06.01.2023, 14:59
Für ein vorhandenes Laufwerk soll ein Wiedergabeverstärker gebaut werden.
Ein TB-Wiedergabeverstärker hat 3 Entzerrungen zu leisten:
1. Die omega-Kompensation
Der omega-Gang ist die lt. Induktionsgesetz proportional mit der Frequenz ansteigende Induktionsspannung.
2. Die Kopf-Entzerrung
Das Band-Kopf-System weist eine mit der Frequenz ansteigende Dämpfung auf. Diese hängt wesentlich von der Kopfspaltbreite und der Bandgeschwindigkeit ab.
3. Die Norm-Entzerrung
Das ist die Kompensation der nach NAB bzw. IEC genormten Frequenzgänge bei der Aufzeichnung.
In dem Projekt sollen die Entzerrungen weitestgehend unabhängig umgesetzt werden. (Bei kommerziellen Geräten geht das i. d. R. ineinander über.) Deshalb bestand die Aufgabe, eine reine Norm-Entzerrung zu realisieren.
Die Norm-“Verzerrungen“ bei Aufnahme entsprechen im Frequenzgang dem einfacher RC-Glieder. Deshalb sind auch bei der Norm-Entzerrung einfache RC-Glieder ausreichend, um eine theoretisch fehlerfreie Entzerrung zu erzielen. Dies ist im Prinzip so einfach, dass es schon langweilig ist. Beim konkreten Entwurf bin ich aber doch über ein paar Details gestolpert und deshalb stelle ich das hier mal vor – vom Urschleim bis zum letzten Detail.
Bei der Norm-Entzerrung fällt die omega-Kompensation mit ab, sie ließe sich schwer vermeiden. Bei den beschriebenen Frequenzgängen wird die omega-Kompensation deshalb ausgeblendet.
Folgende Normen sollen entzerrt werden durch:
Norm Höhenanhebung Tiefenabsenkung
NAB 9,525 90µs 1768Hz 3180µs 50Hz
NAB 19,05 50µs 3181Hz 3180µs 50Hz
IEC 19,05 70µs 2274Hz
NAB 38,1 50µs 3181Hz
IEC 38,1 35µs 4547Hz
Die Höhenanhebung wird realisiert in der Gegenkopplung als eine Reihenschaltung von R und C, die Tiefenabsenkung als eine Parallelschaltung. Die jeweilige Zeitkonstante errechnet sich ganz einfach als τ = R • C.
Also z.B. 3180µs = 31,8kΩ • 100nF, 90µs = 900Ω • 100nF.
Hier gleich erst mal die fertige Schaltung:
Die Schaltung soll möglichst niederohmig sein, deshalb soll Ctau möglichst groß gewählt werden. Da Ctau hochwertig und genau sein muss, wurde ein Wert von 100nF gewählt. Den gibt es mit Toleranz 5%. Das genügt für Fehler ≤ ±0,5dB.
Wenn man nun z. B. die Zeitkonstante 90µs sucht, schaut man natürlich zuerst auf Ctau und R90a/b. Müsste letzterer nicht 900Ω haben? Dachte ich auch mal. Aber in Reihe zu Ctau liegt auch noch Rgain. Und zusammen sind es dann 900Ω.
Bei R70 und R50 muss man bedenken, dass R90 jeweils parallel liegt. Das ist Absicht, damit beim Umschalten die Gegenkopplungsschleife immer geschlossen bleibt.
Bei R3180 liegt Rdc parallel.
R35 ist gleich 0, die Zeitkonstante wird allein durch Rgain gebildet. Warum?
Das hatte ich ursprünglich überhaupt nicht auf dem Schirm. Der Frequenzgang ließe sich auch mit jedem kleineren Wert für Rgain erreichen. (R35 bis R90 müssten dann natürlich angepasst werden.) Aber umso kleiner Rgain, desto größer wird die Verstärkung. Und jetzt kommt doch noch mal der omega-Gang ins Spiel. 20Hz bis 20kHz bilden ein Verhältnis von 1:1000. Diesen Faktor besitzt auch die induzierte Spannung. Das sind 60dB, die kompensiert werden müssen. Da negative Verstärkung nicht möglich ist, bräuchte der OpAmp eine Verstärkung von 60dB im Maximum! Das ist schon recht viel. Für optimale Parameter strebe ich Verstärkungen von nicht viel mehr als 40dB an. Man sollte also jede nicht nötige Verstärkung vermeiden.
Wozu wird Rdc gebraucht?
