Tonbandkennlinien - Bitte um fachkundigen, sachlichen Rat/Bestätigung/Korrektur o.ä.
#1
Hallo,

zuerst zum Hintergrund dieser Frage. Die Maschine ist eine Akai GX210D:
  • nahezu kein Zugriff auf das EQing (außer einem einfachen Tape-Selector Schalter für mehr/weniger Höhen/Hochmitten)
  • erzielbares Ergebnis ist daher durch den Bandtyp und dessen Biasing geprägt
  • Biasing Möglchkeiten der Maschine sind eingeschränkt
Auf der Suche nach für meinen Geschmack optimale Bandtypen bin ich über Einiges gestolpert, das hier dargestellt wird, verknüpft mit der Bitte an die Fachkundigen, das einmal anzuschauen und sich ggf. zu äußern:
  • welche Schlussfolgerungen sind richtig, welche sind falsch oder nicht vollständig
  • ist die Betrachtungsperspektive sinnvoll, oder sollte man anders oder einfacher darauf schauen
  • Antworten auf gestellte Fragen
Konkret: Ich habe zwei verschiedene Bandtypen. Deren für diese Frage relevanten Kennlinien sind in der folgenden Grafik vergleichsfähig nebeneinander dargestellt (auf die im Kasten rechts dargestellten Diagramme gehe ich weiter unten ein). Das linke Band kann die Maschine nicht mehr vernünftig biasen. Das rechte Band funktioniert gut. Da ich noch auf der Suche bin, hoffe ich anhand von Kennlinien bereits Bänder ausschließen zu können, für die diese Maschine nicht geeignet ist (bzw. umgekehrt).


   


Die gesamte Fragestellung kommt auf mehrere Posts verteilt. Aber first-things-first:

Frage 1: Wie kann man den absoluten Pegel des notwendigen Biasing erkennen?

Ich weiß jetzt, dass die Maschine einen Bias-Pegel noch schafft, der für das rechte Band mit +2dB angegeben ist. Aber das ist eine relative Angabe, bezogen auf den 0dB Bias-Pegel der Kennlinien des rechten Bandes, der aber etwas anderes zu bedeuten scheint, als der 0dB Bias-Pegel der Kennlinien des linken Bandes.

Meine Vermutung (aber bloß eine solche): Für das rechte Band ist -umgerechnet- "Meßbedingung 320nWb/m" angegeben und für das linke Band ist ein RB_IEC Bias-Pegel als vertikale Linie eingezeichnet, der einen "IEC reference bias 320nWb/m" darstellen soll. Kann man diese beiden Angaben gleichsetzen? Ist also der 0dB Bias-Pegel des Diagrammes des rechten Bandes der gleiche, wie ein ca. -1,75dB Bias-Pegel des Diagrammes des linken Bandes?

Finn

(Weitere Fragen folgen in den nächsten Posts.)
Zitieren
#2
(... und weiter ...)

Frage 2: nWb/m versus dB ?

Ist es überhaupt korrekt, aufgrund o.g. Angabe "IEC reference bias 320nWb/m" zu vermuten, dass der Bias-Pegel in nWb/m definiert wird? Oder bedeutet diese Angabe eher so etwas wie "dieses wäre der Bias-Pegel, der für ein 320nWb/m IEC Referenzband zu verwenden wäre"?

Das jedenfalls könnte jemand denken, der sich gerade erst in die Thematik einarbeitet (so wie ich), da schließlich die Einheit nWb/m in den Kennlinien nicht an der x-Achse/Abszisse für den Bias-Pegel eingetragen ist, sondern an der y-Achse/Ordinate. Zudem ist beim linken Band dem 0dB Punkt der Ordinate gegenüber der Wert 320 [nWb/m] zugeordnet.

Wenn jedoch die direkte Zuordnung aus o.g. Frage 1 falsch wäre, dann hätte man weiterhin keine absolute Angabe des Bias-Pegels. Also bliebe die Frage offen, wie man die Kennlinien verschiedener Bänder bezüglich des absoluten(!) Bias-Pegels vergleichen kann. Oder umgangssprachlich: "Wieviel Bias braucht das Band? Und schafft Maschine xyz das überhaupt noch?"

Finn

(Weitere Fragen folgen in den nächsten Posts.)
Zitieren
#3
(... und weiter ...)

Frage 3: Biasing auf Norm versus minimalem K3 versus Hersteller-Empfehlung ?

Datenblätter/Diagramme beider Bänder stellen mehrere Biasing-Optionen nach der Delta-E/S-10kHz Methode dar. (englisch "Sensitivity" versus deutsch "Empfindlichkeit", also Delta-S-10kHz bedeutungsgleich Delta-E-10kHz, richtig?)

1) Biasing auf eine Norm

Im Datenblatt für das rechte Band steht die Angabe "Delta-E-10kHz (Arbeitspunkt nach DIN) = 3 dB". An dem Punkt, an dem der 10kHz Wiedergabepegel um 3 dB zurückgegangen wäre:
  • schneidet die 10kHz Kennlinie auffälligerweise genau die 0 dB Vertikale der Bias x-Achse/Abszisse
  • bei 0 dB Bias würde der K3 Wert entsprechend der links von der y-Achse/Ordinate angegebenen K3 Skala nicht etwa 3%, sondern ca. 0,9% betragen
Was also ist dieser "Arbeitspunkt nach DIN" bzw. wie ist dieser definiert? Ist das vielleicht eine Norm, die in den damaligen Rundfunktagen verbindlich war, aber für Anwendungen außerhalb solcher genormten Umfelder zwar gut zu kennen, aber nicht unbedingt bedeutungsvoll ist?

Und wie hat man die links angegebene K3 Skala zu verstehen, wenn K3 von mehreren Veränderlichen abhängt (Bias-Pegel, Nutzsignal-Pegel und beides zusätzlich frequenzabhängig)?

2) Biasing auf minimalen K3

In dem Diagramm des rechten Bandes steht an der x-Achse/Abszisse beim +2 dB Bias-Pegel die Angabe "i_vA". Diese bezeichnet laut Datenblatt den "empfohlenen Arbeitspunkt relativ zu Arbeitspunkt des DIN-Bezugsband-Leerteils". Auffällig (zumindest für mich) ist, dass genau bei +2 dB Bias-Pegel das Minimum der K3 Kurve liegt.

Kann man also diese "i_vA" Angabe so verstehen, dass der Hersteller empfiehlt, dieses Band so zu biasen, dass minimal möglicher K3 gewährleistet ist. Und dass dieses einen um 2 dB höheren Bias-Pegel erfordern würde, als man für das genormte Biasing eines DIN-Bezugsbandes nutzen würde?

Ist es außerhalb eines an Normen gebundenen Umfeldes korrekt, dass es ausreicht zu erkennen, dass dieser Bias-Pegel für minimal möglichen K3 nach der Delta-E-10kHz Methode bei ca. 5 dB erreicht wäre, also an dem Punkt, an dem der 10kHz Wiedergabepegel um ca. 5 dB zurückgegangen wäre?

3) Biasing auf Hersteller-Empfehlung

Auch in dem Diagramm des linken Bandes ist ein als "Rec. Bias" (Recommended Bias) bezeichneter Bias-Pegel empfohlen, und zwar nach der Delta-S(bzw. E)-10kHz Methode bei 6,5 dB. An dem Punkt, an dem der 10kHz Wiedergabepegel um 6,5 dB zurückgegangen wäre:
  • schneidet die 10kHz Kennlinie auch im Diagramm des linken Bandes auffälligerweise genau die 0 dB Vertikale der Bias x-Achse/Abszisse
  • bei diesem 0 dB Bias würde der K3 Wert entsprechend der rechts vom Diagramm angegebenen K3 Skala ebenfalls nicht etwa 3%, sondern ca. 0,18% betragen
Warum wird gerade dieser Bias-Pegel empfohlen? Schließlich läge laut der rechts des Diagrammes angegebenen K3 Skala das K3 Minimum bei ca. 0,12% respektive einem nochmals ca. 3,5 dB höheren Bias-Pegel, also bei Delta-S(bzw. E)-10kHz ca. 12,5dB. Meine Vermutung: der zusätzliche Rückgang um 6 dB und mehr bei hohen Frequenzen würde durch die weitere Verringerung des K3 nicht aufgewogen.

Und auch bei dem Diagramm des linken Bandes stellt sich die Frage, wie man die dort rechts angegebene K3 Skala zu verstehen hat, wenn K3 von mehreren Veränderlichen abhängt (Bias-Pegel, Nutzsignal-Pegel und beides zusätzlich frequenzabhängig)?


Und schließlich wirft auch der in diesem Post unter Punkt 1) und Punkt 3) genannte Umstand, dass die entsprechenden Delta-E/S-10kHz Bias-Pegel genau den Schnittpunkt der 10kHz Kennlinie und der Vertikalen des als 0 dB bezeichneten Bias-Pegels ergeben, die Frage auf:

Skalieren die Hersteller die Bias-Pegel Angaben auf der x-Achse/Abszisse nach eigenem Gutdünken, so dass es keine Möglichkeit gibt, dort stehende dB Werte im Sinne eines absoluten Bias-Referenzpegels miteinander zu vergleichen?


Finn

(Weitere Fragen folgen in den nächsten Posts.)
Zitieren
#4
Hallo Finn,

wenn sich der Bias an der Maschine nicht hoch genug einstellen lässt, versuche mal, zu den Trimmer-Kondensatoren einen weiteren Kondensator parallel zu schalten, 30 - 50 pF sollten da reichen. Danach kannst du den Bias mit den Trimmern nicht mehr komplett gegen Null drehen, aber das stört eigentlich nicht.

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
Zitieren
#5
(... und weiter ...)

Frage 4: Halbwegs verlässliche Abschätzung des notwendigen Bias-Pegels

1) Warum keine (bzw. nur geringe) direkte Relation zur Koerzitivkraft des magnetischen Materials?

Falls ich den physikalischen Vorgang der Magnetaufzeichnung halbwegs richtig verstanden haben sollte, dann müsste (bei gleicher Bandgeschwindigkeit) eigentlich der benötigte Bias-Pegel umso höher sein, je größer die Magnetschichtdicke und je größer die Koerzitivkraft des magnetischen Materials.

Für das rechte Band, das meine Maschine noch biasen kann, ist 330 Oe im Datenblatt angegeben. Für das linke Band, das meine Maschine nicht korrekt biasen kann, ist 320 Oe im Datenblatt angegeben. Also liegt es (mindestens in diesem Fall) nicht an der Koerzitivkraft.

Aber an der Magnetschichtdicke kann es bei hohen Frequenzen (beim Biasing wird die 10kHz Kennlinie betrachtet) doch eigentlich auch nicht liegen, da die real wirksame Magnetschichtdicke zu hohen Frequenzen hin sehr deutlich abnimmt.

