100.000 Stück gefertigt wurden.

Vielleicht melden sich ja noch Besitzer anderer früher Exemplare, die obendrein noch über Infos zum Baujahr verfügen.

Gruß
TSF
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#11
(20.11.2023, 12:45)TSF schrieb: Danke für die Seriennummer.

Diese SN eines frühen Exemplars bestärkt mich in meiner Annahme, daß man bei Telefunken eine eigene Zählung für dieses Modell durchgeführt hat, möglicherweise beginnend mit 800.001.

Ich besitze ein spätes Exemplar aus dem Produktionsjahr 1967 mit einer SN knapp über 900.000, was bedeuten würde, daß vom M 85 in seiner langen Produktionszeit von 1958 bis 1967/68 über 100.000 Stück gefertigt wurden.

Vielleicht melden sich ja noch Besitzer anderer früher Exemplare, die obendrein noch über Infos zum Baujahr verfügen.

Gruß
TSF
Hallo TSF,

mein KL85 trägt die Seriennummer 838184 (neben den DIN-Buchsen aufgestempelt, auch mit Lupe sehr schlecht lesbar, aber ich bin "ziemlich" sicher...)
Aufgeschraubt, um auf einem Bauteil ein Herstellungsdatum zu finden, habe ich es heute Abend nicht mehr.

Gruß
Wolfgang / BandWolf
Revox A-77 MkIII Dolby (2-Spur) / Revox A-77 MkII (4-Spur) / Revox A-77 MkIII (4-Spur) / Uher Variocord 263 / Telefunken M85KL / Grundig TK28 / Grundig TK14 d.L. / Uher Universalgerät 5000 / SABA TG454 / Webster Chicago 288 Wire Recorder (Drahtbandgerät)
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#12
Danke auch für diese Seriennummer.

Aufschrauben extra dafür muß nicht sein. Ist ja ein ziemlicher Aufwand (Chassis aus dem Koffer nehmen, Abdeckblech entfernen, ...)

Gruß
TSF
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