Bei den IEC-Normen wäre ohne ihn und ohne R1380 die DC-Gegenkopplung durch Ctau unterbrochen, was zu unkontrolliertem Verhalten führen würde. Um unnötig hohe Verstärkungen bei tiefsten Frequenzen zu vermeiden, aber den NF-Bereich möglichst wenig einzuschränken, ist Rdc so dimensioniert, dass bei 20 Hz eine Dämpfung von 0,5dB vorliegt.
Welche Toleranzen bei den Komponenten sind für eine hohe Genauigkeit erforderlich?
Im dimensionierten Verstärker werden Widerstände aus der E48-Reihe eingesetzt, die z. T. von den optimalen Werten abweichen. Der Fehler im Frequenzgang bleibt aber immer unter ±0,1dB. Wenn Ctau 5% Fehler hat, bleibt man noch unter ±0,5dB.
Jetzt wollen wir aber langsam das Ergebnis sehen, am Beispiel von NAB 19:
Der Frequenzgang des Entzerrers (ohne omega-Kompensation):
Die Entzerrung von NAB 19 (BB19H):
Der Verstärkungsgang bei NAB 19 (incl. omega-Kompensation):
Dank der Zeitkonstanten bleibt V deutlich unter 60dB. Jedenfalls gut, jedes weitere dB zu vermeiden.
Zu guter Letzt müssen wir überprüfen, ob der OpAmp das niederohmige Netzwerk (350Ω) auch treiben kann. Vorgesehen ist ein NE5532. Dieser kann min. 10mA, typ. 38mA treiben. ±20mA an 350Ω wären ±7V. Das wäre ein Sinus von 5Veff. Viel Luft ist da nicht, aber es reicht.
Wer es nicht so niederohmig braucht, kann deshalb Ctau auf 10nF verkleinern und alle Rs mit 10 multiplizieren.
Und wer IEC 38 nicht braucht, kann R50_ von 205Ω auf 0Ω verkleinern, diese 205Ω ebenfalls von R70_ und R90 abziehen und zu Rgain addieren.
So, viel mehr fällt mir zu dem Thema nicht ein. Ich versuche mich gerade an der Kopf-Entzerrung. Das ist kniffliger und damit spannender.
So long
Frank
Ein TB-Wiedergabeverstärker hat 3 Entzerrungen zu leisten:
1. Die omega-Kompensation
Der omega-Gang ist die lt. Induktionsgesetz proportional mit der Frequenz ansteigende Induktionsspannung.
2. Die Kopf-Entzerrung
Das Band-Kopf-System weist eine mit der Frequenz ansteigende Dämpfung auf. Diese hängt wesentlich von der Kopfspaltbreite und der Bandgeschwindigkeit ab.
3. Die Norm-Entzerrung
Das ist die Kompensation der nach NAB bzw. IEC genormten Frequenzgänge bei der Aufzeichnung.
In dem Projekt sollen die Entzerrungen weitestgehend unabhängig umgesetzt werden. (Bei kommerziellen Geräten geht das i. d. R. ineinander über.) Deshalb bestand die Aufgabe, eine reine Norm-Entzerrung zu realisieren.
Die Norm-“Verzerrungen“ bei Aufnahme entsprechen im Frequenzgang dem einfacher RC-Glieder. Deshalb sind auch bei der Norm-Entzerrung einfache RC-Glieder ausreichend, um eine theoretisch fehlerfreie Entzerrung zu erzielen. Dies ist im Prinzip so einfach, dass es schon langweilig ist. Beim konkreten Entwurf bin ich aber doch über ein paar Details gestolpert und deshalb stelle ich das hier mal vor – vom Urschleim bis zum letzten Detail.
Bei der Norm-Entzerrung fällt die omega-Kompensation mit ab, sie ließe sich schwer vermeiden. Bei den beschriebenen Frequenzgängen wird die omega-Kompensation deshalb ausgeblendet.
Folgende Normen sollen entzerrt werden durch:
Norm Höhenanhebung Tiefenabsenkung
NAB 9,525 90µs 1768Hz 3180µs 50Hz
NAB 19,05 50µs 3181Hz 3180µs 50Hz
IEC 19,05 70µs 2274Hz
NAB 38,1 50µs 3181Hz
IEC 38,1 35µs 4547Hz
Die Höhenanhebung wird realisiert in der Gegenkopplung als eine Reihenschaltung von R und C, die Tiefenabsenkung als eine Parallelschaltung. Die jeweilige Zeitkonstante errechnet sich ganz einfach als τ = R • C.