2) Zusammenhang zwischen maximalem Wiedergabepegel und Bias-Pegel?

In dem Diagramm des linken Bandes, das meine Maschine nicht korrekt biasen kann, geht die MOL-Kennlinie auf Werte bis über +14dB hinaus. Entsprechend der rechts des Diagrammes gezeigten nWb/m-Skala müsste das einem Wert von ca. 1600 nWb/m entsprechen (0 dB hier = 320nWb/m & 14 dB ca. = Faktor 5).

In dem Diagramm des rechten Bandes, das meine Maschine noch biasen kann, ist eine als "Av3 Vollaussteuerung (K3 = 3%)" bezeichnete Kennlinie angegeben. Der Bedeutung und dem Verlauf nach vermute ich, dass dieses bedeutungsgleich zu MOL ist. Diese Kennlinie geht nicht auf Werte über +8dB hinaus. Falls auch bei diesem Diagramm 0 dB = 320 nWb/m gelten sollte (ist das so?), dann müsste das einem Wert von ca. 800 nWb/m entsprechen (8 dB ca. = Faktor 2,5).

Gibt es einen eindeutigen Zusammenhang oder zwar nicht exakte, aber doch einigermaßen verlässliche Erfahrungswerte? Umgangssprachlich in etwa "Wenn eine Maschine ein Band mit x nWb/m maximalem Wiedergabepegel noch biasen kann, dann sind bei anderen Bändern ab ca. 1,5*x nWb/m maximalem Wiedergabepegel Probleme nicht ausgeschlossen und bei 2*x nWb/m maximalem Wiedergabepegel wird ein ausreichendes Biasing mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr möglich sein"?

Oder wäre ein solcher Zusammenhang zu einfach gedacht?

Finn

(Weitere Fragen folgen in den nächsten Posts.)
Zitieren
#6
Schreibst du nur oder liest du auch ?
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
Zitieren
#7
(... und weiter ...)

Frage 5: Abschätzung des Verhältnisses von tiefen zu hohen Frequenzen?

Für den von mir angestrebten Zweck (u.a. die klangliche Beeinflussung einzelner Spuren zum Vorteil des Gesamtmixes) ist nicht nur die Höhenwiedergabe wichtig, sondern auch der Gehalt an tieferen Mitten und tiefen Frequenzen.

Daher wäre es für mich hilfreich, anhand der Kennlinien einschätzen zu können, ob dieser untere Frequenzbereich überdeutlich oder vielleicht sogar relativ schwach vom Band kommen wird.

Die Grafik rechts stammt aus einem online verfügbaren Artikel aus der Electronics World vom August 1967. Wer sich den schon allein wegen des Datums einmal anschauen möchte:

https://www.thehistoryofrecording.com/Pa...ording.pdf

Die eigentliche Aussage der Grafik brauche ich hier nicht zu wiederholen. Bemerkenswert finde ich aber, dass sich mit Verschiebung des Bias-Pegels der Frequenzgang komplexer verändert, als dass es nur um mehr oder weniger Anlöschung der Höhen ginge:
  • die Maxima liegen bei verschiedenen Frequenzen bei verschiedenen Bias-Pegeln
  • die Steigung, also das Delta-Wiedergabe-Pegel je Delta-Bias-Pegel ist stark frequenzabhängig
Das heißt: je nachdem bei welchem Bias-Pegel man gerade liegt kann eine Veränderung des Bias-Pegels kaum Veränderung bei hohen Frequenzen, aber deutliche Zunahme tiefer Frequenzen bewirken - oder - es kann auch kaum bzw. geringe Abnahme bei tiefen Frequenzen, aber ein deutlicher Rückgang hoher Frequenzen resultieren.

Zurück zu den Kennlinien-Diagrammen: Grundsätzlich wird für einen einigermaßen "natürlichen" Klang ein Biasing in der Nähe des K3 Minimums angestrebt. Nun könnte es interessant sein, wie die verschiedenen Frequenzbereiche bei dem entsprechenden Bias-Pegel sozusagen aufgestellt sind.

Nun sind in den Kennlinien-Diagrammen aber meistens keine Empfindlichkeitskurven für den unteren Frequenzbereich enthalten.

1) Reicht es aus, die Empfindlichkeitskurven von 1 kHz und 10 kHz zu betrachten?

Zum Beispiel zeigt das Diagramm für das rechte Band in dem Bereich des Bias-Pegels für das K3-Minimum (+1 bis +3 dB Bias-Pegel) eine Differenz zwischen der E_1kHz und der E_10kHz Kurve zwischen ca. 2 dB bis ca. 3,5 dB. Bei diesem Band scheint mir der untere Frequenzbereich definiert, aber nicht vordergründig.

Dahingegen zeigt das Diagramm für das linke Band in dem Bereich des empfohlenen Bias-Pegels (-1 bis +1 dB Bias-Pegel) eine Differenz zwischen der E_1kHz und der E_10kHz Kurve zwischen knapp 3 dB bis 5 dB. Bei diesem Band scheint mir der untere Frequenzbereich tendenziell vordergründig oder umgangssprachlich: der Klang war immer etwas "dunkel".

2) Oder kann man es schon anhand des Betrages des Delta-E/S-10kHz Wertes erkennen?

Wenn man die obere Grafik rechts betrachtet, dann könnte man vermuten, dass grundsätzlich der untere Frequenzbereich umso höheren Wiedergabepegel zeigen wird, je weiter der Bias-Pegel über dem Bias-Pegel liegt, bei dem ein Maximum bei hoher Frequenz vorliegen würde. Oder umgangssprachlich: je weiter "rechts" vom 10kHz-Maximum der optimale Bias-Pegel liegt, desto näher kommt man dadurch den Maxima des unteren Frequenzbereiches. Bei Profi-Maschinen würde man das durch den integrierten EQ ausgleichen. Aber bei einfachen Maschinen ist das halt nicht (zumindest nicht direkt mit der Maschine) möglich.

Gibt es da Erfahrungswerte, dass je höher der Delta-E/S-10kHz Wert umso stärker ausgeprägt der untere Frequenzbereich ist? Oder ist das zu einfach gedacht?

Finn

(Ersteinmal keine weiteren Fragen - bin gespannt auf etwaige Antworten. Melde mich morgen oder spätestens am Wochende wieder.)
Zitieren
#8
Deine Antworten stehen alle in Fachbüchern. Würde mich da mal einlesen.
Besonders gerne repariere ich meine Philips, Braun, Akai und TEAC Geräte Big Grin
Keine Hilfe bei fehlender Rückmeldung
Zitieren
#9
(10.11.2022, 22:16)bitbrain2101 schrieb: Schreibst du nur oder liest du auch ?

Hallo Tobias,

sorry, hatte ich gelesen, wollte aber vorher das Ganze noch zuende bringen.

Vielen Dank für den Tipp. Ist das erprobt? Also kann nix kapputt gehen und wirkt auch nicht bzw. nicht zu störend auf die Bias-Frequenz oder das Nutzsignal zurück? Wenn das wirklich so einfach geht, dann könnte man ja mit einem Wahlschalter verschiedene Bias-Bereiche vorsehen, die dann mit dem eigentlichen Trimmer-Kondensator feingetunt werden. Bei entsprechender Schalterstellung ohne parallelen Cap könnte man dann auch den Bias weiterhin soweit zurückdrehen, wie es mit dem Trimmer-Kondensator alleine ginge.

Grüße, Finn
Zitieren
#10
Hallo Finn,

Dein großes Interesse für die Zusammenhänge bei der Magnetbandaufzeichnung sind durchaus zu würdigen, deine Fragen weisen aus meiner Sicht auf einen ebenso großen Bedarf an Grundlagenkenntnissen hin, wie sie beispielsweise hier zur Verfügung stehen:
https://we.tl/t-iIlwn8CrFB
Grüße
Peter


_____________________

Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
Zitieren
#11
(10.11.2022, 22:32)SevenTeaLights schrieb: Vielen Dank für den Tipp. Ist das erprobt? Also kann nix kapputt gehen und wirkt auch nicht bzw. nicht zu störend auf die Bias-Frequenz oder das Nutzsignal zurück? 

Hallo Finn,

die Kapazität des Trimm-Kondensators bestimmt, wieviel Bias-Spannung zum Tonkopf durchgelassen wird. Da kannst du nichts kaputt machen. Ich habe das mal an einer 36er Revox gemacht, das hat gut funktioniert. Bei der Idee mit dem Bias-Schalter würde ich für jede Schalter-Stellung einen Trimm-Kondensator vorsehen, dann macht das auch Sinn.

MfG, Tobias
Strom kann erst dann fliessen, wenn Spannung anliegt.
Zitieren
#12
Hallo Finn,

zunächst: Es freut mich sehr, dass Du weiter dranbleibst und nach Verständnis suchst. Ich kann mich ManiBo und Peter voll anschließen: Es lohnt sich wirklich, die entsprechende Grunlagenliteratur durchzuarbeiten. Peter hat es ja direkt angehängt - ansonsten empfehle ich auch wie zuvor "Schallspeicherung auf Magnetband" von Friedrich Engel.

Dann fiel mir auf, dass Du offenbar die Achsen nicht klar voneinander trennst, oder Dir noch nicht klar machst, was wo aufgetragen ist. Eigentlich misst man alles auf der y-Achse in irgend einer Form am Audio-Ausgang des Bandgerätes hinter Band, es ist also eine Beschreibung der auf dem Band verbleibenden Aufnahme - während die x-Achse eine Beschreibung des Aufnahmevorgangs ist. Ein magnetischer Fluss in nWb/m kommt nur auf y vor und hat mit dem Bias selbst nichts zu tun.

Wie groß der Bias-Strom absolut gesehen ist, hängt von zu vielen Faktoren ab, die zwischen verschiedenen Geräten nicht vergleichbar sind - zum Beispiel der Induktivität der Köpfe. Deswegen wird er eigentlich immer nur relativ angegeben.

Relativ zu was? Kommt ganz drauf an. Normalerweise steht es dabei - oftmals ist es der Bias-Strom, den das relevante Referenzband braucht, um seinen vorgegebenen Arbeitspunkt zu erreichen.

Ob also die 0 dB-Punkte der X-Achsen Deiner beiden Diagramme vergleichbar sind oder nicht, kann man ohne weiteres nicht sagen. In der gesamten Einmess-Praxis misst man eigentlich nie direkt die Größe des Bias-Stroms. Ich kam erst in die Verlegenheit, das machen zu wollen, als ich Kurven wie in den Datenblättern selbst bestimmten wollte.

