Datenblätter von Magnetbändern richtig lesen. Wie?
#1
Um die immer wieder aufbrechende Ratlosigkeit, zum Beispiel hier:

http://forum2.magnetofon.de/f2/showtopic...eadid=2950

aber auch anderswo, etwas einzudämmen, bitte ich die, die das können, um ein kleines Tutorial im Lesen von Datenblättern der einzelnen Magnetbandtypen.

Unten poste ich das Datenblatt des EMTEC SM 911. Nach Erklärung der wichtigsten Punkte könnte ein Vergleich zum LPR 35 gezogen haben, so jemand dieses Datenblatt beibringt. Dann sieht man, wie und worin sich ein ein HiFi-Band und ein Profi-Band unterscheiden. Sicher nicht uninteressant wäre dann noch der Abstecher zu einem anderen EMTEC-Band, z. B. dem SM 900.

Die EMTEC-Bänder bieten sich deswegen an, weil das die für uns interessantesten Typen sind und weil die Daten mustergültig aufbereitet sind. Sogar die Kopfspaltbreite wird angegeben. Als schlechteres Gegenbeispiel hätte ich dann noch das "Datenblatt" für Quantegy-Typen.


https://tonbandforum.de/bildupload/EMTEC..._Daten.pdf
Michael(F)
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#2
Hier ist die Dokumentation vom LPR35:

https://tonbandforum.de/bildupload/EMTEC..._Daten.pdf
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#3
Eine 'paar' Worte von mir ....

Will man es wirklich so genau machen wie dies einem Amateur möglich ist, erwartet einen eine nicht unerhebliche Aufgabe.
Diese -nachfolgende Liste ist nicht vollständig...- hängt nicht nur von der jeweiligen Bandcharge ab, sondern auch von den Eigenschaften des jeweiligen Bandgerätes (Kopfträgereigenschaften), denen der Köpfe (z. B. Spaltfragen, Induktivität), dem Abstraktionsgrad des Datenblattes (ich drücke das einmal fürnehm aus), der Elektronikperipherie seitens des Bandgerätes (also z. B. die Einstellungweise der Vormagnetisierung via Trimmkondensator, Poti oder sonstwie; Vormagnetisierungsfrequenz etc. pp.), der eigenen Erfahrung mit solcherart Messungen und nicht zuletzt dem vorhandenen Messgerätepark, mit dem zuverlässige Aussagen möglich sein sollten. Was hilft mir die Messung der Vormagnetisierung, wenn ich beim Anlegen eines Millivoltmeters zur Erfassung des Vormagnetisierungsverlaufes den Aufsprechverstärker zum Schwingen anrege oder den Hf-Oszillator verstimme, das aber nicht merke?
Für den Amateur ist also etwas los, wenn er zusehen will, ob die Angaben des Datenblattes auch in seinem Falle genauer zutreffen, die man ja irgendwie mit den Ergebnissen der eigenen Maschine synchronsieren muss.

Nötig sind neben genauer Kenntnis der Elektronik des Bandgerätes (Schaltung eingeschlossen) -wie üblich- Tongenerator (möglichst stabil und klirrarm), Oszilloskop, Hf-Taugliches Millivoltmeter geringer Eingangskapzität und wirklich zuverlässiger Messung im Bereich der Vormagnetisierungsfrequenz. Klirraktormessbrücke, tadellose Spalteinstellung, Maschine möglichst sauber eingemessen, Bandlauf und Köpfe einwandfrei entmagnetisiert.
Weiter: Datenblatt lesen und lesen und lesen, nach Friedrichs altem Testament (Schallspeicherung auf Magnetband, Leverkusen 1975), das für den wirklichen Amateur (=Liebhaber!) durchwegs verstehbar, in den komplexeren Absätzen immerhin nachvollziehbar ist, Kenntnisgrenzen abschleifen. Vor allem sollte man den Durchblick durch die Sachverhalte, ja Prozesse zu erlangen versuchen, die sich hinter bestimmten Begrifflichkeiten verbergen: Empfindlichkeit/sensitivity [S], Höhenaussteuerbarkeit/saturation output level [SOL], Dynamik/maximum output level [MOL], auch Störgeräuschspannungsabstand, Klirrfaktor [k3]/third harmonic distortion [THD]. Dass dabei eigentlich auch noch Normen zu beachten sind, erschwert den professionellen Überblick beim Amateur, vermindert also die Qualität seiner Messungen, weil er diese Normen [subject to change...] nicht im Schrank stehen hat; und wenn doch, so fehlen ihm die diesen Normen entsprechenden Messgeräte. Das Messziel wird also bestenfalls 'quasi' erreicht; dies auch nur dann, wenn man sich wirklich um Durchpeilung bemüht hat.