Also z.B. 3180µs = 31,8kΩ • 100nF, 90µs = 900Ω • 100nF.
Hier gleich erst mal die fertige Schaltung:
Die Schaltung soll möglichst niederohmig sein, deshalb soll Ctau möglichst groß gewählt werden. Da Ctau hochwertig und genau sein muss, wurde ein Wert von 100nF gewählt. Den gibt es mit Toleranz 5%. Das genügt für Fehler ≤ ±0,5dB.
Wenn man nun z. B. die Zeitkonstante 90µs sucht, schaut man natürlich zuerst auf Ctau und R90a/b. Müsste letzterer nicht 900Ω haben? Dachte ich auch mal. Aber in Reihe zu Ctau liegt auch noch Rgain. Und zusammen sind es dann 900Ω.
Bei R70 und R50 muss man bedenken, dass R90 jeweils parallel liegt. Das ist Absicht, damit beim Umschalten die Gegenkopplungsschleife immer geschlossen bleibt.
Bei R3180 liegt Rdc parallel.
R35 ist gleich 0, die Zeitkonstante wird allein durch Rgain gebildet. Warum?
Das hatte ich ursprünglich überhaupt nicht auf dem Schirm. Der Frequenzgang ließe sich auch mit jedem kleineren Wert für Rgain erreichen. (R35 bis R90 müssten dann natürlich angepasst werden.) Aber umso kleiner Rgain, desto größer wird die Verstärkung. Und jetzt kommt doch noch mal der omega-Gang ins Spiel. 20Hz bis 20kHz bilden ein Verhältnis von 1:1000. Diesen Faktor besitzt auch die induzierte Spannung. Das sind 60dB, die kompensiert werden müssen. Da negative Verstärkung nicht möglich ist, bräuchte der OpAmp eine Verstärkung von 60dB im Maximum! Das ist schon recht viel. Für optimale Parameter strebe ich Verstärkungen von nicht viel mehr als 40dB an. Man sollte also jede nicht nötige Verstärkung vermeiden.
Wozu wird Rdc gebraucht?
Bei den IEC-Normen wäre ohne ihn und ohne R1380 die DC-Gegenkopplung durch Ctau unterbrochen, was zu unkontrolliertem Verhalten führen würde. Um unnötig hohe Verstärkungen bei tiefsten Frequenzen zu vermeiden, aber den NF-Bereich möglichst wenig einzuschränken, ist Rdc so dimensioniert, dass bei 20 Hz eine Dämpfung von 0,5dB vorliegt.
Welche Toleranzen bei den Komponenten sind für eine hohe Genauigkeit erforderlich?
Im dimensionierten Verstärker werden Widerstände aus der E48-Reihe eingesetzt, die z. T. von den optimalen Werten abweichen. Der Fehler im Frequenzgang bleibt aber immer unter ±0,1dB. Wenn Ctau 5% Fehler hat, bleibt man noch unter ±0,5dB.
Jetzt wollen wir aber langsam das Ergebnis sehen, am Beispiel von NAB 19:
Der Frequenzgang des Entzerrers (ohne omega-Kompensation):
Die Entzerrung von NAB 19 (BB19H):
Der Verstärkungsgang bei NAB 19 (incl. omega-Kompensation):
Dank der Zeitkonstanten bleibt V deutlich unter 60dB. Jedenfalls gut, jedes weitere dB zu vermeiden.
Zu guter Letzt müssen wir überprüfen, ob der OpAmp das niederohmige Netzwerk (350Ω) auch treiben kann. Vorgesehen ist ein NE5532. Dieser kann min. 10mA, typ. 38mA treiben. ±20mA an 350Ω wären ±7V. Das wäre ein Sinus von 5Veff. Viel Luft ist da nicht, aber es reicht.
Wer es nicht so niederohmig braucht, kann deshalb Ctau auf 10nF verkleinern und alle Rs mit 10 multiplizieren.
Und wer IEC 38 nicht braucht, kann R50_ von 205Ω auf 0Ω verkleinern, diese 205Ω ebenfalls von R70_ und R90 abziehen und zu Rgain addieren.
So, viel mehr fällt mir zu dem Thema nicht ein. Ich versuche mich gerade an der Kopf-Entzerrung. Das ist kniffliger und damit spannender.
So long
Frank
In Rust We Trust!
T e s l a B 1 1 6 (A.D.), R E V O X B 7 7
T e s l a B 1 1 6 (A.D.), R E V O X B 7 7