Es wäre also interessant, um welche beiden Bänder es sich handelt, und welche Erläuterungen jeweils im Datenblatt stehen. Sind sie überhaupt bei den gleichen Geschwindigkeiten gemessen? Bei der gleichen Wiedergabeentzerrung? Das wäre für die Vergleichbarkeit zumindest der y-Achse wichtig. Sind die grauen Beschriftungen von dir?

So viel vorab - ich muss Deine Fragen noch fertig lesen und drüber nachdenken, welche generellen Hinweise es noch braucht.

Viele Grüße
Andreas
Zitieren
#13
Also, im Einzelnen:

(10.11.2022, 17:32)SevenTeaLights schrieb: Biasing Möglchkeiten der Maschine sind eingeschränkt
...
Das linke Band kann die Maschine nicht mehr vernünftig biasen.
...
Ich weiß jetzt, dass die Maschine einen Bias-Pegel noch schafft, der für das rechte Band mit +2dB angegeben ist.

Warte mit dieser Schlussfolgerung mal noch ab - und baue erstmal noch nichts an der Maschine um. Deine übrigen Fragen lassen eher vermuten, dass die Erkenntnis "Maschine kann nicht genug Bias" auf wackligen Füßen steht.

Oder anders: Wie kommst Du darauf? (Ernsthaft, keine rhetorische Frage!)

(10.11.2022, 17:32)SevenTeaLights schrieb: Konkret: Ich habe zwei verschiedene Bandtypen.

Welche denn? Direkte Referenz erleichtert die Diskussion Smile

(Ich vermute, dass das rechte Beispiel aus diesem AGFA-Datenblatt stammt, und zwar PEM 268/368 bei 19 cm/s. Beim linken tippe ich auf BASF oder EMTEC, vom Layout her, bin aber nicht sicher.)

(10.11.2022, 17:32)SevenTeaLights schrieb: Frage 1: Wie kann man den absoluten Pegel des notwendigen Biasing erkennen?

Siehe vorige Antwort - das versucht man normalerweise noch nichtmal, weil so eine Angabe stark von den Eigenschaften der verwendeten Maschine abhängen würde. Man misst die x-Achse auch normalerweise beim Einmessvorgang nicht, sondern orientiert sich indirekt über den Verlauf der 10k-Empfindlichkeit, wo man gerade ist. So funktioniert auch die ΔS₁₀-Methode.

(10.11.2022, 17:32)SevenTeaLights schrieb: Aber das ist eine relative Angabe, bezogen auf den 0dB Bias-Pegel der Kennlinien des rechten Bandes, der aber etwas anderes zu bedeuten scheint, als der 0dB Bias-Pegel der Kennlinien des linken Bandes.

Was die 0 dB-Linie jeweils bedeutet, steht in den Erläuterungen zum Arbeitsblatt.

Oft verwendet man den Bias-Strom, der beim Referenz-Leerband für dessen Arbeitspunkt nötig ist (viele Bandgeräte waren ab Werk auf dieses Referenz-Leerband eingemessen; auch bei der Definition der Empfindlichkeit spielt es eine Rolle). Beim rechten Datenblatt scheint dies der Fall zu sein.

Eine andere Konvention ist es, den empfohlenen Arbeitspunkt auf x=0 zu legen - das scheint im linken Diagramm der Fall zu sein. Dort ist für RB_IEC eine gestrichelte Linie eingezeichnet.

(10.11.2022, 17:32)SevenTeaLights schrieb: Meine Vermutung (aber bloß eine solche): Für das rechte Band ist -umgerechnet- "Meßbedingung 320nWb/m" angegeben und für das linke Band ist ein RB_IEC Bias-Pegel als vertikale Linie eingezeichnet, der einen "IEC reference bias 320nWb/m" darstellen soll.

Siehe vorige Antwort - die 320 nWb/m sind ein magnetischer Fluss und sind hier nur auf der y-Achse zu finden. Sie legen fest, was auf y als 0 dB bezeichnet wird, also den Bezugspegel. Der Bias-Strom wird damit nicht beschrieben.

(10.11.2022, 17:32)SevenTeaLights schrieb: Kann man diese beiden Angaben gleichsetzen? Ist also der 0dB Bias-Pegel des Diagrammes des rechten Bandes der gleiche, wie ein ca. -1,75dB Bias-Pegel des Diagrammes des linken Bandes?

Das kommt drauf an - ja, wenn beide sich auf das gleiche Bezugsband beziehen. Wenn nicht, dann kann es irgendwas sein. Ohne konkretes Datenblatt ist das aber nur Rätselraten.

(10.11.2022, 17:56)SevenTeaLights schrieb: Frage 2: nWb/m versus dB ?

Allgemein: nWb/m ist ein magnetischer Fluss pro Meter Spurbreite, manchmal auch in älteren Einheiten angegeben, z.B. milli-Maxwell. Und Dezibel ist nur eine bequeme Möglichkeit, zwei Messgrößen (logarithmisch) zu vergleichen - ähnlich wie Prozent. Über die Größe selbst sagt es nichts aus - das kann ein magnetischer Fluss genauso wie ein Schalldruck oder ein Bias-Strom sein. Auch muss man immer angeben, was man als 0 dB wählt.

(10.11.2022, 17:56)SevenTeaLights schrieb: Ist es überhaupt korrekt, aufgrund o.g. Angabe "IEC reference bias 320nWb/m" zu vermuten, dass der Bias-Pegel in nWb/m definiert wird?

Nein, das ist nicht richtig. Der Bias-Strom (auch Vormagnetisierungsstrom, of HF-Strom, oder ähnliches) ist letztlich ein Strom durch den Aufnahmekopf mit hoher Frequenz. Gemessen wird er üblicherweise als Spannungsabfall über einem Messwiderstand am "kalten Ende" des Aufnahmekopfes, also zu Masse hin. In meinen Messungen habe ich ihn damals in mV über dem 100 Ω Fußpunktwiderstand der B77 angegeben, und recht willkürlich 500 mV als 0 dB gewählt.

(10.11.2022, 17:56)SevenTeaLights schrieb: Oder bedeutet diese Angabe eher so etwas wie "dieses wäre der Bias-Pegel, der für ein 320nWb/m IEC Referenzband zu verwenden wäre"?

Nein, auch nicht ganz - oben teilweise schon erläutert: Oft wird mit 0 dB derjenige Bias-Strom bezeichnet, der beim Bezugsband-Leerteil zum Klirrminimum (oder einem irgendwie ander definierten optimalen Arbeitspunkt) führt. Aber nicht immer.

Ein "320 nWb/m Referenzband" ist in diesem Zusammenhang kein sinnvoller Begriff. Es gibt zwar Bezugsbänder, auf denen ein 320 nWb/m-Pegelton ist, mit dem man seine Wiedergabe eichen kann, aber die haben mit dem Arbeitspunkt des Bezugsband-Leerteils für die Aufnahme erstmal nichts zu tun.

(10.11.2022, 17:56)SevenTeaLights schrieb: Das jedenfalls könnte jemand denken, der sich gerade erst in die Thematik einarbeitet (so wie ich), da schließlich die Einheit nWb/m in den Kennlinien nicht an der x-Achse/Abszisse für den Bias-Pegel eingetragen ist, sondern an der y-Achse/Ordinate. Zudem ist beim linken Band dem 0dB Punkt der Ordinate gegenüber der Wert 320 [nWb/m] zugeordnet.

Ja, 320 nWb/m gehören auf die y-Achse. Im linken Beispiel ist auch schön eingetragen, dass 0 dB = 320 nWb/m gesetzt werden - "Bezugspegel". Auch das ist mehr Konvention und damit fast willkürliche Definition, als dass es inhaltlich viel über das Band aussagen würde.

(10.11.2022, 17:56)SevenTeaLights schrieb: Wenn jedoch die direkte Zuordnung aus o.g. Frage 1 falsch wäre, dann hätte man weiterhin keine absolute Angabe des Bias-Pegels.

Die Zuordnung ist richtig - sie bezieht sich halt darauf, welchen magnetischen Fluss man als Bezugspegel verwendet. Eine absolute Angabe des Bias wirst Du weiter vergebens suchen - sie kommt auch in der Einmess-Praxis nicht vor.

(10.11.2022, 17:56)SevenTeaLights schrieb: Also bliebe die Frage offen, wie man die Kennlinien verschiedener Bänder bezüglich des absoluten(!) Bias-Pegels vergleichen kann.

Vergleichen kannst Du dann, wenn zwei Messungen unter identischen Bedingungen gemacht und dokumentiert worden sind - also idealerweise im selben Datenblatt auftauchen und sich auf den gleichen Bezugsband-Leerteil beziehen. Oder wenn Du sie selbst machst.

Aber nochmal - das ist in der Praxis nicht relevant. Dort hangelt man sich alleine aufgrund der "auf y" gemessenen Pegel und Klirrfaktoren zum Ergebnis.

(10.11.2022, 17:56)SevenTeaLights schrieb: Oder umgangssprachlich: "Wieviel Bias braucht das Band? Und schafft Maschine xyz das überhaupt noch?"

Wie Du zum vom Bandhersteller empfohlenen Arbeitspunkt kommst, verrät das die ΔS-Methode. Da benutzt man den Empfindlichkeitsabfall bei hohen Tönen sozusagen als "Lesezeichen", um zum gewünschten Arbeitspunkt zu kommen, ohne den Bias-Strom direkt messen zu müssen. Das ist nämlich nicht unbedingt einfach und sicher möglich. Lies auch nochmal meinen Post im anderen Thread.

Und damit wären wir wieder am Anfang: Wie kommst Du darauf, dass Deine Maschine nicht genug Bias für das "linke" Band liefert?

Viele Grüße
Andreas


Fortsetzung folgt hoffentlich - ich wollte eigentlich hier weitermachen: Mol & SOL, aber zum HX-Pro abstellen und neu Messen ist es jetzt schon wieder zu spät Abends...
Zitieren
#14
Oje... Wahrscheinlich wäre "treffen, diskutieren und an der Maschine ausprobieren" letztlich schneller gegangen... Wohlan:

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: Frage 3: Biasing auf Norm versus minimalem K3 versus Hersteller-Empfehlung ?

Generell: Der Band-Hersteller gibt eine Empfehlung für einen guten Arbeitspunkt ab. Dahinter steckt letztlich ein Kompromiss aus Klirrfaktor, Höhenaussteuerbarkeit und Modulationsrauschen. Den kann der erfahrene Anwender auch nach eigenem Belieben verändern. Oft ist das K3-Minimum auch schon die Hersteller-Empfehlung. Lies dazu auch mal den Vergleichstest Spulentonbänder aus HiFi exclusiv 7/1980, auf der Seite von Ulrich Theimann.

(Meine Intention wäre ja, dass Du so viel Land gewinnst, dass Du am Ende souverän einen eigenen Arbeitspunkt wählen kannst, der von der Herstellervorgabe abweicht, aber Deinem Wunsch nach "fetter Sättigung" entgegenkommt. Wir sind jetzt auf dem Weg dahin, glaube ich.)

