Revox G36 - Umbau auf NAB-Entzerrung
#1
Hallo zusammen,

die Revox G36 ist ja von Haus aus CCIR. 

Auf dem bekannten Studer/Revox FTP-Server liegt ein Revox-Dokument "60 Hz Conversion" (habe ich auch angehangen).
Dort drin wird nicht nur beschrieben, wie man die Motorkondensatoren für die 60 Hz Netzfrequenz anpassen muss, sondern auch, wie man Aufnahme- und Wiedergabeverstärker auf NAB-Entzerrung umbaut.

Das habe ich jetzt bei der hier gezeigten:
https://tonbandforum.de/showthread.php?t...#pid328434
G36 mal ausprobiert.

Beim Versuch der Einmessung auf das im Dokument empfohlene Scotch 203 habe ich aber immer einen deutlichen Anstieg zwischen 1 kHz und 10 kHz.

Ich habe dann mal ein 19 cm/s NAB Messband abgespielt mit Frequenzen bis 20 kHz. Hier das Ergebnis. Durch die Ansage der Frequenzen auf dem Band sieht das vielleicht etwas verwirrend aus, deshalb habe ich den Frequenzverlauf grob nachgezeichnet:
   

Beide Kanäle verhalten sich sehr ähnlich. Ein Kanal ist ca. 1 dB lauter. Laut Serviceanleitung ist das aber in dem Maße OK.
Wie man sieht gibt es einen deutlichen Anstieg sowohl im Bass-Bereich als auch im Hochton-Bereich. Die Serviceanleitung sagt, der Frequenzgang soll innerhalb +2 dB und -3 dB sein. Wenn ich 1 kHz hier als Referenz nehme, bin ich natürlich außerhalb dieser Werte. Insgesamt ergibt das aber ja einen Bereich von 5dB in dem ich so gerade noch bin.

Bei Eigenaufnahmen auf dem Gerät ist der Anstieg im Bassbereich minimal (vielleicht bekommt das Gerät einfach die tiefen Frequenzen nicht so gut aufs Band), der Anstieg ab 1 kHz ist ähnlich, allerdings geht es da ab 10 kHz schon bergab. (Habe leider keinen Screenshot gemacht.)

Meine Frage ist eigentlich nur: Hat hier jemand schon mal so einen Umbau gemacht? Waren die Ergebnisse ähnlich? Mir stellt sich halt die Frage, ob ich irgendwo einen Fehler gemacht habe (dann allerdings auf beiden Kanälen den selben Fehler) oder ob das Ergebnis für Revox damals "gut genug" war...

Gruß
Robert


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.pdf   Revox_G36_60Hz_Conversion.pdf (Größe: 729.46 KB / Downloads: 17)
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#2
Im Service-Manual der G36 werden die beiden Entzerrungen IEC und NAB genannt.
Beide verwenden Bass-Anhebung bei der Aufnahme mit einer Zeitkonstante von 3300 µs.
Die Modifikationen bewirken (bei 19 cm/s) keine Änderung im Bass-Bereich.
Die relativen Frequenzgänge NAB/IEC für die jeweiligen Beschaltungen sehen so aus:
   
Rot: Aufnahme
Blau: Wiedergabe

Bei Wiedergabe eines (NAB-)Referenzbandes sollte sich also gegenüber der IEC-Entzerrung eine Höhen-Absenkung um ~ 2.7 dB einstellen.
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#3
Hallo Robert,

ich bin kein G36-Spezi, kenne jedoch vom damaligen Studer FTP-Server eine andere Anleitung, kann jedoch nicht recht erkennen, ob die Umbaubeschreibung das Gleiche darstellt.

Schöne Grüße
Frank


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.pdf   Revox_F36_G36_NAB.pdf (Größe: 288.3 KB / Downloads: 11)
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#4
(22.10.2023, 14:03)kaimex schrieb: Im Service-Manual der G36 werden die beiden Entzerrungen IEC und NAB genannt.
Beide verwenden Bass-Anhebung bei der Aufnahme mit einer Zeitkonstante von 3300 µs.
Die Modifikationen bewirken (bei 19 cm/s) keine Änderung im Bass-Bereich.
Die relativen Frequenzgänge NAB/IEC für die jeweiligen Beschaltungen sehen so aus:

Rot: Aufnahme
Blau: Wiedergabe

Bei Wiedergabe eines (NAB-)Referenzbandes sollte sich also gegenüber der IEC-Entzerrung eine Höhen-Absenkung um ~ 2.7 dB einstellen.

