Uher Royal 784E
#1
Hallo,

ich habe ein Uher Royal 784E bekommen, allerdings nicht vernachlässigt aus einem Keller, sondern länger nicht benutzt von meinem Vater.
Das Teil ist noch ein paar Jahre älter als ich, und ich bin als kleines Kind stundenlang vor dem Gerät gesessen und für mich war es immer ganz toll, was das Teil denn alles könnte wenn man wollte (Diapilot, Multiplay, Synchroplay etc.). Es wurde sehr viel zu Hause und auf Partys von meinen Eltern benutzt, und hatte im Wohnzimmer sogar einen selbst gebauten Schrank 1:1 im Design der Blaupunkt-Radiotruhe daneben mit Alu-Einsatz und Wahlschaltern für die Audio-Quelle und die Lautsprecher. Mein Vater hat immer entgegen den Tipps hier auf einer Seite eine (Revox-)Metallspule verwendet, und ich kann mich noch erinnern, dass das beim Umspulen oft arg geblitzt hat, wenn sich die aufgeladene Spule am Alublech der Front entladen hatte :-)
Nun stand es bestimmt 25 Jahre unbenutzt rum. Aber weil eben doch viele Erinnerungen dran hängen, möchte ich das Teil auch so gut es geht wieder zum Laufen bekommen.
Also erst mal Spannungswahlschalter auf 240V angepasst und das Teil eingeschaltet: Motor läuft, Lämpchen leuchten zum Teil, leises Rauschen, aber sonst nix. Erste Diagnose: Alle 3 Riemen gerissen. Ich hab die noch im Gerät liegenden abgerissenen Riemen ausgemessen und neue bestellt (Rundriemen, weil die Dreiecksform gibts anscheinend nicht mehr). Die neuen passen fast, nur der "Hauptriemen", also der von der Motorwelle weg geht, ist wohl etwas zu lang. Ich habe einen mit 102mm Durchmesser (Dicke 3mm).Durch den zu langen Riemen hat das Gerät beim Umspulen etwas zu wenig Kraft, weil der Riemen durchrutscht.
Die anderen beiden Riemen (92mm/1,3mm und 70mm/1,8mm) passen aber soweit.
So, damit läuft das Band erst mal an, aber Ton nur aus dem linken Lautsprecher. Schaltplan ist vorhanden, sollte also nicht so schwierig sein. Es ist nur einer der AC151 von einer Treiberstufe kaputt. Ich hab nun erst mal aus der Diapilot-Schaltung einen gleichen AC151 "entnommen" und eingebaut (die Klappkonstruktion ist schön, man muss nur beim Zusammenbau aufpassen, dass man die langen A/W-Pertinax-Schalter nicht bricht wenn sie nicht gleich einrasten), nun spielt es auch schon wieder in Stereo :-)
So, der Diapilot soll aber am Ende auch wieder gehen. Also hab ich hier einen anderen AC151 (bzw. einen Ersatztyp) eingelötet. Ist nicht ganz so einfach gewesen, weil durch eine Modifikation auf der Platine noch ein zusätzlicher Kondensator verbaut wurde, der sich die Bohrungen in der Platine mit dem AC151 teilt. War aber hinzubekommen.
Und nun die Diapilot-Platine wieder montieren. Ich frag mich, wie das bei der Montage im Werk ohne Nervenzusammenbrüche gemacht wurde. Da ist der gerne kippende Bandteller-Halter, dann eine Kunststoff-Scheibe, eine Papp-Isolierung, eine Hartpapierscheibe, dann die Platine, dann nochmal eine Beilagscheibe und dann die Schraube. Und das auf 2 Seiten (eine Seite hatte dann statt dem Bandteller-Halter noch eine weitere Abstandsscheibe), und eine Platine, die man reinschwenken muss, ohne dass der ganze Scheibenwahnsinn wieder runterfällt. Nach gefühlt einer Stunde Fummelei habe ich dann 2 dünne Drähte als Montierhilfe genommen und es irgendwie hinbekommen, _beide_ Schrauben in die Gewinde zu bekommen ohne runterfallende Teile. Puh...
Eines der Lämpchen in der rechten Kanalanzeige (Wiedergabe) war noch durchgebrannt, da habe ich Ersatz aus dem Modellbahnbereich bekommen, passt also auch - dass man zum Wechseln die Abdeckung zu den recht filigranen VU-Metern abmachen muss, macht die Sache etwas aufregend.
Nur ein paar Elkos würde ich noch tauschen, da die Neuberger-Teile auf der Netzteilplatine schon ein paar seltsame Krusten dran haben. Und die Mechanik noch ein bisserl sauber und gängiger machen.