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: Datenblätter/Diagramme beider Bänder stellen mehrere Biasing-Optionen nach der Delta-E/S-10kHz Methode dar.

Die ΔS-Methode ist wie gesagt eine Einstellanleitung, ein Kochrezept, um zum vom Hersteller ausgemessenen Arbeitspunkt zu gelangen. Der Zahlenwert, wie viele dB das sind, ist inhaltlich wieder (in erster Näherung) bedeutungslos.

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: (englisch "Sensitivity" versus deutsch "Empfindlichkeit", also Delta-S-10kHz bedeutungsgleich Delta-E-10kHz, richtig?)

Ja, richtig.

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: 1) Biasing auf eine Norm

Im Datenblatt für das rechte Band steht die Angabe "Delta-E-10kHz (Arbeitspunkt nach DIN) = 3 dB". An dem Punkt, an dem der 10kHz Wiedergabepegel um 3 dB zurückgegangen wäre:
  • schneidet die 10kHz Kennlinie auffälligerweise genau die 0 dB Vertikale der Bias x-Achse/Abszisse
  • bei 0 dB Bias würde der K3 Wert entsprechend der links von der y-Achse/Ordinate angegebenen K3 Skala nicht etwa 3%, sondern ca. 0,9% betragen
Was also ist dieser "Arbeitspunkt nach DIN" bzw. wie ist dieser definiert?

Jaha! Also, im Datenblatt (wenn ich richtig "geraten" habe) steht unter "Prüfverfahren und Definitionen zu den Daten 1 bis 24" eine Erklärung, die ich selbst leider nur schwer verstehe.

Ich reime mir aber zusammen, dass damit der ΔS-Wert angegeben wird, der zum DIN-Arbeitspunkt (also dem Arbeitspunkt des Bezugsband-Leerteils) führt. Das ist dann sehr nützlich, wenn man mit Hilfe des vorliegenden Bands ein Gerät nicht auf eben dieses Band einmessen will, sondern auf das Bezugsband - von dem man oft eben gerade keins zur Verfügung hat.

Oben hatte ich schonmal erwähnt, dass ab Werk die Geräte eigentlich auf den Leerteil des jeweiligen Bezugsbands eingemessen waren - so dass der einfache Anwender "einfach nur das richtige Band" kaufen musste, und gute Ergebnisse erhielt, und jeder Bandhersteller "einfach nur seine Bänder möglichst so wie das Bezugsband" herstellen sollte, dass sie zur genormten Universal-Einmessung passen.

Das Konzept ist bei der Cassettentechnik wesentlich wichtiger und auch tragfähiger - und bei der Tonbandtechnik eigentlich nur im Rundfunk, wo die passenden Bänder verschiedener Hersteller mit der gleichen Einmessung zu identischen Ergebnissen führen mussten (z.B. PER525 und LGR30, oder PER528 und LGR50 - wenn ich mich jetzt nicht irre).

Der "Arbeitspunkt nach DIN" ist also ein Arbeitspunkt für ein ganz bestimmtes Band einer ganz bestimmten Charge, das man in der Norm als Bezugsband ausgewählt hat. In der Praxis hat das aber keiner - es dienst aber als Messnormal, eben als Nullpunkt.

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: Ist das vielleicht eine Norm, die in den damaligen Rundfunktagen verbindlich war, aber für Anwendungen außerhalb solcher genormten Umfelder zwar gut zu kennen, aber nicht unbedingt bedeutungsvoll ist?

"Muss ich mich dran halten"? Nein, Du musst verstehen, was es damit auf sich hat. Wenn Du jetzt als Gerätehersteller eine Serie von Heimtonbandgeräten produzieren würdest, solltest Du diesen Arbeitspunkt wählen, weil er zu den meisten herumvagabundierenden Bandsorten "einigermaßen" passt. Das war die Idee der Normung.

Wenn man aber auf ein konkret vorliegendes Band optimal einmessen will, dann nimmt man lieber den dafür empfohlenen (oder selbst gewählten / erarbeiteten) Arbeitspunkt.

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: Und wie hat man die links angegebene K3 Skala zu verstehen, wenn K3 von mehreren Veränderlichen abhängt (Bias-Pegel, Nutzsignal-Pegel und beides zusätzlich frequenzabhängig)?

Es geht immer um K3 bei Bezugspegel, also wenn 320 nWb/m auf dem Band gelandet sind, bei Bezugsfrequenz, also 315 Hz oder 1 kHz. Dann kann man ihn in Abhängigkeit vom Bias als Kurve darstellen.

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: 2) Biasing auf minimalen K3

In dem Diagramm des rechten Bandes steht an der x-Achse/Abszisse beim +2 dB Bias-Pegel die Angabe "i_vA". Diese bezeichnet laut Datenblatt den "empfohlenen Arbeitspunkt relativ zu Arbeitspunkt des DIN-Bezugsband-Leerteils". Auffällig (zumindest für mich) ist, dass genau bei +2 dB Bias-Pegel das Minimum der K3 Kurve liegt.

Ja - die "+2 dB Bias" beziehen sich darauf, dass dort das Minimum der K3-Kurve zu finden ist.

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: Kann man also diese "i_vA" Angabe so verstehen, dass der Hersteller empfiehlt, dieses Band so zu biasen, dass minimal möglicher K3 gewährleistet ist. Und dass dieses einen um 2 dB höheren Bias-Pegel erfordern würde, als man für das genormte Biasing eines DIN-Bezugsbandes nutzen würde?

Ja. Der Hersteller empfiehlt den Arbeitspunkt, der auch das Klirrminimum ist - und hat also offensichtlich keinen Anlass, davon abzuweichen, etwa wegen zu geringer Höhenaussteuerbarkeit oder sowas.

Und Ja - dafür braucht es 2 dB mehr Bias, als man für das Auffinden des Klirrminimums beim Bezugsband-Leerteil bräuchte. Wie gesagt, man misst diese 2 dB beim Einmessen eigentlich nie direkt.

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: Ist es außerhalb eines an Normen gebundenen Umfeldes korrekt, dass es ausreicht zu erkennen, dass dieser Bias-Pegel für minimal möglichen K3 nach der Delta-E-10kHz Methode bei ca. 5 dB erreicht wäre, also an dem Punkt, an dem der 10kHz Wiedergabepegel um ca. 5 dB zurückgegangen wäre?

Ganz genau. Wenn Du dieses Band im Klirrminimum betrieben willst, was mit der Vorstellung des Herstellers über einen sinnvollen Arbeitspunkt zusammenfällt, dann suchst Du den Punkt, wo die 10 kHz-Empfindlichkeit (wohlgemerkt immer 20 dB unter Bezugspegel!) um den ΔS-Wert abgefallen ist, wenn man von kleinerem zu größerem Bias-Strom geht. (Dafür muss man manchmal im Uhrzeigersinn und manchmal entgegengesetzt drehen - da muss man wieder seine Maschine kennen).

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: 3) Biasing auf Hersteller-Empfehlung

Auch in dem Diagramm des linken Bandes ist ein als "Rec. Bias" (Recommended Bias) bezeichneter Bias-Pegel empfohlen, und zwar nach der Delta-S(bzw. E)-10kHz Methode bei 6,5 dB. An dem Punkt, an dem der 10kHz Wiedergabepegel um 6,5 dB zurückgegangen wäre:
  • schneidet die 10kHz Kennlinie auch im Diagramm des linken Bandes auffälligerweise genau die 0 dB Vertikale der Bias x-Achse/Abszisse
  • bei diesem 0 dB Bias würde der K3 Wert entsprechend der rechts vom Diagramm angegebenen K3 Skala ebenfalls nicht etwa 3%, sondern ca. 0,18% betragen

Das ist nochmal das gleiche in Grün wie gerade eben diskutiert - nur eben für ein anderes Band, und mit einer anderen Wahl für den Nullpunkt der Bias-Achse.

Dass im Minimum nicht 3% sondern 0.18% Klirr zu finden sind liegt daran, dass MOL (also die 3%-Klirrgrenze) nicht beim Bezugspegel (0 dB, oder 320 nWb/m) liegt, sondern gut 11 dB darüber (also bei etwa 1135 nWb/m). Dort erreicht der Klirr 3% - so ist nämlich der MOL (Maximum Output Level bei maximal akzeptiertem Klirr) definiert.

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: Warum wird gerade dieser Bias-Pegel empfohlen? Schließlich läge laut der rechts des Diagrammes angegebenen K3 Skala das K3 Minimum bei ca. 0,12% respektive einem nochmals ca. 3,5 dB höheren Bias-Pegel, also bei Delta-S(bzw. E)-10kHz ca. 12,5dB.

Guter Punkt - hier liegt der empfohlene Arbeitspunkt nicht im Klirrminimum, sondern "links daneben". Der Grund ist üblicherweise, dass die Höhenaussteuerbarkeit (SOL10 und höher) zu stark leidet, wenn man zu höherem Bias geht. Das Klirrminimum bezieht sich ja auf 1 kHz. Anders ausgedrückt - der Unterschied zwischen Tiefen- und Höhenaussterbarkeit sollte nicht zu groß werden, weil man sonst praktisch auch wieder keinen Vorteil davon hat, wenn man "normales Programm" (also mit der für Musik üblichen spektralen Verteilung) aufnimmt.

Jetzt würde mich aber schon endlich interessieren, um welches Band bei welcher Geschwindigkeit es sich beim linken Diagramm handelt. Dass man die Vormagnetisierung "aus dem Klirrminimum zurücknimmt" passiert sonst eher mal bei niedrigen Geschwindigkeiten...

... hier tippe ich aber (bestätigt durch Vergleichsmaterial) auf ein SM900 bei 19 cm/s. Das ist natürlich ein Sonderfall nicht repräsentativ für die klassischen Bänder.

(Falls Du damit einen Sättigungs-Sound suchst, wird es natürlich schwieriger als mit einem älteren Band. Ob es Deine Maschine an die Grenze führt - könnte sein, aber dann weniger beim Bias, als viel mehr bei den Verstärkerstufen, die clippen, bevor das Band in der Sättigung ist.)

Vorsicht: Datenblätter von RecordingTheMasters verwenden oft willkürlich die falschen Kurven für das falsche Band, da passen Grafiken und Tabellen oft nicht zusammen.

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: Meine Vermutung: der zusätzliche Rückgang um 6 dB und mehr bei hohen Frequenzen würde durch die weitere Verringerung des K3 nicht aufgewogen.

