Frage zu Schwebungen (bei eng zusammenliegenden Frequenzen)
#1
Im Revox-Forum bin ich über ein Posting gestolpert, bei dem ich mir unsicher bin, ob das so stimmt.

Es ging darum:

Zwei Töne, deren Frequenzen eng beieinander liegen, verursachen eine sog. Schwebung mit einer wesentlich tieferen Frequenz. Wenn man nun bei einer Aufnahmen (oder der Wiedergabe der Aufnahme) die hohen Frequenzen, die die Schwebung verursachen herausfiltert, verschwindet dann die Schwebung auch oder bleibt diese bestehen?

Ich habe das immer als separates Schallereignis gesehen, welches mit aufgezeichnet wird und bestehen bleibt, auch wenn die hohen Töne fehlen.

Oder anders gefragt:
Jemand hört bis 15.000 Hz. Zwei Töne, die deutlich über seiner Hörgrenze liegen , verursachen eine Schwebung, die unter der Hörgrenze liegt. Dann hört er meiner Meinung nach nur die Schwebung.

Wird diese aufgezeichnet, wenn man bei einer Aufnahme bei 15.000 begrenzt ist? Oder ist die Schwebung nur eine akustische Täuschung für des Gehörs, die hinfällig wird, wenn die verusachenden hohen Frequenzen eliminiert werden?
Michael(F)
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#2
Die Schwebung sollte eigentlich hörbar sein, wenn die Wiedergabegeräte in der Lage sind die verursachenden Frequenzen mit ausreichender Amplitude wiederzugeben. Unabhängig davon ob die verursachenden Frequenzen nuninnerhalb oder außerhalb des Hörbereichs liegen.

Mit großen Lautstärke abgespielt dürften sie ohnhin durch den Schalldruck "hörbar" werden, weil der Hörsinn zwar nicht den Ton wahrnimmt, aber sehr wohl den Schalldruck und das Gehirn mitunter mit Irritation reagiert, bei der es dazu kommen kann, daß man hohe glaubt ein hohes Fiepen oder Pfeifen zu hören.

Sollten diese Töne über CD-player oder ähnliche Digital-Geräte abgespielt werden, so denke ich mal, daß die steilflankigen Filter in den Geräten die Amplituden der verursachenden Signale soweit absenken, daß wiederum sehr hohe Pegel nötig wären. Im Verhältniss müßte die umgebende Musik so übermäßig laut sein, damit sich dieses Phänomen auswirken kann, daß man es vermutlich bei normalem Einsatz gar nicht bemerkt. Das Gehör dürfte durch die umgebende Musik so nachhaltig "traumatisiert sein, daß es zu einer "Verdeckung" kommt.

Wenn es zu Schwebungen kommt, so vermutlich bei sehr viel tieferen Frequenzen, diese werden aber natürlich dem Klangbild zugerechnet, sind Teil der Musik. Isolierte Betrachtungen anhand von Sinustönen helfen hier bei der Erforschung des menschlichen Hörsinnes, ja bekanntlich kaum weiter.

Dem Nyquist-Theorem folgend werden in der Digital-Technik ja Filter spätestens bei der Halbierenden der Trägerfrequenz eingesetzt, CD also 20.500 Hz oder DAT 22.000 Hz. Entsprechend muß man sich um Schwebungen hier zu finden unterhalb der 20.000 Hz-Schwelle suchen. Diese Grenz-Frequenzen als Ausgangspunkt genommen liegen aber dann die Frequenzen der Schwebungen wiederum wesentlich tiefer als 15.000 Hz.

Weiterhin denke ich mal, daß Schwebungen zwar sehr schön im Labor anhand von Sinuswellen simuliert weren können, aber in einem normalen Klangbild durch viele Verdeckungseffekte nur eine untergeordnete Rolle spielen, weil die verursachenden Frequenzen ja in den wenigsten Fällen parallel und in ausreichender Amplitude phasengleich wiedergegeben werden. Bei solche hohen frequenzen kommt dann noch der Hörraumeinfluss hinzu und durch die kurzen Wellenlängen reichen schon kleinste Kopfbewegungen um sich von einem Feld sich überlagernder Frequenzen (Interferenzen) in ein anderes zu bewegen. Interferenzen aber dürften die Aplituden des abgespielten Musikmaterials ohnehin verzerren, frequenzabhängige Absbstrahlcharakteristiken der Hochtonsysteme sowieso.

Es müßten schon Instrumente sein, die genau darauf ausgelegt sind und da fallen mir nur elektronische Instrumente ein, wie etwa die Ätherwellengeige oder Instrumente der elektronischen Frühzeit (Stichwort Trautonium). Bei normaler Musik dürften die chrakteristischen Resonanzen eines Musikkörpers wesentlich auffälliger das Klangbild beeinflussen, als es nun Schwebungen tun würden, zumal diese eben wie ich bereits erwähnte, nicht sinushaft auftreten sondern dadurch, daß sie selten synchron aufeinandertreffen, nur zu einem vermutlich nicht wahrnehmbaren (zu kurzem) Anschwellen eines Freuquenzbereiches führen.

