27.08.2015, 19:28
Hier lernt man ja wirklich immernoch was dazu! Daß Mercedes seit der 123er-Serie bei den T-Modellen Hyraulikkugeln an der Hinterachse einsetzt, und das auch noch serienmäßig, war mir völlig neu. Und macht diese Autos gleich nochmal ein Stück sympathischer :-) Bisher kannte ich nur die alten SEL-Versionen mit "Luftfederung", was im Grunde nix Anderes war als die Citroën-Hydropneumatik, halt nur reduziert auf die Federung selbst. Bei Rolls Royce gab es das auch.
Mit den "neuen Mercedes-Modellen mit Luftfederung" meine ich die aktuelle S-Klasse, eventuell auch C-Klasse?, die es wieder optional mit Luftfederung gibt, welche aber meines Wissens nicht mehr nach dem Citroën-Prinzip arbeitet.
Der langsame Niedergang von Citroën begann tatsächlich in den 70er Jahren mit der Übernahme durch Peugeot. Notwendig geworden war dieser Schritt aber nicht wegen schlecht konstruierter Autos - die Massenmodelle waren unproblematisch -, sondern aufgrund von zwei unternehmerischen Fehlern, die zur Geldnot führten: Zum einen verrannte man sich gemeinsam mit NSU in einem Projekt zum Bau von Wankelmotoren, die damals noch nicht ausgereift waren, was zu teuren Rückrufaktionen mit Austauschen der kompletten Autos führte (GS Birotor). Zum anderen hatte man sich mit dem Kauf von Maserati etwas übernommen. Dazu kam noch ein Fall von vermuteter Industriespionage: Anfang-Mitte der 60er hatte Citroën eine damals revolutionäre, kantige Limousine mit Schrägheck in der Entwicklung, welche dann "versehentlich" als Renault 16 auf den Markt kam... es kann aber auch sein, daß die Konstruktion nicht weiter verfolgt wurde und die Pläne ganz ordnungsgemäß an Renault verkauft wurden.
Das letzte von Citroën alleine fertig konstruierte und gebaute Auto war der CX. Und der war wirklich eine grandiose Ingenieursleistung, die selbst nach Ende der Bauzeit den allermeisten Konkurrenzmodellen überlegen war, was aktive Fahrsicherheit, Komfort und Straßenlage betrifft. Natürlich gab es z.B. Sportwagen, die fahrdynamischer waren, aber die Kombination aus den drei Bereichen gab es wohl sonst nirgends. Man kann dem Modell höchstens vorwerfen, daß die Verarbeitungsqualität und der Rostschutz damals leider noch zu schlampig waren. Aber aus technischer Sicht war der CX gut durchdacht. Das fing an bei der obligatorischen Hydropneumatik, die auch eine besondere Lenkungskonstruktion (Diravi) beinhaltete, ging über den schon erwähnten Lenkrollradius null, die vorne breitere Spur als hinten, die Hilfsrahmen-Konstruktion, die sich selbst trocken blasende Heckscheibe bis hin zu den statt Wagenheber mitgelieferten Böcken zum einfachen Räderwechsel mit Hilfe der Hydraulik und dem Fahrerplatz, der konsequent darauf ausgelegt war, daß die Hände immer am Lenkrad bleiben können. Selbst mit der Wartungsfreundlichkeit der Bremsen hatte man ein Einsehen und verlegte sie wieder nach außen, obwohl das einen kleinen technischen Rückschritt gegenüber dem GS bedeutete, wegen größerer ungefederter Massen.
Wir hatten nacheinander einen ID und dann drei CX in der Familie. Den letzten durfte ich noch fahren, als ich gerade Führerschein-Neuling war. Lenken und Bremsen mußte man mit dem Auto tatsächlich erstmal auf einem leeren Parkplatz üben, weil es sich einfach komplett anders anfühlte, die Hochdruckbremse war sehr "bissig". Nach Eingewöhnung war es aber wirklich toll, dieses Schiff zu lenken, und in anderen Autos fühlte man sich irgendwie plötzlich, als müsse man Steinzeittechnik bedienen.
Danach kam ein XM ins Haus, und der war tatsächlich schon voller konstruktiver Kompromisse, damit möglichst viele Teile mit dem Peugeot 605 gemeinsam verwendet werden konnten. Die Diravi-Lenkung gab es nur noch im teuren V6-Modell. Die Vorderachse war an McPherson-Federbeinen aufgehängt, womit wieder ein größerer Lenkrollradius bestand und auch die Spurtreue des CX dahin war. Der Kombi kam ohne verlängerten Radstand. Das Armaturenbrett sah grauslig aus. Und die Federung war härter geworden.
Heute fahren wir neben meinem Liebhaber-Xantia und dem Winter-Volvo auch einen aktuellen C5 mit Hydractive III. Bei dem wurde der Komfort wieder deutlich verbessert, was vor allem mit elektronischer Regelung und zusätlichen Federkugeln erreicht wurde, aber auch mit einer wieder etwas besseren Vorderachskonstruktion. Für lange Strecken wie meine Reisen von Schweden nach Deutschland ermöglicht er sehr entspanntes Fahren. Aber an das geniale Fahrgefühl eines CX kommt auch der nicht mehr heran.