Meine frühe Situation entsprach hinsichtlich Gerätebesitzes durchaus derjenigen eines engagierten Amateurs, weshalb ich nachfolgend meine 'historischen' Aktivitäten dementsprechend beschreibe:
Man klemmt dann an einer möglichst günstigen Stelle des Hf-Oszillators -das hängt von der Schaltung ab- sein Millivoltmeter an und ermittelt -ohne NF-Beigabe- die Hf-Spannung in Abhängigkeit von der Pot-Einstellung, markiert die Pegel (ich habe das in 3-dB-Abstufungen gemacht) der Hf auf einer geeigneten Papplehre (Deckplatte, Potgehäuse). Bei einer VM-Einstellung über Trimmkondensatoren lässt man am besten vom Unternehmen (genauer Erfassung), weil die Wiederkehrgenauigkeit sehr bescheiden ausfällt. Man drückt nur ein wenig mehr auf den Trimmer und hat schon andere VM-Werte.

Nach dieser Markierungsarbeit, kann man durch Messung an der Stelle von vier, fünf Pot-Positionen (Anfang/Ende, drei in der Mitte) den Klirrfaktorverlauf recht gut erfassen, erkennt, welcher Wert als Klirrfaktorminimum erreichbar ist. Das kann man mit den Angaben des Datenblattes in Beziehung setzen und danach auch die maximalen Ausgangsspannungen und die Höhenaussteuerbarkeit in einem dem originalen Datenblatt vergleichbaren Diagramm nachzuzeichnen versuchen. Die Ermittlung der Gleichfeld- und Vormagnetiserungsrauschabstände [DC-Noise und B-Noise] stellt besondere Anforderungen an die Messtechnik, weshalb man davon die Finger lässt, zumal die im Datenblatt angegebenen Werte vom jeweils eingesetzten Amateurbandgerät (durchwegs ohne Symmetrierpot im Hf-Oszillator) sowieso nicht erreicht werden, weil die Hersteller natürlich professionelles Bandgerätematerial zur Ermittlung ihrer Werte einsetzen.

Man erhält damit die individuelle Kurvenschar des verwendeten Bandes auf dem verwendeten Bandgerät und erkennt, dass die Hersteller durchaus bestrebt sind, ihr Produkt nicht eben unvorteilhaft darzustellen und hie und da grafisch durchaus rundend eingreifen. Dies lässt sich mitunter schon an der Gestalt des Datenblattes selbst nachweisen, denn zwischen den Einzelkurven bestehen ja fixe Beziehungen. Mitunter taucht da etwas auf, was 'so nicht sein' kann.

Zu bedenken ist, dass obige 'Messung' ausschließlich amateurhaften Ansprüchen gerecht wird; die BASF- und AGFA-Bezugsbandler oder J. McKnight in den USA werden die Hände über dem Kopf zusammenschlagen. Uns aber kann dies genügen, weil wir ja dezidiert individuellen Vorstellungen genügen wollen und individuellen Voraussetzungen (Band, Gerät, vorhandene Messtechnik) folgen, keine allgemein gültigen Aussagen machen wollen. Über einige dB hin oder her brauchen wir daher nicht zu streiten; wir wollen nur wissen, wo wir stehen.

Übrigens sind meine Ergebnisse von damals noch heute beispielhaft. Lege ich ein altes Band auf, kommen mir angesichts der Genauigkeit des Messprogrammes (und der beiligenden Protokolle....) ob ihrer 'braven' Perfektion manchmal Tränen romantischer Rührung, denn ich erinnere mich nur zu gut der Mühe, die ich mir damals -mit unzureichendem Messgerät- gegeben habe.

Der oben geschilderte 'Versuch' leitet sehr anschaulich her, dass jeglicher Umgang mit der analogen Magnetbandtechnik tatsächlich und zwangsläufig sehr individuellen Prämissen folgt; es genügt der Tausch nur des Bandes (gleichen Typs!) als eines Parameters, und die Ergebnisse fallen hörbar (!) anders aus. Man bekommt dadurch -hoffentlich- ein Verhältnis zum Problem des Kompromisses, das dem analogen Verfahren allüberall eigen ist. Digitale Technik verschiebt einen schnell und mit interessanten Folgen nach Wolkenkuckucksheim, die Neignung, ja die Fähigkeit zum Kompromiss kommt abhanden, wogegen gerade auch Profis nur[mehr] selten gefeit sind.
Kompromisse gehören aber zum menschlichen Leben, nur Rattenfänger kennen den Stein der Weisen. Auch in der Steuerpolitik.

Hans-Joachim
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