Diese Fragen würde ich aber am Besten mal Markus Fiedler oder einem Instrumentenbauer stellen.
http://home.arcor.de/mfiedler/psychoakustik.html

PS: Obiges habe ich mal aus dem Stehgreif geschrieben, lerne aber gern Neues dazu, sollte ich mich vertun.
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#3
Hi Michael,

die Schwebung (oder Interferenz) ist abhängig von beiden Frequenzen, die diese erzeugt, genaugenommen aus der Differenz der beiden. Ist eine der beiden Frequenzen nicht mehr vorhanden, entsteht auch die Interferenz nicht mehr.

Dieses Prinzip wird auch beim Stimmen einer Gitarre, Klavier o.ä. verwendet. Hier erreicht man durch Änderung der Saitenspannung, daß die Töne aneinander angeglichen werden, was zur Folge hat, daß die Interferenz abnimmt bzw. verschwindet.

Ob man auf einer bestehenden Aufnahme eine der beiden Frequenzen herausfiltern kann, möchte ich bezweifeln, da diese ja wie gesagt eng beieinanderliegen.

Grrrr, wieder so ein Thema, wo ich mal echt drin war (Schingungen und Wellen, Physik Leistungskurs, erstes Semester) - aber der Hirnschmalz hat sich mit den Jahren anderen Dingen zugewendet.

So ungefähr ist´s jedenfalls.

Grüße Axel

ps: Interferenzen entstehen auch durch Laufzeiten. Spannender Test: Sinuston auf beide Lautsprecher legen und sich dann dann langsam nach links und rechts bzw. vorn und hinten bewegen. Der Ton wird lauter und leiser! Analog dazu: Zwei Steine nebeneinander gleichzeitig ins Wasser werfen. Dort, wo sich Wellenberge und Wellentäler treffen, kann man sehen, was passiert: Die Berge und Täler addieren sich.
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#4
Zitat:2252B postete

Ob man auf einer bestehenden Aufnahme eine der beiden Frequenzen herausfiltern kann, möchte ich bezweifeln, da diese ja wie gesagt eng beieinanderliegen.
Das bezweifelst du richtig, denn so einfach kriegt man das Problem nicht aus der Welt, weil durch Interferenz zweier Töne ein neuer entstand. Und der ist nun mal da.

Zitat:ps: Interferenzen entstehen auch durch Laufzeiten. Spannender Test: Sinuston auf beide Lautsprecher legen und sich dann dann langsam nach links und rechts bzw. vorn und hinten bewegen. Der Ton wird lauter und leiser! Analog dazu: Zwei Steine nebeneinander gleichzeitig ins Wasser werfen. Dort, wo sich Wellenberge und Wellentäler treffen, kann man sehen, was passiert: Die Berge und Täler addieren sich.
Das hinwiederum stimmt nur zum Teil. Zunächst: Natürlich gibt es gibt Schwebungen, die durch Laufzeiten verursacht werden (z. B. ein 'originales' Lesley, die Äolsharfe und so etwas). Dafür ist dein Experiment sehr anschaulich.
Beim oben angesprochenen Stimmen von Musikinstrumenten, dem verstimmten Klavier, der verstimmten Gitarre oder Orgel aber liegen keine Laufzeitabweichungen, sondern im Rahmen gespielter Intervalle interferierende Partialtöne vor, die insbesondere bei durchgängig vorwegabgestimmten Musikinstrumenten (z. B. alle clavierten Instrumente) zu erheblichen Problemen führen müssen, weil diese Schöpfung 12 reine Quinten nicht in einer Oktave des Ausgangstones ankommen lässt (man ist drüber), wogegen drei reine, große Terzen unterhalb der Oktave des Ausgangstones ankommen....

Dies hat zur Praxis des Temperierens (des gezielten Unreinmachens bestimmter oder -fast- aller Intervalle) geführt, die heute meist 'gleichstufig' erfolgt, was innerhalb einer Oktave eigentlich nur ordentlich unreine, also schwebungsreiche Intervalle produziert.

Andere Zeiten, andere Sitten: Über Jahrhunderte -zwischen Dufay und Mozarts kirchenmusikalischer Praxis- war man beispielsweise mit der mitteltönigen Stimmung glücklich, zuvor schon begann ab etwa 1600 ausgehend vom protestantischen Mitteleuropa das Experimentierzeitalter, das eigentlich bis ins 20. Jahrhundert andauerte, denn die Gleichstufigkeit kam verbindlich erst nach dem ersten Weltkrieg und vermutlich -auch- unter dem Einfluss des jungen Rundfunks. (Max Reger starb übrigens 1916....)

Hans-Joachim
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