CCIR und IEC sind ja beides Bezeichnungen für die Entzerrung 70 µs bei 19 cm/s. Ich hatte aber in dem Zusammenhang jetzt gar nicht dran gedacht, dass die G36 eine untypische Kombination aus 70 µs und 3180 µs (laut Datenblatt) verwendet. Von daher sollte sich der Umbau auf den Bass-Bereich nicht auswirken, ja.
Allerdings hatte ich zusätzlich C44 und C53 auf 1 µF verändert, weil das für meine andere G36 ein guter Kompromiss war, was die Basswiedergabe bei Anschluss an moderneren Verstärkern betrifft, siehe auch hier:
https://tonbandforum.de/showthread.php?t...#pid345234
Allerdings merkwürdig, dass sich das hier dann so viel stärker auswirkt. Wobei ich diesmal nur mit meinem uralt Laptop gemessen habe, wo ich nicht so genau weiß, wie sich da die Soundkarte unterhalb von 50 Hz verhält, muss ich also noch mal prüfen.

Was die Höhenwiedergabe betrifft, habe ich leider keinen Test mit dem Prüfband vor dem Umbau gemacht...

(22.10.2023, 19:55)kesselsweier schrieb: Hallo Robert,

ich bin kein G36-Spezi, kenne jedoch vom damaligen Studer FTP-Server eine andere Anleitung, kann jedoch nicht recht erkennen, ob die Umbaubeschreibung das Gleiche darstellt.

Schöne Grüße
Frank

Stimmt, das Dokument war mir dort auch begegnet bzw. liegt es im selben Ordner. Da es aber für F36 und G36 ist und damit wohl für die frühen G36, habe ich mich an dem anderen Dokument orientiert. Einer der Kondensatoren, die laut dem älteren F/G36 Dokument entfernt werden soll, war bei mir z. B. gar nicht vorhanden.
Ansonsten gibt es hier aber schon Unterschiede. Ein 10k Widerstand z.B. soll im älteren Dokument auf 8,2k geändert. Im neueren Dokument, das ich verwendet habe, sollen statt dessen zum 10k Widerstand 27k parallel geschaltet werden, was dann ~7,2k entspricht. Ansonsten werden im einen Dokument andere Bauteile getauscht als im anderen. 

Gruß
Robert
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#5
Das mir vorliegende G36 Service Manual (~ 28 MB, 99 pdf-Seiten) enthalt so circa 8 leicht unterschiedliche Schaltpläne.
Mindestens einer davon enthält die weiter oben beschriebenen Modifikationen. Es gibt aber noch weitere.
19k||27~7,29k realisieren zusammen mit dem in Serie liegenden C45 ( 6.8 nF) 49,62 µs ~ 50 µs.
Ohne den 27k Widerstand sind es 68 µs , also 70 us mit Techniker-typischer Toleranz
Bei der Version für 38 cm/s werden 5.6 kOhm in Serie geschaltet, das ergibt 38,1 µs ~ 35 µs.
Für 4 Fälle werden die Aufnahme- und Wiedergabe-Frequenzgänge gezeigt.
Da gibt es also Material zum vergleichen.

