Elcaset-Impressionen
#1
(ob das Thema in dieses Forum gehört? - es sitzt zwischen zwei Stühlen...)

2016 habe ich mir im Zuge einer Vortragsreise aus Darmstadt ein über die (ebay) Kleinanzeigen günstig angebotenes Wega E-4950, also die schwarze Version des Sony EL-7 geholt, dazu einige Kassetten (alles SLH60 und SLH90-Rostbänder), inzwischen auch zunächst einige FeCr60 und FeCr90, und dann vergangenes Wochenende gleich mehrere Kartons, darunter mit originalverpackten FeCr60...

Das Gerät selbst stand zunächst einige Jahre im Abseits und wurde dann erst im Zuge eines Umbaus der Anlage an diese angeschlossen - es steht auf einem Eumig FL-1000 µP und trägt ein Sony TC-K75, hat seinen Platz also inmitten von Compact-Cassettendecks der nächsten Generation (die es eigentlich ersetzen sollte).  

Das Deck ist mit drei Köpfen und zwei Motoren ausgestattet und ermöglicht so eine Hinterbandkontrolle. Dolby B und ein MPX-Filter können eingeschaltet werden.

Der Klang ist erstklassig, bei den Radiomitschnitten und auch bei den überspielten Platten (so gut eben der Plattenspieler war). Weder die Rostbänder noch die FeCr-Edelbänder rauschen wirklich hörbar, auch ohne Dolby.

In der Praxis erweist sich das System aber weniger flexibel als die Compact Cassette mit ihren erweiterten Spieldauern von 100, 110 oder gar 120 min - letzteres sicher nur eine Notlösung, aber was sollte man bei Radiosendungen mit 55 oder 60 min sonst nehmen? Autoreverse oder Quickreverse gab es beim Elcaset auch nicht.

In Japan soll es sogar vorbespielte Elcassetten gegeben haben.

Fazit: ein ziemlich unnützes Spielzeug, das man trotzdem nicht hergeben wird.
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#2
Ja, finde ich schon, daß das hier her gehört. 
Hat mich zumindest neugierig gemacht mir mal ein wenig Lesefutter zu dem Medium durchzulesen. Kannte ich bislang nur von der Bezeichnung. 

Schön zu hören, daß Du da auch noch ein Eumig stehen hast. Läuft das noch gut?
Gruß, Kuni
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http://kuni.bplaced.net/
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#3
Elcaset fand ich zu meinen begeisterten Tonbandzeiten in den 1990ern auch immer interessant, aber irgendwie hat es sich nie ergeben, daß ich eins gekauft habe. Am nächsten dran war ich ebenfalls bei einem Wega E-4950 aus dem Revier-Markt (die Ruhrgebiets-Ausgabe des "Annoncen Avis"), das mir eigentlich schon zugesagt war, aber dann kurzfristig anderweitig vergeben wurde. Vielleicht hätte ich nicht schon am Telefon versuchen sollen, den Preis zu drücken. Smile Veranschlagt waren, wenn ich mich richtig erinnere, 220 DM, mein Limit lag bei 150. Heute zahlt man wahrscheinlich viel mehr.

Ist das Bandmaterial eigentlich identisch zu normalem 1/4"-Spulenband? Und gab es die Kassetten auch von anderen Herstellern als Sony? In Internet sind auch Bilder von Wega-, Technics- und Hitachi-gelabelten Kassetten zu sehen, aber bei ersten ist absehbar, daß sie von Sony kommen. Haben Technics und Hitachi selbst Kassetten hergestellt?

Vorbespielte Elcasets gab es übrigens tatsächlich:

https://www.reddit.com/r/retrotech/comme...usty_nutz/
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#4
Bei genau dieser vorbespielten handelt es sich allerdings um eine relativ aktuelle Veröffentlichung ("1 yr. ago"), also haben sich da ein paar Musiker einen Witz erlaubt. Es gibt ja auch hin und wieder mal neue Alben auf 8-Track-Cartridge... wobei diese sogar noch auf zwei- bis knapp dreistellige Stückzahlen pro Titel kommen könnten. Beim Elcaset-Format habe ich da eher Zweifel.
Edit: Das Album gibt es noch in einer Vielzahl von lustigen Formaten, bis hin zur RCA Cartridge und zur Zip-Diskette: https://lavendersweep.bandcamp.com/album...mething-is

Das Band ist insoweit identisch mit 1/4"-Spulenband, daß es mechanisch austauschbar ist. Andreas und ich haben mal ein paar Elcasetten näher untersucht und wir denken, daß die LC-60 Dreifachspielband beinhalten, und die LC-90 ein dünneres Material, das es auf Spulen nicht gab. Rückseitenbeschichtung ist keine vorhanden. Ob die Magnetschicht identisch zu den Sony-Spulenbändern SLH und FeCr ist? Mag sein, wahrscheinlich aber dünner, damit es besser zur Geschwindigkeit 9,5 cm/s paßt. Die Heim-Spulenbänder dieser Qualitätsklasse waren ja eher auf 19 cm/s optimiert.