Anbei ein paar Fotos und Fragen:
- Der Riemen von der Motorwelle ist mit 102mm Durchmesser wohl etwas zu groß. Weiß hier jemand, welcher Durchmesser genau passen würde?
- Die A/W-Schalter haben seltsame weiße Korrosionsspuren am Gehäuse. Ist jetzt für die Funktion nicht relevant, aber woher kommen die - evtl. von den Elkos, die im zusammengebauten Zustand doch ganz nah dran sind?

Grüße
  Tom
               
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#2
Hallo,
schaut doch noch ganz brauchbar aus, verbastelt ist es auch nicht. Allerdings scheint es schon einige Band-Km vertilgt zu haben,
wie sehen denn die Köpfe und deren Gegenstück, die Messingandruckgabel aus?
Die Ausblühungen an den Schaltleisten sind oft zu finden, wohl eine Alterserscheinung. Kann man vorsichtig bepinseln, schlimm scheinen sie weiter nicht zu sein.
Krusten-Elkos würde ich auch rausschmeißen.
Meine Erfahrung mit den Dingern (ich hab nicht nur eines davon) ist, dass sie "über Anlage" ganz gut klingen, die Endstufen und vor allen Dingern die eingebauten Lautsprechen aber eher bescheiden, heiser und schmalbrüstig. An anderer Stelle wurde schon darüber diskutiert, dass die Germaniumtransistoren altern und die meisten heutzutage schwächeln, insbesondere in Endstufen. Beim Telefunkem M300 &Co. bekommt man die Endstufe auch kaum noch verzerrungsfrei hin.
Falls jemand mehr dazu weiß, gerne!

Aber: schönes Exemplar, das wird wieder!

Der bescheidene Klang bei:
702
712
704
722 Transistor
724 Stereo
782
784
784S
782E
784E
also alle in den grauen Kunstleder-Koffern mit Germanium-Endstufe.
Mein allererstes Uher, ein 722, litt schon 1978 daran
Inwieweit es die "L" Ausführungen betrifft, weiß ich gerade nicht.
Die ganz alten Ausführungen (Koffer etwas kleiner, mit buckligem Deckel), hatten bessere Lautsprecher.
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#3
Hallo,
das ist gar nicht so einfach, die Köpfe zu fotografieren, siehe meine Versuche im Anhang.
Die Teile haben schon alle Gebrauchsspuren, denn das Gerät hat schon viele Betriebsstunden hinter sich.
Die Kondensatoren sind schon bestellt, wenn die da sind, kann ich alles wieder zusammenbauen.
Mal sehen, wie dann der Klang ist. Dass die Transistoren altern und dadurch der Klang schlechter wird, konnte ich bisher noch nicht beobachten. Meistens sind es die Lautsprecher, die mit der Zeit schlechter werden. Ich kann dann mal einen Versuch machen: Wenn man die Lautsprecheranschlüsse über einen Teiler an die "Anlage" anschließt, müsste da der Klang dann auch schlecht sein, wenn es die Endstufe ist.
Von dem Telefunken M300 habe ich mir mal den Schaltplan angesehen. Ich hätte da eher die Vermutung: Bei dem Gerät werden die beiden Endstufentransistoren über den A/W-Umschalter im Aufnahmebetrieb als Löschoszillator bzw. VU-Meter-Treiber verwendet. Wenn die Umschalter auch nur einen geringen Übergangswiderstand haben (was aufgrund des Alters naheliegend wäre), wird das ganz schnell unsymmetrisch und verzerrt dann. Ich würde da testweise mal die 5 Schaltkontakte (Kontaktnummern 16-30) jeweils mit einem kleinen Lötpunkt parallel zum Wiedergabekontakt kurzschließen. Wenn dann der Klang im Wiedergabebetrieb besser ist, sind es die Kontakte. Das ist natürlich nur testweise, und man darf mit den Brücken nicht auf Aufnahme schalten. Aber die Brücken lassen sich nach dem Test leicht wieder entfernen.
Grüße
  Tom        
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#4
Schade, so sieht man nichts...
M300: Habe ca. 5 Stück, bei allen dasselbe Elend. Kontakte sind das nicht.
Siehe:
https://tonbandforum.de/showthread.php?tid=23066