Die Schaltungen zeigen im Wiedergabeverstärker keine explizite Begrenzung der Omega-Gang-Kompensation bei 50 Hz (entsprechend 3183µs), der gemessene Frequenzgang aber sehr wohl.
Explizit wird so eine Begrenzung durch geführt, indem man zB parallel zu C45 einen entsprechenden Widerstand legt.
Implizit bewirkt die endliche Leerlauf-Verstärkung des gegengekoppelten Verstärkers immer ähnliches. Es wäre aber unklug, die Verstärkung so zu gestalten, dass das gerade (bei neuen Röhren) paßt.
Es sieht so aus, als würde die 3183µs Zeitkonstante hier mit C44 und der Wirkung aller Last-Widerstände "realisiert", was aber nur "hinhaut", wenn man sich an die Vorgabe (in den Technischen Daten) Ra=100 kOhm hält.
Pi-mal Daumen "hängen" nämlich hinter C44 der Zweig mit R017 & R108, zusammen ~27k,
der Zweig über R109, der über einen gleichen Widerstand vom anderen Kanal auf das 220 k Poti am Eingang des Power-Amps geht,
wenn das Poti niedrig eingestellt ist, ergibt das eine parallele Last von ~169k,
und die externe Last am Line-out, die Ra=100k betragen "soll" .
Macht zusammen (27k^⁻1+169k^⁻1+100k^-1 )^-1~18.9k , ergibt mit 0.18µF ~3400µs ~46.8 Hz, was man sicher als "50 Hz gut getroffen" bewertete.
Wenn man da heutzutage einen Soundcard-ähnlichen Eingang (eher 10-50 kOhm) drauf schaltet, wird der Bass natürlich etwas schlapper.
Wenn man den Lastwiderstand wüßte, könnte man durch gezielte Wahl des Wertes von C44 wieder die benötigte Zeitkonstante einstellen.
Praktischer wäre aber, diese Bass-Absenkung weitgehend zu eliminieren, um von den "Imponderabilien" des tatsächlichen Lastwiderstand unabhängig zu werden. Dann bleibt natürlich etwas bis alles von der (NAB-)Bass-Anhebung im Norm-Bandfluß über.
Die beseitigt man dann zweckmäßig mit dem expliziten Widerstand parallel zu C44.
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#6
(23.10.2023, 21:40)kaimex schrieb: Das mir vorliegende G36 Service Manual (~ 28 MB, 99 pdf-Seiten) enthalt so circa 8 leicht unterschiedliche Schaltpläne.
Mindestens einer davon enthält die weiter oben beschriebenen Modifikationen. Es gibt aber noch weitere.
19k||27~7,29k realisieren zusammen mit dem in Serie liegenden C45 ( 6.8 nF) 49,62 µs ~ 50 µs.
Ohne den 27k Widerstand sind es 68 µs , also 70 us mit Techniker-typischer Toleranz
Bei der Version für 38 cm/s werden 5.6 kOhm in Serie geschaltet, das ergibt 38,1 µs ~ 35 µs.
Für 4 Fälle werden die Aufnahme- und Wiedergabe-Frequenzgänge gezeigt.
Da gibt es also Material zum vergleichen.
Ja, einer der Schaltpläne zeigt die 60 Hz Version, die von Haus aus NAB ist.
Den Frequenzgang der NAB-Version habe ich mir angesehen:
   
Ich verstehe aber nicht, was genau hier gezeigt wird. Bei 19 cm/s bzw. 7,5 ips ist der Wiedergabeverstärker z. B. bei 15 kHz bei -8 dB, der Aufnahmeverstärker bei +12 dB. Sollten hier nicht dann beide bei z. B. +/- 8 dB sein? Im Bassbereich passt es noch weniger. Also zeigen die Frequenzgänge nur die jeweiligen Verstärker an sich und berücksichtigen nicht, wie sich auch der Rest der Schaltung auswirkt?