Obwohl es sich bei Elcaset um Viertelspur-Geräte handelt, sieht es beim Betrachten der Tonköpfe so aus, daß die Spurlage nicht zu Viertelspur Stereo bei Spulenbändern kompatibel ist. Vielmehr sind bei der Elcaset die beiden Spuren einer Laufrichtung nebeneinander angeordnet, wie bei der Compact Cassette auch.

Viele Grüße,
Martin
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#5
(08.10.2023, 08:12)Kirunavaara schrieb: Bei genau dieser vorbespielten handelt es sich allerdings um eine relativ aktuelle Veröffentlichung ("1 yr. ago"), also haben sich da ein paar Musiker einen Witz erlaubt.

Oh ja - jetzt sehe ich es auch. Wer macht denn sowas? Smile (Na ja, andererseits wird ja von einigen Nostalgikern auch noch Software für den Commodore 16 und den Schneider CPC entwickelt, warum also nicht auch vorbespielte Elcasets?)

Hier ist noch eine. Wie darf man "The first ever commercial release on Elcaset" verstehen? Die erste kommerziell vorbespielte Elcaset überhaupt? Das würde der Annahme widersprechen, daß es schon zu den den kurzen Hochzeiten des Systems in den 1970ern welche gab.
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#6
Elcaset waren auf alle Fälle auch von Wega erhältlich. Dabei handelte es sich aber um umgelabelte Sony Geräte. Bei Wega zu dieser Zeit handelte es sich bekanntlich um eine Sony Tochter.

Dann waren auch Geräte von Technics, Teak und JVC erhältlich. Andere sind mir nicht bekannt, aber das hat nichts zu sagen. Inwieweit in den eben gennaten dann Sony Technik steckte ist mir auch nicht bekannt.
Viele Grüße
Michael
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#7
Die genannten Firmen hatten eigenständige Entwicklungen und keine SONY-Technik verbaut.

Die weiter oben angesprochenen HITACHI-Cassetten hatten natürlich Bandmaterial der Konzerntochter MAXELL verbaut.
Das Bandmaterial könnte identisch zum Offenspulband UD 18 oder 25 sein. 

Gruß, Frank
Hau wech, den Schiet - aber sech mir, wohin


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#8
(08.10.2023, 10:15)Adler23 schrieb: Dann waren auch Geräte von Technics, Teak und JVC erhältlich. Andere sind mir nicht bekannt

Lo-D gab's auch noch, wurde baugleich angeblich auch als Hitachi vertrieben.

https://reel-reel.com/elcaset/lo-d-d-9000/

(08.10.2023, 12:22)moxx schrieb: Die weiter oben angesprochenen HITACHI-Cassetten hatten natürlich Bandmaterial der Konzerntochter MAXELL verbaut.

OK, der Verdacht lag natürlich nahe, aber sicher war ich mir nicht. Ich hätte mir angesichts der geringen Stückzahlen (zumal Sony/Wega ja scheinbar sowohl bei Decks als auch bei Kassetten haushoher Marktführer war) auch vorstellen können, daß sie einfach Sony-Kassetten unter eigenem Namen vertrieben haben.
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#9
Bei Discogs stößt man auf vorbespielte Elcassetten, mit Pop und Klassik.

https://www.discogs.com/search/?q=elcase...ecade=1970

Von 220 DM (!) für ein gebrauchtes Gerät der Spitzenklasse ist man heute weit entfernt. Interessanterweise war aber bei dem Elcassetten-Konvolut nichts vom dazugehörigen Gerät zu sehen, was vermuten läßt, daß dieses vielleicht schon kaputt gegangen war.

Das Hitachi-Lo D-Deck ist auch ein Sony EL-7. Es wurde sogar ein Prototyp eines EL-9 mit Flüssigkristallanzeige präsentiert.

Aus den offenbar nur zur analogen Datenspeicherung erhältlichen Typ III-Elcasetten (entspricht Typ II bei der Compact Cassette) soll das EE-Tonband hervorgegangen sein.

(08.10.2023, 07:15)Kuni schrieb: Ja, finde ich schon, daß das hier her gehört. 
Hat mich zumindest neugierig gemacht mir mal ein wenig Lesefutter zu dem Medium durchzulesen. Kannte ich bislang nur von der Bezeichnung. 

Schön zu hören, daß Du da auch noch ein Eumig stehen hast. Läuft das noch gut?

Der Eumig ist eigentlich recht brav, spielt in der HighCom-Version doch auch Dolby B-Kassetten ab und entfaltet einen mächtigen Klang. Der Gleichlauf war aber mangels eines Schwungrades im Test gar nicht so gut.
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#10
(08.10.2023, 14:31)Heinz Anderle schrieb: Von 220 DM (!) für ein gebrauchtes Gerät der Spitzenklasse ist man heute weit entfernt.

Ich hab's schon befürchtet. Damals wollte ich in das System aber nicht viel Geld investieren, weil ich es wegen der eher schlechten Verfügbarkeit der Medien als Spielerei gesehen und als Schüler oder Zivi auch nicht über große finanzielle Mittel verfügt habe.