Beim 784 schleift auch gerne die Andruckgabel ein und die Bandführung wird unsauber. Lässt sich in gewissen Grenzen beischleifen.
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#5
Hallo,
ich hab das Gerät gerade in etwas "unbequemer Lage", da teilweise zerlegt. Die nächsten Tage kommen die Elkos, wenn ich die getauscht habe, kann ich es wieder besser zusammensetzen und komme dann hoffentlich besser an die Tonköpfe für Fotos oder kann dort etwas mehr wegbauen damit man was sieht.
Ich habe noch nie eine Andruckgabel geschliffen - mit was macht man sowas, weil das muss ja am Ende superglatt sein, da wird ein 1000er Sandpapier nicht reichen?
M300: Du könntest mal die Transistoren gegen AC188K tauschen, die sind noch eher etwas neuer, gut beschaffbar und passen von den Werten her recht gut. Auf jeden Fall paarweise tauschen. Bei den M300 ist die Endstufe (im Gegensatz zu den Uher Royal) nicht gegengekoppelt, d.h. jegliche Unsymmetrie oder Verzerrung der Endstufe oder der Bauteile wirkt sich direkt auf den Klang aus. Hast Du die Endstufe mal mit einem Oszilloskop und einem Sinusgenerator (falls vorhanden) vermessen, ob man da etwas sieht? Ich würde die Kontakte nicht 100% ausschließen, solange sie nicht mal wirklich gebrückt wurden. Ich habe auch schon mal einen "aufmagnetisierten" Übertrager gehabt, den musste ich dann ausbauen und entmagnetisieren (habe mich im eingebauten Zustand nicht getraut mit dem Entmagnetisiergerät ranzugehen, um nicht die Transistoren zu beschädigen).
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#6
Hallo!

Ich verstehe nicht, warum die Köpfe nicht besser abgelichtet sind.
Eine Drauf- oder Hinteransicht ist nicht hilfreich.

Hier ein (verdrecktes - schäm) Beispiel der 784E-Kopfpartie:

   

Nachdem ich alles gründlich gereinigt hatte, vergaß ich "Nachher-Bilder"
zu machen...

Gruß
Wolfgang
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#7
Hallo,
die schlechten Fotos lagen einfach daran, dass ich das Chassis gerade ausgebaut und mehr oder weniger auf dem Kopf liegen hatte. Da kommt man schlecht hin zu den Köpfen, und ich wollte nicht unnötig rumbauen und am Ende was dabei beschädigen.
Nun sind die neuen Elkos für die Netzteilplatine drin (die ist gar nicht so einfach auszubauen, weil sie auf einer Seite von einem Sprengring fixiert wird, an den man fast nicht drankommt), und das Chassis ist erst mal wieder richtig. Siehe hoffentlich bessere Fotos anbei :-)
Die Mechanik ist auch noch nicht sauber gemacht, wie man sieht - das kommt erst noch.

Tom

       
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#8
Hallo,
ich finde, das sieht noch brauchbar aus, die Gabel ist noch nicht eingefurcht.
Köpfe müssten auch noch gehen, solange das Band sauber in der Spur bleibt (lieber nicht verstellen).
Gut!

Das oder die M300 müssen warten, keine Zeit.
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#9
Hallo,

an sich läuft das Gerät jetzt. Aufnahme/Wiedergabe funktioniert (vielleicht sollte ich mal in ein neues Band investieren für genauere Tests bzgl. Frequenzgang etc). verkrustete Elkos im Netzteil sind getauscht. Wenn man lauter aufdreht, bricht die Spannung für die Endstufe etwas zusammen und man sieht die Lampen für die Wiedergabe-Kanäle dunkler leuchten, aber ich glaube mich zu erinnern, dass das schon immer so war, also kein Defekt.
Ich habe nur noch das Problem, dass der "Hauptriemen" an der Motorwelle mit seinen 102mm zu groß ist und durchrutscht, wenn beim Umspulen Kraft benötigt wird. Bevor ich jetzt auf gut Glück einen Riemen mit 95mm (?) oder so bestelle und der wieder nicht passt: Kann mir jemand hier sagen, welcher Durchmesser richtig wäre?

Tom
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