(23.10.2023, 21:40)kaimex schrieb: Es sieht so aus, als würde die 3183µs Zeitkonstante hier mit C44 und der Wirkung aller Last-Widerstände "realisiert", was aber nur "hinhaut", wenn man sich an die Vorgabe (in den Technischen Daten) Ra=100 kOhm hält.
Pi-mal Daumen "hängen" nämlich hinter C44 der Zweig mit R017 & R108, zusammen ~27k,
der Zweig über R109, der über einen gleichen Widerstand vom anderen Kanal auf das 220 k Poti am Eingang des Power-Amps geht,
wenn das Poti niedrig eingestellt ist, ergibt das eine parallele Last von ~169k,
und die externe Last am Line-out, die Ra=100k betragen "soll" .
Macht zusammen (27k^⁻1+169k^⁻1+100k^-1 )^-1~18.9k , ergibt mit 0.18µF ~3400µs ~46.8 Hz, was man sicher als "50 Hz gut getroffen" bewertete.
Wenn man da heutzutage einen Soundcard-ähnlichen Eingang (eher 10-50 kOhm) drauf schaltet, wird der Bass natürlich etwas schlapper.
Wenn man den Lastwiderstand wüßte, könnte man durch gezielte Wahl des Wertes von C44 wieder die benötigte Zeitkonstante einstellen.
Praktischer wäre aber, diese Bass-Absenkung weitgehend zu eliminieren, um von den "Imponderabilien" des tatsächlichen Lastwiderstand unabhängig zu werden. Dann bleibt natürlich etwas bis alles von der (NAB-)Bass-Anhebung im Norm-Bandfluß über.
Die beseitigt man dann zweckmäßig mit dem expliziten Widerstand parallel zu C44.
OK, wenn so viele Bauteile Einfluss auf die Basswiedergabe haben, erklärt es das ganze vielleicht etwas. C44 und C53 hatte ich ja erhöht. Zu dem ist das 220k Poti gar nicht mehr vorhanden. Da hatte ja jemand mal den kompletten Verstärkerteil entfernt und das Poti mit. Ob statt dessen zumindest ein Widerstand eingebaut wurde, weiß ich nicht. Ist im zusammengebauten Zustand auch nicht zu erkennen, wenn der im Inneren des Gerätes sitzt.


Ansonsten habe ich den Frequenzgang jetzt noch mal mit dem Prüfband gemessen. Diesmal an einer Soundkarte, der ich mehr vertraue:
   
Zum einen fällt auf, dass der Frequenzgang ab ca. 6 kHz erstaunlich glatt ist bis rauf zu 20 kHz. Die Anhebung im Bassbereich ist immer noch vorhanden, allerdings hatte ich auch nicht mehr dran gedacht, dass die Messung im Bassbereich ja auch nicht ganz passt, da ein Vollspur-Testton mit einem 1/2-Spur-Kopf abgespielt wird, wodurch der Bass zu stark betont wird. Wieviel das jetzt genau ausmacht, weiß ich aber auch nicht. Aufnahmen mit dem Gerät haben diese Bass-Anhebung auch nicht und klingen an sich ja auch gut. Dass es etwas mehr Höhen gibt als im Quellsignal hört man allerdings.

Ich denke dennoch, dass ich es wohl erst mal so lasse, da die Höhenanhebung nicht so stark ist, dass ich dafür wieder das ganze Gerät auseinanderbauen möchte. Andere drücken für sowas die Loudness-Taste. Wink Durch die zahlreichen Modifikationen des Vorbesitzers (Details siehe Link im ersten Beitrag) wird es ja eh nie mehr Originalgetreu sein. Dann muss auch der Frequenzgang nicht perfekt sein. Zumindest der NAB-Umbau scheint ja doch nicht so falsch zu sein, wobei es mich etwas ärgert, dass ich das Messband nicht einmal vor dem Umbau abgespielt habe...

Danke und Gruß
Robert
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#7
Die Frequenzgänge im Service-Manual sind vertikal so skaliert, dass sie bei 1 kHz durch 0 dB gehen. Das ist allgemein üblich. Ansonsten dienen sie nur dazu, den relativen Verlauf vs. f darzustellen.  Die kleinen Skizzen am rechten Rand deuten an, wie gemessen wurde ( [<] = Verstärker).
Leider kommt bei der Verwendung von Voll-Spur-Referenz-Bändern noch das Problem der Bass-Anhebung bei Halb-Spur-Köpfen hinzu.
Es ist bedauerlich, dass es keine Halb- und Viertel-Spur-Referenzbänder gibt.
pi*Daumen kann man die dadurch bewirkte Bass-Anhebung mit den Formeln in dem AGFA Buch über Entzerrungen berechnen.
Den an der letzten Kathode hinter C44 wirksamen Last-Widerstand kann man mit einem Ohmmeter messen (natürlich nicht den über ein C in der Soundcard wirksamen Anteil). Daran sieht man uU, was im Gerät vorhanden ist.
Im Übrigen kann man hinter den ganzen Kram immer noch einen weiteren Entzerrer setzen, der den Teil begradigt, der einen stört, insbesondere, wenn der Pegel zu hoch ist.
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