Meinst Du die zusätzlichen 6 dB ΔS₁₀? Wie gesagt, das ist erstmal nur ein Lesezeichen - also man wählt keinen Arbeitspunkt weil ein bestimmtes ΔS rauskommt. Trotzdem hat es natürlich eine Bedeutung: Die Empfindlichkeit geht zurück, und Du brauchst mehr Höhenanhebung im Aufnahmeverstärker. Aber das ist nicht das Problem, sondern die früher einsetzende Sättigung, also der Abfall in SOL₁₀.

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: Und auch bei dem Diagramm des linken Bandes stellt sich die Frage, wie man die dort rechts angegebene K3 Skala zu verstehen hat, wenn K3 von mehreren Veränderlichen abhängt (Bias-Pegel, Nutzsignal-Pegel und beides zusätzlich frequenzabhängig)?

Wie oben: Bei Bezugspegel (also 320 nWb/m) und Bezugsfrequenz (also 1 kHz).

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: Und schließlich wirft auch der in diesem Post unter Punkt 1) und Punkt 3) genannte Umstand, dass die entsprechenden Delta-E/S-10kHz Bias-Pegel genau den Schnittpunkt der 10kHz Kennlinie und der Vertikalen des als 0 dB bezeichneten Bias-Pegels ergeben, die Frage auf:

Skalieren die Hersteller die Bias-Pegel Angaben auf der x-Achse/Abszisse nach eigenem Gutdünken, so dass es keine Möglichkeit gibt, dort stehende dB Werte im Sinne eines absoluten Bias-Referenzpegels miteinander zu vergleichen?

Vieles des oben geschriebenen lässt sich so zusammenfassen: Vergiss irgendwelche absoluten Werte auf der x-Achse. Du misst sie nicht direkt.

(10.11.2022, 19:35)SevenTeaLights schrieb: (Weitere Fragen folgen in den nächsten Posts.)

Ja... Du hast Dein Fragenkonto für dieses Jahr damit ausgeschöpft Wink Oder zumindest meine Schreibgeduld für heute Abend - auf Kosten der Messungen, die ich für Kai (und mein eigenes Interesse) machen wollte. Ich mache das trotzdem, sogar sehr gerne, weil ich hoffe, dass es Dir das Verständnis der Grundlagen erleichtert. Als Gegenleistung wäre ich Dir sehr dankbar, wenn Du die angebotene Grundlagen-Literatur mit diesen Erklärungen im Hinterkopf dann auch lesen würdest Smile

(10.11.2022, 21:10)SevenTeaLights schrieb: Frage 4: Halbwegs verlässliche Abschätzung des notwendigen Bias-Pegels

1) Warum keine (bzw. nur geringe) direkte Relation zur Koerzitivkraft des magnetischen Materials?

Da bin ich leider auch nicht richtig sattelfest - beim Zusammenhang zwischen den makroskopischen magnetischen Eigenschaften und den elektroakustischen Daten unter HF-Vormagnetisierung verwirre ich mich auch immer.

Jedenfalls kommt das simple Remanenzkurven-Bild für die Vormagnetisierung hier auch an seine Grenzen, und man muss aufwendigere Beschreibungen wählen. Auch mechanische Parameter wie Partikelgröße und Packgungsdichte der Magnetschicht spielen hier rein.

(10.11.2022, 21:10)SevenTeaLights schrieb: 2) Zusammenhang zwischen maximalem Wiedergabepegel und Bias-Pegel?

In dem Diagramm des linken Bandes, das meine Maschine nicht korrekt biasen kann, geht die MOL-Kennlinie auf Werte bis über +14dB hinaus. Entsprechend der rechts des Diagrammes gezeigten nWb/m-Skala müsste das einem Wert von ca. 1600 nWb/m entsprechen (0 dB hier = 320nWb/m & 14 dB ca. = Faktor 5).

In dem Diagramm des rechten Bandes, das meine Maschine noch biasen kann, ist eine als "Av3 Vollaussteuerung (K3 = 3%)" bezeichnete Kennlinie angegeben. Der Bedeutung und dem Verlauf nach vermute ich, dass dieses bedeutungsgleich zu MOL ist. Diese Kennlinie geht nicht auf Werte über +8dB hinaus. Falls auch bei diesem Diagramm 0 dB = 320 nWb/m gelten sollte (ist das so?), dann müsste das einem Wert von ca. 800 nWb/m entsprechen (8 dB ca. = Faktor 2,5).

Ja, MOL (Maximum Output Level) ist als "höchster Pegel, der einen bestimmten Klirr nicht überschreitet" definiert. Das ist keine Sättigung, oder ein hartes Maximum. Manchmal wird ein MOL 1% getrennt von einem MOL 3% angegeben. Im Agfa-Datenblatt heißt das "Vollaussterung (K₃ = 3%)", inhaltliche das gleiche wie MOL.

(10.11.2022, 21:10)SevenTeaLights schrieb: Gibt es einen eindeutigen Zusammenhang oder zwar nicht exakte, aber doch einigermaßen verlässliche Erfahrungswerte? Umgangssprachlich in etwa "Wenn eine Maschine ein Band mit x nWb/m maximalem Wiedergabepegel noch biasen kann, dann sind bei anderen Bändern ab ca. 1,5*x nWb/m maximalem Wiedergabepegel Probleme nicht ausgeschlossen und bei 2*x nWb/m maximalem Wiedergabepegel wird ein ausreichendes Biasing mit an Sicherheit grenzender Wahrscheinlichkeit nicht mehr möglich sein"?

Nein - das passt so nicht. Es gilt ja nicht einfach "je mehr Bias, desto mehr MOL". Die empfohlenen Arbeitspunkte der Bänder liegen alle einigermaßen dicht beisammen, so dass sie auf damals aktuellen Maschinen eigentlich gut zu benutzen waren. Ja, die LH-Generation hat etwas höhere Bias-Ströme als die Generation davor, und da gab es bestimmt alte Geräte, die mit den neuen Bändern nicht mehr gut zu Recht kamen.

Aber bei einem SM900 ist der Arbeitspunkt jetzt nicht so weit weg, dass man ihn nicht mehr erreicht. Eher ist es so, dass das Band so hohe Pegel verträgt, dass Aufnahme- und Wiedergabeverstärker vieler Geräte (der Erzählung nach auch die Messmaschinen, auf denen es zuerst ausprobiert wurde) überfordert, wenn man denn seine Grenzen austesten will.

Wenn man das nicht macht, sondern es "ganz normal" benutzt, freut man sich einfach darüber, dass Klirr und Sättigung weit weg sind. Oder eben nicht, wenn man gerade auf Klirr und Sättigung aus ist - weswegen sich wie gesagt für Deine Versuche wohl eher "normalere" Bänder gut eignen.

(10.11.2022, 22:21)SevenTeaLights schrieb: (... und weiter ...)

Halleluja. Wink

(10.11.2022, 22:21)SevenTeaLights schrieb: Frage 5: Abschätzung des Verhältnisses von tiefen zu hohen Frequenzen?

Für den von mir angestrebten Zweck (u.a. die klangliche Beeinflussung einzelner Spuren zum Vorteil des Gesamtmixes) ist nicht nur die Höhenwiedergabe wichtig, sondern auch der Gehalt an tieferen Mitten und tiefen Frequenzen.

Daher wäre es für mich hilfreich, anhand der Kennlinien einschätzen zu können, ob dieser untere Frequenzbereich überdeutlich oder vielleicht sogar relativ schwach vom Band kommen wird.

Also - der Amplitudenfrequenzgang des Bandes in einem Arbeitspunkt wird vor allem durch die Unterschiede in der Empfindlichkeit bestimmt. Du siehst, dass der Abstand zwischen S₁ und S₁₀ mit steigendem Bias wächst.

Vorsicht: Die Kurven sind ohne Höhenanhebung in der Aufnahme aufgenommen. In der Praxis ist diese aber immer aktiv - so dass der Unterschied von villeicht 3-5 dB im empfohlenen Arbeitspunkt schon ausgegelichen wird. Im Detail ist der Verlauf natürlich unterschiedlich - deswegen kann man ja idealerweise die Höhenanhebung im Aufsprechverstärker auch einstellen, dass der Frequenzgang wieder glatt wird.

Wenn dafür der Trimmer fehlt, dann spricht nichts dagegen, den Frequenzgangfehler einmal auszumessen, dann einen passenden EQ abzuspeichern und auf die Spur, die durchs Band soll, anzuwenden.

Damit bekommst Du keine relative Verfärbung, also Anhebung oder Absenkung von Tiefen oder Höhen. Das Sättigungsverhalten wird aber weiter unterschiedlich bleiben - die Höhen sind zuerst betroffen, bevor die Tiefen verzerren.

Wenn Du also die Sättigung als Effekt suchst, könnte es nütlich sein, absichtlich weniger Bias zu verweden, als für den optimalen Arbeitspunkt nötig wäre. Der Klirr (bei 1 kHz) ist dann noch nicht am Minimum, sondern noch vergleichweise hoch (Effekt!), aber die Höhen sind noch nicht in der Sättigung (Abfallen der SOL-Kurve). Das meinte ich oben und im ersten Thread - Du kannst bewusst aus dem besten Arbeitspunkt raus, um Deinen Sound zu suchen, wenn Du weißt, was abgeht.


(10.11.2022, 22:21)SevenTeaLights schrieb: Die Grafik rechts stammt aus einem online verfügbaren Artikel aus der Electronics World vom August 1967. Wer sich den schon allein wegen des Datums einmal anschauen möchte:

https://www.thehistoryofrecording.com/Pa...ording.pdf

Die eigentliche Aussage der Grafik brauche ich hier nicht zu wiederholen. Bemerkenswert finde ich aber, dass sich mit Verschiebung des Bias-Pegels der Frequenzgang komplexer verändert, als dass es nur um mehr oder weniger Anlöschung der Höhen ginge:
  • die Maxima liegen bei verschiedenen Frequenzen bei verschiedenen Bias-Pegeln
  • die Steigung, also das Delta-Wiedergabe-Pegel je Delta-Bias-Pegel ist stark frequenzabhängig
Das heißt: je nachdem bei welchem Bias-Pegel man gerade liegt kann eine Veränderung des Bias-Pegels kaum Veränderung bei hohen Frequenzen, aber deutliche Zunahme tiefer Frequenzen bewirken - oder - es kann auch kaum bzw. geringe Abnahme bei tiefen Frequenzen, aber ein deutlicher Rückgang hoher Frequenzen resultieren.

Lies mal mit dem neu gewonnenen Verständnis den MOL-SOL-Thread (oben irgendwo verlinkt), den Kai durch Deine Fragen inspiriert angestoßen hat nochmal. Da mache ich im Prinzip so eine Messung, wie krumm die Kennlinien in Abhängigkeit von der Frequenz sind - allerdings erstmal nur für konstanten Bias.