Für die Zukunft hat Citroën angekündigt, keine Autos mehr mit hydraulischer Federung auszurüsten. Damit schaufeln sie sich meiner Meinung nach ihr eigenes Grab. Auf die Brot-und-Butter-Modelle vom C1 bis zum C4 und den Berlingo, die gewiß keine schlechten Autos sind, kann man genauso gut auch gleich ein Peugot-Logo pappen, oder meinetwegen auch "DS", selbst wenn das Blasphemie ist und bleibt :-))
Viele Grüße,
Martin
Mit den "neuen Mercedes-Modellen mit Luftfederung" meine ich die aktuelle S-Klasse, eventuell auch C-Klasse?, die es wieder optional mit Luftfederung gibt, welche aber meines Wissens nicht mehr nach dem Citroën-Prinzip arbeitet.
Der langsame Niedergang von Citroën begann tatsächlich in den 70er Jahren mit der Übernahme durch Peugeot. Notwendig geworden war dieser Schritt aber nicht wegen schlecht konstruierter Autos - die Massenmodelle waren unproblematisch -, sondern aufgrund von zwei unternehmerischen Fehlern, die zur Geldnot führten: Zum einen verrannte man sich gemeinsam mit NSU in einem Projekt zum Bau von Wankelmotoren, die damals noch nicht ausgereift waren, was zu teuren Rückrufaktionen mit Austauschen der kompletten Autos führte (GS Birotor). Zum anderen hatte man sich mit dem Kauf von Maserati etwas übernommen. Dazu kam noch ein Fall von vermuteter Industriespionage: Anfang-Mitte der 60er hatte Citroën eine damals revolutionäre, kantige Limousine mit Schrägheck in der Entwicklung, welche dann "versehentlich" als Renault 16 auf den Markt kam... es kann aber auch sein, daß die Konstruktion nicht weiter verfolgt wurde und die Pläne ganz ordnungsgemäß an Renault verkauft wurden.
Das letzte von Citroën alleine fertig konstruierte und gebaute Auto war der CX. Und der war wirklich eine grandiose Ingenieursleistung, die selbst nach Ende der Bauzeit den allermeisten Konkurrenzmodellen überlegen war, was aktive Fahrsicherheit, Komfort und Straßenlage betrifft. Natürlich gab es z.B. Sportwagen, die fahrdynamischer waren, aber die Kombination aus den drei Bereichen gab es wohl sonst nirgends. Man kann dem Modell höchstens vorwerfen, daß die Verarbeitungsqualität und der Rostschutz damals leider noch zu schlampig waren. Aber aus technischer Sicht war der CX gut durchdacht. Das fing an bei der obligatorischen Hydropneumatik, die auch eine besondere Lenkungskonstruktion (Diravi) beinhaltete, ging über den schon erwähnten Lenkrollradius null, die vorne breitere Spur als hinten, die Hilfsrahmen-Konstruktion, die sich selbst trocken blasende Heckscheibe bis hin zu den statt Wagenheber mitgelieferten Böcken zum einfachen Räderwechsel mit Hilfe der Hydraulik und dem Fahrerplatz, der konsequent darauf ausgelegt war, daß die Hände immer am Lenkrad bleiben können. Selbst mit der Wartungsfreundlichkeit der Bremsen hatte man ein Einsehen und verlegte sie wieder nach außen, obwohl das einen kleinen technischen Rückschritt gegenüber dem GS bedeutete, wegen größerer ungefederter Massen.
Wir hatten nacheinander einen ID und dann drei CX in der Familie. Den letzten durfte ich noch fahren, als ich gerade Führerschein-Neuling war. Lenken und Bremsen mußte man mit dem Auto tatsächlich erstmal auf einem leeren Parkplatz üben, weil es sich einfach komplett anders anfühlte, die Hochdruckbremse war sehr "bissig". Nach Eingewöhnung war es aber wirklich toll, dieses Schiff zu lenken, und in anderen Autos fühlte man sich irgendwie plötzlich, als müsse man Steinzeittechnik bedienen.
Danach kam ein XM ins Haus, und der war tatsächlich schon voller konstruktiver Kompromisse, damit möglichst viele Teile mit dem Peugeot 605 gemeinsam verwendet werden konnten. Die Diravi-Lenkung gab es nur noch im teuren V6-Modell. Die Vorderachse war an McPherson-Federbeinen aufgehängt, womit wieder ein größerer Lenkrollradius bestand und auch die Spurtreue des CX dahin war. Der Kombi kam ohne verlängerten Radstand. Das Armaturenbrett sah grauslig aus. Und die Federung war härter geworden.
Heute fahren wir neben meinem Liebhaber-Xantia und dem Winter-Volvo auch einen aktuellen C5 mit Hydractive III. Bei dem wurde der Komfort wieder deutlich verbessert, was vor allem mit elektronischer Regelung und zusätlichen Federkugeln erreicht wurde, aber auch mit einer wieder etwas besseren Vorderachskonstruktion. Für lange Strecken wie meine Reisen von Schweden nach Deutschland ermöglicht er sehr entspanntes Fahren. Aber an das geniale Fahrgefühl eines CX kommt auch der nicht mehr heran.
Für die Zukunft hat Citroën angekündigt, keine Autos mehr mit hydraulischer Federung auszurüsten. Damit schaufeln sie sich meiner Meinung nach ihr eigenes Grab. Auf die Brot-und-Butter-Modelle vom C1 bis zum C4 und den Berlingo, die gewiß keine schlechten Autos sind, kann man genauso gut auch gleich ein Peugot-Logo pappen, oder meinetwegen auch "DS", selbst wenn das Blasphemie ist und bleibt :-))
Viele Grüße,
Martin