Von den einfacheren Geräten wurde mir damals von den bekannten Tonband-Experten abgeraten. Die hatten Einmotorenlaufwerke, die angeblich nicht zuverlässig funktionierten.
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#11
[quote="Heinz Anderle" pid="351473"
Der Gleichlauf war aber mangels eines Schwungrades im Test gar nicht so gut.
[/quote]
Wie schlimm?
Wenn die GA noch gut ist, dann ist vermutlich der Gummi am Capstan hart. Evtl auch die Optik von der Geschwindigkeitsregelung verdreckt oder dejustiert
Gruß, Kuni
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http://kuni.bplaced.net/
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#12
(08.10.2023, 20:58)Kuni schrieb: [quote="Heinz Anderle" pid="351473"
Der Gleichlauf war aber mangels eines Schwungrades im Test gar nicht so gut.
Wie schlimm?
Wenn die GA noch gut ist, dann ist vermutlich der Gummi am Capstan hart. Evtl auch die Optik von der Geschwindigkeitsregelung verdreckt oder dejustiert
[/quote]

Das Gerät selbst ist Ordnung, aber der Eumig hat die schon im Metropolitan eingeführte optoelektronische Drehzahlregelung über eine Schlitzscheibe ohne Schwungrad. Daten aus den Tests von 1980 werden nachgeliefert!
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#13
Genau, daher dürfte der Gleichlauf nicht schlecht sein, wenn alles in Ordnung ist.
Gruß, Kuni
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#14
Heinz Anderle schrieb:Daten aus den Tests von 1980 ...

Siehe Downloadbereich / Zeitschriften / H... Shy
Edit: für Elcaset unter Zeitschriften / S...

Schöne Grüße
Frank
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#15
Wäre es möglich, dass du uns Bilder von deinem Gerät und den Kassetten bereitstellst.
Ein tolles System, von dem ich außer vom Youtuber "Techmoan" noch nicht viel gesehen habe.

Würde mich freuen.
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#16
(09.10.2023, 11:51)Micha94 schrieb: Ein tolles System, von dem ich außer vom Youtuber "Techmoan" noch nicht viel gesehen habe.

Hier übrigens das Video - ich kenne das System auch erst, seitdem ich's beim Techmoan gesehen habe:



Und auch hier scheint er eine Elcaset vorzustellen...

https://www.youtube.com/watch?v=lVyanU3GgG8
Viele Grüße aus dem schönen Bayern
Alex
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#17
Fiel mir gestern so auf: Kann es sein, daß der Wikipedia-Artikel zu Elcaset zwei Fehler enthält?

1) "Die japanischen Hersteller Aiwa, Akai, JVC und Marantz sollen seinerzeit ebenfalls Interesse am Elcaset-Format bekundet haben; zu entsprechenden Geräten kam es aber nicht."

Aber Elcaset-Decks von JVC gab es doch...? (Siehe hier.)

2) "Die Recorder sind für Eisenoxid-, Chromdioxid- und Ferrochrom-Cassetten geeignet. Tatsächlich angeboten wurden aber nur Eisenoxid- und Ferrochrom-Bänder."

Wenn man bei dem obigen Link etwas nach unten scrollt, findet man ein Bild von drei Elcaset-Medien von Technics, von denen eins (RT-60XALC) laut Beschreibung Chromdioxid-Band enthält.
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#18
Die Technics-Elcassetten wurden wahrscheinlich auch von Sony hergestellt. Der eigentliche Hauslieferant TDK hatte zu der Zeit kein Chromdioxid-Band mehr in der Herstellung (seit Ablösung der Compact-Cassette KR durch die SA 1975), und Ferrochrom sowieso nie, das stellte in Japan nur Sony her.

Bei der Einführung neuer Medienformate war es ja nicht unüblich, daß einer oder ein paar wenige Hersteller auch die komplette Konkurrenz belieferten, bis sich das System etabliert hatte. DCC kam ja auch nie richtig in Fahrt, und sämtliches Bandmaterial dafür soll von BASF stammen.

Viele Grüße,
Martin
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#19
(09.10.2023, 22:03)Kirunavaara schrieb: Die Technics-Elcassetten wurden wahrscheinlich auch von Sony hergestellt. Der eigentliche Hauslieferant TDK hatte zu der Zeit kein Chromdioxid-Band mehr in der Herstellung (seit Ablösung der Compact-Cassette KR durch die SA 1975), und Ferrochrom sowieso nie, das stellte in Japan nur Sony her.

Ich hatte mich von vornherein gefragt, ob Chromdioxid hier nicht als Synonym für "Typ II" verwendet wurde und somit auch FeCo-Band bedeuten kann. So penibel wie wir hier im Forum sind ja die wenigsten. Smile
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#20
Witzig auch, dass bei Elcaset FeCr-Band Typ II darstellt und CrO2-Band Typ III, genau andersrum ggü. der CC.
CrO2-ElCasetten habe ich in freier Wildbahn noch nie gesehen.
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