Wichtig fürs Verständnis ist aber: Diese Betrachtungen sind in der Nähe der Sättigung, also bei Bezugspegel und darüber! Alle klassischen Frequenzgangs-Messungen sind immer 20 dB unter Bezugspegel - weil nur dort überhaupt ein glatter Frequenzgang über den gesamten relevanten Hörbereich erreicht werden kann. Macht aber nix - Stichwort Amplitudenstatistik. Hier aber bitte wirklich nachlesen - das kann ich nicht besser beschreiben, als es bei Freidrich Engel, oder auch im Entzerrungs-Büchlein von van Bommel steht.

(10.11.2022, 22:21)SevenTeaLights schrieb: Zurück zu den Kennlinien-Diagrammen: Grundsätzlich wird für einen einigermaßen "natürlichen" Klang ein Biasing in der Nähe des K3 Minimums angestrebt. Nun könnte es interessant sein, wie die verschiedenen Frequenzbereiche bei dem entsprechenden Bias-Pegel sozusagen aufgestellt sind.

Nun sind in den Kennlinien-Diagrammen aber meistens keine Empfindlichkeitskurven für den unteren Frequenzbereich enthalten.

Das war die Idee hinter Kais Anstoß für den anderen Thread: Wo liegt die Sättigung (oder die 3 dB-Kompressionsgrenze) in Abhängigkeit von der Frequenz? Dort sind auch die "vollfetten" Sounds zu finden.

(10.11.2022, 22:21)SevenTeaLights schrieb: 1) Reicht es aus, die Empfindlichkeitskurven von 1 kHz und 10 kHz zu betrachten?

Ja. Siehe auch besagter Thread. Der beobachtete Ansteig in der Tiefe ist durch die Entzerrung bedingt (van Bommel studieren). Ob 1 kHz oder 100 Hz spielt fürs Band dann weniger eine Rolle.

(10.11.2022, 22:21)SevenTeaLights schrieb: Zum Beispiel zeigt das Diagramm für das rechte Band in dem Bereich des Bias-Pegels für das K3-Minimum (+1 bis +3 dB Bias-Pegel) eine Differenz zwischen der E_1kHz und der E_10kHz Kurve zwischen ca. 2 dB bis ca. 3,5 dB. Bei diesem Band scheint mir der untere Frequenzbereich definiert, aber nicht vordergründig.

Dahingegen zeigt das Diagramm für das linke Band in dem Bereich des empfohlenen Bias-Pegels (-1 bis +1 dB Bias-Pegel) eine Differenz zwischen der E_1kHz und der E_10kHz Kurve zwischen knapp 3 dB bis 5 dB. Bei diesem Band scheint mir der untere Frequenzbereich tendenziell vordergründig oder umgangssprachlich: der Klang war immer etwas "dunkel".

Nein - siehe meine Erklärung zwei oder drei Absätze weiter oben. Die Empfindlichkeits-Kurven sind 20 dB unter Bezugspegel und weit weg von der Sättigung. Der Unterscheid zwischen ihnen wird (grob und fest vorgegeben, oder per Trimmer einmessbar) vom Aufnahmeverstärker ausgeglichen. Es ergibt sich ein flacher Frequenzgang, plus minus ein oder zwei drei dB.

Die Sättigungs- oder Kompressions-Kurven wie rechts in Deinem Diagramm sind dagegen bei "so viel Dampf wie möglich". Dort gibt es keinen flachen Frequenzgang. Da kannst Du nur sehen, wie viel früher die Höhen flöten gehen als die Tiefen. Das ist der Bereich, den man klassisch gemieden hat wie der Teufel das Weihwasser - und in dem Du Dein klangliches Seelenheil für den "fetten, fotorealistischen Sound" zu finden hoffst Wink

"Klingt Dumpf" ist also bei weitem nicht das gleiche wie "Höhen verzerren früher".

(10.11.2022, 22:21)SevenTeaLights schrieb: 2) Oder kann man es schon anhand des Betrages des Delta-E/S-10kHz Wertes erkennen?

Der ΔS-Wert ist erstmal für sich genommen bedeutungslos. Er ist nur eine Orientierungshilfe, ein Lesezeichen, weil man keine Bias-Ströme misst.

(10.11.2022, 22:21)SevenTeaLights schrieb: Wenn man die obere Grafik rechts betrachtet, dann könnte man vermuten, dass grundsätzlich der untere Frequenzbereich umso höheren Wiedergabepegel zeigen wird, je weiter der Bias-Pegel über dem Bias-Pegel liegt, bei dem ein Maximum bei hoher Frequenz vorliegen würde. Oder umgangssprachlich: je weiter "rechts" vom 10kHz-Maximum der optimale Bias-Pegel liegt, desto näher kommt man dadurch den Maxima des unteren Frequenzbereiches.

Nein - Du verwechselt glaube ich noch Empfindlichkeit und Sättigung.

(10.11.2022, 22:21)SevenTeaLights schrieb: Bei Profi-Maschinen würde man das durch den integrierten EQ ausgleichen. Aber bei einfachen Maschinen ist das halt nicht (zumindest nicht direkt mit der Maschine) möglich.

Auch Deine Maschine hat einen integrierten EQ im Aufnahmeverstärker - er ist nur nicht fein einstellbar. Der größte Teil der Empfindlichkeitsdifferenz ist damit schon ausgegleichen - nur die Feinabstimmung nicht mehr. Den Rest, der Fehlt, kannst Du vorher digital machen. Hab ich aber oben schonmal geschrieben... Wiederholung ist die Mutter der Pädagogik Wink

(10.11.2022, 22:21)SevenTeaLights schrieb: Gibt es da Erfahrungswerte, dass je höher der Delta-E/S-10kHz Wert umso stärker ausgeprägt der untere Frequenzbereich ist? Oder ist das zu einfach gedacht?

Das passt so nicht - aber "zu einfach gedacht" würde ich auch nicht sagen. Du siehst aber noch Zusammenhänge, die so nicht sind.


Ich hoffe, Du liest und verdaust das alles. Zur Lektüre der erwähnten Literatur kann ich nur nochmal ermutigen - hoffentlich wird die durch diese Vordiskussion besser verdaulich. Gleichzeitig auch das Ausprobieren nicht vergessen - in der Theorie bekommt man kein Gefühl dafür, welcher Unterschied noch relevant ist, und was man eigentlich garnicht mehr hört. (Ich hätte auch nach der Messung im MOL-SOL-Thread das Klangbeispiel viel schlimmer erwartet!).

Viele Grüße und gute Nacht
Andreas
Zitieren
#15
Hallo,

da bleibt nur eins: Dankeschön. Ich entnehme den Antworten, dass ich langsam ein Schritt nach dem anderen ein bischen was kapiere. Für jemanden, der mitten in der Welle der Magnetbandaufzeichnung mitgeschwommen ist (oder viele Jahre Zeit hatte, sich mit der Thematik zu beschäftigen), werden all die vielen zu wissenden, im Laufe der Entwicklung hinzugekommenen Details wie eine Selbstverständlichkeit erscheinen. Jemandem, der sich unter hohem Zeitdruck rückwärts in diese letztlich recht komplex gewordene Materie eindenken muss (also meine Wenigkeit), erscheint das am Anfang wie eine Mauer aus fast unstrukturiert wirkenden Informationen.

Übrigens ist der Stapel an ausgedruckten Artikeln, Auszügen aus zum Beispiel der empfohlenen Agfa Literatur usw. hier natürlich nicht zu sehen. Soll heißen: ich lese und sichte etc., aber aufgrund des Zeitdrucks kann ich nicht alles in der idealerweise gebotenen Tiefe studieren.

Da nach Konkretisierung gefragt wurde, beschreibe ich ein bischen, was ich in den letzten Tagen gemacht habe. So werden vielleicht hier getätigte Aussagen, Annahmen und Antworten etwas nachvollziehbarer.

1) Technische Rahmenbedingungen

Meine Maschine (Akai GX210D) bietet wenig Möglichkeiten zur Klangbeeinflussung. Außerdem ist sie wohl nur knapp 10 Jahre jünger als ich. Da gibt es je Bandtyp einen nutzbaren Bereich, in dem linker und rechter Kanal harmonieren und der daher auch für zweikanalige oder Stereo Signale sehr schön ist. Außerhalb davon laufen die beiden Kanäle auseinander. Ich arbeite also unter anderen Voraussetzungen, als jemand mit einer Profi-Maschine.

2) Selbstgesteckte Rahmenbedingungen

Da ich den Klang der Zeit (70er) will und die einfache Schaltung der Maschine genau dieses "Ungehobelte" in sich trägt, möchte ich daran nichts ändern (also Transistoren, Caps etc. erstmal besser alles so lassen wie's ist). Weil das aus technischer oder Tonband-fachmännischer Sicht wahrscheinlich kaum nachvollziehbar ist zur Entschuldigung und Erklärung: Es geht ja um Musik-Produktion. Entsprechend meiner Zielsetzung muss ich eine andere Perspektive einnehmen, die sich am besten aus der Sicht eines Instrumentalisten erklären lässt: Lieber ein nicht perfektes, aber inspirierendes Instrument, als ein perfektes Instrument auf dem ich aber zu technisch spielen würde. Das ist natürlich eine total subjektive Zielsetzung.

Zur Klangbeeinflussung steht hier also eigentlich nur das Biasing und der verwendete Bandtyp zur Verfügung. Also muss eine der beiden Variablen festgesetzt werden (hier natürlich der Bandtyp) um die Auswirkung der anderen Variable (hier das Biasing) erkunden zu können. Dabei muss man ja erstmal wissen, was überhaupt möglich ist, d.h. je Bandtyp sowas ähnliches wie ein Frequenzgang bei minimalem und ein zweiter bei maximalem Bias. Frequenzen hatte ich in Unkenntnis der in der Tonbandwelt gängigen Standards so gewählt, dass diese die mir besonders wichtigen Bereiche einigermaßen abdecken und sich einfach in eine Grafik eintragen lassen.

Ein Beispiel für eines der schöneren Ergebnisse:

   

Auf solcher Grundlage wurde dann das Biasing des jeweiligen Bandtyps erkundet. Dafür habe ich noch ein ca. 10kHz Testsignal erstellt, das in den Grafiken nach obiger Darstellung nicht enthalten ist. Es zeigten sich Besonderheiten der Maschine:
  • weniger Bias (im Uhrzeigersinn): 10kHz steigt an, fällt dann nur minimal ab, danach keine Änderung mehr unabhängig von Reglerstellung der Trimm-Kapazität -> meine Interpretation: die Maschine kann nur einen gewissen minimalen Bias, noch weniger geht dann nicht mehr
  • mehr Bias (gegen den Uhrzeigersinn): 10kHz fälllt mehr oder weniger kontrollierbar ab bis zu einer Reglerstellung der Trimm-Kapazität, unterhalb derer der 10kHz Pegel kaum mehr kontrollierbar sozusagen abstürzt -> meine Interpretation: es ist an dieser Maschine nur ein gewisser maximaler Bias mit ausreichender Kontrolle einstellbar

Durch das Biasing verändert sich der Pegel im mittleren Frequenzbereich und das im rechten Kanal mehr als im linken Kanal. Also wurde nach jeder Bias-Änderung der ca. 400 Hz-Pegel angeglichen und der dann resultierende Pegelunterschied bei ca. 10kHz durch Nachjustierung des Bias angeglichen. Dabei zeigte sich im höheren Bias-Bereich (also kurz vor Linksanschlag der Trimm-Kapazität) noch etwas: der ca. 400Hz Pegel des rechten Kanals nimmt überdeutlich ab -> wird per Wiedergabe-Pegelsteller angehoben -> dann aber bei ca. 10kHz entsprechend überhöhter Pegel -> rechten Bias weiter erhöht -> rechts wieder weniger ca. 400Hz Pegel -> rechts mehr Wiedergabepegel -> ...

Man gerät da in eine Schleife die bei einem (dem "rechten") Bandtyp noch nach wenigen Schleifendurchläufen konvergiert, also L/R-Pegelgleichheit sowohl bei ca. 400Hz als auch bei ca. 10kHz ergibt.  Bei einem anderen (dem "linken") Bandtyp aber sind zuviele Schleifendurchläufe notwendig, so dass ein dann aufgezeichnetes Stereo Signal nicht mehr homogen klingt -> meine Vermutung: bei solch hohen Bias-Einstellungen gerät der Frequenzgang des rechten Kanals sozusagen aus den Fugen und die für L/R-Pegelgleichheit notwendigen Bias-Pegel sind dann zu unterschiedlich.

Jetzt könnte man sich ein Oszi kaufen und schauen, was da beim Oszillator los ist, oder der EQ-Schaltung ... und dann wäre man doch in der Elektronik zugange und der Zeitplan gibt das auch nicht her.

Welche konkreten Bänder das sind hatte ich nicht geschrieben, weil ich befürchtete, dass würde von der eigentlichen Thematik ablenken, in welchen Punkten die grundsätzliche (also Bandtyp-unabhängige) Betrachtungsweise der Kennliniendiagramme korrekt bzw. missverstanden war.

Aber jetzt:
  • das "linke" Band ist ein ganz neues, nur für diese Tests benutztes RTM SM911 (das ich übrigens gerne gegen ein oder zwei gut erhaltene Scotch 207 tauschen würde, falls jemand im Forum solche übrig hat?)
  • das "rechte" Band ist ein NOS AGFA PEM 268 (Verkäufer schrieb, er habe es 1984 gekauft)

Und da habe ich mit meiner wohl etwas "querschießenden" Zielsetzung schon wieder Glück gehabt, denn dass die Maschine ein Band wie das RTM SM911 nicht mehr bedienen kann macht nichts. Denn die Vergleichsaufnahmen mit vier verschiedenen Bandtypen auf dieser Maschine scheinen mir zu zeigen, dass ich in der Zeitachse eher noch früher als das AGFA PEM 268 schauen sollte. Also sind vermutlich die moderneren Bandtypen für mich nicht zielführend und daher macht's nix, dass die liebe Akai die auch gar nicht mag Wink
Zitieren
#16
Hallo Finn,

ich fasse mich diesmal etwas kürzer - es gibt ja noch mehr zu tun:
  • Bei welchen Pegeln machst Du die Abgleichversuche? Ich hoffe, ca. 20 dB unter Bezugspegel. Als Orientierung für den Bezugspegel würde ich die VU-Meter der Maschine hernehmen.
  • Versuch mal zuerst das pragmatische Verfahren, wie es auch das Service Manual vorschlägt: Einen 400 Hz- und einen 1 kHz-Ton auf gleichen Pegel bringen, also hin und her schalten und vergleichen. Danach 400 Hz mit dem Pegeltrimmer auf Vor- und Hinterband-Gleichheit trimmen. Jeder Kanal für sich.
  • Wie klingt das? Welchen Frequenzgang kannst Du dann messen? Wie sieht die Kanalgleichheit dann aus?
Viele Grüße
Andreas
Zitieren
#17
Hallo Andreas,

das mit 20dB unter Bezugspegel ist leider schon wieder jenseits meines aktuellen Verständnisses. Ich kann dazu nur sagen, dass bei einem vorherigen Test mit BASF LP35LH mit einem 1kHz Sinuston ab -6dBFS Ausspielpegel eine Verrundung der Sinuswelle visuell erkennbar wurde. Die aktuellen Tests mache ich mit -18dBFS Ausspielpegel, also vermutlich nicht ganz 12dB unter dem Pegel, bei dem 1 kHz bei einem LP35LH in die Bandsättigung geraten würde.

Die VU-Meter stehen gegenwärtig immer sehr weit unterhalb der 0dB Linie, da ich mit dem RTM SM911 klangliche Effekte heraushörte, die ich zuvor beim Austesten der Sättigungsgenze in der Ausgangsstufe der Elektronik bemerkt hatte. Daraufhin habe ich die Trimmer für den Wiedergabepegel um ca. 10,5 dB zurückgenommen. Die VU-Trimmer könnte ich dann ja mal anpassen, wenn ich meinen bevorzugten Bandtyp gefunden habe, aber sie werden für meinen späteren Arbeitsablauf ohnehin nicht benötigt.

Die Methodik mit der Frequenzganglinearisierung hatte ich (weil's so im Service Manual steht) schon ausprobiert und zudem je nach Bandtyp die Frequenzen herausgetüftelt, die dafür besser anzuwenden sind. Damit habe ich auch schön L/R-pegelgleiche Frequenzgänge bekommen. Die damit erreichten klanglichen Ergebnisse waren für meine Ohren aber je nach Bandtyp trotzdem noch z.B. etwas klirrig, leicht verwischt oder zu wuchtig (tiefmittig). Ich bin dann schließlich doch auf die Delta-E-10kHz Methode umgeschwenkt und bekomme damit für meine Ohren natürlicher klingende Ergebnisse. Allerdings sind deren Frequenzgänge nicht mehr linear.

Mir scheint es unter diesen ja nicht optimalen Rahmenbedingungen der beste Ansatz zu sein, den für den jeweiligen Bandtyp am natürlichsten klingenden Bias-Bereich herauszufinden, und die Eigenheiten des Frequenzgangs, die der jeweilige Bandtyp in diesem Bereich dann zeigt, dann hinsichtlich der Eignung für verschiedenes Originalmaterial genau zu studieren. So nach dem Motto: Wenn die Originalaufnahme der Kick so und so klingt, ich möchte aber dass sie weniger vordergründig und tief und dafür etwas mehr im Hintergrund mittig-rund kommt, dann nehme ich dafür Band x mit dessen optimaler Bias-Einstellung. Oder wenn die Originalaufnahme vom Ebass soundso klingt, ich den aber etwas vordergründiger und drahtiger haben möchte, dann nehme ich dafür Band y bei etwas weniger Bias, als es für Band y eigentlich optimal wäre.

------------ zurück zum Thema: ------------
  • Das mit dem K3 Minimum und der 3% Grenze war ein Aussetzer meinerseits. Natürlich liegt der optimale Arbeitspunkt eben gerade nicht bei 3% K3. Keine Ahnung, was ich da gedachte hatte, nichts Sinnvolles jedenfalls. Sorry.
  • Habe ich das richtig verstanden, dass mindestens tendenziell je höher die Aussteuerbarkeit eines Bandtyps umso geringer das K3 Minimum (weil der Bezugspegel, bei dem die K3 Kurve ermittelt wird, weiter unterhalb der Sättigung des Bandtyps liegt)?
  • Bei dem Zusammenhang zwischen Aussteuerbarkeit/MOL und Bias möchte ich nochmal nachfragen. Ich hatte das genau andersherum gedacht: Zeigen Bandtypen mit höherem MOL grundsätzlich die Tendenz, dass diese Bandtypen höheren (absoluten) Bias-Pegel benötigen? (Als konkretes Beispiel: Wenn meine Maschine das AGFA PEM 268 gerade noch bedienen kann und das AGFA PEM 268 einen MOL von 7dB über dem Bezugspegel (320nWb/m) hat, kann ich dann davon ausgehen, dass die gleiche Maschine bei einem anderen Bandtyp mit einem MOL von 10dB über demselben Bezugspegel Schwierigkeiten haben könnte, weil der andere Bandtyp aufgrund des noch höheren MOL einen noch höheren Bias-Pegel benötigen wird?)
Ob ich sobald ich "meinen" optimalen Bandtyp gefunden habe, mit dem dann tatsächlich noch auf viel Sättigung abzielen werde? Ich hatte das anfänglich so gesehen, dass ich das Band insbesondere für die Begrenzung von Dynamikspitzen (Drums) nutzen wollte. Aber mittlerweile nehme ich Aufzeichnungen mit einem echten, analogen Band eher wie einen eigenen Klangraum war, also deutlich weniger als bloßes Dynamik- oder Klangfärbungs-Werkzeug als noch vor wenigen Wochen.

Also nochmals vielen Dank für das "in die Spur bringen". Ja, ich werde lesen und verdauen, davon aber einiges aus Zeitgründen im Nachgang. Manchmal passiert das "connecting the dots" ja sowieso erst, wenn man es sich Tage, Wochen oder Monate später wieder vergegenwärtigt.

Gruß und schönes Wochenende,

Finn
Zitieren
#18
Hallo Finn,

Zuerst ein Nachtrag (stand noch nicht in Deinem vorletzten Beitrag, als ich geantwortet habe):

Wie ich befürchtet hatte - in RTM-Datenblättern geht leider einiges durcheinander. Ich glaube, letztmalig gemessen wurden sie wirklich noch zu EMTEC-Zeiten, danach wurden nur noch existierende Grafiken herumkopiert und in ein neues Layout gebracht. Das gezeigte Datenblatt sieht aus wie ein SM900, und nicht wie ein SM911 - siehe Anhänge.

An Deiner Stelle würde ich auch mit dem PEM268 weitermachen - das SM911 ist ein Standard-Band und damit dicker, als es Heimgeräte normalerweise mögen. Gerade bei Viertelspur ist es gut, wenn das Band etwas dünner und schmiegsamer ist. Technisch sind beide etwa auf gleichem Entwicklungsstand.

Deine Schlussfolgerung, dass die Akai das SM911 nicht richtig Biasen kann, teile ich noch immer nicht. Der Arbeitspunkt liegt ziemlich ähnlich wie beim LPR35. Auch wenn es ein SM900 wäre (wie in Deinem Datenblatt), sollte der Bias-Strom nicht das Problem sein. Aber sei es drum - Pfade reduzieren und zum Ziel kommen.

Zum neuen Beitrag:

(12.11.2022, 13:53)SevenTeaLights schrieb: Die VU-Meter stehen gegenwärtig immer sehr weit unterhalb der 0dB Linie, da ich mit dem RTM SM911 klangliche Effekte heraushörte, die ich zuvor beim Austesten der Sättigungsgenze in der Ausgangsstufe der Elektronik bemerkt hatte. Daraufhin habe ich die Trimmer für den Wiedergabepegel um ca. 10,5 dB zurückgenommen. Die VU-Trimmer könnte ich dann ja mal anpassen, wenn ich meinen bevrozugten Bandtyp gefunden habe, aber sie werden für meinen späteren Arbeitsablauf ohnehin nicht benötigt.

Beim absoluten Pegel geht es darum, ob Du gerade bei 320 nWb/m oder 20 dB darunter, also bei 32 nWb/m unterwegs bist. Das kann man zweifelsfrei nur mit einem Messband feststellen, das Du gerade nicht hast. Behelfsweise hätte ich unterstellt, dass wahrscheinlich 0 dB am VU-Meter ganz grob irgendwas zwischen 150 und 300 nWb/m sind. Aber das ist jetzt auch erstmal dahin, wenn Du schon an der Wiedergabelautstärke gedreht hast.

Egal. Wichtig ist der Grundsatz: Frequenzgang-Messungen, wie Du sie gezeigt hast, niemals bei Bezugspegel, sondern immer 20 dB darunter zu machen, sonst läuft man in die falsche Richtung. Das gleiche gilt für die ΔS-Methode - immer ca. 20 dB unter Bezugspegel. Vielleicht gehst Du nochmal 5-10 dB von Deinem jetzigen "Versuchspegel" zurück, dann könnte es so etwa passen.


Ich würde Dir immernoch raten, die pragmatische Einmessmethode "gleicher Pegel bei 400 Hz und 10 kHz" wie oben beschrieben zu wählen. Natürlich wieder ca. 20 dB unter Bezugspegel (kommt auf 5 dB mehr oder 10 dB weniger nicht an). Damit kommst Du am schnellsten zu einem Arbeitspunkt, mit dem Du weitermachen kannst. Wenn er Dir gefällt, bleib dort. Wenn nicht, nimm den Bias etwas zurück und versuch es nochmal.

Die Alternative ist die ΔS-Methode: Nach Deinem Datenblatt sind es ca. 5 dB 10 kHz-Abfall vom Maximum, um das Klirrminimum zu finden. Ebenfalls ausprobieren, hören, von dort weiter experimentieren.

(12.11.2022, 13:53)SevenTeaLights schrieb: Habe ich das richtig verstanden, dass mindestens tendenziell je höher die Aussteuerbarkeit eines Bandtyps umso geringer das K3 Minimum (weil der Bezugspegel, bei dem die K3 Kurve ermittelt wird, weiter unterhalb der Sättigung des Bandtyps liegt)?

Ja, ich denke schon. Wenn die Sättigung weit über dem Bezugspegel liegt, dann ist der Klirr bei Bezugspegel geringer.

(12.11.2022, 13:53)SevenTeaLights schrieb: Bei dem Zusammenhang zwischen Aussteuerbarkeit/MOL und Bias möchte ich nochmal nachfragen. Ich hatte das genau andersherum gedacht: Zeigen Bandtypen mit höherem MOL grundsätzlich die Tendenz, dass diese Bandtypen höheren (absoluten) Bias-Pegel benötigen?

Nein, eigentlich nicht. Die nötigen Bias-Ströme liegen bei den meisten Bändern einer Generation etwa in der gleichen Größenordnung. Deswegen glaube ich auch nicht, dass Deine Akai mit dem SM911 ein Problem hätte.

(12.11.2022, 13:53)SevenTeaLights schrieb: (Als konkretes Beispiel: Wenn meine Maschine das AGFA PEM 268 gerade noch bedienen kann und das AGFA PEM 268 einen MOL von 7dB über dem Bezugspegel (320nWb/m) hat, kann ich dann davon ausgehen, dass die gleiche Maschine einem anderen Bandtyp mit einem MOL von 10dB über demselben Bezugspegel Schwierigkeiten haben könnte, weil der andere Bandtyp aufgrund des noch höheren MOL einen noch höheren Bias-Pegel benötigen wird?)

Nein, wie gesagt, das stimmt so nicht.

(12.11.2022, 13:53)SevenTeaLights schrieb: Ob ich sobald ich "meinen" optimalen Bandtyp gefunden habe, mit dem dann tatsächlich noch auf viel Sättigung abzielen werde? Ich hatte das anfänglich so gesehen, dass ich das Band insbesondere für die Begrenzung von Dynamikspitzen (Drums) nutzen wollte. Aber mittlerweile nehme ich Aufzeichnungen mit einem echten, analogen Band eher wie einen eigenen Klangraum war, also deutlich weniger als bloßes Dynamik- oder Klangfärbungs-Werkzeug als noch vor wenigen Wochen.

Also, dann probiere einfach beide genannten Einmess-Methoden (Pegelgleichheit und ΔS) einmal aus. Mit dem, was Du schon gemacht und durchdacht hast, sollte das eine schnelle Übung sein.

Viele Grüße
Andreas


Angehängte Dateien
.pdf   EMTEC_STUDIO_MASTER_900.pdf (Größe: 173.45 KB / Downloads: 6)
.pdf   EMTEC_STUDIOMASTER_911.pdf (Größe: 127.33 KB / Downloads: 5)
Zitieren
#19
Da waren wir gerade zeitgleich zu Werke. Das mit der Pegelgleichheit habe ich in vorherigem Beitrag nachgetragen.

Ich bin jetzt an einem Punkt, an dem ich bereits zwei Bänder habe, die ich nutzen werde:
  • das AGFA PEM 268 (außer ich finde ein noch passenderes)
  • das unbekannte Band (war auf einer Grundig Spule, könnte also ein 3M SCOTCH sein, eher helleres braun, sehr glatt und glänzend)
Zwei Kandidaten stehen noch aus:
  • Scotch 207 (laut Informationen im Netz soll das auch bei Revox Professional 207 und Revox 601 verwendet worden sein - also falls mir jemand damit helfen könnte, zum Tausch, Kauf o.ä.?).
  • AGFA PE46 (ist bereits bestellt und bezahlt - hoffentlich kommt das noch rechtzeitig an).
Noch mehr Ideen habe ich dazu im Augenblick nicht mehr. Sonst bleibt es halt bei den beiden Erstgenannten.

Grüße,
Finn
Zitieren
#20
Twimc: http://www.endino.com/graphs/

Vielleicht gab es deswegen Probleme bei meiner Herangehensweise, ca. 400 Hz für die Messung und Nachjustierung der L/R-Pgelgleichheit zu nutzen, weil:

Was, falls die Welligkeit im unteren Frequenzbereich gerade in der Nähe von 400 Hz ein Minimum oder Maximum erzeugen sollte und das nicht bei beiden Kanälen gleich deutlich ausfallen sollte? Ich bin zwar nicht wie in den Grafiken des Artikels bei 15ips sondern nur 7,5ips, also sollte auch die Welligkeit grundsätzlich noch eine Oktave tiefer liegen. Ich vermute aber, dass es auf der sichereren Seite wäre, ca. 1 kHz für die Einstellung der L/R-Pegelgleichheit zu nutzen.

Andere Frage: Kennt jemand ein zuverlässiges Freeware-Tool (WinXP oder MacOS X), mit dem man schnell und bequem Frequenzgänge, idealerweise gleich in Stereo, aufzeichnen kann? Ich nehme mal an, sowas wie ein langsamer Sinus-Sweep über den Audio-Ausgang mit gleichzeitiger Pegel-Analyse des Signals am Audio-Eingang. Das wär echt hilfreich.

Grüße, Finn
Zitieren
#21
Und plötzlich klingt das LP35LH bei Delta-E-10kHz = 7dB (19cm/s) auch.

Zwar wie gehabt etwas dunkel/tiefmittig, also tendenziell (für meine Ohren) etwas mehr 80ies als 70ies. Aber trotz des relativ großen Abstandes zum 10kHz Maximum sind hohe Frequenzen überhapt nicht unterrepräsentiert. Womit dann nochmals die unter Punkt 2) der eingangs gestellten "Frage 5: Abschätzung des Verhältnisses von tiefen zu hohen Frequenzen?" geäußerte Annahme widerlegt wäre: Allein aus dem Betrag des Delta-E-10kHz Wertes für optimales Biasing ist eine verlässliche Vorhersage bzgl. des Verhältnisses von hohen zu tiefen Frequenzen nicht(!) möglich.

Grüße,
Finn
Zitieren
#22
"Andere Frage: Kennt jemand ein zuverlässiges Freeware-Tool (WinXP oder MacOS X), mit dem man schnell und bequem Frequenzgänge, idealerweise gleich in Stereo, aufzeichnen kann?"

AudioTester gibt es zumindest als Probeversion
Gruß, Kuni
..............................

http://kuni.bplaced.net/
..............................
Zitieren
#23
Danke. Hatte mir wegen des Zeitdrucks schon selbst was überlegt. Falls es jemanden interessiert:

Frequenzgangdarstellung für Jedermann

Grüße, Finn
Zitieren
#24
(10.11.2022, 22:34)Peter Ruhrberg schrieb: Hallo Finn,

Dein großes Interesse für die Zusammenhänge bei der Magnetbandaufzeichnung sind durchaus zu würdigen, deine Fragen weisen aus meiner Sicht auf einen ebenso großen Bedarf an Grundlagenkenntnissen hin, wie sie beispielsweise hier zur Verfügung stehen:
https://we.tl/t-iIlwn8CrFB

Hallo zusammen,

bin neu hier und würde mich auch gerne über die Grundlagen informieren, aber der o.g. Download steht leider nicht mehr zur Verfügung.
Gibt es evtl. eine andere Quelle oder eine Buchempfehlung?

Danke und Gruß
Stefan B.

EDIT: https://www.yumpu.com/de/document/view/2...magnetband# Man muss sich allerdings anmelden.
Zitieren
#25
(29.12.2023, 12:59)sbrunthaler schrieb: bin neu hier und würde mich auch gerne über die Grundlagen informieren, aber der o.g. Download steht leider nicht mehr zur Verfügung.
Gibt es evtl. eine andere Quelle oder eine Buchempfehlung?

Ich weiß nicht mehr, was ich damals zusammengestellt habe. Ich versuche es einfach noch mal:
https://we.tl/t-myGTliklow
Grüße
Peter


_____________________

Ich bin, wie ich bin.
Die einen kennen mich, die anderen können mich.
(Konrad Adenauer)
Zitieren


Gehe zu:


Benutzer, die gerade dieses Thema anschauen: 1 Gast/Gäste